Alles gut in Newport Beach

Die (extrem) widersprüchlichen Vorhersagen gehen etwas an die Nerven, aber die Santa Ana Winds sind zum Glück diesmal gnädig. Der kräftige Wind kommt in zwei Wellen, einmal am Sonntag Vormittag und dann noch einmal in der Nacht auf Montag. Aber er ist eben nur stark, nicht stürmisch. In der Spitze messen wir nur 33 Knoten, das obere Limit von Windstärke 7. Kein Problem an unserem Ankerplatz. Inzwischen ist auch das Bimini wieder aufgebaut, der Sonnenschutz macht es im Cockpit deutlich angenehmer.

Um Flora herum, quer durch den Ankerplatz und auch mitten durch die Bojenfelder, findet eine große Jollen-Regatta statt.

Spannend anzuschauen, ein ums andere Mal scheinen die Jollensegel Floras Bordwand putzen zu wollen, aber die Jugendlichen sind offenbar keine Anfänger. Die CFJ-Zweipersonen-Jollen wuseln einige Male dicht um uns herum, aber sie berühren uns trotz des Regattafiebers ihrer Besatzungen nicht.

Wir backen Brot und Kuchen (Apfel-Zimt-Kranz und Butterkuchen), treffen uns mit Rachel und Volker von unserem Nachbar-Ankerlieger, dem Trimaran “Tomorrow”. Volker hat das Boot für wissenschaftliche Walbeobachtungen extra auf Elektroantrieb umgerüstet.

Wir machen uns noch mal auf in den Ort, bummeln am breiten Strand herum, geraten in eine Oldtimer-Show, schauen von der Seebrücke aus den Surfern zu.

Und wir finden einen tollen Second-Hand-Bootsausrüster. Minney’s hat eine Riesenauswahl an Gebrauchtsegeln, Pumpen, Riggbeschlägen, Seekarten und Büchern, Dinghys, Motorteilen und und und.

Ein “Candy store for boaters”.

Wir finden einen Aluminium-Fortress FX55 Anker, der uns als Ersatz- und ggfs. als zusätzlicher Sturmanker dienen soll. Weil diese Anker demontierbar sind, lassen sie sich besonders gut stauen und relativ zu ihrem Gewicht bieten sie eine sehr hohe Haltekraft. Damit hatte ich schon länger geliebäugelt, jetzt passt auch der Preis.

Fein.

Extremwetter-Warnung: Santa Ana Winds?

Kaum am Festland angekommen, ploppt auf dem Handy eine Extremwetter-Warnung auf. Starkwind bis 40 mph für Samstag Abend in Newport Beach.

Als die Harbor Patrol vorbeikommt, um uns eine Färbetablette ins WC zu werfen, sprechen wir sie darauf an. Ja, “Santa Ana Winds” sind angekündigt. Wenn wir deshalb länger als die eigentlich zulässigen fünf Tage bleiben müssen, sei das kein Problem.

Auch auf den Channel Islands waren wir schon vor dieser Wetterlage gewarnt worden: “Wenn die Berge am Festland glasklar erkennbar werden, solltet ihr schnell auf die Südseite der Inseln oder besser gleich ans Festland wechseln.“

Immerhin: noch liegen die Berge ziemlich im Dunst. Und tatsächlich, die Vorhersage auf Windy verschiebt die Ankunft der starken Winde ein paar Mal, nach jetzigem Stand beim Vorhersagemodell ECMWF sollen sie erst am Sonntag Vormittag unseren Ankerplatz in Newport Beach erreichen.

Aber was sind eigentlich die Santa Ana Winds?

Ganz ähnlich wie der Mistral im Löwengolf oder die Bora an der Adria sind die Santa Ana Winds starke bis stürmische Fallwinde. Wie bei ihren Kollegen ist dafür eine Großwetterlage erforderlich, bei der einem Hochdruckgebiet im Gebirge ein Tiefdruckgebiet über dem Meer gegenüber steht. Für die Santa Anna Winds bedarf es hohen Luftdrucks im Great Basin nördlich der Mojave Wüste, zusätzlich dazu eines (relativ) niederigeren Luftdrucks (10 Millibar Differenz reichen) in der Bucht vor Los Angeles. Gerade im Herbst blasen dann die Fallwinde aus dem Great Basin über die Majavewüste. Sie werden dabei heiß und trocken, daher auch die mit ihnen oft verbundene gute Fernsicht. Die relative Luftfeuchtigkeit fällt manchmal unter 10 % (sic!). Das bedeutet auch eine extreme Waldbrandgefahr. Auf dem Weg zur Küste beschleunigen die Winde durch einige der großen Gebirgstäler (etwa das namensgebenden Santa Ana Valley). Im Dezember 2011 erreichten die Santa Ana Winde nicht nur Orkanstärke, sondern brachten Böen bis zu 269 km/h.

So schlimm ist es jetzt bei weitem nicht angekündigt, aber bis zu 54 Knoten (Windstärke 10) könnten durch die Täler blasen. Für unseren geschützten Ankerplatz sagen die verschiedenen Vorhersagemodelle total unterschiedliche Windstärken voraus. Das lässt zwar viel Platz für Hoffnung, ist aber eigentlich kein gutes Zeichen. Gegenüber den 36 kn des europäischen Modells ECMWF prognostiziert das amerikanische GFS nur 22 kn, ICON sogar nur 18 kn. Allerdings fällt umgekehrt die Vorhersage bei den beiden amerikanischen Regionalmodellen um so heftiger aus. Im Modell HRRR sind es 46 kn, das wird aber vom Modell NAM mit 49 kn sogar noch übertroffen. Immerhin sind sich alle Modelle einig, dass der Wind nur eine kurze Phase von wenigen Stunden so stark sein soll. Zudem auch nur am Vormittag, obwohl länger anhaltende Santa Ana Winde zumeist nachts am stärksten sind.

Unser Ankerplatz ist rundum von Land umgeben und somit vergleichsweise gut vor sich durch den Wind aufbauenden Wellen geschützt. Außerdem scheint der sandige Ankergrund gut zu halten.

Wir bauen das Bimini ab, sichern die Rollreffleine der Fock zusätzlich zur Klemme noch auf der Achterklampe und binden noch einen Zeising um die Fock. Alles was wegfliegen könnte und unnötige Windangriffsfläche bietet (wie etwa der Rettungskragen) kommt ins Schiff. Der Anker wird nochmal gecheckt, der Ankeralarm gesetzt. Den Windgenerator schalten wir an, das sollte uns wecken, wenn der Wind (entgegen der Vorhersagen) vorzeitig mitten in der Nacht stark auffrischen sollte.

Und jetzt warten wir ab, was da morgen früh auf uns und die Flora zukommt. Drückt uns die Daumen.

Von Santa Catalina nach Newport Beach

Eine ganze Woche verbringen wir in Avalon auf Santa Catalina, so gut gefällt es uns in dem kleinen Urlaubsörtchen.

Wir haben Sundowner bei unseren Nachbarn Lynn und Hugh auf ihrer Moody 43 DS “Happy” und umgekehrt Nachmittagskaffee und Kuchen auf der Flora, wandern mit Heather und Jim von der “Kavenga” zum Botanischen Garten und machen auf dem Rückweg regen Gebrauch von der Happy Hour beim Mexikaner. Spielen Minigolf, nutzen die Laundry und die guten Einkaufsmöglichkeiten in Avalon.

Mit der Kavenga-Crew auf der Flora

Ein bisschen Arbeit streuen wir auch ein. Der komplette Stauraum im Vorschiff wird neu sortiert, außerdem die Lebensmittel durchgesehen. Während Wiebke Flora innen putzt, kümmere ich mich um Floras Bart. Über die Zeit hat sich auf dem weißen Rumpf mal wieder ein gelblich-brauner Film angesammelt, vor allem am Bug. Schon vor längerer Zeit hatte ich “On & Off – Hull & Bottom Cleaner” gekauft, jetzt probiere ich ihn erstmals aus. Wird mit einem Schwamm aufgetragen und verrieben, nach kurzer Einwirkung dann mit Wasser abgespült.

Heute lösen wir dann aber doch die Mooringleine und segeln bei herrlichem Wetter hinüber ans Festland.

Unser Ziel ist Newport Beach, zwischen Los Angeles und San Diego gelegen. Viel wissen wir nicht über die Stadt, nur, dass sie einen gut geschützten Ankerplatz bietet und man mit dem Dinghy gut die vielen Häuser mit Bootsstegen davor bewundern kann. Das machen wir dann auch. Und sind ziemlich beeindruckt. Ganze Stadtteile im Mündungsgebiet des San Diego Creek sind Inseln, etwa Balboa Island und Lido Isle, daneben gibt es eine Vielzahl weiterer kleiner Inseln und Halbinseln. Es ist unfassbar, wie viele Boote hier liegen. An den Stegen vor den Häusern und Villen, in mehreren Häfen und vor allem in riesigen Bojenfeldern. Und mittendrin: unser Ankerplatz.

Kleine Strände finden sich auch an der Innenseite, aber vor allem ist die Pazifikseite der Stadt ein einziger, beeindruckend breiter, wunderbarer Sandstrand.

Hier werden wir wohl ein paar Tage bleiben.

Die Nebel von Avalon? Catalina Island

Eine unruhige Nacht verbringen wir auf dem ziemlich rolligen Ankerplatz hinter Santa Barbara Island, dann brechen wir auf zu dem nur gut 20 Seemeilen langen Törn hinüber nach Santa Catalina Island. Und diese Insel ist anders als die zuvor besuchten Kanalinseln. Zwar ist auch das etwa 35 km lange Santa Catalina Island in weiten Teilen karg bewachsene Wildnis, aber auf Catalina gibt es mit Two Harbors und Avalon auch zwei Orte, in denen sich die Insel gänzlich anders präsentiert.

Obwohl Catalina fast 650 m hoch reicht, können wir sie von Santa Barbara aus nicht sehen und das bleibt auch auf der Überfahrt lange Zeit so. Erst als wir sie fast schon erreicht haben, schälen sich steil abfallende Felshänge aus den Nebelwolken.

Der gut geschützten Südwestbucht von Two Harbors statten wir nur einen kurzen Besuch ab. Das (73$ pro Nacht) teure private Bojenfeld liegt ziemlich verlassen da und die Ankerplätze vor dem Bojenfeld sehen ebenfalls nicht sehr einladend aus.

Es ist erst gegen Mittag, also beschließen wir, gleich weiter zum Hauptort Avalon zu fahren.

Eine gute Entscheidung, denn auf der Fahrt lichten sich die Nebelbänke und Avalon liegt dann in strahlendem Sonnenschein vor uns. In Avalon werden die Bojen von der Kommune verwaltet und sind grundsätzlich mit 63$ ebenfalls recht happig bepreist. Aber – anders als in Two Harbors – gilt hier seit dem 15.10. das Nachsaison-Angebot: zwei Nächte zahlen, eine Woche bleiben. Das lässt den Preis dann schon ganz anders erscheinen, insbesondere wenn man von der geschützten Bucht die weiter draußen vor Anker liegenden Boote beim Stepptanz auf den Wellen beobachtet.

Avalon zieht sich wie ein Amphitheater den Hang hinauf um eine halbkreisförmige, mit kurzen Molen zusätzlich geschützte Bucht. Dieser ruhigere Bereich ist dicht an dicht mit nummerierten Mooringtonnen belegt. Im Buchteingang meldet man sich am roten Harbor Patrol Boot an und bekommt eine für die Schiffsgröße passende Boje zugewiesen. Die Moorings sind so eng gesetzt, dass es eines besonderen Systems bedarf, das wir so auch noch nicht hatten:

Faktisch macht man also an derselben Mooringleine mit Bug und Heck fest, indem die gelben Schlaufen über die Klampen an Bug und Heck gelegt werden. Klappt bei uns zum Glück auf Anhieb gut, sorgt aber in dem dichten Feld auch immer mal wieder für “Hafenkino”.

Avalon wurde tatsächlich so benannt nach der heiligen Insel der keltischen Priesterinnen, dem mystischen Ort in der Arthus-Sage. Es gab ab ungefähr 1860 Versuche, die überwiegend im Privatbesitz befindliche Insel zu einem Touristenmagnet zu machen. Erst der Erwerb großer Inselbereiche durch die Kaugummi-Magnaten Anfang des 20. Jahrhunderts sowie die folgenden Investitionen der Familie Wrigley führten zum Erfolg. Heute verkehren diverse Fähren zum kalifornischen Festland bei Los Angeles, Long Beach und Newport. Natürlich kommen insbesondere am Wochenende auch die Sportboote von dort herüber und füllen die Bucht. Nach der Einsamkeit auf den letzten Inseln ist die wuselige Sommerurlaubs-Atmosphäre für uns aber eine schöne Abwechslung, ebenso wie die guten Einkaufsmöglichkeiten und die Bars und Restaurants. Es herrscht so etwas wie mediterrane Stimmung in der Stadt.

Gelegentlich wird Avalon als „fast autofrei“ beschrieben, aber das beruht auf einem Missverständnis. Tatsächlich hat die Stadt die Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotor auf rund 700 (bei über 4.000 Einwohnern) beschränkt, es gibt eine lange Warteliste, 14 Jahre werden kolportiert. Allerdings: Golfcarts sind davon nicht betroffen und es gibt hier knapp 1.500 davon, auch Autos unter einer Gesamtlänge von 3,05 m sind ausgenommen, Smarts und ähnliche sind also ebenfalls sehr beliebt. Der Parkplatz vor dem Supermarkt sieht jedenfalls so aus:

Eine weitere Besonderheit in Avalon ist das markante „Catalina Casino“ am Beginn der Nordmole. Der 1929 fertiggestellte markante Rundbau, außen mit klassischen Anleihen, ist innen im Art Deco Stil ausgestattet. Er war nie ein Spielkasino, sondern birgt im Erdgeschoss ein 1.500 Plätze fassendes Theater/Kino und darüber einen für 6.000 Tänzer ausgelegten Ballsaal. Derzeit findet dort ein Jazz-Festival statt, aber die Karten sind schwer zu bekommen. Im Kino aber sind wir – gemeinsam mit ein paar Bootsnachbarn – fast die einzigen Gäste.

Angenehme Überraschung für uns: das Wasser ist mit 22 Grad vergleichsweise warm und außerdem wunderbar klar. Nach erheblichen Schwierigkeiten mit der Wasserqualität noch im letzten Jahrzehnt war die Stadt Avalon (wenn auch erst durch mehrere angestrengte Verfahren) gezwungen, erheblich in ihr Abwassersystem zu investieren. Wir bekommen auch wieder eine Färbetablette in die Toilette. Inzwischen gelten die Strände und Gewässer nicht mehr als verschmutzt und die Tauch- und Schnorchelplätze erfreuen sich großer Beliebtheit. Direkt am Casino ist ein abgetrennter Tauch- und Schnorchelbereich. Das lassen wir uns nicht entgehen. Erstmals schnorcheln wir in einem Kelpwald. Ein ganz besonderes Erlebnis, zumal sich hier neben kleinen Schwarmfischen, Grünlingen und anderen Fischarten auch Garibaldi-Fische darin tummeln. Diese mit über 30 cm ziemlich großen leuchtend orangefarbenen Riffbarsche sind eine Besonderheit dieser Meeresregion und sorgen für wunderbare Farbkontraste im grün-braunen Kelp.

Endlich wieder schnorcheln. Wir haben den Norden sehr genossen, aber das Gefühl, so langsam wieder im Süden anzukommen, ist auch richtig klasse.

Steile Küste in grau, bunt, grau.

Die Channel Islands können auch anders. Hatten wir sie bisher praktisch nur bei sonnigem Wetter erlebt, begrüßt uns nun am Morgen eine niedrige Wolkendecke und eher schlechte Sicht. Ganz anders als am Abend zuvor, können wir vom Ankerplatz in der Smugglers Cove auf Santa Cruz die nur 4 Seemeilen entfernte Nachbarinsel Anacapa nicht mehr sehen. Aber genau da wollen wir hin. Nicht zum Ankern, die beiden einzigen leidlich vernünftigen Plätze sind bei dem herrschenden Schwell nicht zu empfehlen. Aber das 8 km lange schmale Anacapa ist landschaftlich besonders. Es wirkt, als schaue nur der Felsgrat eines Gebirges aus dem Wasser. Als sich die Insel langsam aus dem trüben Grau schält, würde das Ambiente auch zu einem düsteren Endzeitfilm passen. An der Ostspitze der schwer zugänglichen Anacapa gibt es auf einem der wenigen etwas flacheren Bereiche einen Leuchtturm. Ansonsten ist die Insel – wie an der vom Kot weißgetünchten Oberfläche des Felsbogens erkennbar – ein Vogelparadies.

Und irgendwie schaffen es auch die Seelöwen, auf diesen unwirtlich steilen Felsen ein Plätzchen oberhalb der Brandung zu erklimmen.

Als wir auf der Südseite der Insel unsere Umrundung fortsetzen, wird es endlich heller, vereinzelt blinzelt die Sonne schon durch die Wolken, die Farben finden zurück in die Welt.

Für uns geht’s zurück nach Santa Cruz Island, dessen Steilküste im Vergleich dann doch um einiges lieblicher wirkt, zumal sich in manchen Buchten zwischen den auch hier steilen Felsen sogar Sandstrände finden lassen.

So auch an unserem nächsten Ankerplatz “Willows”. Was für ein Ambiente.

Wir wählen den Ankerplatz östlich der beiden Felsnadeln, aber auch vor dem Sandstrand westlich könnte man liegen. Dort allerdings ist dann ein zusätzlicher Heckanker unerlässlich. Nach den mäßig guten Erfahrungen auf Galápagos (auf der namensgleichen Insel Santa Cruz) üben wir das Liegen zwischen Bug- und Heckanker lieber mit mehr Raum für Flora zum Herumschwingen. Eine weise Entscheidung, denn mitten in der Nacht müssen wir den nicht mehr haltenden Heckanker aufholen, damit sich die Ankerleine nicht um Ruder oder Kiel wickeln kann.

Wir ersetzen die zugegeben etwas kurze Ankerleine des Heckankers durch 40 m geschlagenes Tauwerk, das sich noch tief unten in der Backskiste findet, allerdings das kleine Projekt eines Augspleißes mit Kausch nach sich zieht.

Bei unserer steif gewordenen alten Ankerleine etwas mühsam (und außerdem von mir lange nicht mehr gemacht), aber es klappt und verkürzt mir die Zeit auf der Motor-Fahrt nach Santa Barbara Island. Wind will sich nämlich leider nicht einstellen. Dafür aber begleiten uns mehrmals Delfine oder springen in einiger Entfernung.

Außerdem sehen wir erstmals wieder Boobies (Brauntölpel), ein Zeichen, dass wir weiter nach Süden kommen. Einer dieser eleganten Gleiter umkreist lange unser Boot und lässt sich dann neben einem im Wasser gelandeten Geburtstagsballon nieder. Es ist wirklich eine Pest mit diesen Ballons, die immer wieder als zusätzlicher Müll im wahrsten Sinne im Ozean landen.

Es bleibt die ganze Fahrt bis nach Santa Barbara Island grau.

Die eigentlich beabsichtigte Wanderung über die karge Insel lassen wir ausfallen, …

…, denn das Anlanden am einzig möglichen Platz, in der Seekarte extra als “Landing” ausgewiesen, erfordert doch mehr Abenteuerlust als wir heute bei diesen ja schon eher ruhigen Bedingungen aufbringen.

An den Stelzen unterhalb der Plattform sind ein paar Handläufe angebracht, an denen man sich vielleicht festhalten und über das glitschige Gestein zur Treppe hangeln könnte. Bei etwa einem Meter Schwell würde das wahrscheinlich feucht und eventuell lustig sein – oder eben auch nicht.

😳

Scorpion in nass und Coches trocken

Wir erkunden weiter Santa Cruz Island. Erstmal gibt’s ein nasses Abenteuer. Der Scorpion-Ankerplatz ist zwar mit den dramatisch aufsteigenden Felsen schön und auch einigermaßen geschützt,

aber der Schwell findet eben doch hinein. Für die Nacht ist es leidlich ok mit dem Rollen des Bootes, aber zum Anlanden ist die Herausforderung doch ziemlich groß. Spätestens seit der Dinghy-Kenter-Erfahrung am Cape Scott sind wir gewarnt. Also probieren wir es hier mit unserem Kajak.

☺️

Und – nicht ganz unerwartet – auch ein Kajak kentert leicht in der Brandung. Um diese unnötige Erfahrung reicher holen wir die trockenen Wanderschuhe, für Wiebke noch eine trockene Hose, ein Tuch und für mich die Kamera aus dem wasserdichten Rucksack und beginnen unsere Inselwanderung ansonsten eben etwas feucht. Macht (bei dem herrlichen Wetter) nix.

Die Wanderung führt zunächst auf die Klippen oberhalb des Scorpion Anchorage, mit schönem Blick hinunter zur Flora.

Und dann geht’s erst einmal weiter auf dem Kliff entlang mit tollen Ausblicken über den Santa Barbara Channel und die hier im Ostteil noch einmal deutlich kargere und weniger bewachsene Insel Santa Cruz.

Als der Pfad irgendwann ins Inselinnere abbiegt, wird die Trockenheit noch deutlicher sichtbar.

Wir kommen an einem der sehr einfachen Insel-Zeltplätze vorbei. Anders als die anderen bietet dieser den Luxus eines (sic!) Wasserhahns mit Trinkwasser. Das finden nicht nur die menschlichen Besucher wunderbar:

Zu unserem Glück bleibt das nicht die einzige tierische Begegnung. Tatsächlich erfüllt sich unsere heimliche Hoffnung, wir sehen mehrere Kalifornische Insel-Graufüchse. Diese sehr kleine Fuchsart gibt’s nur hier auf den Channel Islands und auch hier war ihr Bestand um die Jahrtausendwende akut bedroht, auf Santa Cruz war der Bestand in nur 5 Jahren um 95 % eingebrochen. (Wer sich für eine Kurzfassung der ökologischen Zusammenhänge dazu interessiert: hier klicken, S.29.) Inzwischen erholt sich die Population dank erheblicher Anstrengungen der Naturschützer wieder. Erwachsene Tiere erreichen ungefähr die Größe einer Hauskatze, sind dabei mit unter 2 Kilogramm aber nicht mal halb so schwer, wobei die Unterart auf Santa Cruz auch die kleinste ist.

Nach der Wanderung sind die Klamotten zwar fast schon wieder trocken, aber eben auch sandig und salzig. Das Kajak an Bord vom Sand zu befreien erweist sich als ganz schön aufwändig, bei uns selbst geht das leichter. Im hier immerhin schon rund 20 Grad warmen Wasser nehmen wir nochmal ein Bad, danach folgt eine ausgiebige Süßwasserdusche auf der Badeplattform. Was für eine Wohltat.

Und dann wechseln wir den Ankerplatz, segeln auf der Südseite von Santa Cruz nach Coches Prietos. Es ist für die Nacht kräftiger Nordwestwind angesagt, da sollten wir hier besser geschützt sein. Sind wir auch tatsächlich, allerdings steht trotzdem ein spürbarer Südschwell in die landschaftlich wunderschön gelegene Bucht.

Also ein neuer Anlandeversuch mit dem Kajak. Dieses Mal gleich in Badekleidung, aber: Erfolgserlebnis, wir stellen uns zur Abwechslung geschickter an und schaffen es diesmal unfallfrei auf den Strand.

Sieht doch auch ganz ruhig aus? Na ja, je nachdem wie man es abpasst … 😚

😁

Santa Cruz Island

Gut 20 Seemeilen südlich von Santa Barbara liegt die unbewohnte Insel Santa Cruz. Mit fast 40 km Länge ist sie die größte der Channel Islands. Wir fahren allerdings nicht auf kürzestem Weg hinüber, sondern segeln hoch am Wind zur etwas weiter entfernten Nordwestspitze von Santa Cruz Island. Das ist bei dem anfangs schwachen Wind ein ganz angenehmer Kurs, zumal uns wieder einmal Delfinbesuch vergönnt ist.

Der eigentliche Grund für unseren Abstecher zur Nordwestspitze ist aber die „Painted Cave“. Diese natürliche Höhle erscheint nicht nur durch Algenbewuchs und Ablagerungen besonders bunt, sie ist auch ausgesprochen groß. Es gibt sogar Bilder mit Segelbooten im Eingangsbereich der Höhle, deren weit ins Dunkel reichendes Inneres dann aber nur mit Dinghy (und Taschenlampe) zu befahren wäre. Wird aber leider nichts, den mit dem Wind nimmt auch der Schwell zu. So sehr, dass wir nicht einmal in die Nähe der Painted Cave kommen, sondern nur den Eingang erahnen können und dann nach Osten abdrehen. Immerhin, die Felsenbrücken von Arch Rock können wir vor der schroffen Steilküste ausmachen.

Am Frys Harbour fahren wir vorbei, …

… erst die etwas breitere und tiefer eingeschnittene Pelican Bay soll unser Ankerplatz für die Nacht werden. Tatsächlich bietet sie erstaunlich guten Schutz vor dem immer noch kräftigen Schwell.

Während der Nacht beruhigt sich die See noch weiter. Am nächsten Morgen zeigen uns dann die vielen Braunpelikane auf und vor den hohen Sandsteinfelsen unseres Ankerplatzes, dass die Pelican Bay ihren Namen durchaus zu Recht trägt.

An Land zu kommen wäre für uns in der Pelican Bay trotzdem nicht ganz einfach und würde außerdem eine vorherige Genehmigung erfordern, der Westteil von Santa Cruz Island ist nämlich „Nature Conservancy Property“. An unserem nächsten Ankerplatz sieht das schon anders aus, denn genau hier beginnt der US Nationalpark, der den Ostteil der Insel einnimmt. Außerdem macht uns ein Landungssteg mit Dinghydock den Landgang deutlich einfacher.

Und so machen wir von der Prisoners Bay aus einen wunderschönen, wenn auch durch das oft steile Gelände durchaus anstrengenden Hike.

Vom Dinghydock aus geht es zunächst auf einer Schotterstraße mit ordentlich Steigung ein gutes Stück in die Höhe, bevor wir auf einen kleinen Trail abbiegen können.

Entlang der tief eingeschnittenen Täler finden sich einige Bäume, ansonsten dominiert niedriges Buschwerk. Neben heimischen Planzen wie der weißen Kliff-Aster und der rotblühenden California-Fuchsie oder den auf dem kargen Boden wachsenden Kakteen fällt insbesondere die ungeheure Vielzahl von wild wachsendem Fenchel auf. Sein Geruch prägt den Duft der Insel.

Eigentlich ist Fenchel hier nicht heimisch. Die invasive Art wurde zu der Zeit auf Santa Cruz Island gebracht, als hier noch Farmen betrieben wurden. Einige Vögel finden das scheinbar trotzdem gut, so etwa dieses Rubingoldhähnchen …

… oder die Singammer, die genüsslich einen Fenchelsamen verspeist:

Ein paar Mal sehen wir sogar den endemischen, also nur hier auf der Insel vorkommenden Island Scrub Jay (Inselhäher) mit seinem prächtigen blauen Federkleid.

Viel kleiner, bei weitem häufiger, aber ebenso schillernd im Gefieder ist der Annakolibri:

Erst zu hören und dann – aufmerksam geworden – auch zu erspähen sind wie schon am Festland die kalifornischen Schopfwachteln:

Die Vogelsichtungen sind zugleich willkommene Erholungspausen, immer wieder geht der Pfad steil bergauf oder bergab, aber es ist eine wunderschöne Strecke mit tollen Ausblicken.

Am nächsten Morgen wird die Sonne zum Mond, jedenfalls scheinbar. Um kurz nach 9 Uhr erleben wir eine partielle Sonnenfinsternis. Richtig dunkel wird es nicht, dafür ist die Abdeckung zu gering, aber mein Foto muss ich so stark unterbelichten, dass es trotzdem so aussieht:

Und danach wechseln wir zu unserem dritten Ankerplatz auf Santa Cruz Island, dem im Osten der Insel gelegenen Skorpion Anchorage.

Die schroffe Felsenküste weist nicht nur wie Stachel emporsteigende Spitzen auf, sondern auch eine Vielzahl von ausgespülten Höhlen, Durchbrüchen und Tunneln. Besonders beliebt sind die bei Kanuten, die zumeist mit der kleinen Inselfähre für organisierte Touren herübergebracht werden.

Auch wir probieren unser neues aufblasbares Kanu aus und sind von den Fahreigenschaften und dem stabilen Gefühl ziemlich angetan.

Santa Barbara: ein bisschen Bürokratie, eine wunderschöne Stadt, Ausflug nach L.A. und ein Kanu

Wir ankern vor Santa Barbara. Erstmal. Die Nacht ist dann etwas unruhig, die nächsten Tage soll die See noch bewegter sein, der nationale Wetterdienst hat sogar eine „Small Craft Advisory“ herausgegeben. Die Wind- und Wellenwarnung ist zwar nicht dramatisch, aber unangenehm würde es am Ankerplatz wohl schon werden. Deshalb möchten wir in den Hafen gleich nebenan verholen. Über Funk und Telefon bekommen wir allerdings jeweils Absagen: kein Platz, vielleicht später noch mal probieren. Also erkunden wir erst einmal zu Fuß die Stadt, sie gefällt uns auf Anhieb richtig gut.

Auf dem Rückweg gehen wir beim Hafenmeister vorbei, schildern die Situation. Die Antwort ist gleich: kein Platz. Aaaaber: als wir ins Spiel bringen, dass wir auch ins Päckchen gehen würden (was in Nordamerika nicht so üblich ist wie in Deutschland oder Dänemark) fällt dem Hafenmeister ein, dass ja die Small Kraft Advisory im Raum steht und der Hafen ein „Safe Harbor“ (also ein Schutzhafen) ist. Er weist uns einen Platz an einer (der vier!) Absaugstationen des Hafens zu. Zuerst sollen wir aber am Ankunftspier anlegen und mit unseren Papieren ins Büro kommen. Machen wir prompt. In der Zwischenzeit hat er dann doch eine Box für unser Schiff gefunden. Wir berichten Heather und Jim auf der draußen vor Anker liegenden „Kavenga“ davon, die darauf hin auch herein an die Ankunftspier kommen und für die der Hafenmeister nach Hinweis auf die Small Craft Advisory ebenfalls eine Box findet.

Mit dem Anlegen an der Ankunftspier hat es in Santa Barbara übrigens eine besondere Bewandtnis. Bei allen Booten mit WC an Bord kommt nämlich ein Offizieller an die Pier und platziert eine Färbe-Tablette im WC. So soll verhindert werden, dass heimlich (und illegal) die Fäkalien in das Hafenbecken entleert werden. Eigentlich gut, nur wären die Bemühungen zum Umweltschutz deutlich überzeugender, wenn die Bohrinseln vor der Küste nicht dafür sorgen würden, dass wir auf der Anfahrt zum Hafen mehrfach durch riesige, stinkende Ölteppiche fahren müssen. Beim ersten Mal haste ich ins Boot, reiße die Tür zum Motorraum auf. Aber nein, der Gestank kommt von draußen und wir fahren durch regenbogenfarbig schillernde Lachen auf dem Wasser. Ob die aktiven Bohrinseln wirklich die Verursacher sind, können wir nicht mit Sicherheit sagen, die Seekarte weist an diesen Stellen auch mehrere „Sub Surface Well ; Heads Covered“ aus, also abgedeckte ehemalige Quellen.

Die Stadt Santa Barbara allerdings nimmt uns sofort für sich ein. Palmenalleen am Strand entlang, dann wunderschöne Gebäude den gemächlich ansteigenden Hang hinauf bis die Berge dann mit Steilhängen in die Höhe zu schießen scheinen.

Sehr schön lässt das vom Uhrenturm des Gerichtsgebäudes aus anschauen, wobei man in der Ferne auch die Bohrinseln ausmachen kann:

Das Gerichtsgebäude ist aber auch sonst einen Besuch wert. Obwohl es in Betrieb ist (während unseres Besuchs fanden auch Verhandlungen statt, wenn auch nicht im Mural-Gerichtssaal) kann es kostenfrei besichtigt werden.

Und die Stadt: einfach WOW!!!

Vor allem in der zentralen Fußgängerzone, aber nicht nur dort, stehen bunt bemalte Klaviere. Sie werden genutzt. Manchmal klimpern Kinder, häufig aber setzt sich für kurze Zeit ein Passant ans Klavier und lässt die vorbei Spazierenden meist erfreut aufhorchen. Auch Wiebke gibt ein kurzes – längst verschollen geglaubtes – Musikstück aus ihrer Jugend-Klavierlern-Phase zum Besten. Klappt.

Im gesamten Innenstadtbereich finden sich alte Gebäude im Adobe-Stil, aber auch viele neuere Bauten, die Optik dieses Lehmziegelstiles aufnehmen, manchmal auch neu interpretieren.

Wir sind begeistert. Was wir aber leider nicht finden: der örtliche REI (Outdoor-Spezialist) hat leider das aufblasbare Doppelkanu nicht vorrätig, mit dem wir schon einige Zeit liebäugeln. Der Versand hierher würde zu lange dauern.

Wenn das Kanu nicht zu uns kommt, wie kommen wir zu ihm? Wiebke googelt, der REI in Burbank bei Los Angeles hat noch eins. Wir sichern es uns telefonisch und mieten ein Auto. Der nächste Landausflug steht also fest.

In Burbank holen wir das Kanu ab, und wo wir schon in der Nähe sind, reicht es auch für Hollywood und einen Blick auf L.A.

Die Rückfahrt über führt dann über Beverly Hills, das letzte Stück der Route 66 nach Santa Monica ans Meer und dann wieder auf dem Highway 1 am Pazifik entlang nach Santa Barbara. Eine Teilstrecke geht es auf dem “El Camino Real” (dem Königsweg), der die spanischen Missionsstationen zwischen Santa Bruno auf der Baja California und dann San Diego und San Francisco verbindet. 21 Missionen waren es ursprünglich, jeweils etwa 50 km bzw. einen Tagesritt voneinander entfernt. Mit diesen verleibten die Spanier ab 1684 nach und nach diese Region ihrem damaligen Weltreich ein. Geblieben sind die spanischen Namen der katholischen Heiligen, nach denen die Missionen benannt wurden. Oft sind es noch heute die Namen der Städte, deren Keimzelle die entsprechende Mission bildete. So wie in San Diego, in San Francisco und eben auch in Santa Barbara.

Heute machen wir – neben einem weiteren langen Gang durch die wunderschöne Stadt – auch gleich eine kleine Probefahrt mit unserem neuen Zweit-Dinghy, dass sich dann auch besser den Strand hinauf tragen lässt. Das Paddeln klappt ganz gut und macht uns richtig Spaß.

Weiterhüpfen an Kaliforniens Küste

Von Morro Bay gehen wir nur einmal kurz um die Ecke. Aber trotzdem begleiten uns bei diesem kleinen Hüpfer Delfine, wenn auch in einiger Entfernung. Der Ankerplatz hinter Point San Luis am Avila Beach liegt zwischen zwei weit ins Meer hinaus gebauten Piers. Eine dritte Pier etwas weiter westlich hinter dem riesigen Mooringfeld ist die einzige, die derzeit betreten werden darf.

Landgang muss aber für uns hier gar nicht sein. Erstens ist nur ein Stop für die Nacht geplant, vor allem aber wird uns direkt am Ankerplatz eine Wal-Show geboten. Einige Buckelwale jagen unweit der östlichen Pier nach Nahrung und versetzen damit auch die örtliche Vogelwelt in Aufruhr.

Der nächste Tagestörn ist dann etwas länger, es soll an der Küste entlang weiter nach Süden und um das Cape Conception herum gehen.

Wie so viele Kaps genießt auch Conception einen eher zweifelhaften Ruf. insofern sind wir nicht böse, dass wenig Wind angesagt ist. Zunächst müssen wir auch tatsächlich motoren und haben bei dem glatten Wasser das Glück, abermals Delfine zu sichten. Wir schalten in den Leerlauf und beobachten, wie sie offenbar einen Fischschwarm zusammentreiben. Es folgt eine Festmal für sie und für die scheinbar aus dem Nichts herbei geeilten Vögel.

Und danach spritzen die Delfine mit Freudensprüngen weiter:

Kurz darauf setzt dann Wind ein, erstaunlicherweise aus Südwest, aber wir können segeln. Ein paar Kreuzschläge sind erforderlich, o.k.

Aber dass wir zwischenzeitlich weit vor dem Kap ins zweite Reff wechseln müssen, lässt dunkle Vorahnungen aufkommen. Unberechtigt, denn kurz nachdem wir die Rakentenabschussrampen der Vandenberg Space Force Base am etwas nördlicher gelegenen Point Arguello erreichen, flaut der Wind so weit ab, dass wir wieder Vollzeug setzen. Übrigens finden auch hier SpaceX-Starts statt, wir hatten ja in Cape Canaveral einen solchen Start beobachtet und nutzen jetzt mit unserem Starlink wahrscheinlich die damals in die Umlaufbahn gebrachten Satelliten.

Als die Ölbohrinseln vor dem Kap näher kommen, nimmt der Wind weiter ab und so ziehen wir an dem weiterhin gerefft parallel segelnden Kanadier flott vorbei.

Am Leuchtturm Point Conception ist der Wind dann ganz eingeschlafen, unter Motor runden wir das Kap. Ziemlich abwechslungsreiche Bedingungen heute.

Der Ankerplatz in der Cojo Bay ist relativ offen, das ruhigere Wetter kommt uns also sehr entgegen.

Licht und Wolken geben dann zum Sonnenuntergang noch einmal alles:

😊

Küstenhüpfen in Kalifornien: über Santa Cruz nach Morro Bay

Wir schaffen es, dem schönen San Francisco auf Wiedersehen zu sagen. Die lauten Nebelhörner der Golden Gate Bridge geben uns ein Abschiedskonzert, aber außerhalb der Bucht verzieht sich die undurchsichtige Suppe. Wir können das Radar wieder auf Stand By schalten und haben eine schönen Segeltag. Auch noch den Großteil der Nacht hindurch bleibt uns der achterliche Wind erhalten, erst um 5 Uhr rollen wir die Segel ein und starten den Motor. Da ist es schon gar nicht mehr weit bis zum Ankerplatz vor Santa Cruz.

Allerdings: der Kettenzähler unserer Ankerwinsch streikt. Er hat schon beim Aufholen in der Horseshoe Bay nicht angezeigt und sich auf der Strecke leider nicht selbst repariert. Ein wenig Recherche ergibt, dass in der ausgetauschten Kettennuss ein Magnet enthalten war, mit dem der Zähler arbeitet. Wir untersuchen die alte Kettennuss, finden den Magneten, aber der lässt sich nicht ausbauen. Egal, um die Länge der ausgebrachten Ankerkette einigermaßen abschätzbar zu machen, müssen wir die Kette im Abstand von 10 Metern markieren. Das wäre auch bei funktionierendem Kettenzähler ein gutes Backup. Am zweiten Tag gehen wir daher in den Hafen von Santa Cruz, tanken, und ziehen dann die Ankerkette auf den Steg.

Hm, zwei nicht so schöne Überraschungen warten.

Zum einen rauscht die Kette komplett aus. Das dürfte eigentlich nicht passieren, denn das Ende (the bitter end) der Kette ist mit einem Stück Leine im Ankerkasten befestigt. (Leine deswegen, damit man sie im Notfall einfacher kappen kann). Nur: der Edelstahlschäkel am Ende ist einfach durchgerostet. Hätten wir bei großer Wassertiefe versehentlich die Kette ganz ausgebracht, hätten wir jetzt Anker und Kette verloren.

😖

Mit etwas Überlegung ist die Ursache schnell klar. Im Ankerkasten steht oft ein Rest Salzwasser und der heizt sich auf. Normaler V4A-Edelstahl bildet in über 25 Grad warmem Salzwasser leicht Lochfraß, rostet also von innen her weg. Das ist ja auch der Grund, warum wir eine Cromox-Ankerkette haben.

Direkt anknoten möchten wir die Leine aber auch nicht, dafür ist der einlaminierte Beschlag im Ankerkasten zu scharfkantig. Bleibt nur, einen verzinkten Schäkel zu wählen oder den Schäkel öfter zu tauschen.

Die zweite unangenehme Überraschung ist das Aussehen des selten benutzten letzten Teils unserer 100 Meter Ankerkette. Zum Glück ist es kein Rost, sondern nur festsitzender brauner Algenschleim, aber das erfordert doch eine größere Aktion mit der Handbürste und viel Süßwasser.

Sehr nett dagegen: in Santa Cruz treffen wir Andreas, den Leiter des Trans-Ocean-Stützpunktes hier. Er versorgt uns mit guten Tips und wir verbringen einen schönen Abend zusammen.

Für uns folgt dann eine weitere Nachtfahrt: gut 120 sm sind es bis nach Morro Bay. Wieder wird es ein angenehmer Törn mit überwiegend gutem Wind, außerdem sehen wir mehrfach Wale und Delfine.

Morro Bay hat eine von Molen geschützte Einfahrt und bietet dann hinter der Nehrung ein großes Mooringfeld, wobei die meisten Anlegebojen privat sind. Es gibt dadurch nur wenig Platz zum Ankern in der Lagune; wo keine Moorings liegen ist es hier außerhalb des freizuhaltenden Fahrwassers meist zu flach.

Wir haben aber Glück und ergattern einen der nur drei bis vier Plätze am Steg des örtlichen Yachtclubs. Der ist – wie seine Mitglieder – ausgesprochen Cruiser-freundlich, wir fühlen uns sehr willkommen. Und wir lernen von den Clubmitgliedern, dass in den USA diverse Nebelhörner so installiert sind, dass wir sie bei Bedarf mit unserem UKW-Funkgerät einschalten können. Das Ganze nennt sich MRASS (Mariner Radio Activated Sound Signal). Drückt man auf dem Boot innerhalb von 10 Sekunden fünfmal auf Kanal 83A die Sendetaste, aktiviert zum Beispiel der nächstgelegene Leuchtturm für die nächsten 45 Minuten das Nebelhorn. Hört sich erst ein bisschen nach verspätetem Aprilscherz an, ist aber wahr. Und was das A hinter dem UKW-Kanal angeht: in den USA muss das Funkgerät auf die amerikanischen Kanäle umgestellt werden, was selbst beim Furuno-Menü ausnahmsweise mal ziemlich einfach geht. Die Küstenwache wickelt nach dem Anruf auf Kanal 16 den Funkverkehr (außer in Notfällen) regelmäßig auf Kanal 22A ab, der in der europäischen Standardeinstellung nicht erreichbar ist.

Wir leihen uns Fahrräder aus, radeln erst einmal an der Lagune entlang nach Süden. Im kleinen Museum of Natural History erfahren wir einiges über die Entstehung und Entwicklung der Lagune und der Nehrung. Wir lernen, dass der an einen Turban erinnernde Felsen namensgebenden für Morro Bay war. Inzwischen hat der Vulkanschlot aber längst nicht mehr seine ursprüngliche Kegelform und Größe, weil er (obwohl Heilge Stätte der First Nation) als Steinbruch für die Molen hier und in Nachbarhäfen benutzt wurde.

Auch über die Besonderheiten der Tierwelt erfahren wir einiges und können glücklicherweise manches davon gleich live erleben. Zwar finden wir in dem uns beschriebenen Eukalyptus-Hain noch nicht die erhofften Trauben von Monarchfaltern auf ihrer Wanderung nach Mexiko. Die Migration dieser Schmetterlinge scheint gerade erst hier anzukommen, nur vereinzelte Exemplare sehen wir hoch in den Bäumen.

Aber auf der Wanderung von der Straße hinauf zu den Eukalyptusbäumen macht uns die Vogelwelt viel Freude:

zuerst hüpft uns mit dem California Thrasher ein besonderer Sichelspötter über den Weg …

dann erspähen wir Schopfwachteln …

und schließlich noch einen Nuttal-Specht.

Allen diesen drei Arten ist gemeinsam, dass sie im Wesentlichen nur in Kalifornien vorkommen. Das gilt auch für die Nuttall Dachs-Ammer, die uns etwas später direkt am Moro Felsen begegnet:

Dachs-Ammer

Bis auf die Antarktis kommt dagegen der Wanderfalke sogar auf allen Kontinenten vor. Trotzdem schätzen wir uns glücklich, das zwischenzeitlich in Kalifornien fast ausgestorbene schnellste Lebewesen der Erde (er erreicht im Sturzflug bis zu 320 km/h) stillsitzend vor seinem Nistplatz hoch im Felsen betrachten zu können.

Hier (wie schon bei der Aufnahme des Monarchfalters) kommt das eingebaute optische 600er Teleobjektiv der in Kanada gebraucht gekauften Sony RX10 zum Einsatz, ich bin echt begeistert von meiner neuen spiegellosen Kamera.

Am langen Surfer-Strand nördlich des Felsens stelzt dann mit dem “Long Billed Curlew” auch noch die nordamerikanische Spielart des Brachvogels am Wellensaum entlang:

Überhaupt, es ist einfach wunderschön hier!

Der Ort Morro Bay ist suuuuper entspannt und entspannend. Und die Tierwelt setzt halt noch i-Tüpfelchen drauf.

Zum Beispiel mit dem Kalifornischen Ziesel, einem tagaktiven Erdhörnchen, näher mit dem Murmeltier verwandt als zum Beispiel mit dem Eichhörnchen.

Oder – für uns immer wieder toll – durch Begegnungen mit Seeottern. Ob einen Krebs mümmelnd direkt neben unserem Boot

oder in der Mutter-Kind-Gruppe im Seetang kurz vor der Dämmerung:

Da geht uns das Herz auf.