Back Home. Zurück auf der Flora.

Und, wie fühlt es sich an, nach gut 20.000 km (!!!, was für ein wunderbarer Roadtrip zweimal quer durch die USA) im Auto wieder auf Flora zu sein?

Gut 😊. Sehr gut 😃 😀.

Über vier Monate haben wir unser Boot allein gelassen. Und das auch noch in Kanada, im Winter, im Wasser. Der relativ warme und salzige Pazifik sorgt aber dafür, dass die Häfen, sofern sie nicht gerade von Frischwasser aus einem Fluss durchflossen werden, praktisch eisfrei bleiben. Na ja, und „allein“ stimmt eigentlich nicht. Zum einen, weil der Sportboothafen hier in Campbell River auch im Winter gut belegt ist. So gut sogar, dass wir keine Box bekommen konnten, sondern längsseits auf der Südseite des F-Steges liegen. Trotz der hohen Molen führt das dazu, dass Flora bei den im Winter häufigen kräftigen Südostwinden kräftig auf den Steg gedrückt wird. Also haben wir sie extra gut abgefendert und – der zweite Grund warum Flora nicht wirklich allein war – Lynn und Wulf gebeten, ein Auge auf unser Boot zu haben. Was heißt gebeten, eigentlich haben die beiden es uns sogar angeboten. (Wie wir die beiden kennengelernt haben und welche Gastfreundschaft sie uns schon im Herbst haben zukommen lassen: hier und hier und hier.)

Der Bewuchs am Unterwasserschiff (Coppercoat) hält sich in sehr engen Grenzen, obwohl Flora ja nicht bewegt wurde. Lediglich ein paar Fussel, keine Seepocken.

Und auch sonst macht Flora von außen einen guten Eindruck. Die dauerhaft aufgebaute Kuchenbude hat an den Spi-Winschen zwei kleine Scheuerstellen, sonst ist augenscheinlich alles in Ordnung. Und drinnen?

Die Winterlieger hier im Hafen (also auch wir) zahlen neben den Hafengebühren einen Pauschalbetrag für Elektrizität und haben dafür in den Booten kleine Elektroheizungen auf Frostwächterstufe laufen. Oder, wenn sie an Bord sind, auch auf höherer Stufe. Wulf hat in unserer Abwesenheit zigmal gecheckt, ob alles in Ordnung ist, sogar eine weitere Heizung ins Boot gestellt und dafür ein dickeres Zuleitungskabel gelegt. Außerdem immer mal wieder den Motor gestartet und einige Zeit laufen lassen. Und so finden wir Flora bei unserer Ankunft in einem richtig guten Zustand vor. Kein Schimmel, kein muffiger Geruch.

Was für eine Riesen-Erleichterung! Danke, Lynn und Wulf.

Unser Zuhause riecht und fühlt sich an, als wären wir gar nicht lange weg gewesen. Und das, obwohl wir auf einen elektrischen Luftentfeuchter verzichtet hatten. Nur mehrere „DampRid“ hatten wir in die Schränke gehängt. Das sind Luftentfeuchter, die über katzenstreu-ähnliche Körner die Feuchtigkeit aufnehmen und in Plastikbeuteln sammeln. Sie waren bei unserer Rückkehr überwiegend etwa zur Hälfte gefüllt. Funktion erfüllt.

Und was machen wir jetzt hier?

Erstmal ankommen, Vorräte aufstocken, neben Lynn und Wulf Freunde auch von der „Pitou“ und der „Fidelis“ treffen. Die mitgebrachten Ersatzteile einbauen.

Also zum Beispiel die am Schaft tropfende Seewasserpumpe des Dieselgenerators ausbauen und dann gemeinsam mit Wulf in dessen umfangreich ausgestatteter Werkstatt komplett auseinander nehmen, ein Lager und zwei Dichtungen tauschen und alles wieder zusammenbauen (den Impeller natürlich auch noch wechseln).

Wulf schenkt mir sogar noch eine Sprengringzange (oops, der Sprengring hat es gar nicht aufs Bild geschafft). Wir sind bisher leichtfertigerweise ohne unterwegs gewesen, aber diese Reparatur ging deutlich besser mit.

😎

Und dann auf dem Bauch über dem Motorblock liegend die Seewasserpumpe wieder in den Generator einbauen. Zwei Muttern lassen sich leicht sichern, eine sitzt an einer schwer zugänglichen Stelle, die vierte muss man „blind“ einsetzen und hat etwa einen halben Zentimeter Platz für die Bewegung des Schraubenschlüssels. War natürlich beim Ausbau auch schon so, aber da ging‘s trotzdem leichter. Gibts eigentlich ein Technik-Gesetz, dass das bei Arbeiten im Motorraum so sein muss?

Aber: Erfolgsmeldung. Der Dieselgenerator funktioniert und die Seewasserpumpe tropft nicht mehr.

Die nächste Operation dann am Wassermacher, die Durchflussanzeige muss ersetzt werden. Auch dass ein kleines Spezialteil, dass wir uns nach Deutschland hatten schicken lassen. Hier klappt der Einbau unproblematisch, allerdings wird der Test erst erfolgen, wenn wir wieder unterwegs sind. Hafenwasser mögen die Membranen nicht gern.

Wir räumen unsere Sachen wieder ein, stauen ein bisschen um und schaffen dabei auch Platz für die aus Deutschland mitgebrachte Nähmaschine, kaufen Sunbrella-Stoff für den schon lange geplanten Schutzbezug des Kohlefaser-Spinnakerbaums und für die Flicken auf der Kuchenbude. Und, wo wir schon dabei sind, gleich auch noch Blusenstoff für Wiebke. Mal sehen, ob wir um die Nutzung der Nähmaschine würfeln müssen …

Na ja, der oder die jeweils andere kann ja stricken. Die Wollvorräte aus den diversen auf dem Roadtrip besuchten Yarn Shops dürften noch eine ganze Zeit vorhalten. Und der im Nachbarort soll gerade Ausverkauf haben …

🤣

Pazifik wieder erreicht. Lewis und Clark. Und: die Columbia River Bar

Wir sind wieder am Pazifik. Der Roadtrip durch die USA ist noch nicht ganz zu Ende. Aber immerhin: den Ozean, auf dem Flora derzeit schwimmt, den haben wir wieder erreicht.

Von Portland fahren wir zunächst in das Örtchen Seaside und erreichen dort den Ozean. Und das ziemlich nahe einer historischen Stelle, wie uns die Statue von Lewis und Clark oberhalb des breiten Sandstrandes von Seaside deutlich macht.

“End of the Trail“ (Ende des Weges) lautet die Inschrift am Sockel des Denkmals, daneben die Namen Lewis und Clark. Mehr braucht es wohl nicht, denn die beiden und ihre Geschichte kennt in den USA jedes Schulkind. Und doch, eigentlich wird nicht das Ende ihres Weges markiert, sondern der Punkt, an dem sie umkehrten. Wohl aber ist es der Schlusspunkt des “Lewis and Clark National Historic Trail”, mit 5.950 km einem der längsten Wanderwege und Routen im umfangreichen vom National Park Service betreuten Trail-System der USA.

Der Hintergrund ist eine abenteuerliche Expedition. Die Vereinigten Staaten hatten 1803 von Frankreich dessen koloniales Gebiet westlich des Mississippi und von New Orleans hinauf bis etwa zur heutigen kanadischen Grenze bei Montana gekauft (und damit Napoleons Kriegskasse für seine Europäischen Expansionspläne aufgefüllt). Mit dieser Innenpolitisch hoch umstrittenen Entscheidung wurde das Staatsgebiet der USA etwa verdoppelt. Allerdings war einigermaßen unklar, was man da eigentlich genau erworben hatte. Und so veranlasste Präsident Jefferson eine Expedition, auf der neben möglichst umfangreicher Kartierung insbesondere schiffbarer Flüsse versucht werden sollte, soweit wie möglich nach Westen in dieses unbekannte Gebiet oder gar bis zum Pazifik vorzudringen und zudem Informationen über die geographischen Gegebenheiten, aber auch über die indigenen Bewohner und über Pflanzen und Tiere zu sammeln.

Die von Lewis und Clark geleitete Expedition bestand im Kern aus 33 Personen (überwiegend Soldaten) und startete im Mai 1804. Zunächst den Missouri hinauf arbeiteten sie sich dann durch die Great Plains. Dort konnten sie einen französischen Pelzhändler und – wohl ziemlich entscheidend – dessen Frau (eine indigene Shoshone) für die Expedition gewinnen. Nach der ersten Überwinterung ging es über die Rocky Mountains auf Pferden, die sie von Shoshone-Indigenen durch Tauschhandel erwarben. Danach folgten sie dem Clearwater River zum Snake River und weiter zum Columbia River. Im November 1805 erreichten sie den Pazifik, überwinterten in der Nähe des heutigen Seaside und schafften tatsächlich auch den Rückweg. Ende September 1806 erreichten sie St. Louis.

Was für eine Reise, was für eine erfolgreiche Expedition. Damit war klar: der Weg nach Westen ist möglich. Und die weitere Entwicklung der USA nahm ihren Lauf.

Dort, wo Lewis und Clark den Pazifik erreichten, an der Mündung des Columbia River, liegt auf der Oregon-Seite des Flusses die Stadt Astoria, unser nächstes Ziel. Wir schauen uns das interessante Columbia River Maritime Museum an.

Der Fluss ist eher ein Strom, riesig breit und weit hinauf schiffbar. Mit Flora könnten wir auf unserer geplanten Fahrt die Westküste hinunter hier Station machen. Allerdings liegen fast alle potentiellen Zwischenstops an dieser Küste in Flussmündungen, so wie eben dieser. Und praktisch alle Mündungen hier an der Nordwestküste weisen eine flache Barre auf, die gemeinsam mit der ungebremst anrollenden Pazifikwelle und dem oft auftretenden Nebel die Einfahrt häufig gefährlich macht.

Vielleicht doch lieber ein langer Schlag weiter draußen vor der Küste? Müssen wir ja erst irgendwann im Juli oder August entscheiden, also: mal sehen.

Santa Fe, Adobe, Cliff Dwellings und große Ohren

Santa Fe ist anders, New Mexico ist anders. Als in der Halbwüste die ersten verstreuten Bauten der Vororte von Santa Fe auftauchen, sehen sie so ganz anders aus als die Häuser, die wir bisher auf dem Roadtrip gesehen haben. Adobe nennt sich der hier deutlich vorherrschende Baustil. Ursprünglich meint diese Bezeichnung luftgetrocknete Lehmziegel, das hat sich zunächst auf die darauf errichten Bauten und weiter auf einen Baustil in Terrakottafarben mit Flachdächern, herausstehenden Holzträgern, oft geschnitzten Holzverzierungen sowie typischerweise abgerundeten Kanten übertragen.

Santa Fe ist mit immerhin rund 90.000 Einwohnern die Hauptstadt von New Mexico, obwohl Albuquerque mit fast einer Million Einwohner deutlich größer ist.

Eigentlich ist Santa Fe nur die Kurzform des Namens der Stadt, allerdings wird die Praktikabilität dieser Abkürzung mehr als deutlich, wenn man den eigentlichen Namen einmal ausspricht: “La Villa Real de la Santa Fe de San Francisco de Asís” (Die königliche Stadt des heiligen Glaubens des heiligen Franziskus von Assisi). Die hier siedelnden Native Americans wurden bereits im 16. Jahrhundert von den Spaniern kolonialisiert. 1848 fiel das Gebiet nach dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg an die Vereinigten Staaten.

Diese Mischung zeigt sich auch heute in der Stadt und auch der Baustil ist eben für die USA schon ein ganz Besonderer:

Von Santa Fe aus machen wir zudem einen Ausflug zum Bandelier National Monument. In der Frijoles-Schlucht dort gibt es sogenannte Cliff-Dwellings. Etwa zwischen 1150 und 1600 unserer Zeitrechnung lebten hier Amerikanische Ureinwohner in Behausungen, die zum Teil in den Tuff-Stein der Canyonwände hineingearbeitet wurden, zum Teil auch mit Gebäuden aus Lehmziegeln außen an den Cliffs ergänzt wurden. Die menschengemachten Höhlen sind zum größeren Teil nur über Leitern erreichbar. Anders als die bekannteren Cliff Dwellings im Mesa Verde Nationalpark können sie auch im Winter (mit deutlich geringerem Andrang) besichtigt werden. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen, zumal es von Santa Fe aus nur etwa eine Stunde Fahrt durch die Berge bedeutet.

Zusätzlich bekommen wir noch eine Tierbegegnung geschenkt, im Bandelier sind Tiere besonders geschützt. Uns begegnen mehrere Maultier-Hirsche. Die engen Verwandten der Weißwedelhirsche werden auch als Großohrhirsche bezeichnet. Wie kommt es nur zu diesen Namensgebungen?

Auf der Route 66 von Tulsa nach Santa Fe

Wir verlassen Memphis so, als müsste auch dies zu dem Ohrwurm von Marc Cohn passen: in the middle of the pouring rain.

🌧️ 🌧️ 🌧️

Der Wolkenbruch setzt ein, als wir über den Mississippi fahren. Von Arkansas sehen wir erst mal nichts, Schritttempo ist angezeigt. Als sich der Regen etwas legt, sind rechts und links des Highway die Felder in den Lowlands größtenteils überflutet. Und zwar nicht nur die, auf denen Reis angebaut wird. Auch die Autobahn steht in den Senken teilweise unter Wasser und wir sehen gleich mehrere Unfälle. Und selbst als wir bei unserer Fahrt quer durch Arkansas schon die Lowlands verlassen haben zeigen sich viele Flussauen weiterhin überschwemmt.

Es wird ein langer Tag. Wir fahren komplett durch Arkansas hindurch bis nach Tulsa in Oklahoma. Dort statten wir erst dem Woll-Laden Knit Stars einen ausgiebigen Besuch ab, mit Wolle sind wir jetzt wirklich reichlich versorgt. Dann geht es weiter zu unserer Unterkunft in der Innenstadt. Wie schon in Memphis finden sich in Tulsa eine Vielzahl von Belle-Epoque-Bauten. Hier sind es statt der Baumwolle die um 1900 herum neu erschlossenen Erdöl- und Erdgasressourcen, die für einen schnellen Aufbau städtischer Strukturen und den Reichtum zeigender Hochhäuser sorgten.

Sogar die 1926 gebaute Brücke über den Arkansas River wird entsprechend aufwändig gebaut und entpuppt sich nebenbei als ein Herzstück der legendären Route 66 von Chicago nach Los Angeles.

Heute ist sie praktisch funktionslos, zwischen modernen mehrspurigen Brücken eingequetscht. Aber im Zuge der Nostalgie um die Route 66 und deren Wirkung auf den Tourismus soll auch die Brücke wieder benutzbar gemacht werden.

Für uns jedenfalls führt die weitere Strecke nach Westen teils auf, teils neben der historischen “Mother Road” der amerikanischen Ost-West-Verbindungen weiter nach Westen. Durchgängig befahrbar ist die klassische Landstraße der Route 66 schon längst nicht mehr. Zu weiten Teilen haben viel geradere Autobahnen die alte Streckenführung unter sich begraben. Insbesondere in der Interstate 40 sind große Abschnitte der alten Legende aufgegangen.

Immer mal wieder sind aber kleinere Abschnitte der “echten” Route 66 befahrbar und an denen finden sich dann zum Teil auch noch die originalen Tankstellen, Diner oder Motels. Und natürlich auch die verschiedenen Route 66 Museen. Gleich in Oklahoma besuchen wir eins und tauchen tief in die Geschichte der “Main Street of America” ein.

Endlose Straßen in Oklahoma, aber doch ziemlich grün und hügelig, eher lieblich. Als wir nach Texas hineinkommen ändert sich das. Es wird flacher, riesige Viehherden säumen die Straße, Weiden rechts und links der Straße. Zumindest zu dieser Jahreszeit wirken die braungelben Grasflächen aber eher wie Magerkost für die Rinder. Und doch: bewirtschaftet sind die Flächen fast durchgängig. Neben der Viehzucht fällt ins Auge, dass eine unglaubliche Vielzahl an Windrädern aufgestellt wurde. Von Horizont zu Horizont drehen sich die großen Dreiflügler, allein vom Erdöl soll die Energieproduktion offenbar selbst in Texas nicht mehr abhängig sein.

In Texas legen wir natürlich einen Stop an der Cadillac Ranch ein, sie liegt fast direkt neben der Interstate 40, nur ein paar Meilen westlich von Amarillo. Die hierfür vom Grundbesitzer und Mäzen Stanley Marsh III gesponserte Künstlergruppe „Ant Farm“ aus San Francisco hat hier direkt an der Route 66 im Jahr 1974 zehn Cadillacs in einer Reihe in den Boden eines Maisfeldes „gepflanzt“, indem die vordere Hälfte schräg in den Boden eingegraben wurde. (Zylinder-)Kopf-in-den-Sand für die Autos, könnte man meinen, wobei das bei Erstellung des Kunstwerks so sicher noch nicht gedacht war. Die Autos der Baujahre 1948 bis 1963 sind inzwischen über und über mit Graffiti besprüht, wozu die Besucher ausdrücklich aufgefordert werden. Das Aussehen verändert sich also ständig.

In den Sonnenuntergang hinein fahren wir an diesem Abend noch weiter bis nach Tucumcari. Hier gibts wieder mal ein Stück der historischen Route 66. Auch wenn es nur ein paar Meilen sind, einige der vielen Motels im Ort präsentieren sich noch wie in alten Zeiten. Unseres ist keines der ganz alten, passt sich im Stil aber dann doch an. Nostalgie der 60er Jahre.

Die Tankstelle gegenüber und auch das Restaurant für unser Abendessen gehen da noch ein Stückchen weiter in der Zeit zurück.

In Tukumkari liegt dann auch Texas schon wieder hinter uns, wir sind in New Mexiko.

Auf der Weiterfahrt bei Tageslicht macht sich das heute dann auch bemerkbar. Einmal mehr verändert sich die Landschaft, wird karger, die Weiden weichen einer Steppe. Erst durch flache Landschaft führend, gewinnt die Straße fast unmerklich an Höhe.

Langgezogene Hügel werden überwunden und jede Kuppe liegt etwas höher. Es wird kälter und irgendwann taucht am Straßenrand der erste Schnee auf, Berge lassen sich in der Ferne erspähen.

Kein Wunder, Santa Fe liegt immerhin auf etwa 2.200 m über dem Meeresspiegel.

Und da sind wir jetzt angekommen. 😁

Honky Tonk Bars in Nashville

Von Asheville (North Carolina) nach Nashville, Tennessee. Wir besinnen uns wieder auf unser Reisemotto bei Losfahrt mit der Flora: “Go West”.

Unzweifelhaft hat der Name Nashville Klang. Und ebenso sicher ist dieser Klang mit Steel Guitar, Fidel und Banjo verbunden. Country Music! Man muss kein Fan dieser Stilrichtung sein um zu wissen, dass der Ort und die Musik eng miteinander verbunden sind. Nicht umsonst ist der Beiname der Stadt “Music City”. Der Broadway in Downtown Nashville ist gesäumt von Honky Tonk Bars, lauten Lokalen mit durchgehender Live-Musik.

Uns zieht es aber erst einmal ins Museum. Nicht irgendeins, sondern die Country Music Hall of Fame. Wir wissen nicht allzu viel über diese Musikrichtung und so erfahren wir (neben einigen Kuriositäten) eine ganze Menge über ihre Entwicklung, ihren Einfluss auf andere Stile und natürlich über ihre Protagonisten. Und so finden wir in der Ruhmeshalle des Country Namen, die wir dort eigentlich nicht erwartet hätten, etwa Elvis Presley, Jerry Lee Lewis und Ray Charles!

Dann aber flugs weiter zum Broadway. Auch am Montagnachmittag ist die Partymeile gut gefüllt. Ein Honky Tonk neben dem anderen, dazwischen z.B. das Johnny Cash Museum und natürlich Restaurants und Hotels. Aus den bei herrlichem Wetter weit geöffneten Fenstern der Honky Tonk Bars tönt die Musik hinaus auf den Broadway. Draußen eine Kakophonie der verschiedenen Klänge auf dem Bürgersteig und doch im Vorbeigehen deutlich zu hören, wie gut die Musiker sind, die es hierhin geschafft haben.

Da können wir natürlich nicht widerstehen 😊

Und nebenbei erkennt man erst drinnen, wie weit die Liebe zur Country Music wirklich geht …

😉

Country Roads

Die Landstraßen haben uns wieder. Wir verabschieden uns von unseren Freunden Greg und Michael in Gaithersburg bei Washington D.C., machen uns auf den Weg unseres Road Trips quer durch die USA zurück zur Flora. Take us home, Country Roads.

Zunächst durch das Dreiländereck von Maryland, Virginia und West Virginia, über den Potomac und seinen Nebenfluss, den Shenandoah River entlang. Und dann in die Blue Ridge Mountains hinein, genauer gesagt auf den Skyline Drive, der Straße, die hier fernab jeglicher Dörfer und Städte mal hoch oben mal auf dem Kamm der Appalachen, mal an den höheren Flanken dieses Gebirgszuges entlang führt. Bergauf und bergab, über die Mittelgebirgshöhen zwischen 800 und mehr als 1.100 m Höhe. Für hiesige Verhältnisse: Almost Heaven hier in West Virginia.

Witzigerweise kam den Co-Autoren von John Denver die Idee für den Hit-Song (Take me home,) Country Roads ausgerechnet bei der Fahrt zu einer Familienfeier in? Genau: Gaithersburg.

😁

Warum heißen die Berge hier wohl Blue Ridge Mountains?

Übrigens haben wir die Blue Ridge Mountains vor Jahren schon einmal durchfahren, damals im Herbst. Zu der Zeit etwas farbenfroher:

Dafür sind jetzt im Winter mehr Ausblicke möglich, außerdem ist es deutlich leerer auf der herrlichen Straße. Da lacht das alte Motorradfahrer-Herz.

Und nach der kurvenreichen Fahrt bietet sich ein Zwischenstopp in dem kleinen Städtchen Charlottesville an. Greg hatte dort zwischenzeitlich studiert. Ein weiterer Grund für unsere Pause dort: Routenplanung nach Woll-Läden.

Nachschub für unsere Projekte. 🧶 😊

Badlands und die Kornkammer

Im Schneetreiben geht es weiter. Statt wie ursprünglich gedacht über die Black Hills zu fahren bleiben wir lieber auf der i90, die in einem kleinen Bogen nördlich um die Berge herum führt. Damit verpassen wir auch Mount Rushmore, jenes ikonische Monument der vier der US-Päsidenten Washington, Jefferson, Lincoln und Roosevelt, deren Portraits hier 18 m hoch in den Granit des Berges gemeißelt wurden. Allerdings hätten wir bei der schlechten Sicht wohl ohnehin nur Schemen davon zu Gesicht bekommen.😁

Immerhin, auf der Weiterfahrt hört es langsam auf zu schneien und so können wir den berühmten „Badlands National Park“ in South Dakota besuchen.

Die „Badlands“ sind eine fast unwirklich erscheinende Erosionslandschaft in der Gras-Prärie. Mit Hochebenen, auf denen wiederum Bisons grasen, durchzogen von tiefen Tälern, aber auch mit schroffen und spitzen Felsenlandschaften, die eher an verwitterte Tempelstädte als an den Meeresgrund erinnern, auf dem diese Gebilde tatsächlich vor Urzeiten entstanden.

Ein faszinierender, mystischer Ort.

Von da ab geht es die nächsten anderthalb Tage ungefähr so weiter:

Wir fahren durch die Kornkammer der USA, naja, jedenfalls einen Teil davon. Quer durch South Dakota und dann durch Minnesota auf endlosen geraden Straßen mit Kornfeldern rechts und links.

Ein Tag auf der Straße in Wyoming

Heute gilt es mal wieder, Strecke zu machen. Wir verabschieden uns von unseren Gastgebern in Jackson, starten gegen 8.00 Uhr. Dann fahren wir den ganzen Tag, mit nur kurzen Pausen, bis wir um 17.00 Uhr in einem Motel in Gillette einchecken. 416 Meilen, also 670 km haben wir zurückgelegt, grob gesagt etwa von West nach Ost. Hört sich nicht sonderlich viel an für 9 Stunden.

Und doch – was für Eindrücke!

Zunächst mal: die ganze Fahrt führt über keine einzige Bundesstaatsgrenze, wir sind ausschließlich in Wyoming unterwegs.

Start in Jackson mit Blick auf die Teton Range

Einen kleinen Abstecher von der Route erlauben wir uns gleich am Ortsausgang von Jackson. Wir würden so gerne noch Elche sehen (hier in Nordamerika „Moose“ genannt). Lisa und Are haben dazu einen Tip parat, nur ein paar Meilen Richtung Kelly, dort sollte es morgens klappen. Und, na klar:

Und dann geht es weiter. Mehrere Pässe von rund 10.000 Fuß bzw. knapp 3.000 m Höhe liegen auf unserer Strecke. Hochebenen, wild zerklüftete Landschaft, Flusstäler, Prärie, alles ist dabei auf der Strecke über Dubois, Shoshoni, Thermopolis, Ten Sleep und Buffalo nach Gillette.

Ein paar Eindrücke von der Strecke (in der Reihenfolge wie das Wetter und die Straßenverhältnisse auch wechselten):

Zwischendurch auch ganz schön anstrengend, die letzten zwei Stunden durchweg festgefahrene Schneedecke, aber: ein ziemlich abwechslungsreicher Tag 😊

Tierisches in Jackson, Wyoming

Nach dem Abstecher in den Yellowstone Nationalpark fahren wir ein kleines Stück zurück bis nach Bozeman, verlassen dann Montana und über teils ziemlich festgefahrene Schneedecken auf den Straßen in Idaho geht es unserem nächsten Ziel entgegen.

Die Grand Teton Mountain Range taucht am Horizont auf, da wollen wir hin.

Ein weiterer Gebirgspass (eben der Teton Pass) ist dafür zu bewältigen, knapp 2.600 m hoch, dann gehts wieder ein bisschen hinunter nach Jackson, Wyoming. Wunderschön auf einer Hochebene (etwa 1.900 m) umgeben von alpinen Gebirgen gelegen, entsprechend derzeit tief verschneit.

Unsere wunderbaren Gastgeber Lisa und Are sind Verwandte von Chief Jan. Sie nehmen uns nicht nur in ihr Haus auf und bewirten uns aufs Köstlichste, sie geben uns auch den Tip, zum nahegelegenen „National Elk Refuge“ zu fahren. Dieses Schutzgebiet für Wapitihirsche wurde bereits 1912 eingerichtet um den Hirschen sichere Winterweideflächen zu ermöglichen. Die Wapiti ziehen mit beginnendem Winter in großen Wanderungen aus ihren Sommerrevieren hauptsächlich im Yellowstone Nationalpark hierher, wo sie leichter Futter finden können (und gegen Ende des Winters auch umstrittene Zufütterungen erhalten). Nach offiziellen Angaben kommen jährlich über 7.000 Wapiti, auch Zahlen über 10.000 werden genannt.

Lisa und Are machen uns zudem Hoffnung, dort auch „bighorn sheep“, also Dickhornschafe entdecken zu können. Und tatsächlich, kaum einen Kilometer hinter der Einfahrt in das National Elk Refuge treffen wir auf sie. Bei den alten Böcken drehen sich die Hörner ganz im Kreis, bilden manchmal gar den Ansatz zu einer zweiten Drehung. Diese hier sind also noch etwas jünger, manche auch noch ganz klein, aber Dickhornschafe können ausgewachsen bis zu 140 kg wiegen. Das Gehörn ist dennoch auch bei den jüngeren Böcken schon ziemlich imposant (bei den Weibchen sind die Hörner kürzer und gehen kaum gekrümmt nach hinten.

Und ein Stückchen weiter sehen wir unsere erste wirklich große Herde von Wapiti-Hirschen (Elk). Über 100 dieser majestätischen Tiere haben sich in der Ebene gleich hinter Jackson versammelt, bei der Weiterfahrt sehen wir noch mehrere, teils sogar deutlich größere Ansammlungen dieser Tiere.

Schon auf der Fahrt nach Jackson haben wir unzählige Hinweisschilder auf Trails gesehen und natürlich möchten wir auch hier in Jackson mit dieser phantastischen Landschaft gerne eine Wanderung machen. Lisa und Are empfehlen uns den Hike zum Taggart Lake im Teton Park und es ist tatsächlich eine herrliche Wanderung auf einem gut 6 Kilometer langen Rundweg. Tourenski-Geher und Schneeschuh-Wanderer haben in den Tiefschnee bereits eine zwar schmale, aber feste Rinne gedrückt. So lässt es sich gut wandern.

Und danach machen wir noch einen Besuch im Ortskern von Jackson. Eigentlich ein Touristenmagnet, aber durch den frühen Wintereinbruch noch nicht überlaufen, zumal die Skigebiete erst später in diesem Monat öffnen werden.

Was ganz besonders ins Auge fällt, sind die vier Torbögen am zentralen Platz, die alle komplett aus echten Hirschgeweihen errichtet wurden.

Wohlgemerkt: dafür musste keines der Tiere geschossen werden. Die Geweihe können im Frühjahr im National Elk Refuge eingesammelt werden, denn im Winter werfen es die Hirsche ab, bilden im Frühjahr „Noppen“ aus und bis zum Spätsommer wächst dann das neue, noch verzweigtere Geweih. Für Nachschub ist also gesorgt.

Yellowstone Nationalpark im Winter

Mit dem Auto im Winter in den Yellowstone Nationalpark, lohnt das überhaupt? Schließlich ist nur ein Bruchteil des Parks zu erreichen, fast alle Eingänge sind geschlossen, einige der Hauptatraktionen sind unerreichbar (z.B. der Geysir Old Faithful, der Grand Canyon of the Yellowstone, Grand Prismatic Spring, die Lower Yellowstone River Falls, der Yellowstone Lake …).

Mal ganz abgesehen davon, dass für uns der Eintritt überraschenderweise frei war, weil wir zufällig am nationalen Gedenktag Veterans Day da waren, lohnt es sich auf alle Fälle. Nicht ohne Grund gilt die einmal gelöste Eintrittskarte für eine ganze Woche, der Yellowstone ist so riesig, dass man die Attraktionen ohnehin nicht sinnvoll alle an einem Tag erleben kann. Insofern wäre unserer Tagesbesuch sowieso auf einen kleinen Bereich beschränkt. Ich gebe zu, dass ich insbesondere Old Faithful gern erlebt hätte, aber auch unser kurzer Winterbesuch hat es in sich.

Schon die Anfahrt von Livingston führt am Yellowstone River entlang. Raureif auf den Bäumen, den der Wind gelegentlich herum bläst. Glitzer in der Luft, dazu Dunst vom warmen Fluss in der eisigen Kälte von anfangs -17 Grad Celsius.

Im Park selbst dann noch viel mehr Dampf in der Luft, denn die Mammoth Hot Springs machen ihrem Namen Ehre.

Wir stapfen durch tiefen Schnee zu verschiedenen heißen Quellen, schwefeldunstende Fumarolen und von geothermalen Quellen gespeisten natürlichen Wasser-Terrassen.

Ganz besonderen Eindruck auf uns machen die von Kleinstlebewesen wie Bakterien bunt gefärbten heißen Quellen:

Und was ist mit den großen Tieren? Die bekommen wir auch noch zu sehen. Wapiti (Rot-) Hirsche zunächst, dann aber auch das heimliche Wappentier des Yellowstoneparks, die Amerikanischen Bisons, oft auch als Buffalo bezeichnet. Vor der Ankunft der europäischen Siedler streiften schätzungsweise 30 Millionen dieser Wildrinder durch Nordamerika, insbesondere durch die weiten und offenen Graslandschaften der Prärien. Gegen Ende des 19en Jahrhunderts war er fast ausgerottet, insgesamt gab es wohl nur noch etwa 1.000 dieser Büffel, aber gerade noch rechtzeitig erhielt er ein Rückzugsgebiet, das seiner Art das Überleben sicherte: den 1872 eingerichteten weltweit ersten Nationalpark, eben den Yellowstone Park. Mit einer Fläche von rund 9000 Quadratkilometern ist er fast halb so groß wie das Bundesland Sachsen oder etwa 10 mal so groß wie Berlin. Seinerzeit schien vielen die Idee geradezu absurd, die Natur in einem derart großen Gebiet in ihrem Zustand zu belassen, Bergbau, Bebauung und Landwirtschaft auszuschließen und dem Menschen nur ein beschränktes Zutrittsrecht zu gewähren. Und dennoch: in Anbetracht der Naturwunder des Yellowstone wurde genau dieser Schutz beschlossen und damit zum Vorbild für andere Nationalparks und Naturschutzgebiete.

Über 5.000 Bisons leben heute im Yellowstone Nationalpark, die größte von insgesamt 62 über den Kontinent verteilten Populationen. Das größte Landsäugetier Amerikas hat überlebt, und wir bekommen es auch zu Gesicht. Eine ganze Herde einschließlich einiger Kälber sucht auf dem Rücken eines Hügels Fressbares unter dem Schnee.

Gemächlich drücken sie den Schädel in das fluffige Weiß, schieben den Schnee durch langsames Hin uns Her des Kopfes zur Seite und rupfen die freigelegten Gräser ab. Wie in Zeitlupe, Energie ist kostbar.

Zum Glück ähnlich bedächtig setzt später an einer anderen Stelle des Parks ein Bulle über die Straße, wir können rechtzeitig stoppen und ihn ganz aus der Nähe betrachten. Mit Vorsicht, die Bullen werden bis zu 900 kg schwer und können gut 1,8 m Schulterhöhe erreichen, auch wenn sie so ruhig scheinen können sie doch gefährlich sein.

Vor allem aber sind sie beeindruckend. Wie überhaupt der Yellowstone Nationalpark.