Passage Hawai’i nach Alaska, Tag 9

Bergfest. Die Hälfte der Strecke vom tropischen Hawai’i zum Arktik-nahen Alaska haben wir zurückgelegt. Anders als ursprünglich gedacht war es bisher zumeist Segeln zwischen Halbwind und Amwind, bei allerdings überwiegend angenehmer Welle. Gleichwohl schräg. So auch gestern wieder, zudem gestern unter einem grauen Himmel und entsprechend auf grauem Meer, nicht im leuchtenden Blau wie wir es davor gesehen haben. Die Sonne lässt sich nur erahnen, ein fahler hellerer Fleck im konturlosen Himmel. Novembersegeln im July.

In unserem „Wintergarten“, dem aufgebauten Cockpitzelt ist es trotzdem kuschelig, auf den Nachtwachen unterstützt durch den dicken Schlafsack, den wir in Hawai’i für diesen Zweck noch erworben haben. Die Heizung mussten wir bisher noch nicht einschalten, aber das kommt sicher auch bald.

Zeit für einen Blick nach vorn.
Was erwartet uns eigentlich in Alaska? Oder besser: was erwarten wir eigentlich von Alaska? Zunächst einmal, schon der Name Alaska beschwört (jedenfalls bei uns) ein Bild legendärer Abgelegenheit, Einsamkeit, Unzugänglichkeit, fast mythischer Wildheit. Goldrausch, Jack Londons „Wolfsblut“, in meiner Jugend als Fernsehserie verfolgt, hat sich offenbar tief ins Gedächtnis eingebrannt. Rauhe Natur, Kälte, Berge, nordische Regenwälder, Fjorde, Gletscher, Eisberge. Wale, Bären, Otter, Adler und Lachse, Elche, mit Glück auch Papageitaucher.
Aber wird das Bild von der Einsamkeit in der Natur stimmen? Statistisch sicher ja. Kein US-Bundesstaat hat weniger Einwohner pro Fläche, selbst in Wyoming leben fünf mal mehr Einwohner je Quadratkilometer. Ein verbindendes Straßennetz für die Orte in Alaska gibt es nicht, die Wasserwege und der Luftverkehr müssen vielerorts dessen Funktion übernehmen und eine Anbindung an die „Außenwelt“ sichern.
Ein bisschen skeptisch ob dieses vielleicht überromantischen Bildes sind wir trotzdem. Unser erster Anlaufpunkt soll Sitka sein, die viertgrößte Stadt Alaskas. Mit fast 9.000 Einwohnern sicher überschaubar, aber wie wird sich das anfühlen? In der Regel sollen drei Kreuzfahrtschiffe dort liegen, zudem sind im Sommer hunderte von Charter-Angelbooten in den Häfen des Städtchens beheimatet. Einsam, unzugänglich, wild? Andererseits, mit bewusstem Verweis auf Kreuzfahrer und Sportfischer verspricht uns der über 400seitige Cruising Guide „Douglas“, dass ob der schieren Größe der verschachtelten Wasserflächen und der Vielfalt der Buchten und Seitenarme ein wirklich einsamer Ankerplatz praktisch überall zu finden sei, sobald man sich nur ein kleines bisschen von den Hauptrouten der geschützten „Inside Passage“ entferne. Wir sind sooo gespannt!

Essen: Goldmakrelenfilet mit Rigatoni in Zitronen-Sahnesoße.

Etmal: 130 sm, gesamt 1.367, noch zu segeln 1.283, vielleicht auch ein bisschen weniger, weil wir Sitka zuletzt doch recht direkt anlegen konnten.