Las Perlas, die Perleninseln

Für den Absprung zu den Galapagos bieten sich die Perlas an, denn auf der Pazifikseite bildet die Küste von Panama vor Panama Stadt eine große (etwa 100 sm) fast halbkreisförmigere Bucht, in deren Mitte eben die Perleninseln liegen.

Ihren Namen bekamen sie von den spanischen Eroberern, denn die Ureinwohner der Inseln trieben Handel mit ertauchten Muschelperlen. Nicht mehr sehr lange allerdings, denn bereits 1515, nur zwei Jahre nach ihrer Entdeckung, raubten die Spanier die Inselgruppe aus und ermordeten oder verschleppten die Bevölkerung. Erst drei Jahre später kam ein Teil zurück auf die Inseln um – nunmehr versklavt- wieder nach Perlen zu tauchen.

Der heutige Reichtum der Inseln liegt eher in den unzähligen Sandstränden. Etwa 200 Inseln weist die Inselgruppe auf (je nachdem, wie viele der vorgelagerten Felsen als eigene Insel gezählt werden lesen wir von 183 bis 238). Die allermeisten sind noch immer unbewohnt, aber in den letzten Jahrzehnten hat den Archipel mehr und mehr erschlossen. Obwohl im Bauhaus noch nicht vermerkt, gibt es inzwischen sogar eine Marina (auf der Isla Pedro Gonzales), mindestens zwei weitere sind in Planung, beide in Verbindung mit Luxusressorts.

Die meisten Sandstrände verändern ihr Erscheinungsbild mehrfach täglich, verschwinden fast ganz, tauchen wieder auf. So auch auf Contadora, unserem ersten Ankerstop in den Perlas. Der Tidenhub von rund vier Metern lässt uns vor einem wunderbar breiten Strand ankern, von dem einige Stunden später fast nichts mehr zu sehen ist.

Contadora ist ist eine der besterschlossenen Inseln der Gruppe, weist einen Flugplatz und Fährverbindungen auf. Wir sehen nur gepflegte Villen und Ressorts, der Luxus ist greifbar, wohl auch durch die relative Nähe zu Panama Stadt. Interessant ist, dass hier wie auch auf einigen anderen Inseln derzeit viele Bäume kahl wirken. Am Winter kann es so nah am Äquator kaum liegen, eher schon an der sich jetzt langsam dem Ende nähernden Trockenzeit (Mitte Dezember bis Mitte April).

Unser nächster Ankerplatz zwischen der Isla Chapera und der Isla Mogo Mogo wirkt ganz anders. Zwar haben wir auch hier (bei Ebbe) breite Sandstrände, zwischen denen felsige Abschnitte für Unterteilungen sorgen, aber außer einem Gebäude der Aeronaval in der nächsten Bucht ist vom Boot aus und selbst mit der Drohne keine weitere Bebauung sichtbar.

In den Perlas haben wir uns mit der Crew der Ultimate verabredet. Susan und Holger hatten wir in den San Blas kennengelernt. Sie wollen mit ihrer Hallberg-Rassy 45 ebenfalls nach Galapagos, da bietet sich das Buddyboating natürlich an.

Passt perfekt, dass wir auf der Fahrt zu unserem nächsten (und letzten) Ankerplatz in den Perlas einen schönen Bigeye Jack (Großaugen-Stachelmakrele) fangen, die reicht heute Abend für uns vier.

Auch wenn der Himmel an unserem letzten Tag in Panama ein bisschen dunstig ist, die Ankerbucht im Osten von Pedro Gonzales macht uns den Aufbruch nicht eben leicht.

Ebbe
Flut

In den Las Perlas und überhaupt an der Pazifikküste Panamas könnten wir noch so vieles entdecken. Andererseits freuen wir uns auf die Galapagosinseln und auch auf die Passage dahin. Etwa eine Woche sollte die Fahrt dauern, zumindest für die erste Hälfte verspricht der Wetterbericht sogar segelbaren Wind. Das ist keine Selbstverständlichkeit für diese Strecke, also gilt es, dieses Wetterfenster zu nutzen.

Ab morgen werden wir dann also erst einmal nur über Iridium-Satellit erreichbar sein, drückt uns die Daumen für eine gute Passage.

Ausklariert in Panama. Stiller Ozean.

Wir klarieren aus Panama aus, es wird ernst. Auf dem Zarpe steht „con destino a GALAPAGOS ISLANDS, ECUADOR“. Also gut.

Nach dem Papierkram noch kurz letzte Einkäufe und noch einmal Müll wegbringen, beides wird für die nächste Zeit etwas komplizierter. 😉
Einmal mehr laufen mir dabei Krabbenwaschbären über den Weg, Die hatten wir vorher noch nirgends gesehen, aber hier in der Playita Marina sind sie auch tagsüber ziemlich aktiv.

Gegen Mittag gehts dann wirklich los, raus auf den Pazifik. Den (dem Namen nach) Stillen Ozean, der zugleich das größte der Weltmeere ist. Trotzdem wird es erst einmal nur ein kurzer Nachmittagstörn von 35 sm, hinüber zu den vorgelagerten noch zu Panama gehörenden „Las Perlas“-Inseln. Ganz legal, das Zarpe verlangt eine Ausreise erst in den
nächsten 48 Stunden.

Und wie als Gruß aus unserer Heimatstadt für diesen neuen Abschnitt unserer Reise kommt bei unserer Abfahrt ein Containerschiff der Hamburg Süd aus dem Panamakanal und dampft an uns vorbei.

Auch wir müssen erst ein gutes Stück vom Festland weg motoren, bis wir ausreichend Wind finden. Dann aber ist es herrliches Segeln auf glattem Wasser, erst Code0, dann Gennaker.

Am Ende noch der Wechsel auf die Fock, weil der Wind abnimmt und immer mehr von vorn kommt. Nur kurz, dann muss doch der Motor
ran, zumal die Sonne schon ganz schön tief steht.

Hunderte Pelikane ziehen an uns vorbei ebenfalls zu den Las Perlas, wie an der (Perlen-?)Schnur gezogen in langen Reihen, meist dicht über dem Wasser, manchmal auch ungewohnt hoch. Zweimal sehen wir jeweils über 50 Pelikane im Formationsflug hintereinander.

Kurz vor der Ankunft am Ankerplatz vor der Insel Contadora dann auch noch Angelerfolg, ein schöner Skipjack Tuna (Echter Bonito) geht uns an den Haken. Der erste Segeltag auf dem Stillen Ozean verwöhnt uns wirklich.

Panama Stadt

Es ist schon eine ziemlich krasse Skyline, mit der Ciudad de Panamá (also Panama Stadt) aufwartet. Insbesondere wenn man bedenkt, dass weniger als eine Million Menschen dort wohnen. Das Bankenviertel ist enorm, die Panamá-Papers haben ja ein Schlaglicht auf das geworfen, was in dieser Finanzmetropole so abgeht.

Aber Panama Stadt hat auch ganz andere Seiten. Fußläufig von unserem Liegeplatz in der Playita Marina erreichen wir das das vom bekannten Architekten Frank Gehry entworfene Museum für Biodiversiät Panamas.

Hier wird unter anderem sehr spannend und multimedial die erdgeschichtliche Entwicklung Panamas zur nachträglichen Brücke zwischen den Kontinenten Nord- und Südamerika dargestellt, die ganz erheblichen Anteil an der hohen Biodiversität Panamas und seiner Nachbarländer hat.

Und auch die Altstadt von Ciudad de Panamá bietet starke Kontraste. Zum Bankenviertel mit seinen Hochhäusern, na klar, aber auch in sich selbst. Wunderschön renoviert und völlig verfallen steht hier oft direkt nebeneinander, aus hippen Rooftop-Bars blickt man sowohl über sorgfältig restaurierte herrschaftliche Bauten als auch über heruntergekommene Straßenzüge.

Die spannende, lebendige Stadt hat hier vielleicht gerade wegen dieser Gegensätze viel Charme. In der Altstadt liegt auch das Panamakanal-Museum, dem wir natürlich auch einen Besuch abstatten. Die Geschichte des Kanalbaus wird in einem Stockwerk behandelt, im zweiten Stockwerk geht es im Wesentlichen um die komplizierte Beziehung zu den Vereinigten Staaten und die sozialen und kulturellen Einflüsse, die der Kanalbau und die dafür angeworbenen Arbeiter aus der ganzen Welt auf die Entwicklung des damals jungen Staates Panama und dessen Sozialgefüge hatten.

„Die Erde geteilt, die Welt vereint.“ Schön wäre es ja, wenn dieses hochfliegende Motto des Kanals sich bewahrheiten würde, nicht nur im Handel, sondern auch – wie im Museum suggeriert – zwischen den verschiedenen Menschen und Völkern, die hier beim Kanalbau zusammengekommen sind. Allerdings wird auch der Rassismus und die Zweiklassengesellschaft selbst im Bezahlungssystem thematisiert und mit vielen Beispielen bis hin zur Architektur der Wohnungen dargestellt.

Wie in wohl jeder größeren Mittel- oder Südamerikanischen Stadt darf im Straßenbild ein monumentales Denkmal für Simón Bolívar nicht fehlen, der die Unabhängigkeitskriege mehrerer heutiger Staaten gegen Spanien anführte und nach dem das Land Bolivien benannt wurde.

Den Gefallenen eines gänzlich anderen Kampfes ist ein großes Wandbild gewidmet, dass wir in der Kirche San Francisco de Asis sehen (spannend auch das Enddatum):

Panama, die andere Seite

Wow. Manchmal müssen wir uns noch kneifen. Wirklich wahr, wir sind im Pazifik. 😊

Die Webcams der Kanalbehörde haben so ihre Tücken, als ich es probiert habe, funktionierten sie scheinbar nicht und das haben mir auch andere so gespiegelt. Aber mein Kollege Christopher aus Hamburg hat’s irgendwie geschafft und uns ein Bild der Flora in der zweiten Schleusenkammer der Gatun-Schleusentreppe geschickt, ganz lieben Dank dafür!

Erstmal nur eine Nacht ankern wir an der Punta Calebra vor Isla Flamenco am Ausgang des Panamakanals. Dann fahren wir hinüber zu einer der vorgelagerten Inseln. Nicht zu den Las Perlas, das wäre mit gut 30 sm bei der herrschenden Windstille zu weit und ohnehin wollen wir mit unserem Besuch ja auch noch Panama Stadt anschauen. Aber einmal quer durch die vielen auf Reede wartenden Schiffe bis zur nur sieben Meilen entfernten Insel Taboga, das geht schon.

Hier lassen wir es gemütlich angehen, baden im deutlich kühleren (aber immer noch 23 Grad warmen) Pazifikwasser, laufen durch den kleinen bunten Ort. Am Wochenende sind die Sandstrände hier sehr beliebt, vor allem die schmale Landzunge hinüber zum vorgelagerten Inselchen Morro de Taboga, Ausflügler kommen von Panama Stadt mit der Fähre oder ihren Booten herüber, Jet Skis und andere Lärmspielzeuge sollen für ordentlich Alarm sorgen. Jetzt unter der Woche spürt man davon nichts, es wirkt angenehm verschlafen, obwohl wir am Horizont die Hochhaus-Skyline von Panama Stadt sehen.

Wir bleiben noch eine Nacht länger, backen Brot, kochen lecker, faulenzen in der Hängematte. Wandern auf den Cerro de Cruz, ganz schön anstrengend zwar, aber wir werden mit einem tollen Blick über den Ort, die Bucht, die Reede und eben hinüber zur Festlandsküste belohnt.

Und dieser Blick zeigt dann tatsächlich ein ganz anderes Bild von Panama, als wir es uns bisher etwa in Bocas del Toro oder den San Blas gemacht haben.

Panamakanal – das volle Paket

Um 3:30 klingelt der Wecker. Um 4:00 funke ich wie vorgeschrieben „Christobal Signal Station“ auf Kanal 12 an, um ihnen meine Position durchzugeben und mitzuteilen, dass wir dort auf den Advisor warten. Aber Christobal Signal ist offenbar gut vorbereitet, denn bevor ich die Details loswerden kann wird mir schon gesagt, der Advisor sei bereits zu uns unterwegs, die Position offenbar über AIS bekannt.

Und tatsächlich fährt kurz darauf eine Art Lotsenboot vierkant auf unsere Steuerbordseite zu. Es ist noch stockfinster, wir haben die Decksbeleuchtung eingeschaltet und die Relingsdurchlässe geöffnet, aber letzteres ist jedenfalls überflüssig. Der Advisor springt auf Höhe der Wanten an Deck, weil er sich dort sicherer festhalten kann.

Und dann gehts auch gleich los. Anker auf, An den Wracks hinter den Flats vorbei ins Fahrwasser der Großschifffahrt. Unter der Puente Atlántico hindurch zur ersten Schleusentreppe, den Gatun Locks.

Es wird langsam hell, als wir die Schleusen erreichen. Anders als von mir befürchtet, scheint die Eintages-Variante also doch kein Schleusen in Dunkelheit zu bedeuten, denn die Ausfahrt aus der letzten Schleuse ist für 17:30 geplant, wenn denn alles glatt geht.

Wir drehen noch ein paar Kreise und warten darauf, dass der Autotransporter „Pleiardes Spirit“ vor uns in die erste Schleusenkammer einfährt. Ein ziemliches Spektakel, denn er hat die Maximalbreite für diese Schleuse und berührt auf beiden Seiten fast die Schleusenwände.

Und er macht ordentlich Welle: in der Spitze strömt das Wasser (bei seiner Ausfahrt) mit 5,3 kn an unserem mit vier Leinen festgemachten Boot vorbei.

Mit vier Leinen? Ja, denn die Vorhersage unseres Agenten, wir würden wohl als mittleres von drei Booten im Päcken geschleust, bewahrheitet sich nicht. Allein fahren wir hinter der wasserwirbelnden Schrankwand in die Schleuse, die Affenfäuste fliegen aufs Vordeck und Wiebke, Veronica, Justus und Jan haben als Linehandler ordentlich zu tun, nachdem das Schleusentor sich geschlossen hat.

Halten und immer wieder Durchholen. Neun Meter geht es nach oben, dann fahren wir in die zweite Schleusenkammer. Dazu werden die schweren Panamaleinen oben von den Pollern und wieder an Deck genommen, bleiben aber an den dünnen (zu Anfang mit den Affenfäusten herüber geworfenen Leinen) befestigt. Oben auf der Schleuse gehen die Kanalarbeiter mit den dünnen Leinen in der Hand parallel zu unserem Boot zur nächsten Schleusenkammer. „Walk the Line“ kommt einem in den Sinn.

Drei Schleusenkammern bewältigen wir so und 26 m weiter oben fahren wir dann in den Gatunsee. Wow.

Ganz viel Grün an den fast überall unbebauten Ufern des aufgestauten Rio Chagres, der einen großen Teil des Panamakanals ausmacht. Dazwischen nach den Regenfällen der letzten Zeit auch immer würden das rosa oder lila leuchtende Blütenmeer von Palisanderbäumen (Jacaranda).

Kleine und ausgreifendere Inseln, die die gut betonnte Fahrrinne ziemlich kurvenreich machen. Und reichlich Großschifffahrt natürlich auch.

Unser Advisor Ivan fragt nach einem „warmen Frühstück“ Rührei und Schinken kommt auch bei der übrigen Crew nach dem frühen Aufstehen gut an. Und Ivan fragt nach unserer höchstmöglichen (Dauer-)Reisegeschwindigkeit. Wenn wir schneller wären könnten wir auch die nächsten Schleusen wieder mit dem gleichen Autotransporter bewältigen und sogar noch früher als bisher vorgesehen auf der Pazifikseite ankommen. Für ihn wäre es sicher auch hilfreich, denn sein Arbeitstag hat noch zwei Stunden vor unserem begonnen. 7 1/2 Knoten können wir sicher schaffen und das sollte dann auch reichen. Also blasen wir den Turbo unseres Volvo mal wieder ein bisschen frei. Wir kommen gut voran, nur einmal müssen wir vor der Engstelle des Gaillard Cut kurz warten, um ein entgegenkommendes großes Kreuzfahrtschiff der Neo-Panamax-Klasse durchzulassen.

Hier wurde der Panamakanal durch einen 95 m hohen Sattel des Gebirgszuges gegraben, der Nord- und Südamerika miteinander verbindet, eine der aufwändigsten Stellen beim Bau des Kanals. Für den Abtransport der riesigen Abraummengen wurde eigens eine Eisenbahn gebaut.

Kurz hinter dem Gaillard Cut dann die Pedro Miguel Schleuse. Jetzt geht es bergab, und da fahren die Yachten vor der Großschifffahrt ein. Dieses Mal ist es tatsächlich ein Dreier-Päckchen. Gemeinsam mit der norwegischen „Escape“ machen wir rechts und links an der „Nomadica“ aus St. Helena fest. Schon im Päckchen, wird die Wartezeit vor der Schleuse mit dem Mittagessen verkürzt. Ein „man‘s meal“ mit Fleisch müsse es für den Advisor sein, hatte der Agent im Vorfeld mindestens dreimal betont, das sei neben dem ebenfalls zur Verfügung zu stellenden „botteled water“ (gekauft, keine unversiegelten Flaschen mit Wassermacherwasser) ganz wichtig.

Wiebke zaubert eine Paella mit extra viel Hähnchen und Ivan strahlt übers ganze Gesicht. Wir auch.

Nach der Pedro Miguel Schleuse löst sich das Päckchen wieder auf und über den Miraflores See fahren wir das kurze Stück zu den beiden letzten, miteinander verbundenen Miraflores-Schleusen.

Überraschung: hier erwartet uns die dritte Variante der Schleusung: zwei Schlepper bugsieren die Pleiardes Spirit an die rechte Einfahrtseite, wo sie mit Drahtseilen von Lokomotiven gehalten werden. Die Spezialloks übernehmen im Prinzip die Aufgabe unserer Linehandler und der „Walk the Line“-Kanalarbeiter. Jetzt aber fährt einer der Schlepper vor uns in die Schleusenkammer, die Nomadica macht längsseits an ihm fest, wir ebenfalls längsseits an der Nomadica. Toll, denken wir, bei dieser Schleusung brauchen unsere Linehandler garnicht zu arbeiten.

Das stimmt auch erst einmal, aber das Päcken muss nach der ersten Schleusenkammer aufgelöst werden, der Schlepper und die Boote fahren einzelnd in letzte Schleusenkammer und dort muss das Päckchen neu gebildet werden. Klappt auch, nur sind wir als drittes und letztes Boot noch nicht fest, als die Pleiardes Spirit in diese letzte Schleusenkammer einfährt. Da sie die ganze Schleusenbreite ausfüllt und natürlich auch einigen Tiefgang hat, entsteht dabei eine extrem kräftige Strömung, die uns ohne Chance auf sinnvolle Kurskorrektur achtern auf die beiden anderen Boote drückt. Erst nachdem der Autofrachter kurz hinter uns auf seiner endgültigen Position festgemacht hat, können wir uns aus dieser misslichen Lage wieder befreien. Zum Glück hat die Flora außer einem kleinen aber eben doch ärgerlichen Abplatzer im Gelcoat keinen weiteren Schaden davon getragen, die anderen Boote sind komplett unbeschädigt.

Ein kräftiger Schauer begleitet die Aktion und dauert auch noch an, als sich gegen 15:30 die massiven Tore der Schleuse öffnen und wir in den Pazifik einfahren. Was für ein Moment.

Der „friedliche“ zeigt sich dann aber auch gleich versöhnlich, bei strahlendem Sonnenschein geben wir die geliehenen Leinen und Fender am Balboa Yachtclub ab und fahren dann weiter zu unserem ersten Ankerplatz im neuen Ozean. jetzt sind wir auf der Sonnenuntergangsseite von Panama 😎. Pazifik.

Mola, Bananen, Kokosnüsse (und Inseln wie auf der Fototapete)

Der Ankerplatz vor Green Island ist gut besucht, in mehrfacher Hinsicht. Zum einen haben sich etwa 10 Segelboote eingefunden:

Das ist leicht verständlich, denn der Platz ist sehr geschützt. Er liegt quasi in der zweiten Reihe, weiter draußen halten die Cayos Coco Bandero schon einiges ab, der verbleibende Schwell wird vom inneren Riff direkt bei Green Island dann noch einmal zusätzlich aufgehalten. Und so liegt die Flora auf einer fast glatten Wasserfläche. Ententeich, wir blasen sogar die SUPs auf und paddeln auf ihnen einmal um die Insel. Auch das Schnorcheln ist in dem wenig bewegten Wasser mit seinen vielen lebenden Korallen und bunten Rifffischen toll, nachdem wir denn erst einmal die richtige Stelle mit steil abfallendem Riff gefunden haben.

Nicht zuletzt wohl wegen der vielen Ankerlieger stellt sich auch weiterer “Besuch” ein, auch wenn die mit ihren Kanus vorbeikommenden Kunas hier natürlich zu Hause sind. Molas werden uns von dem ersten Boot angeboten. Wir haben schon ein paar, aber Venancios Molas hat uns Andrea (von der Akka) besonders ans Herz gelegt. “Master Mola Maker!” Außerdem hatten wir auf den Lemon Keys Venancios Bruder getroffen, Venancio spricht uns gleich mit unseren Namen an.

Als einer von nur ganz wenigen Männern unter den Mola-Künstlern ist er seit über dreißig Jahren eine Ausnahme von der Regel, dass die Molas von Frauen gefertigt werden. Es ist kein reines Verkaufsgespräch. Venancio zeigt sich interessiert und auch wir erfahren einiges über ihn und seine Familie, z.B dass sie mit 18 Familienmitgliedern im Haus seiner Mutter leben und alle in Hängematten schlafen. Nur eine Schwester lebt in Panama-Stadt, die gesamte übrige Familie lebt in Guna Yala.

Quasi nebenbei wird Floras Cockpit zur Galerie, eine Mola nach der anderen bekommen wir gezeigt. Nur wenige schaffen es auf unsere “Vielleicht”-Shortlist (denken wir). Aber dann werden es doch mehr und mehr.

Als wir am Ende die “Shortlist” ausbreiten, ist das Cockpit doch wieder voll.

Die Besonderheit bei den handwerklich aufwändigen Mola besteht darin, dass die verschiedenen Farben im Wesentlichen aus den übereinander liegenden verschiedenfarbigen Stoffen in Durchbrüchen herausgearbeitet werden. Nur feine Details werden danach noch aufgestickt. Je kleiner die Zieselierungen, je mehr Ecken und Winkel, je mehr Farben, um so aufwändiger. Gar nicht so einfach, sich zu entscheiden und in die Preisverhandlung einzusteigen. Aber wir haben die Worte anderer Segler noch im Ohr, sie bereuten nur, nicht noch mehr gekauft zu haben. Also unterstützten wir die lokale Wirtschaft 😊. Acht Mola wechseln den Besitzer.

Das nächste Kanu hat die leckeren Kuna-Brötchen im Angebot, das ist dann billiger (vier Stück ein Dollar).

Und dann kommen Bananen:

Diese hier ähneln eher den auch in Deutschland immer beliebter werdenden “Baby-Bananen”. Sie sind nur ungefähr fingerlang und haben eine deutlich dünnere Schale.

Für fünf Dollar hängt kurz darauf eine kleine halbe Staude an unserem Windgeneratormast. Wobei, das geht nur einen Tag gut, solange sie noch grün sind. Wenn sie reif werden, finden auch Vögel und Fledermäuse Interesse an den Früchten.

Auch uns schmecken sie richtig gut, sehr süß, überhaupt nicht mehlig, und bei dieser Sorte mit einer leichten Zitrusnote.

Beim Lobsterkanu machen wir diesmal den Fehler, unsere Tauchtausche (=Netztasche) hinunter zu reichen und den Lobster nicht selbst hineinzustecken. Die Tasche hängen wir erstmal außenbords ins Wasser. So stellen wir erst am Abend fest, das man uns ein eiertragendes Weibchen verkauft hat. Gut für die Lobsterdame, die sich in wiedererlangter Freiheit jetzt nur eine neue Höhle in ungewohnter Umgebung suchen muss. Künftig: Augen auf beim Lobsterkauf!

Was an uns vorbeigeht, aber nicht an Susan und Holger auf der Ultimate: das Kokosnuss-Kanu. Durch ein Missverständnis kaufen sie gleich zweimal mehrere Kokosnüsse, ein Glück für uns. Mit Machete, Tupperdosen und Kleinwerkzeugen wie Messer und Löffel geht es zu viert hinüber nach Green Island und das Kokosnuss-Schlachten beginnt. Am Strand, stilecht unter Palmen. Und in alten Klamotten oder Badesachen, weil Kokosnusswasser ziemlich schwer entfernbare Flecken machen kann.

Noch einen weiteren Tag verbringen wir vor Green Island, schnorcheln, fahren die Stand Up Paddleboards und nutzen das leidlich gute Internet, um in den Spanisch-Lektionen bei Duolingo deutlich voranzukommen (bin im September angefangen und jetzt fast durch). Das macht die Kommunikation hier doch deutlich einfacher.

Und dann gehen wir ankerauf, nur um uns kurz darauf wieder in den Coco Bandero an einen einsameren Ankerplatz zu legen. Diesmal wählen wir die westlichere Inselgruppe, außer der Flora ist nur ein anderes Boot dort. Der Schutz der Insel Orduptarboat direkt hinter im Außenriff ist zwar nicht ganz so gut, es hat etwas mehr Schwell, aber der breite Sandstrand der Insel, das Rauschen der Brandung und die Farben des Riffs wiegen das locker auf.

Ein Kanu ist bisher noch nicht vorbei gekommen. Auch so:

Pura Vida.

Guna Yala / San Blas: Cayos Coco Bandero und Kanlildup (Green Island)

Gibt’s das wirklich? Oder ist es nur ein Klischee? Kleine unbewohnte Inselchen, rundherum Sandstrand, dichtbestanden mit Kokospalmen, vor denen man im warmen, türkisfarbenen Wasser wunderbar ankern kann?

Doch, die gibt es. Hier in Guna Yala / San Blas sogar ziemlich viele. Und die Cayos Coco Bandero sind sozusagen eine Blaupause für diesen Langfahrertraum. In drei Gruppen verteilt liegen allein hier 9 Palmeninseln und noch ein paar weitere Sandflecken geschützt hinter einem im Nordosten vorgelagerten Riffgürtel.

Von unserem letzten Ankerplatz in den Lemon Cays segeln wir etwa 16 Seemeilen nach Ostsüdost. Eigentlich wollten wir zu den Cayos Holandes, aber die lassen wir an Backbord liegen und nutzen den etwas schwächeren Passatwind dieses Tages aus um uns hoch am Wind erst einmal weiter nach Ost vorzuarbeiten.

Als wir näher kommen, sehen wir, dass wir (wenig überraschend) nicht als einzige die etwas windärmere Phase für einen Besuch von Coco Bandero nutzen wollen.

Ein gutes Dutzend Boote hat sich ebenfalls für die mittlere Inselgruppe der Cayos Coco Bandero entschieden. Wir fahren durch den Kanal zwischen Olosicuidup und Guarladup, aber unser eigentlich favorisierter Ankerplatz zwischen diesen beiden Inseln ist schon gut belegt. Würde wohl noch passen, aber wir entscheiden uns erst einmal für den noch deutlich mehr Platz bietenden Bereich vor der nördlichen Insel Tiadup. Dort stehen allerdings derzeit nur noch fünf hohe Palmen, auf dem Großteil des Inselchens werden offenbar gerade neue Palmen angepflanzt, die aber noch sehr klein sind.

Mit dem Dinghy schauen wir uns dann noch einmal in Ruhe um, besuchen die Inseln und umwandern sie (dauert ja kaum 10 Minuten).

Mit den Crews von zwei Yachten kommen wir gleich ins Gespräch, werden zum Sundowner am Strand der mittleren Insel eingeladen. Wir schnorcheln noch ein bisschen am Riff und als wir mit Florecita zum Treffen am Strand fahren, sind zwei der Segelboote im Kanal bereits ankerauf gegangen. Kurz entschlossen brausen wir zurück zur Flora und ankern um, hier zwischen den Inseln ist es doch um einiges schöner.

Am nächsten Morgen verlassen dann nach und nach die meisten Boote den Ankerplatz. Wir bleiben und zu unserer Überraschung kommt nur ein einziges Boot neu dazu, dass außerdem noch weit entfernt ankert. Den Kanal zwischen den Inseln haben wir jetzt für uns allein.

Wie unterschiedlich und doch an beiden Tagen wunderschön die Stimmung hier ist.

Nur einen Katzensprung entfernt liegt am Sonntag unser nächstes Ziel. Kanlildup (Green Island) liegt zwei Seemeilen weiter Richtung Festland im Golfo de San Blas. Hier treffen wir auch die Berliner Susan und Holger mit ihrer HR 45 Ultimate wieder, die wir von Coco Bandero kennen. Zum Kaffee sind sie bei uns an Bord und wieder wird es ein schöner Klönschnack.

Auch hier machen wir wieder eine Spritztour mit dem Dinghy, dieses Mal ankern wir Florecita vor Waisaladup und schaffen einen neuen persönlichen Rekord für eine Inselumwanderung 🤩.

Pura Vida.

Fremdsegeln in den Lemon Cays. Was Einbäume so alles können!

Einbaum-Kanus sind uns hier in Panama bisher häufig begegnet. Schon bei der Einfahrt nach Bocas del Toro hatten wir Fischer in diesen traditionellen Booten gesehen, an den Ankerplätzen dort gehörten sie zum vertrauten Bild. Gelegentlich kam einer zur Flora, bot z.B. selbstgefangene Krebse an.

Hier in Guna Yala scheinen die langen, schlanken und tatsächlich aus einem ausgehöhlten Baum gefertigten Kanus sogar noch häufiger zu sein. Ganze Kuna-Familien sind in ihnen unterwegs. Schon mehrfach kam ein Kanu angepaddelt und wir wurden gebeten, ob wir die Handys der Insassen laden könnten. Machen wir natürlich gerne, Solar und Wind geben uns reichlich Strom und der ist auf diesen kleinen Inseln hier echte Mangelware, Solarpanele oder gar Windgeneratoren können sich die Kuna zumeist schlicht nicht leisten.

Die Einbäume werden in der Regel mit aus Brettern geschnittenen, manchmal mit Schnitzereien verzierten Paddeln bewegt, in Flachwasserbereichen mit einer ebenfalls hölzernen Stange gestakt. Und wenn der Wind es zulässt, werden sie auch gesegelt.

Zumeist wird ein kleines Vorsegel und ein deutlich größeres Sprietsegel am unverstagten, Mast gefahren, der einfach durch ein Loch in ein eingeklemmtes Brett gesteckt wird. Gesteuert wird mit einem nur von Hand gegen die Bordwand gedrückten Paddel. Beeindruckend, dass das mit den schmalen kippeligen und bauartbedingt fast kiellosen Kanus überhaupt möglich ist.

Wir haben den Liegeplatz gewechselt, ein paar Meilen weiter in die Lemon Cays verholt. Ein Wirrwarr kleiner palmenbestandener Inselchen mit Riffen drumherum und dazwischen. Als wir uns auf Nuinudup (Dup heißt Insel auf Kuna) die Beine vertreten, kommt Justino mit seinem Sohn Fredi mit dem von Justino selbstgebauten Ulu (=Kanu auf Kuna) angepaddelt. Die beiden laden gerade ihre Handys auf der Flora. Justino fragt auf spanisch „Ein bisschen Spielen?“ und baut bei den etwa zwanzig Knoten Wind den Mast auf. Und er zeigt uns stolz sein buntes Segel, dass ihm ein amerikanischer Freund geschenkt hat „Ulu Sail Project“ und der Name der Sponsoryacht sind mit Edding darauf vermerkt.

Und schon sausen sie los, einmal quer über den Ankerplatz hinüber nach Banedup und wieder zurück.

Wir scherzen noch, dass Wiebkes Outfit gut zum Segel passt, da kommt auch schon die Frage, ob wir mal mitsegeln wollen? Na klar. Einzeln, ok. Und los gehts, für mich als Passagier zumindest bei Wende oder Halse mehr liegend als sitzend aber immer mit tollem Blick auf die Action:

Bei dem Wind ist das Ulu sportlich unterwegs. Und Justino ist sozusagen gleichzeitig das lebendige Want (das den Mast seitlich stützt und aufrecht hält) und zugleich das Ausreitgewicht, das für die Balance des Kanus sorgt. Fredi steuert und bedient gelegentlich die Großschot. Beide haben sichtlich Spaß.

Den habe ich auch. Und nach mir Wiebke 😁.

Was für eine Gaudi. Und ja, selbstverständlich bekommen die beiden von uns später einige Dollar für dieses Spektakel zugesteckt. Sie können es gut gebrauchen, ebenso wie ein paar unserer ausgetauschten und als Ersatz immer noch mitgeführten Leinen, Stifte und Papier. Für die Kuna auf den kleinen Inseln ist eigentlich alles knapp.

Was für ein Tag.

Pura Vida.

Auf nach Guna Yala

Es ist voller geworden in der Shelter Bay Marina. 23 Boote der “Oyster World Rally” sind angekommen. Die meisten sind ziemlich groß, die kleinste ist 54 Fuß, die meisten um die 60, zwei Boote über 70 Fuß lang. Und in großem Umfang mit bezahlter Crew unterwegs, für die es sogar eigene Partys (ohne die Eigner) gibt. Wir unterhalten uns sehr nett mit den Eignern der einzigen deutsch geflaggten Yacht der Flotte. Rund 15 Monate dauert die Rally, von Antigua nach Antigua, einmal um die Erde. Zum Vergleich: wir sind mit der Flora jetzt schon doppelt so lange unterwegs und gerade erst am Tor zum Pazifik angekommen. Allerdings genießen wir es sehr, Zeit zum Erkunden der besuchten Orte zu haben und eben auch viele verschiedene Stops machen zu können.

So auch hier in Panama. Nach den faszinierenden Bocas del Toro und dem Aufenthalt hier in der Shelter Bay soll es jetzt, wo der Papierkram für die Kanalpassage auf dem Weg ist, erst einmal ein paar Wochen nach Guna Yala gehen.

Guna Yala (Land der Guna) ist eine teilautonomes Region Panamas. Das weitgehende Maß an Selbständigkeit haben sich die indigenen Kuna/Guna in blutigen Auseinandersetzungen ab 1925 hart erkämpft. Das stolze Volk ist deshalb nicht glücklich darüber, wenn das Archipel mit dem international bekannteren spanischen Namen “San Blas Inseln” bezeichnet wird.

Aber um in diese Inselgruppe zu gelangen, müssen wir erst einmal aus der Panamakanalzone heraus und dann etwa siebzig Meilen nach Osten, gegen den derzeit recht kräftigen Passatwind mit der entsprechenden, etwas über zwei Meter hohen Wellen.

Die Rekordzahl von 429 empfangenen AIS-Signalen melden unsere Instrumente, aber wir passen eine gute Lücke zwischen den ein- und ausfahrenden Frachtern ab und kommen wir gut durch die Molen. Draußen liegen die Frachter auf Reede und wir motoren noch ein Stück zwischen ihnen hindurch, bis wir die Segel hoch nehmen.

Wir teilen die Strecke nach Guna Yala in zwei Etappen auf. Erst geht es gute zwanzig Seemeilen nach Nordosten um das Kap Punta Manzanillo. Kurz danach können wir vor der Linton Bay Marina geschützt ankern. Dieses erste Stück hat es allerdings in sich. Wir müssen aufkreuzen, Wind und Welle kommen genau auf die Nase. Der Wendewinkel bei diesen Bedingungen ist nicht gut und so werden aus den gut 20 sm fast 40 sm. Knackiges Segeln.

Am nächsten Tag segeln wir dann von Linton Bay nach Chichime in Guna Yala. Die Küste in diesem Abschnitt ist rauh und felsig. Steil aufsteigende Hänge, grün bewachsen aber schwer zugänglich, mit vorgelagerten Felsinseln.

Was für ein Unterschied dann, als wir den Punta Ciengas und damit den Golfo de San Blas erreichen. Das hohe Land springt zurück, statt dessen tauchen in seiner Verlängerung erste flache palmenbestandene Inseln auf. Über 340 sollen es sein (auch hier spukt ein ums andere Mal die 365 – für jeden Tag eine – durch die Literatur). Ein Cruiser-Paradies mit klarem Wasser und unzähligen Ankerplätzen vor palmenbestandenen Sandstränden, allerdings auch voller Riffe und damit navigatorisch anspruchsvoll. Nur etwa 50 der Inseln sind dauerhaft bewohnt, die insgesamt etwa 33.000 Kuna bewirtschaften aber jede einzelne Palme auf den Eilanden. Gemüse wird auf dem Festland angebaut. Neben dem Fischfang bestreiten die traditionell lebenden Kuna ihren Unterhalt vor allem durch den Verkauf von Molas. Diese kunstvoll gearbeiteten Stoffstücke werden in einer aufwändigen Stickerei- und Durchbrucharbeit mit mehreren übereinander liegenden verschiedenfarbigen Stoffen gefertigt. Traditionell graphische Muster mischen sich mit Tiermotiven. Die Molas haben sich inzwischen über Guna Yala hinaus zu einem der Symbole Panamas entwickelt.

Als ersten Ankerplatz haben wir Chichime ausgesucht, für uns gut erreichbar und zudem mit einer vergleichsweise einfachen Zufahrt. Beim Näherkommen sieht es danach allerdings gar nicht aus. Zwar liegt ein gutes Dutzend andere Boote recht ruhig zwischen den beiden Inseln Uchutupu Pipigua und Uchutupu Dummat, aber der hohe Schwell scheint quer über die ganze Einfahrt zu brechen.

Der Rumpf eines Segelbootes liegt auf dem Riff. Und nicht allein, ein Stückchen weiter rostet die 58 m lange San Blas Ferry auf dem gleichen Riff vor sich hin. Interessanterweise lief sie in Panama nie als Fähre, ein Österreicher hatte sie in Kanada günstig gekauft und umbenannt, weil er hier ein Fährgeschäft zwischen Panama und Kolumbien aufbauen wollte. Er bekam allerdings keine Genehmigung und das unversicherte Schiff strandete nach Motorschaden 2016 dann ausgerechnet bei den namensgebenden Inseln.

Die Einfahrt finden wir dann zum Glück doch. Zwar fehlt die in der Seekarte verzeichnete Ansteuerungstonne, aber als wir einen kleinen Haken schlagen können wir mit der Sonne im Rücken die Lücke zwischen den Riffen (und den Brechern) gut erkennen. Und drinnen ist erst dann tatsächlich erstaunlich ruhig.

Kaum ist der Anker unten im Sandgrund auf in 11 m Wassertiefe, kommt auch schon das erste Kuna-Boot angebraust und bietet uns Molas an. Wir wollen aber erst einmal ankommen und vertrösten die beiden auf den nächsten Tag.

Und um halb neun in der Früh sind dann Yessica (die Künstlerin, zugleich bei den matriarchisch organisierten Kuna die Chefin und Verhandlungsführerin) und ihr Mann Romiliano auch gleich wieder da.

Auf unserem Achterdeck breiten sie nacheinander eine Vielzahl der von Yessica und anderen weiblichen Familienmitgliedern gearbeiteten Molas in unterschiedlichen Größen und Qualitäten aus. Zwischen zehn und fünfunddreißig Dollar dürfen die Molas kosten, haben uns andere Cruiser berichtet. Verlangt wird erst einmal mehr, Handeln ist gefragt.

Zwei wunderschöne Molas wechseln den Besitzer ☺️.

Pura Vida.

Was für Bären? Ein weiterer tierischer Hike in Panama

Für Abwechslung ist in Shelter Bay gesorgt. Nach zuletzt so vielen schönen sonnigen Tagen beginnt erst mal Schauerwetter und damit (bei den Temperaturen hier auch nachts) das beliebte Spiel “Fenster auf / Fenster zu”. Der Mittwoch ist dann total verregnet.

Dafür bietet allerdings das SPSN in der Lounge der Marina eine Info-Veranstaltung an. Die Abkürzung steht für South Pacific Sailing Network, Stephanie und Andy bringen eine sehr informative und kurzweilige (aber lange dauernde) Präsentation über die Inseln von den Marquesas bis Neuseeland.

Und wir treffen uns einige Male mit Cris und Ruedi von der schweizerischen “Pasito”, schnacken oder spielen.

(Mexican Train Domino)

Oder von Bord der Pasito aus das Krokodil im Hafenbecken beobachten. Hm, Schnorchelnd das Unterwasserschiff reinigen fällt für uns hier wohl aus. Ruedi hat sich davon allerdings nicht beirren lassen.

Heute aber ist es wieder richtig sonnig, wir schnüren die Wanderschuhe und bewegen mal wieder die Beine. Direkt an der Marina beginnt der Urwald, oft hören wir die Brüllaffen. Also wollen wir mal versuchen, ob wir sie auch zu sehen bekomme.

Bis zur ehemaligen amerikanischen Armeeanlage “Battery Stanley” ist der Weg gut, danach allerdings führt nur noch ein Pfad weiter.

Direkt hinter der Battery Stanley sehen wir tatsächlich die erste Affenfamilie. Allerdings sind es keine Brüllaffen, sonder Panama-Kapuziner-Affen, die hier durch die Bäume toben und uns mit herunterfallenden abgebrochenen Ästen auf sich aufmerksam machen.

Einmal mehr ist der weitere Pfad anfangs gut zu erkennen, diesmal bis wir zum ersten Mal das Meer erreichen. Ein kleiner steiniger Strand, ok. Aber nachher lockt schließlich eine größere Bucht mit Sandstrand, Badesachen haben wir dabei, also weiter. Allerdings wird es jetzt kniffliger, aber wir sind ja schon ganz gut geübt. Der Trampelpfad führt jetzt zumeist am Hochwasser-Spülsaum des Meeres entlang. Hört sich einfach an, ist es aber nicht, wenn Mangroven vorgelagert sind. Diese Salzwasser vertragenden Pflanzen verlagern den Spülsaum nämlich so, dass wir die Küste nicht mehr sehen, aber über die Wurzeln der Mangroven klettern müssen und trotzdem immer mal wieder durch knöcheltiefes Matschwasser waten. Da sind wir allerdings schon so weit, dass Umkehren auch keine Option ist.

Und noch eine weitere unschöne Erscheinung verbirgt sich im Wort Spülsaum, die wörtliche nämlich. Hier, mitten im Mangovenwald, findet sich eben auch ein breiter Streifen angeschwemmter Plastikflaschen, Flipflops, Ölkanister, Netzbojen und eben alles, was leider so an Plastikabfällen im Meer schwimmt. Grrr.

Als wir endlich den Sandstrand erreichen, lädt dieser nicht eben zum Baden ein. Diesmal ist es nicht angeschwemmter Plastikmüll. Der ist vermutlich auch da, wird aber vollständig überdeckt durch den sich derzeit in der Bucht sammelnden Sargassum-Seetang. Ein dicker Wall bedeckt den Strand, davor schwappt es braun in den Wogen hin und her.

Das war wohl nichts. Immerhin führt der Rückweg größtenteils über leicht begehbare Straße (wenn man von dem Teil absieht, auf dem wir eine völlig überwucherte Querstraße bis hin zu einem mit Kette verriegelten Tor gehen und wieder zurück müssen).

Aber hey, die Belohnungen für die Matschwanderung kommen schon noch. Und was für welche:

Als erstes erspäht Wiebke in den Bäumen einen dunklen Fleck im Gegenlicht. Ein Faultier? Nein, aber fast noch besser, ein naher Verwandter davon, den wir bisher noch nie gesehen haben. Ein Ameisenbär! Nicht blau wie Elise bei Paulchen Panther, auch nicht so tapsig, aber unververkennbar mit seiner langen Röhrenschnauze, dem vergleichsweise kleinen Mund und den runden Ohren.

Und dem langen Schwanz, den er zum Greifen verwendet und hier zur Sicherung um den dickeren Ast geschwungen hat:

Nicht ohne Grund, denn während wir ihn beobachten, knackt einer der dünnen Äste weg, aber davon lässt er sich nicht beeindrucken und futtert unbeirrt weiter die Ameisen oder Termiten auf dem Ast.

Als wir irgendwann doch weitergehen, sehen wir nur kurze Zeit später auch die erhofften Brüllaffen. Allerdings sind sie gerade ganz still, ist vielleicht besser für unsere Ohren.

Und auch das ist noch nicht das Ende. Unten auf dem Waldboden läuft ein Nasenbär. Anders als der Ameisenbär ist er nicht mit dem Faultier, sondern eher mit Mardern verwandt, aber auch er hat einen deutlichen “Gesichtserker”.

Und so kommen wir nach der Wanderung zwar sehr matschig, aber eben auch SEHR GLÜCKLICH wieder in der Shelter Bay an. Erstmal duschen und baden. Da war ja noch das Krokodil? Dann eben Pool.

Pura Vida.