Ragged Island

Um an den letzten Beitrag anzuknüpfen: die Passage nach Ragged starten wir tatsächlich um 5.00 Uhr morgens, es läuft wunderbar und plangemäß kommen wir im Hellen an, sehen also keinen Sonnenuntergang vor unserem Bug. Wohl aber einen Vollmond, der uns durch die Nacht begleitet …

… und damit einen Monduntergang vor Floras nach Westen gerichtetem Bug und einen Sonnenaufgang hinter Floras Heck.

Und wieder ist es ein Schmetterlingskurs, der kräftige Passatwind schiebt uns gut voran.

Ein bisschen gemischt sind die Gefühle, als wir so auf die Kolumbus-Bank zu rauschen, wo es statt ein paar tausend nur noch 10-20 m tief ist. Aber es passiert nichts, außer dass die Wasserfarbe etwas heller wird und uns mehrere Barakudas an die Schleppangel gehen. Einer schon im Tiefwasser und jetzt drei auf dem Flach, aber wir lassen alle wieder frei. Nur die schöne King Mackerel behalten wir natürlich.

Wir passieren Little Ragged Island südlich und ankern dann in der Bucht zwischen Little Ragged und Ragged Island. Leider findet der Schwell doch seinen Weg um die Insel herum und es ist etwas rollig am Ankerplatz, zumal wi mit unseren zwei Metern Tiefgang hier doch ziemlich weit vom Ufer entfernt den Harken in den sehr gut haltenden Sandgrund krallen. Aber am nächsten Morgen entschädigen die Schnorcheltour, vor allem aber der Strandspaziergang auf Little Ragged mehr als genügend für diese kleine Unannehmlichkeit. Die Farben in der Karibik sind ja ohnehin beeindruckend, aber hier in den Bahamas mit den weiten, zumeist sandigen Flächen mit „Turtle Grass“-Flecken zeigen sie eine fast magische Brillanz und Leuchtkraft.

Sand-Dollar, Kalkskelette von bestimmten flachen Seeigeln, die aber statt Stacheln nur eine Vielzahl feiner Härchen haben und eben im Sand des Flachwassers der Bahamas leben

Trotzdem verholen wir uns gegen Mittag gemeinsam mit der Easy-One ein paar Meilen weiter nördlich nach Hog Cay. Dort ist auch schon die Invia mit Dorothee und Stefan, die mit ihrem Katamaran zuvor im Cut hinter der Flachwasserbarre zwischen Little Ragged und Ragged lagen. Obwohl sie uns extra die Wegepunkte durchgegeben haben und wir Flora bei Hochwasser dort wohl auch hätten hineinschmuggeln können, haben wir uns das letztlich nicht getraut. Auch weil wir das Gefühl hatten, dann irgendwie in einer Mausefalle zu liegen, die man (mit unserem Tiefgang) eben nicht jederzeit verlassen kann.

Und – was für eine Freude – wir treffen hier vor Hog Cay endlich auch unsere Freunde Helena und Steve mit Floras Schwesterschiff Amalia wieder, die wir nach viel gemeinsamem Selgeln zuletzt in der Chesapeake Bay getroffen hatten. Kaum ist unser Anker gefallen, kommen sie schon mit dem Dinghy angebraust. Sie laden uns gleich zum Abendessen auf die Amalia ein, vorher aber steht der gemeinsame Sundowner im „Hog Cay Yacht Club“ an. Tatsächlich, am Strand der unbewohnten Insel steht eine palmblattgdeckte und an den Seiten offene Pavillon-Konstruktion mit langem Tisch und Stühlen, zudem einem Grillplatz auf der einen und einer improvisierten Müllverbrennungsstelle auf der anderen Seite. Die Crews fast aller Boote des Ankerplatzes finden sich um 18.00 Uhr hier ein, es wird eine gesellige und sehr internationale Runde (mit außergewöhnlich hoher deutscher Beteiligung).

Könnte gut sein, dass wir hier ein bisschen länger bleiben.

Wecker gestellt.

Eine inzwischen ziemlich ungewohnter Handlung, wir haben den Wecker gestellt. 5.00 Uhr. Morgen wollen wir hinüber nach Ragged Island segeln, etwa 80 sm nach Westen. Um bei Tageslicht anzukommen müssen wir wohl früh raus.

Ragged liegt am südlichen Ende der Jumentos Chain, einer Kette von Inseln und Felsen, die sich etwa 100 sm lang halbkreisförmig von Long Island bis eben nach Ragged unten an der Columbus Bank zieht. Die Besonderheit ist, dass es östlich der Kette schnell bis über 2.000 m Tief wird, während sich westlich der Inselchen superflaches Wasser von bestenfalls ein paar Metern Tiefe befindet, mindestens für gut 50 sm bis hinüber zur berühmten und wieder mehrere tausend Meter tiefen „Tongue of the Ocean“. Bahamas-Gegensätze pur. Aber nicht nur das reizt an Ragged. Die Insel liegt ziemlich abseits der klassischen Bahamas-Routen, nur 60 sm von Cuba entfernt und nicht an einer Durchreisestrecke etwa zwischen den USA und Puerto Rico, sie wird daher weniger frequentiert als z.B. die Exumas. Mal schauen.

Erst einmal holen wir aber hier am Ankerplatz bei Acklins die Tauchsachen heraus. Schnorcheln ist schön, aber der sandige Grund unseres Ankerplatzes fällt sanft bis auf eine Tiefe von etwa 15 m ab und wird dort von Korallen-Bommies wie von einer Hecke begrenzt. Dahinter fällt eine steile Wand fast senkrecht noch einmal etwa 20 m ab auf die nächste Ebene. Die Korallen und die Steilwand möchten wir betauchen.

Super ist, dass wir die Dinghys von Flora und Easy-One dafür an der Karizma festmachen dürfen. Unsere südafrikanischen Segelfreunde Amy und Hylt haben ihren Kat nämlich so geankert, dass das Heck der Karizma genau über der Riffkante liegt.

Hylt zeigt am Abend auf unsere Fragen hin auch noch sehr praktisch, welche Vorteile das beim Jig-Fishing vom Boot aus hat. 😁 🎣

Jetzt aber heißt es, dass wir die perfekte Einstiegsstelle für unseren Tauchgang haben.

Als wir etwas später auf etwa 20 m Tiefe an der Wand entlang tauchen kommt Freediver Hylt dann mal eben zu uns herunter und schaut uns eine Weile zu, bevor er langsam und scheinbar tiefenentspannt wieder nach oben gleitet.

Ein wunderschöner ruhiger Tauchgang ist es auch für uns. Den Rest der Luft in der Tauchflasche verwende ich dann weniger relaxt dazu, das Unterwasserschiff vor der Passage noch mal ordentlich sauberzumachen. Auch den Kiel glattgeputzt, den ich sonst gerne mal etwas vernachlässige wenn ich Floras Unterwasser-Schönheitskur schnorchelnd erledige. Aber in dem klaren Wasser hier fällt das natürlich auf 😉.

Dafür sollte es dann morgen um so flotter nach Westen gehen. Wieder ein Vormwindkurs, aber hoffentlich nicht so in den Sonnenuntergang wie hier am letzten Freitag auf dem Zwei-Nächte-Törn zu den Bahamas.

Castle Island

Wir sind in den Bahamas. Von den mehr als 700 Inseln hier sind nur 30 bewohnt, kein Wunder also, wenn wir über unbewohnte Inseln stolpern. Bei Castle Island war das nicht immer so, denn hier an der Südspitze von Acklins Island ist quasi ein Verkehrsknotenpunkt. Die Crooked Island Passage, die Windward Passage und der Old Bahama Channel treffen hier aufeinander, nicht ohne dass in knapper Entfernung die Mira-Por-Vos-Felsen lauern. Um diese Herausforderung für die Schifffahrt zu entschärfen, wurde 1867 das Castle Island Lighthouse gebaut. Bis zur Unabhängigkeit der Bahamas 1973 wurde es von Leuchtturmwärtern bedient, seit der Automatisierung ist die Insel aber unbewohnt. Die Natur hat sich schon einiges zurück erobert, rund um den Leuchtturm und die verfallenen Wohnhäuser wächst dichtes Gestrüpp. Aber der Turm kann ohnehin nicht mehr bestiegen werden.

Und so liegt denn auch die Attraktion dieses Ankerplatzes vor der Küste. Der Haken, auf dem der Leuchtturm steht bietet einen gewissen Schutz, noch ruhiger wäre es aber ein paar Meilen weiter nördlich vor der Küste von Acklins Island. Trotzdem bleiben wir erst einmal eine Nacht hier, genießen das Farbenspiel im kristallklaren Wasser und sehen uns das Wrack eines Frachters aus Belize an, der hier mit seiner Fracht aus Schuhen und Kleidung strandete. Die jedenfalls 2008 noch vorhandenen Aufbauten sind inzwischen heruntergefallen, Bug und Heck sind auseinandergebrochen.

Ganz viel Fisch findet sich zwar nicht am Wrack, dazu liegt es einfach in zu flachem Wasser. Hauptsächlich ein paar Gelbstreifengrunzer verstecken sich unterm Heck und in den umliegenden korallenbestandenen Felsblöcken. Aber Licht und Sicht sind im Gegenzug traumhaft, Bug, Heck mit Ruder und Schraube und die freiliegende Hauptmaschine machen es zu einem faszinierenden Schnorchelspot direkt an unserem Ankerplatz.

Zum Blogbeitrag vom Hogsty Reef habe ich inzwischen die Bilder ergänzt. Wer mag, kann HIER nochmal dahin zurückschauen.

Und Wiebke hat außerdem noch ein Video zu Castle Island zusammengestellt, das auf Vimeo verlinkt ist.

Hogsty Reef

Das Traumziel, der Sehnsuchtsort. Als wir Ende Mai 2020 von den USVI per „Innocent Passage“ ohne Land betreten zu dürfen durch die Bahamas in die USA segelten, haben wir hier unseren ersten Ankerstop gemacht. Allerdings konnten wir damals nur vor der nordwestlichen der beiden Sandinselchen ankern, die den Eingang zu diesem Atoll im Nordatlantik markieren.
Dieses Mal möchten wir hinein in das hufeisenförmige Atoll und idealerweise ganz nach Osten hindurch bis vor die Riffkante, immerhin rund 5 sm.
Das klappt auch, wir nehmen die Segel weg. Wir hatten nach der Ausfahrt aus der Man-O-War-Bay zunächst kurz den Gennaker gesetzt, dann aber bald auf den Code0 gewechselt und konnten bei zwischen 60 und 90 Grad scheinbarem Windeinfallswinkel unter idealen Bedingungen zum Hogsty Reef segeln.

Nun motoren wir genau gegen den Wind durch das türkisfarbene Wasser der Lagune, das wir beim Näherkommen als unwirklich fast künstlich leutend türkisen Strich in dem dunklen Blau des umgebenden kilometertiefen Meeres ausmachen konnten.

Innerhalb des Atolls finden wir fast durchgehend um die 7 m Wassertiefe, unser Anker fällt auf der großen Sandfläche am Ostende auf rund 4 m, wobei wir versuchen keinen der zahlreichen großen Kissenseesterne zu erschlagen, die klar und deutlich am Grund auszumachen sind.
Allerdings: das Wasser ist auch hier so kurz hinter dem Riff noch ziemlich bewegt, keine lange Dünung, die wird offenbar vom Riff gebrochen, aber trotzdem deutlich mehr Welle als dass es sich nur um Windsee handeln könnte. Flora rollt zwar nicht hin und her, bockt aber doch ziemlich als führe sie vor Anker über eine kleine Buckelpiste.
Egal, für eine Nacht ist es o.k., wir hoffen auch darauf, dass das Riff bei Ebbe mit etwa 60 cm weniger Wasser einen etwas besseren Schutz bietet, dann sollte es zumindest in der ersten Hälfte der Nacht ruhiger sein.
In jedem Fall gleicht das Gefühl, an diesem ganz besonderen Ort ankern zu dürfen den etwas holperigen Ankerplatz für uns mehr als aus.

Wir gehen innerhalb des Riffs schnorcheln und finden abseits unserer Sandfläche mit ihren Seesternen und Conches in dem herrlich klaren Wasser einiges an Rifffischen, zum Teil sogar in beeindruckenden Schwärmen.


Am nächsten Morgen laufen wir trotzdem zeitig aus, schon um 7.15 holen wir den Anker auf und machen uns auf den Weg Richtung Acklins Island, vielleicht wird es auch die vor der Südwestspitze von Acklins liegende Castle Island. Heute ist etwas mehr Wind (wahr etwas über 20 kn), mit Fock und gerefftem Groß ist es wiederum wunderschönes Segeln.

Dieser Blogbeitrag wurde (ursprünglich) per IridiumGo übermittelt, Bilder gibts also erst später, bis dahin könnt Ihr Euch die leuchtenden Farben im Kopfkino ausmalen (die Bilder habe ich jetzt wider Erwarten doch heute schon einfügen können, weil wir bei Castle Island überraschend Empfang haben). Auch auf Kommentare können wir erst reagieren, wenn wir wieder Telefon- und damit Internetempfang haben.

Matthew und die karibischen Farben

Matthew Town führt zwar “Stadt” im Namen, ist aber eigentlich ein mittleres Dorf. Schachbrettartig angelegt, eine Hauptstraße führt vom Leuchtturm durch das Dorf zum Flugplatz und weiter zur großen Saline. Es gibt ein paar Restaurants, einen kleinen Supermarkt, eine Bank. Und sogar ein kleines Gesundheitszentrum.

Wir wandern erst einmal zum Leuchtturm. Das 1870 in Betrieb genommene Feuer leuchtet (entgegen der Angaben in der Seekarte und im Internet) inzwischen nicht mehr.

Als wir hinaufsteigen (die Tür steht offen) sehen wir auch warum. Lampe und Linse fehlen völlig. Überhaupt ist der Zustand drinnen einigermaßen marode.

Ein paar der Holzstufen wurden ersetzt, eine fehlt völlig, weil auch ihre Aufnahme weggerostet ist.

Aber oben angekommen gibt’s eben einen tollen Ausblick über die Insel.

Wie der Leuchtturm wirkt auch der Rest des Ortes ein bisschen verlassen, aber die wenigen Menschen, die wir treffen sind super zuvorkommend und nett. Ein vorbeifahrender Truck hält an und fragt, ob wir mitfahren wollen. Autos machen bereitwillig Platz, die Fahrer grüßen freundlich auch uns Fremde.

Der Bankautomat spuckt für uns kein Geld aus, aber der Security-Mitarbeiter erklärt uns, was wir morgen für die Geldauszahlung in der Bank mitbringen müssen, nämlich neben der Kreditkarte ZWEI Ausweise (Pass und Führerschein), sonst gibt’s nichts. Gut zu wissen und so läuft es dann auch.

Zwei Bars am Strand sind noch zu bzw. werden gerade hergerichtet. Das Ambiente spricht schon mal an, auch wenn die Natur die wirklich tollsten Farben zusteuert.

Auch die Vogelwelt zeigt uns mal wieder eine wunderbare Seite: wir entdecken tatsächlich die ersten wild lebenden Papageien seit wir in der Karibik sind. Hatten wir viel früher und häufiger erwartet, aber um so schöner, dass es jetzt dock klappt. Zumal es wieder einmal eine endemische Art ist, der “Bahamas-Papagei”.

Als Zugabe gibt’s noch einen Fischadler (Osprey) am Strand

und den kleinsten auf den Bahamas heimische Raubvogel, einen Buntfalken (nahe verwandt mit unserem Turmfalken):

Eine große Population an Flamingos lebt zudem im Inselinneren am Lake Rosa. Aber nachdem uns der Immigration-Officer eröffnet, wir könnten auch vorzeitig den vorgeschriebenen 5-Tage-Test absolvieren (nämlich fünf Tage nach dem PCR-Test in der Dominikanischen Republik und nicht wie offiziell verkündet 5 Tage nach Einreise), begeben wir uns gleich zum Test in dem immerhin flamingorosa-farbenen Gesundheitszentrum.

Mit dem (zum Glück wiederum negativen) Testergebnis, das per Email innerhalb von zwei Minuten nach dem Test da ist, sind wir jetzt frei, uns innerhalb der Bahamas zu bewegen. Vorher mussten wir täglich eine Gesundheitsmeldung online ausfüllen, brauchten also Internet. Aber jetzt können wir auch an abgelegene Stellen, wie erstmal die Man-O-War-Bay auf Great Inagua und dann das Hogsty Reef, wo wir keinen Empfang haben werden.

Vielleicht können wir aber den ein oder anderen Bericht (ohne Fotos) per Iridium hochladen.

Angekommen in Matthew Town, Bahamas

Was für eine wunderschöne Passage. Wir benötigen 43 Stunden für die 300 sm, sind also mit im Schnitt knapp 7 kn flott unterwegs (Strömung hilft und wir halten uns fein in ihrer Mitte).

So ist es ganz überwiegend reines Schmetterlingssegeln, zwei Halsen mit jeweiligem Umbauen des Spibaums auf die andere Seite, ansonsten trimmfreies Segeln.

In die beiden Sonnenuntergänge segeln wir auf unserem Westkurs genau hinein, was für Geschenke.

Tja, das Angeln. Mein Missgeschick hatte ich ja schon beschrieben, auf dem nächsten Foto sieht man die neue lange Sicherungsleine an der anderen Angel. Trotz vollem Einsatz gab es leider kein Angelglück, hier ziehe ich gerade einen großen Mahi-Mahi bis fast an das Boot, dann geht er leider doch noch vom Haken. Andrea auf der Easy-One hat aber mehr Erfolg, wir werden heute Abend zum Fisch-Festmal hinüberfahren.

Am Ankerplatz kommen wir um 5.00 Uhr morgens an, also unplanmäßig noch im Dunkeln. Eigentlich in den Bahamas ein No-Go, aber hier in Matthew Town auf Great Inagua ist es kein Problem. Bis direkt vor dem Ankerplatz ist es so tief, dass wir nicht einmal eine Anzeige auf dem Echolot haben, nur drei Striche – – -. Und dann sind es bis fast ans Ufer Tiefen um 5 m und Sandgrund. Die anderen Ankerlieger haben ihre Ankerlichter an und liegen wie an einer Perlenkette aufgereiht, wir legen uns einfach südlich daneben.

Jetzt erst einmal schlafen und morgens noch vor dem Einklarieren ein Sprung ins glasklare Nass. Unfassbar, von der Badeleiter aus können wir vor dem Schiff noch weit über 10 m Ankerkette sehen, außerdem den Schlagschatten unseres Schiffes auf dem Grund.

Wie geht’s weiter? Kaffee und dann die Behörden, noch vor dem Frühstück. Beim Dinghyfestmachen im kleinen Hafen treffe ich auf den Officer von der Immigration, er nimmt mich mit seinem Auto mit zum etwa einen Kilometer entfernten Büro. Noch ein paar Formulare mit den bereits online gemachten Angaben ausfüllen, das kenne ich ja bereits. Er hat die Stempel vergessen und schickt mich erstmal rüber zur Lady vom Zoll. Der Eingang ist am anderen Ende des gleichen Gebäudes gelegen, dazwischen liegt noch ein Weinhandel. Die Tür steht offen, eine Halle mit vielen Paketen, überwiegend Amazon. Dort hindurch und in der einen Ecke der Wellblechdachhalle ist ein klimatisiertes Büro abgeteilt. Die nette Dame schaut gerade Internetvideos, der Ton läuft auf voller Lautstärke weiter während jetzt im Vordergrund die Maske zur Bearbeitung meines Cruising Permits geöffnet ist. Aber die Bezahlung der 300 US$ dafür hatten wir online nicht mehr hinbekommen (weil das Angelmissgeschick dazwischen kam), danach hatten wir kein Netz mehr. Das Wifi hier bei Customs (Zoll) funktioniert seit gestern nicht mehr, aber das bei Immigration läuft. Also zurück. Dort ist noch zu, aber gerade kommt der Officer mit den Stempeln angebraust. Ach was WiFi, er füllt das eben schnell für mich aus. Nur die persönlichen Daten und die Kreditkarteninformationen soll ich dann doch selbst eintragen, an seinem Bürocomputer.

Der Mann ist echt entspannt, getreu dem gerahmten Wahlspruch mit dem kleinen Sprung in der Scheibe, der die Wand in seinem Büro ziert:

Wieder zu Customs, dort bekomme ich das Cruising Permit und (im Preis inbegriffen) die Angelerlaubnis für die Bahamas. Und – ganz wichtig: Die Lady ruft (am Sonntag) ihre Freundin bei der Telefongesellschaft „aliv“ an. Die muss zwar jetzt erst zur Kirche und danach das Sonntagsmahl vorbereiten, aber um 15.00 wird sie mir am Hafen einen kleinen Router mit Bahamas-SIM-Karte vorbeibringen. Der Router ist kostenlos, für die Karte muss ich das gewünschte Datenpaket auswählen und auf dem Handy der Zöllnerin eine Bestätigungs-SMS an ihre Freundin schicken. O.k.

Dann wieder zur Immigration, die gestempelten Pässe abholen. Und noch 40 Dollar bezahlen. Diese Gebühr ist vermutlich nicht legal, obwohl es eine offiziell gestempelte Quittung gibt. Andere Segler beschweren sich und der Officer erklärt (wenn ich ihn richtig verstehe), dass das Dienstauto geschrottet wurde und er seinen Privatwagen verwenden muss. Hm. Wie auch immer, keiner scheint die 40 Dollar zurückzubekommen und ich will unsere Pässe haben. Es bleibt ein Beigeschmack, wenn auch kein dramatischer. Selbst in den Cruising Guide hat es diese Gebühr schon geschafft, Ratschlag: bezahlen und sich bei der vorgesetzten Stelle in Nassau beschweren. Scheint nicht viel zu bringen, unser Revierführer ist schon ein paar Jahre alt 😉, die Kosten muss man beim Einklarieren auf Great Inagua wohl einfach mit einkalkulieren. Jedenfalls sind wir einklariert und dürfen jetzt bis zu drei Monate durch die Bahamas cruisen.

Dass dieser Text mit Bildern erscheint zeigt: die Übergabe des Routers mit SIM hat geklappt:

Karibische Farben. 😁

Auch an unserem Ankerplatz. Keines dieser Bilder ist bearbeitet. Durch die polarisierende Sonnenbrille fotografiert sieht es sogar noch etwas krasser aus:

Passage Dominikanische Republik / Bahamas

Raus aus der Samana Bay ist es ein bisschen Gebolze unter Motor, der Ostwind steht genau in die Bucht und wirft kurze steile Wellen auf, weil der Meeresboden hier sprunghaft ansteigt. Aber als wir aus der Bucht heraus sind können wir etwas abfallen und die Segel hochnehmen. Die See gleicht noch einer Buckelpiste, aber mit 60 Grad am Wind kann man es bis zum Kap Samana gut aushalten. Kaum ist die Nordostecke der Dominikanischen Republik passiert, fallen wir weiter ab und jetzt wird es richtig schönes Segeln. Das Groß an Backbord (mit Bullenstander gesichert), die ausgebaumte Fock an Steuerbord, unter Schmetterling laufen wir Richtung Bahamas. Und obwohl wir in den Süden von Great Inagua wollen, legen wir erst einmal Kurs auf Little Inagua an (Ihr könnt den Kurs / die Position ja auf Noforeignland aktuell verfolgen). Der Grund ist die mit rund 1 kn stark westnordwest setzende Strömung, die wir gerne ausnutzen wollen. Die Strecke wird zwar etwas länger, insgesamt wird das aber durch den Schiebestrom mehr als ausgeglichen.
Bei herrlichem Wetter segeln wir mit gleicher Besegelung auch in die Nacht. Ein bisschen beunruhigt uns, dass wir bisher keine Rückmeldung der Bahamas für das beantragte Gesundheitsvisum haben. Als die (laut Bahamas-Webseite) maximale Bearbeitungszeit von 24 Stunden vorbei ist, rufen wir daher dort unter +1 242 502 0829 an, die Nummer hatte uns Kirk von der Landscape mitgeteilt. Der Anruf klappt über Skype, aber wir landen in der Warteschleife, 33 Anrufer vor uns und nach 20 Minuten bricht die Verbindung ab. Eine Chance haben wir noch, am Cabo Frances Viejo kommen wir noch einmal nahe genug am Land vorbei um wieder Empfang zu haben. Wieder Warteschleife, aber nur 14 vor uns und nach 25 Minuten sind wir dran. Die Dame hat nach eigenem Bekunden Schwierigkeiten mit der Verifizierung des Testlabors, aber nachdem wir ihr mitteilen dass Kirk das gleiche Labor verwendet hat und akzeptiert wurde findet sie in Kirks Unterlagen die Verifizierung und schwupp – wir sind „approved“. Das können wir auch sofort online nachvollziehen, müssen es sogar, denn erst jetzt können wir die 70 USDollar pro Person bezahlen, damit das Visum freischalten und damit dann ebenfalls online die Cruising Permit beantragen. Machen wir sofort (jetzt wo wir noch Internetzugang haben) und vergessen dabei vor dem Dunkelwerden die Angel einzuholen.
Das rächt sich, etwas großes beißt an, ich kämpfe im Dunkeln eine knappe halbe Stunde mit dem Fisch, der mir trotz voll angezogener Bremse immer wieder Leine herauszieht, die ich mir jeweils mühevoll zurückhole. Am Ende verlieren wir leider beide: als ich umgreifen will machen meine verkrampften Unterarme und Hände nicht mehr mit, die Angel rutscht mir weg und sie ist blöderweise auch nicht mehr gesichert, weil die benutzte Sicherung zum Hinsetzen zu kurz war. Ich habe eine Angel weniger und der Fisch schwimmt mit der Angel herum, total doof für beide.
Lernprozess für uns: Sicherungsleine für die zweite Angel sofort verlängert und Technik zum Verlangsamen des Bootes (bei Schmetterling) besprochen.
Danach weiter schönes flottes Segeln durch die Nacht bei unverändertem Kurs und Besegelung. Etmal 176 sm.

Per Iridium gesendet, daher keine Bilder. Kommentare bieten sich bei der eingestandenen Blödheit des Skippers an, können von mir aber erst beantwortet (bzw. bei Erstkommentar freigegeben) werdem, wenn wir auf den Bahamas wieder Internet haben.

Auf in die Bahamas

Tschüss, Dominikanische Republik. Du hast uns wunderbar angenehm überrascht. Wenn wir ganz ehrlich sind, hatten wir kaum eine Vorstellung von Dir. Urlaubsinsel mit Hotels an Sandstränden einerseits, eher arm im Vergleich zu den meisten anderen Inseln der Karibik andererseits, so viel war klar. Widersprüchliches hatten wir zur maritimen Infrastruktur und auch zur Sicherheitslage in manchen Häfen gelesen. Die größte Verlockung waren die Wale, für deren Sichtung Du zwischen Januar und März so gute Chancen bieten sollst.

Und: Buckelwale gleich zur Begrüßung, palmengesäumte Hänge der Hügellandschaft, freundliche Aufnahme und unaufdringliche, zuvorkommende Menschen. Santa Bárbara de Samaná bunt, unzweifelhaft auch laut und (für uns) chaotisch, exotisch. Ein gutes Sicherheitsgefühl. Obst und Gemüse im Überfluss und zu unglaublich günstigen Preisen auf dem Markt. Spannende Ausflüge in die Umgebung und den faszinierenden Nationalpark “Los Haitises” mit seinen „schwebenden” Inseln, seinen Höhlen und den traumhaften Ankerplätzen.

Und schon sind wir zwei Wochen hier. Viel zu kurz, viel zu wenig gesehen von der Insel. Aber das ist ein Dilemma, das jede noch so lange Reise begleitet. Man möchte die Welt bereisen, verschiedene Orte, Länder, Kulturen kennenlernen. Und man möchte bleiben, mehr und noch intensiver eintauchen in das Leben vor Ort, hinter die Fassaden schauen, Menschen besser kennenlernen.

Die Dominikanische Republik war nur als Zwischenschritt auf unserer Seereise geplant, als kleine Wundertüte. Und jetzt macht sie uns den Abschied schwer. Zwei Wochen waren wir hier, aber die eben in der Bucht vom Samaná. Wir sind ein bisschen angekommen an diesem Ort, “unsere” Obstverkäufer erkennen uns wieder, “unsere” Rikschafahrer, “unsere Bedienung” in der Cocktailbar auf dem Malecón mit dem leckeren Fingerfood,

Andererseits: wir freuen uns auf die Bahamas, ein Sehnsuchtsort, den wir im letzten Frühsommer nur durchfahren, aber nicht intensiv erkunden durften (“Innocent Passage” wegen COVID-bedingter Schließung der Grenzen des Inselstaates).

Jetzt wollen wir uns Zeit nehmen, die vielen kleinen Inseln der Bahamas zu erkunden, gerade auch die etwas abgelegeneren.

Wir absolvieren den für die Einreise in die Bahamas erforderlichen PCR-Covidtest, können drei Stunden später die Ergebnisse im Labor abholen. Gehen in der Zwischenzeit noch einmal auf den Markt, kaufen Obst und Gemüse auf Vorrat für die ziemlich teuren Bahamas. Nochmal in den Supermarkt, um auch die länger haltbaren Vorräte aufzustocken. Eine Motorrikscha bringt uns vier und die Berge an Einkäufen zurück zur Pier, wo wir sie (mangels echtem Dinghydock) etwas abenteuerlich hinunter in das mit Heckanker am Betonkai herumschlingernde Beiboot bugsieren.

Zubereitungstips auf Deutsch für Yuca und Yams vom Mann der Marktfrau, der eigentlich als Reiseleiter arbeitet. Mangels Touristen hilf er jetzt seiner Frau.

Ausklarieren bei der Immigration, der super freundliche Officer dort darf aber selbst nur einklarieren. Er ruft seinen Chef an, der kommt nach kurzer Wartezeit mit dem Roller angebraust, bringt zwei mit einem Schloss gesicherte Stempel mit und klariert uns aus.

Weiter zur Armada, um das Despacho für die Weiterfahrt in die Bahamas zu erhalten. Aber erst das (abgelaufene) genutzte Despacho für „Los Haitises“ im Original abgeben. Ach so. Noch ein bisschen warten, bis der Chef unterschrieben und gestempelt hat, mit einem Armada-Officer zur Flora fahren, denn dort erst wird das ausgefertigte Dokument übergeben. Kann losgehen.

Noch nicht ganz. Denn erstmal beantragen wir mit den COVID-Testergebnissen online das Bahamas Health Visa unter http://www.travel.gov.bs, aber leider lässt die Rückmeldung auf sich warten. Als wir es das letzte Mal von den USA aus beantragten, hatten wir innerhalb von zwei Stunden die Zusage. Diesmal ist am nächsten Morgen der Status immer noch „Pending“, also in Bearbeitung. Wir verholen erst einmal hinaus zur Bacardi-Insel und werfen dort noch einmal den Anker. Eigentlich würden wir den Formalkram gerne vor der Abfahrt erledigt haben, denn erst bei Zusage können wir im nächsten Schritt 70 US$ an die Bahamas überweisen, die Health-Visa erhalten und damit dann auch das Cruising Permit für die Bahamas unter http://www.besw.gov.bs beantragen („click2clear“, was zur Not allerdings auch noch als erster Schritt in den Bahamas erfolgen könnte).

Um 11.00 immer noch „Pending“, also fahren wir los und hoffen, das sich der Status in der Zeit ändert, in der wir noch Empfang haben. 300 sm liegen vor uns bis zum Ankerplatz bei Matthew Town auf Great Inagua.

In den Bahamas selbst wird Internetempfang nicht immer gegeben sein. Wir können dann – wie auf langen Passagen – zwar über IridiumGo Texte im Blog posten, aber keine Bilder. Mal sehen.

Kleinkram in eigener Sache

Wie das eben so ist, manches bleibt gerne mal länger liegen. Damit das möglichst keine wesentlichen Arbeiten am Boot sind, gibt es auf der Flora neben der To-do-Liste ein Wartungsbuch. Muss man nur mal reinsehen und – schwupp – kündigt sich die nächste Aufgabe an. Heute war es der in drei Betriebsstunden fällige Ölwechsel unseres Dieselgenerators. Dann doch besser gleich hier als in den Bahamas, falls sich irgendein Problem auftut. Ging aber alles glatt, nebst Ölfilter und Dieselfilterwechsel.

Dann das leckende Lewmar-Heckfenster. Ausgebaut und festgestellt, dass das Problem nicht zwischen den verschraubten äußeren und inneren Rahmenteilen, sondern in der Verklebung des Glases mit dem äußeren Rahmen besteht. Da kann ich mit dem schon bereitgelegten Botyltape nichts werden. Erstmal wieder einbauen, dabei die Edelstahlschrauben vor dem Einsetzen in die Alurahmen alle säubern und mit Tef-Gel zum Korrosionsschutz versehen.

Die achtere Steuerbordwinsch auseinandernehmen und warten (die anderen kommen nach und nach dran). O.k.

Und dann die WordPress Blog-Seite. Als wir neulich den Menü-Reiter für die englische Version und den für die Linksammlung (zu anderen Blogs) eingefügt haben, waren uns bei den Untermenüpunkten fehlerhafte ins Nichts führende Dopplungen aufgefallen. Den Quatsch gerade zu ziehen war für IT-Laien wie uns die heute schwierigste und langwierigste Aufgabe. Ist noch nicht optimal, hat aber am Ende irgendwie doch geklappt. Und auch die gesegelten Routen von 2019 und 2020 sind jetzt endlich drin.

Reserve-Benzinkanister für das Dinghy volltanken.

Noch ein bisschen einkaufen und die Klinik für den zur Weiterreise in die Bahamas obligatorischen COVID-PCR-Test suchen.

Ups, ein Tag ohne Fotos. 😉

Los Haitises II, Mangroven, Wandern und ganz viele Vögel

Das Dinghy ist unser Lastesel, Kurzstrecken- und Flachwasserspediteur und Autoersatz. Bevor wir auf Langfahrt gegangen sind war uns zwar klar, dass wir es viel mehr als bis dato brauchen würden, aber die wirkliche Wichtigkeit und Nutzungsintensität erschließt sich erst unterwegs.

Auch heute nutzen wir es wieder ausgiebig, obwohl doch eigentlich eine Wanderung auf dem Plan steht. Wird auch gemacht, nur müssen wir erst einmal zum Startpunkt kommen. Der liegt nämlich ein gutes Stück den Mangrovenfluss Cano Hondo hinauf. Die Mündung in die Bahía de San Lorenzo ist breit und weist viele Verästelungen auf, prompt fahren wir zunächst ein Stück in den falschen Flussarm hinein. Als wir in dem träge dahinfließenden matschig braunen Mangrovenwasser gerade umgekehrt sind, treffen wir unsere schweizer Seglerfreunde Martina und Daniel von der Vairea.

Crews von Vairea und Easy-One

Die zeigen uns nicht nur den richtigen Weg, sondern geben uns auch den guten Tip, am eigentlichen Aussteigepunkt noch ein kleines Stückchen vorbei zu fahren. Dort soll es gelbe Vögel geben, die direkt über dem Flüsschen kunstvolle runde Nester flechten. Webervögel? Die sind aber eigentlich in Afrika zu Hause.

Ein guter Anlass, noch etwas länger das enger (und flacher) werdende Mangrovengeschlängel hinauf zu fahren. Wir müssen den Außenborder schon etwas hochrasten, um nicht an den Wurzeln auf dem Grund anzuschlagen. Aber es lohnt sich. Am rechten Ufer zeigt sich eine Lichtung, erst ein paar Palmen, dann eine Wiese. Und in den Büschen an deren Rand nisten tatsächlich Webervögel, Dorfweber, die schon 1791 auf Hispaniola eingeführt wurden und hier heimisch geworden sind (nachträglich ergoogeltes Besserwissen).

Die kugelig bis nierenförmigen Nester mit einem unten liegenden Einflugloch bauen sie aus langen Fasern, die sie zuvor mit ihrem Schnabel geschickt von den viel dickeren Palmblättern abziehen. Und dann weben sie daraus die oft in enger Nachbarschaft mit anderen Webervögelnestern hängenden fragilen Bauten.

Dorfwebervogelmännchen am noch unfertigen Nest

Zurück am Austeigepunkt schließen wir die Dinghys an eine Palme und gehen los. Nur ein kleines Stück weiter erwartet uns schon die nächste Überraschung. Wirken schon die bewachsenen Felsinseln hier in Los Haitises ein bisschen asiatisch, wird der Eindruck durch die am Rand der Mangroven des Nationalparks angelegten Reisfelder noch mal deutlich verstärkt. Die hatten wir hier irgendwie nicht erwartet. Und erst recht nicht, dass aus dem Reis plötzlich wilde Truthähne auftauchen und zu Balzen beginnen.

Das Eco-Ressort, das als nächstes auf unserem Weg liegt sieht interessant aus und kann besichtigt werden. Aber wir sind schon spät dran und lassen es links liegen, denn Wiebke hat auf ihrer Kommot-Wander-App eine zwar nicht schwierige aber eben doch längere Route für heute ausgesucht.

Ein kleiner Pfad zweigt vom Feldweg ab, unser Einstieg. Ein paar hundert Meter weiter dann das Aha-Erlebnis: aus der Kulturlandschaft jenseits des Nationalparks geht es wieder hinein in Los Haitises, mit WOW-Effekt. Wir stehen auf einer Anhöhe, links vor fällt uns eine steile Kalkwand zig Meter in die Tiefe, ein lehmig rot-braunder Trampelpfad windet sich zwischen Palmen und Büschen ins Tal hinunter. Kein Wunder, dass hier Teile von Jurassic Park gedreht sein sollen.

Und die Wanderung geht abwechslungsreich weiter:

Es ist zwar der gleiche (manchmal kaum erkennbare) Pfad hin und zurück und es wartet kein Wasserfall, keine Höhle oder ähnliches auf uns, aber es sind acht Kilometer wunderschöne Wanderung. Mal finden sich Kakaobäume mit reifen und überreifen Früchten, mal dichter Farn auf Lichtungen, mal klassischer Urwald. Mehrmals auch Pflanzen, die einen starken Jasmin-Duft verbreiten.

Und wir entdecken den Nationalvogel der Dominikanischen Republik, in der Landessprache Cigua Palmera genannt, auf deutsch heißt er leicht abfällig „Palmschwätzer“. Aber die charakteristischen Warnlaute des endemischen Vogels sorgen z.B. dafür, dass bestimmte Bussarde ihre Nester gern über denen der Palmschwätzer errichten.

Zurück bei den Dinghys gehts bei noch niedrigerem Wasserstand durch die Mangroven zurück Richtung Ankerplatz. Diverse Reiher sitzen auf den trockengefallenden Wurzeln und spähen nach Beute. Wir sehen Silberreiher, Kleine Blaureiher und Krabbenreiher (im englischen poetischer als Yellow Crowned Night Heron bezeichnet, die langen gelben Schmuckfedern im Nacken zeigen die Paarungszeit an).

Unter Segeln gleiten wir am nächsten Morgen an der grün-buckeligen Landschaft vorbei, verlassen die Bahia de San Lorenzo und suchen uns einen einsamen Ankerplatz nur wenige Meilen weiter westlich. Geschützt von den Cayos de los Pajaros, den Inseln der Vögel. Das passt doch.

Und wer könnte einem solchen Ankerplatz schon widerstehen: