Treibholz

British Columbia (kurz und meist liebevoll: BC) ist in seiner historischen Entwicklung eng mit drei Wirtschaftszweigen verbunden: Fischerei (Fishing 🎣) , Bergbau (Mining ⛏️) und Holzernte (Logging 🌲). “Forstwirtschaft” wäre zumindest in der entfernteren Vergangenheit ein zu großes Wort für den letztgenannten Wirtschaftszweig, denn zunächst einmal ging es ab etwa 1850 tatsächlich nur um die Ernte der wertvollen Bäume, für das Nachwachsen hatte die Natur hier im Regenwald selbst zu sorgen. Um die Jahrhundertwende herum gab es ersten Widerstand gegen das hemmungslose Abholzen, es entwickelte sich eine (zunächst zaghafte) gesetzliche Regulierung. Das ist heute anders, allerdings findet sich abgesehen von besonderen Schutzgebieten nur noch wenig ursprünglicher Regenwald (Primärwald) mit seinen Jahrhunderte alten Urwald-Baumriesen. Viel öfter ist das dichte Grün der Wälder auf den steilen Flanken der Fjorde in BC Sekundärwald, zum Teil auch aufgeforsteter Nutzwald (pro Jahr werden mehr als 200.000.000 Bäume gepflanzt).

Das Logging hat die Entwicklung in BC geprägt, weite Landstriche wurden (und sind teilweise auch heute noch) nur über Logging-Roads erschlossen. Und Logging ist auch heute noch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region, 14 Milliarden Can$ werden pro Jahr laut BC Council of Forest Industries damit umgesetzt.

Das Museum in Campbell River bietet zur Geschichte des Logging eine tolle und umfassende Ausstellung, die uns auch erklärt, warum noch immer große Kahlschlagflächen vielerorts sichtbar sind. Und damals wie heute wird der Löwenanteil des Holzes zu den Orten der Verschiffung oder Weiterverarbeitung geflößt. Aber entgegen der unter Seglern weit verbreiteten Ansicht sind es nicht überwiegend aus Flößen weggetriebene Stämme, die als Treibholz die Wasserwege unsicher machen. Vielmehr werden in der zerklüfteten Uferlandschaft unfassbar viele Bäume ins Wasser gespült, an den Felsen aufgerieben, gebrochen und beim nächsten Hochwasser wieder weitergetragen. Die zum Teil insbesondere bei Welle kaum sichtbaren schwimmenden Rammböcke sind eine echte Plage, Nachtfahrten fallen für uns hier schon aus diesem Grunde aus. Die Ufer sind fast überall von Treibholz übersät. Nicht nur an abgelegenen Stränden, auch hier in Campbell River selbst.

Obwohl, hier in der Stadt wird das Treibholz natürlich auch rege genutzt. Sei es zum spielerischen Bau von Unterständen oder Hütten am Ufer …

oder zum Grillen in der Feuerstelle gleich daneben:

Oder eben, um sich mit Feuerholz für Zuhause zu versorgen. Das führt dann gegenüber des Campingplatzes zu skurrilen Schildern wie dem hier, das den nächtlichen Einsatz der Kettensäge am Strand untersagt:

Aber es gibt hier in Campbell River noch eine weitere Nutzung von Treibholz. Entlang der kilometerlangen Uferpromenade finden sich mehrere Tiergestalten aus dem angeschwemmten Naturmaterial. Geschaffen hat sie der Künstler Alex Whitcombe, zusammengeschraubt aus unzähligen einzelnen Fundstücken zu ausdrucksstarken Kompositionen. Monumental präsentiert sich der lebensgroße Buckelwal:

Klein und keck dagegen der von den Bürgern immer mal wieder anders gekleidete oder geschmückte Waschbär:

Ein Stück weiter der Dinosaurier …

und ganz am anderen Ende der Promenade im Park auf Tyee Spit mein persönliches Lieblingsstück, der Treibholz-Cougar (Berglöwe oder Puma), wobei ich finde, dass er auch gut als Wolf durchgehen könnte:

Drei weitere Treibholzfiguren sollen sich noch im Ort verstecken, die können wir bei unsern nächsten Ausflügen suchen. Außer Spaziergängen gibts auch noch ein bisschen Bootsarbeit. Wir weihen die alte, aus Deutschland mitgebrachte Nähmaschine an Bord ein. Bisher hatte ich damit (eher schlecht als recht) nur Leesegel für unser altes Boot gefertigt, ist natürlich auch schon eine ganze Zeit her.

Wiebke näht ein Kleid, ich probiere mich an der Kuchenbude, also dem Cockpit-Zelt. Die durchgescheuerten (und auch ausgebeulten) Stellen an den Spi-Winschen werden erst innen und außen mit aufgebügelten Jeans-Flicken verstärkt und dadurch einigermaßen begradigt, dann wird erst der Jeans-Flicken in Zickzack-Stich umsäumt und danach außen ein Sunbrella-Flicken aufgesetzt. An meinen Nähkünsten muss ich sicher noch arbeiten, aber fürs erste bin ich trotzdem zufrieden.

Dann noch das Dinghy-Licht auseinander genommen, eine Litze neu angelötet, geht wieder. 💡 Und Infos für einen neuen Plotter zum möglichen Ersatz unseres schwächelnden alten Furuno MFD12 eingeholt. Wieder ein erfolgreicher Tag. 😁

Grau oder Schwarz-Weiß

Von der wunderschönen und farbintensiven Codville Lagoon fahren wir bei schlechter werdendem Wetter 15 Meilen weiter nach Süden. Es wird grau. Die Seekarte zeigt “Namu Harbour”, aber der Törnführer hält desillusionierendes bereit: Namu ist ein Ruinenort, sogar vollständig “off limit” – darf also nicht betreten werden. Wie Butedale weiter im Norden war Namu ein prosperierender Ort, bis die große und vordem sehr erfolgreiche Cannery dicht machte, wurde danach verlassen und dem Verfall preisgegeben. Hier wie dort scheiterten verschiedene Versuche der Revitalisierung. Inzwischen taugen die zusammenbrechenden und ins Meer rutschenden Gebäude nur noch als traurige Mahnung. Goldgräberzeiten (auch unternehmerische) haben hier an der abgelegenen pazifischen Nordwestküste immer auch Glücksritter angezogen. Für sie gab es nur schwarz oder weiß: war das Geld (erst Pelze, dann Gold/Lachs/Bodenschätze/Holz) nicht mehr leicht zu machen, zogen sie halt weiter. Die zurückbleibenden Ruinen würde die Natur schon schnell wieder unsichtbar machen. In Teilen stimmt das, hier in Namu wird es aber wohl noch etwas dauern.

Das Rock Inlet eben nördlich von Namu führt mit einem schmalen Fahrwasser zu einem guten, 11 m tiefen Ankerplatz. Die vielen kleinen baumbestandenen Felseninseln im Inlet verbergen gnädig den Blick auf die zerfallenden Gebäude und schirmen uns zugleich vor dem Schwell ab, der mit dem aufkommenden Südostwind schnell steile und hackige Wellen im breiten Fitz Hugh Sound aufgebaut hat. Auf der Fahrt hierher hat erstmals seit langem unser Windgenerator mal wieder maßgebliches zu unserem Energiehaushalt beigesteuert, hier drinnen aber schafft es das Lüftchen kaum, seine Flügel überhaupt zu bewegen.

Grauer Himmel, Wolkenfetzen hängen in den Bergen, als wir uns am nächsten Morgen Richtung Calvert Island aufmachen, die den Fitz Hugh Sound vom offenen Pazifik trennt. Vormittags soll es eine Windpause geben, danach folgen nach der Prognose einige Tage mit kräftigem Südwind. Die wollen wir in der Pruth Bay abwettern. Gut geschützt und zugleich mit der Möglichkeit, Spaziergänge und Hikes an die Pazifikküste zu machen.

Die Pruth Bay beherbergt in dieser sonst menschenleeren Gegend das Hakai Institute, eine Forschungsstation, die sich mit der Langzeitentwicklung der Küstenregion zwischen Pazifik und Regenwald in den letzten 15.000 Jahren beschäftigt. Freundlicherweise sind Besucher willkommen, dürfen ihr Dinghy am Dock (mit Miniatur-Bull-Rails) festmachen und die Wege in der „Hakai Lúxvbálís Conservancy Area“ benutzen.

Machen wir gleich. Zum West Beach ist es ein bequemer Waldspaziergang durch ungewohnt flaches Gelände. Der Strand selbst macht dann seinem Namen alle Ehre. Feiner, heller Sand zieht sich jetzt bei Ebbe weit hinaus. Was aber noch viel mehr beeindruckt: oberhalb des Spülsaumes liegt Treibholz in rauen Mengen. Riesige Baumstämme, Wurzelwerk, Äste und Baumstümpfe sind durcheinandergeworfen und ineinander verhakt angespült. Sicher sind auch verlorene Stämme von Flößen der Holzindustrie und vereinzelt Balken dabei, der Großteil aber scheinen ins Meer gespülte Bäume und ihre abgebrochenen Einzelteile zu sein. Wund geschlagen, entrindet, die Oberflächen von der Brandung geschmirgelt zu einer Mischung aus Glätte und Rauheit, wie nur altes Treibholz aufzuweisen scheint.

Die vorgelagerten Schären, die die Bucht bei dem jetzigen Südwind ruhig erscheine lassen, halten den Pazifik bei Westwind offenbar nicht davon ab, die gigantischen Hölzer hoch hinauf auf die Küste zu werfen.

Auch am North Beach, dem wir noch am gleichen Tag nach einem schönen Hike durch den Wald entlang des sumpfigen Hood Lakes besuchen, sieht es genauso aus.

Am nächsten Tag dann eine längere Tour: vom West Beach aus führt ein Trail über die Kliffs und durch die Wälder zu weiteren Stränden. Die Himmelsrichtungen sind wohl ausgegangen, die Strände sind einfach nummeriert. Wir arbeitendes vom ersten bis zum siebten Strand vor, wobei uns die Tide allerdings den Zugang zu Nummer 5 und Nummer 6 verwehrt.

Auch ein Abstecher zum hoch gelegenen Lookout ist drin, von dort geht der Blick über die vorgelagerten Schären auf das heute ziemlich aufgewühlte Meer und zum diesigen Horizont. Es ist spannend, wie sehr die Landschaft und auch der Wald auf den nur vier Kilometern (hin und zurück 8 km) variiert. Hochmoor oben auf dem Lookout Hill, der Wald mal dicht, mal licht. Zwischen zwei Stränden mit hohem Farn, um die nächste Klippe herum und zwischen den beiden nächsten Stränden dagegen dichtes Buschwerk mit dunklen Beeren (Salal?) als Unterholz.

Was aber immer gleich bleibt: über und über Treibholz auf den Stränden. Wir haben täglich Treibholz gesehen (in BC deutlich mehr als in Alaska), sind ihm mit der Flora ausgewichen. Manchmal ist es leicht zu erkennen, etwa wenn es die „kanadischen Möven durch Daraufstellen höflich markieren“, wie es Bill so wunderbar ausgedrückt hat. Oder wenn noch Äste oder Wurzeln daran aufragen. Manchmal aber – insbesondere bei Welle oder Gegenlicht – sind sie nur schwer auszumachen. Ganz besonders betrifft das die gefürchteten „Deadheads“, vollgesogen Baumstämme, die senkrecht im Wasser treiben und mit den Wellen nur auf und nieder hüpfen oder sich gar in flacherem Wasser in den Grund gebohrt haben. Wir waren bisher schon vorsichtig, aber die schiere Menge am Treibholz mahnt uns zu künftig noch größerer Aufmerksamkeit.

Wir sind früh aufgebrochen, denn ab Mittag sollten laut Wetterbericht Wind und Regen einsetzen. Aber unser ausdauerndes „Beachcombing“, dauert lange. Wir studieren neben dem Treibholz auch verschiedenen Arten Kelp, das schimmernde Perlmutt der Austern, die anderen Muscheln und Steine, Plastikmüll findet sich dagegen erstaunlicherweise kaum. Nur eine Flasche und ein größeres Plastikteil sammeln wir ein und legen es auf die eingerichtete Sammelstelle.

Ab 13.00 Uhr zeigt sich dann, dass Wettervorhersagen doch nicht nur Horoskope mit Zahlen sind. Der Regenwald trägt seinen ersten Namensteil nicht zu Unrecht und wir beeilen uns, zum Boot zurück zu kommen.

Malerisches BC

British Columbia verwöhnt uns weiter mit einigen richtig schönen, sonnigen Spätsommertagen. Fast immer sind wir das einzige Boot in der Ankerbucht. So auch in der Fancy Cove, obwohl sie recht nah an New Bella Bella liegt, der einzigen Ortschaft in diesem Abschnitt der Inside Passage südlich von Klemtu.

Am nächsten Tag ist es dann nur ein kleiner Hüpfer von 5 Meilen durch die Lama Passage und quer über den Fisher Channel bis zur Lagoon Bay. So können wir die Ankunft dort gut timen und darauf kommt es uns an. Wie der Name andeutet liegt hier eine größere Bucht, die nur über eine enge und flache Einfahrt zugänglich ist. Das bedeutet eben auch, dass das Wasser der gesamten Bucht bei Ebbe und Flut durch den Flaschenhals des schmalen Zu- und Abflusses muss und entsprechende Strömung aufweisen kann, also am besten um Stillwasser herum zu passieren ist. Die Codville Lagoon wartet zwar nicht mit dem Türkisblau auf, was man vielleicht mit Lagunen verbindet, wohl aber mit einem wunderschönen Ankerplatz auf für hiesige Verhältnisse flachen 15 Metern Wassertiefe in einer der vielen kleinen Buchten der Lagune. Der Clou: ein ausgeschilderter Wanderweg hier mitten in der Wildnis, der zu einem Süßwassersee oberhalb der Lagune führt. Einmal mehr leistet unser “Anchor Buddy” gute Dienste und zieht unser Dinghy nach dem An-Land-Gehen aus der Tidenzone heraus in das tiefere Wasser.

Der Trail führt herrlich über buchstäblich Stock und Stein durch den Regenwald. Zum ersten Mal kommen unsere noch in Alaska gekauften Teleskop-Wanderstöcke zum Einsatz (und bewähren sich). Der See überrascht dann mit einem langen hellen Sandstrand, für diese Gegend eigentlich völlig ungewöhnlich.

Unsere Segelfreunde Tereza und Jakub hatten uns berichtet, dass sie in dem See schwimmen waren. Etwas ungläubig haben wir vorsichtshalber unsere Badesachen eingepackt und – tatsächlich – die Temperatur in dem recht klaren, aber durch die Holzteile im Wasser und am Grund rotbraunen Wasser ist nach den sonnigen Tagen annehmbar, wir baden hier wirklich. Windstill und sonnig wie es ist, schließen wir noch einen ausgiebigen Strandspaziergang an. Barfuß im Sand hatten wir zuletzt länger nicht mehr.

Einiges an verwittertem Schwemmholz liegt hoch auf dem Sandstrand, darunter auch der massige Rest einer riesigen Zeder einschließlich Wurzelstumpf. Die Maserungen und Holzverläufe der Wurzel sind ein einziges die Phantasie anregendes Kunstwerk. Nach Wolkentieren im Passat und Eisskulpturen in Alaska finden wir jetzt hier im schon grau gewordenen Holz Figuren oder gar Abbildungen von Wasserstrudeln. Dann wieder scheint es, als könnten sich Edvard Munch oder Vincent van Gogh hier die Anregung für ihre Pinselführung abgeholt haben.

Die nächsten Tage wird wohl mal wieder eine Front durchziehen, das sonnige Wetter macht also dann Pause, aber bisher können wir uns echt nicht beklagen. Und bevor das Grau kommt, legt Mutter Natur mit der Abendsonne noch mal ordentlich Farbe auf:

O’ahu. Wellen im Meer und an Land.

Mit dem Mietwagen erkunden wir O’ahu. Wer sich noch nicht mit Hawai’i beschäftigt hat, dem wird der Inselname O’ahu vermutlich nichts sagen. Schon eher dagegen Honolulu als auf dieser Insel gelegene größte Stadt von Hawai’i und Hauptstadt des 50. und damit jüngsten US-Bundesstaates. Und vielleicht auch noch Waikīkī, Stadtteil von Honolulu und zugleich Namensgeber des berühmtesten Strandes der Inselgruppe.

Auf der Parallelstraße zum Waikīkī-Beach fahren wir aus Honolulu hinaus Richtung Südosten. An den Ampeln ungewohnte Anblicke: Surfer aller Altersklassen laufen barfuß durch die Großstadt, das Board unterm Arm. Vor der Schule oder der Arbeit eben noch mal schnell ‘ne Runde Wellenreiten 🏄.

Am Aussichtspunkt bei Diamond Head legen wir eine erste Pause ein. Eigentlich hätten wir dieses Wahrzeichen von Honolulu gern von “innen” besichtigt, denn was von See und auch vom Stadtzentrum aus wie ein normaler Berg aussieht, ist in Wahrheit ein gigantischer Tuffring. An der südwestlichen Seite hat sich ein höherer Rand mit einer Spitze ausgebildet, weil bei der zugrunde liegenden Eruption der Nordostpassat die Partikel vorwiegend in diese Richtung geweht hat.

Man soll von dort einen tollen Blick über Honolulu haben, aber bei der Anfahrt blinken uns bereits Leuchtschriften entgegen. Ohne Reservierung kein Eintritt! Wir probieren es gleich online, aber für die nächsten Tage ist schon alles dicht. Mit dem Museum über dem Wrack der Arizona in Pearl Harbor wird es uns genauso gehen. Der Tourismus auf O’ahu ist durchorganisiert, solche typischen Attraktionen muss man rechtzeitig buchen. Ups. Macht aber nichts, es gibt so vieles zu sehen was man nicht buchen muss. Den Blick über die Vorstadtviertel hinüber zu den scheinbar sanft gewellten Hügeln bei unserem nächsten Ziel Koko Head zum Beispiel.

Beim Näherkommen wird aber klar: sanft gewellt ist höchstens die Straßenführung dort hindurch, Koko Head und Koko Crater sind weitere Vulkankrater, die sich durchaus schroff präsentieren.

Auf der Küstenstraße geht es mit wunderschönen Panoramablicken weiter gegen den Uhrzeigersinn um O’ahu herum.

Bei Kaneohe an der Ostseite der Insel machen wir einen Abstecher weg vom Meer in die Berge hinein. Es geht durch dichten Wald und ein paar Tunnel steil hinauf zum Nu’uano Pali Lookout. Der Ausblick von dort ist wirklich atemberaubend, denn vor der Steinplattform fällt das Gelände fast senkrecht rund 300 m ab. Der Legende nach fand hier der entscheidende Kampf statt, aufgrund dessen der siegreiche Kamehameha auch O’ahu als letzte Insel des Archipels seinem Königreich eingliedern konnte und damit ganz Hawai’i unter seiner Herrschaft vereinigte. Die Armee von Kamehameha soll die unterlegenen Truppen seines Widersachers über die Klippen in den Abgrund gedrängt haben.

Der Blick geht entlang an den steilen Hänge der Ko’olau Berge.

Wie Stein gewordene senkrechte Wellen kurz vorm Brechen muten die Flanken dieser Berge an, oder wie gefaltete “Ziehharmonika”-Berge. Der zumeist vergleichsweise schmale Streifen Flachland zwischen den Steilwänden und dem Meer wird hier im feuchteren Osten der Insel dort wo die Häuser noch Platz lassen meist landwirtschaftlich genutzt. Der breite, weitgehend unzugängliche Gebirgszug Ko’olau nimmt aber fast die Hälfte der Fläche der Insel ein und zieht sich von der Südspitze bis in den Nordosten. An seinen östlich Flanken fahren wir – unterbrochen vom Stop an Giovanni’s Foodtruck – bis zu dem berühmten Surfstrand schlechthin. Der Sunset Beach an O’ahus Nordküste ist legendär. Surfer sehen wir dort aber kaum. Kein Wunder, das Wasser vor dem kilometerlangen Sandstrand ist fast spiegelglatt:

Jetzt. Im Sommer. Im Winter dagegen baut der dann vorherrschende Nordschwell hier die Brandung auf, die ihn zum Mekka der Wellenreiter gemacht hat.

Ein weiterer kleiner Abstecher führt uns in den botanischen Garten von Waimea, der in einem wunderhübschen Tal einen Spaziergang zu einem kleinen Wasserfall sowie zudem einen Einblick in die Hawaiianische Kultur bietet und quasi ein Museumsdorf beinhaltet. Auf besonderen Wunsch einer lieben Segelfreundin (gestern von Bermuda aus geäußert) gehe ich bei dieser Gelegenheit nochmal auf die Vögel dort ein, denn auch in diesem botanischen Garten können wir wieder ganz besondere entdecken, Zum Beispiel diese beiden doch sehr unterschiedlich aussehenden Schamadrosseln:

Vor allem aber, liebe Andrea, den hier:

Rotohrbülbül

Wie sein naher Verwandter, der Rotsteißbülbül (aus dem letzten Beitrag) ein echter Bülbül. Die Familie heißt wirklich so (engl.: bulbul) und lebt überwiegend in Afrika und auf Madagaskar. Die deutschen (Vor-)Namen der (profaner auch Haarvögel genannten Familie sind bei der Lage ihrer auffälligen Farbflecken ja selbsterklärend.

😉

Weiter an der Nordküste entlang findet sich im Nordwesten ein Naturschutzgebiet, dass zwischen sehr felsigen Abschnitten nur kleine, abgelegene und selten besuchte Sandstrände aufweist. Ein Rückzugsgebiet für die selten gewordene Hawaiianische Mönchsrobbe, von der wir eine auf unserem langen Spaziergang dort auch tatsächlich antreffen.

Das Wasser zeigt schon: hier wird es wieder wilder. Aber so richtig knackig zeigen sich die Wellen erst an der Westküste. Ganz im Norden dort liegt die Yokohama Bay. Als wir ankommen, zeigen rote Flaggen überall am Strand, dass Schwimmen derzeit nicht angesagt ist. Wären wir aber wohl auch so drauf gekommen:

Es gibt aber auch Badegäste, die trotzdem ins Meer wollen, es sich dann aber kurzfristig doch anders überlegen 🤔

Und natürlich die Surfer. 😎

Wir begnügen uns einfach mit dem Betrachten dieses wunderbaren Naturspektakels können uns an den Farben und der Dynamik einfach nicht sattsehen.

Pünktlich zum Sonnenuntergang sind wir zurück in Honolulu. Vor Floras Bug, auf der anderen Seite der Hafenmole gehen die Wellen ebenfalls hoch und so sind dort und auch auf der Mole selbst noch Surfer unterwegs.

Aloha.

Honolulu erkunden, Aloha und Hang Loose

Wir lassen uns Zeit, Honolulu ausgiebig zu erkunden. Vom Hafen Ala Wai aus erlaufen wir uns zunächst die nähere Umgebung.

Am Hilton Hotel mit den farbigen Kacheln seiner „Rainbow“-Fassade vorbei schließt sich gleich der berühmte Waikīkī Beach an. Der öffentliche Park im Vordergrund gehört noch nicht dazu, aber direkt hinter dem Hochhaushotel geht es los.

Die Straßenschluchten der zumeist nicht ganz topmodernen Highriser gleich hinterm Strand sind von Palmen gesäumt. Eigentlich müsste jeden Augenblick wie in der Fernsehserie aus den 80ern Thomas Magnum im roten Ferrari 308 am die Ecke biegen.

Auch auf der anderen Seite des Hafens schließt sich zunächst ein kleiner Park an, wegen des dazwischen liegenden Kanals ist es dahin aber schon ein ordentlicher Spaziergang.

Dafür ist man aber auch schon beim ersten großen Shoppingcenter angekommen, das sich hinter dem Park erstreckt und so ziemlich alles abdeckt, was das Konsumherz begehrt.

Für die Erkundung der Altstadt ist es zu Fuß dann aber doch etwas weit. Macht nichts, denn – eher untypisch für die USA – ist das Bussystem hier in Honolulu wunderbar ausgebaut und mit 5,50 $ für die Tageskarte auch günstig. Wir bekommen die dafür erforderliche Chipkarte im Mini-Supermarkt gegenüber unseres Hafens.

Das auf Hawai’i allgegenwärtige „Aloha“, mit dem man sich begrüßt oder verabschiedet, dessen Wortsinn aber auch „Liebe“ bedeutet, leuchtet uns auch auf dem Display im Bus entgegen. Ergänzt wird es passenderweise durch das „Chaka“-Zeichen. Die Surfer haben dieses ebenfalls eng mit dem hawaiianischen Lebensgefühl verbundene Handzeichen als „Hang Loose“ mit ihrem Sport von Hawai‘i aus in die Welt getragen.

Ach ja, Surfer. Mit 19 war ich auf einer Tramptour in Südfrankreich so bekloppt, gemeinsam mit zwei Freunden einfach mal ein Surfbrett auszuleihen und in der Nähe von Arcachon einen Nachmittag lang abwechselnd mit den Wellen zu kämpfen. Keiner von uns dreien hat es damals geschafft, auf dem Brett in den Wellen überhaupt zum Stehen zu kommen, wir haben uns die Knie wund gescheuert und die Arme aus dem Leib gerudert, um wieder hinauszukommen, nachdem wir in der Welle zum Strand gezogen wurden, während das mit einer Leine an unserem Bein befestigte Board quer vor der Welle eben dahin gespült wurde. Reichlich Salzwasser haben wir geschluckt und trotzdem sogar noch Spaß gehabt.

Ich kann nicht widerstehen und melde mich für eine Lehrstunde im Wellenreiten am Waikīkī-Beach an. Große Erwartungen (an mich) habe ich nicht. Aber wo ich doch schon mal hier am Geburtsort des Wellenreitens bin …

Runterfallen, wieder aufsteigen. Und von vorne. Dazwischen jedes Mal wieder durch die Wellen hindurch hinauspaddeln, es wird so anstrengend, wie ich es in Erinnerung hatte. Aber in den anderthalb Stunden habe ich auch sechs Erfolgserlebnisse, GlücksMOMENTE im Wortsinn, denn der längste gestandene Ritt dauert gerade mal 7 Sekunden. Völlig platt aber glücklich komme ich wieder auf der Flora an. Das schreit nicht eben nach Wiederholung, aber wie der Nachmittag in Arcachon wird es eine tolle Erinnerung bleiben. Bilder davon gibts keine – außer in meinem Kopf!

Von der Altstadt dagegen gibts Bilder. Zum Beispiel:

Königspalast
Aloha-Tower am Hafen. Der alte Leuchtturm hat eine (leider seit COVID geschlossene) Aussichtsplattform. Und hier wurde für ausfahrende Schiffe das von der Hawaiianischen Königin komponierte Lied „Aloha Oe“ gespielt.

Ein Stückchen weiter die Statue von König Kamehameha I. vor dem Gebäude des obersten Gerichtshofes. Ein bisschen kniffelig, wir sehen sie bereits zum dritten Mal. Das mit Rot und Gold verzierte Original soll wohl im kleinen Örtchen Kapaau auf Big Island stehen, in Hilo und Honolulu hätten wir dagegen Kopien gesehen.

Beeindruckend ist auch die First United Methodist Church, die wir am Sonntag besuchen. In Hawaiianisch ist der Gesang im Gottesdienst zwar nicht (das wäre aber beim 12.00 Uhr Gottesdienst der Fall, vielleicht hören wir uns das am nächsten Sonntag an). Aber schon die von der Straßenseite eher unauffällige Kirche fasziniert mit ihrer Architektur. Der Österreicher Alfred Preis hat 1955 hier aus Korallenzement und Lavasteinen ein Bauwerk geschaffen, dass nicht nur Hawaiianisch luftig erscheint, sondern es auch ist. Die obere „Fenster“-Reihe ist völlig offen, der Wind weht wie bei den ursprünglichen Hawaiianischen Grashütten und den traditionellen wändelosen polynesischen Versammlungshütten quer durch das Gebäude. Das Altarkreuz aus Glasbausteinen erstrahlt ohne künstliches Licht.

Für uns schließt sich ein Besuch im nahe gelegenen botanischen Garten an. Ein Goldbaum lässt dort seine Blüten auf uns herunter regnen …

… wir sehen, wo der Pfeffer wächst …

… die Macademia-Nüsse , für deren Export Hawai’i bekannt ist noch am Baum …

… und noch so vieles mehr. Insbesondere auch eine ganze Menge Vögel, der von der Pracht der Blüten und Früchte natürlich auch angelockt werden. Zum Beispiel

Rotkardinal (Northern Cardinal)
Graukardinal (Red crested Cardinal)
Rotsteißbülbül (Red vented Bulbul)
Wellenastrild (Common Waxbill)
Reisnonne (Java Finch)
Sperbertäubchen (Zebra Dove), ausgewachsen etwas kleiner als eine Amsel
Hirtenmaina (Common Mynah)

Konnte ich also auch wieder meinem Vogel-Tick nachgehen. Und von Sonnenuntergängen und Skyline-Bildern kriege ich wohl auch nicht genug. 😊

Aloha.

Friseursalon mit Ausblick und Schildkröten

Es ist mal wieder soweit. Der Klappstuhl wird aufs Achterdeck gestellt, die Werkzeuge bereitgelegt. Badeklamotten an, damit die nicht vom Wind weggewehten Schnipsel gleich abgespült werden können. Langfahrt führt halt dazu, dass auch ungeahnte (und ungelernte) Tätigkeiten an Bord übernommen werden. Und Wiebke macht das richtig gut. Ich muss zugeben, dass ich sie lieber zum Inselfriseur schicke 😉.

Und – na klar – danach gehts erst mal ins Wasser. Mit den Paddelboards fahren wir an das Riff und schnorcheln dort ausgiebig. Das Wasser ist nicht ganz so klar wie zuletzt am Molokini-Krater, aber die Sicht ist noch ganz gut und die Unterwasserlandschaft wunderschön. An der Kante unserer sandigen Ankerfläche springt das Riff ein, zwei Meter nach oben, bildet dann aber keine ebene Fläche, sonder ist von tiefen Spalten durchzogen, weist Blöcke, Brücken und kleine Höhlen auf. Und das alles in guter Schnorcheltiefe von rund 5 Metern, zum Ufer hin dann bis zur Oberfläche.

Klar, es gibt Rifffisch, vor allem aber sehen wir wunderbar viele Schildkröten.

Wie Delfine haben Meeresschildkröten (für uns) einen integrierten “Gute Laune – Lächeln” – Effekt. Und, wie die Amerikaner sagen: “it never gets old”. Sonnenuntergänge, Regenbögen, Wasserfälle, Delfine oder eben Schildkröten, immer wieder faszinierend.

Am Nachmittag dann ein schöner Spaziergang auf dem Kapalua-Coastal-Trail, vom Ankerplatz aus an der Küste entlang. Zum Teil schroffe felsige Abschnitte, dazwischen öffentlich zugängliche Sandstrände, sogar ein bisschen Dünenlandschaft.

Die Hotels in diesem Küstenabschnitt halten sich vornehm im Hintergrund. Zurück gehen wir durch den kleinen Ort, der im wesentlichen aus verschiedenen Ressorts besteht, die sich um den Golfplatz gruppieren.

Wir sind ja keine Golfer, aber … das geht wohl auch 😎.

Aloha.

Mola, Bananen, Kokosnüsse (und Inseln wie auf der Fototapete)

Der Ankerplatz vor Green Island ist gut besucht, in mehrfacher Hinsicht. Zum einen haben sich etwa 10 Segelboote eingefunden:

Das ist leicht verständlich, denn der Platz ist sehr geschützt. Er liegt quasi in der zweiten Reihe, weiter draußen halten die Cayos Coco Bandero schon einiges ab, der verbleibende Schwell wird vom inneren Riff direkt bei Green Island dann noch einmal zusätzlich aufgehalten. Und so liegt die Flora auf einer fast glatten Wasserfläche. Ententeich, wir blasen sogar die SUPs auf und paddeln auf ihnen einmal um die Insel. Auch das Schnorcheln ist in dem wenig bewegten Wasser mit seinen vielen lebenden Korallen und bunten Rifffischen toll, nachdem wir denn erst einmal die richtige Stelle mit steil abfallendem Riff gefunden haben.

Nicht zuletzt wohl wegen der vielen Ankerlieger stellt sich auch weiterer “Besuch” ein, auch wenn die mit ihren Kanus vorbeikommenden Kunas hier natürlich zu Hause sind. Molas werden uns von dem ersten Boot angeboten. Wir haben schon ein paar, aber Venancios Molas hat uns Andrea (von der Akka) besonders ans Herz gelegt. “Master Mola Maker!” Außerdem hatten wir auf den Lemon Keys Venancios Bruder getroffen, Venancio spricht uns gleich mit unseren Namen an.

Als einer von nur ganz wenigen Männern unter den Mola-Künstlern ist er seit über dreißig Jahren eine Ausnahme von der Regel, dass die Molas von Frauen gefertigt werden. Es ist kein reines Verkaufsgespräch. Venancio zeigt sich interessiert und auch wir erfahren einiges über ihn und seine Familie, z.B dass sie mit 18 Familienmitgliedern im Haus seiner Mutter leben und alle in Hängematten schlafen. Nur eine Schwester lebt in Panama-Stadt, die gesamte übrige Familie lebt in Guna Yala.

Quasi nebenbei wird Floras Cockpit zur Galerie, eine Mola nach der anderen bekommen wir gezeigt. Nur wenige schaffen es auf unsere “Vielleicht”-Shortlist (denken wir). Aber dann werden es doch mehr und mehr.

Als wir am Ende die “Shortlist” ausbreiten, ist das Cockpit doch wieder voll.

Die Besonderheit bei den handwerklich aufwändigen Mola besteht darin, dass die verschiedenen Farben im Wesentlichen aus den übereinander liegenden verschiedenfarbigen Stoffen in Durchbrüchen herausgearbeitet werden. Nur feine Details werden danach noch aufgestickt. Je kleiner die Zieselierungen, je mehr Ecken und Winkel, je mehr Farben, um so aufwändiger. Gar nicht so einfach, sich zu entscheiden und in die Preisverhandlung einzusteigen. Aber wir haben die Worte anderer Segler noch im Ohr, sie bereuten nur, nicht noch mehr gekauft zu haben. Also unterstützten wir die lokale Wirtschaft 😊. Acht Mola wechseln den Besitzer.

Das nächste Kanu hat die leckeren Kuna-Brötchen im Angebot, das ist dann billiger (vier Stück ein Dollar).

Und dann kommen Bananen:

Diese hier ähneln eher den auch in Deutschland immer beliebter werdenden “Baby-Bananen”. Sie sind nur ungefähr fingerlang und haben eine deutlich dünnere Schale.

Für fünf Dollar hängt kurz darauf eine kleine halbe Staude an unserem Windgeneratormast. Wobei, das geht nur einen Tag gut, solange sie noch grün sind. Wenn sie reif werden, finden auch Vögel und Fledermäuse Interesse an den Früchten.

Auch uns schmecken sie richtig gut, sehr süß, überhaupt nicht mehlig, und bei dieser Sorte mit einer leichten Zitrusnote.

Beim Lobsterkanu machen wir diesmal den Fehler, unsere Tauchtausche (=Netztasche) hinunter zu reichen und den Lobster nicht selbst hineinzustecken. Die Tasche hängen wir erstmal außenbords ins Wasser. So stellen wir erst am Abend fest, das man uns ein eiertragendes Weibchen verkauft hat. Gut für die Lobsterdame, die sich in wiedererlangter Freiheit jetzt nur eine neue Höhle in ungewohnter Umgebung suchen muss. Künftig: Augen auf beim Lobsterkauf!

Was an uns vorbeigeht, aber nicht an Susan und Holger auf der Ultimate: das Kokosnuss-Kanu. Durch ein Missverständnis kaufen sie gleich zweimal mehrere Kokosnüsse, ein Glück für uns. Mit Machete, Tupperdosen und Kleinwerkzeugen wie Messer und Löffel geht es zu viert hinüber nach Green Island und das Kokosnuss-Schlachten beginnt. Am Strand, stilecht unter Palmen. Und in alten Klamotten oder Badesachen, weil Kokosnusswasser ziemlich schwer entfernbare Flecken machen kann.

Noch einen weiteren Tag verbringen wir vor Green Island, schnorcheln, fahren die Stand Up Paddleboards und nutzen das leidlich gute Internet, um in den Spanisch-Lektionen bei Duolingo deutlich voranzukommen (bin im September angefangen und jetzt fast durch). Das macht die Kommunikation hier doch deutlich einfacher.

Und dann gehen wir ankerauf, nur um uns kurz darauf wieder in den Coco Bandero an einen einsameren Ankerplatz zu legen. Diesmal wählen wir die westlichere Inselgruppe, außer der Flora ist nur ein anderes Boot dort. Der Schutz der Insel Orduptarboat direkt hinter im Außenriff ist zwar nicht ganz so gut, es hat etwas mehr Schwell, aber der breite Sandstrand der Insel, das Rauschen der Brandung und die Farben des Riffs wiegen das locker auf.

Ein Kanu ist bisher noch nicht vorbei gekommen. Auch so:

Pura Vida.

Isla Boca

Eigentlich heißt sie Isla de Colon, aber in immer mehr Karten taucht sie als Isla Boca auf. Wohl, weil hier der Hauptort Boca Town liegt, vielleicht auch weil sich hier der Anlaufort für die Fähre und auch der kleine Flughafen befinden, die eben sozusagen das ganze Bocas del Toro Archipel abdecken.

Wir mieten uns Fahrräder, um die knapp 14 km lange uns 7 km breite Hauptinsel zu erkunden. Uns werden E-Bikes mit dicken Ballonreifen empfohlen. Ein nettes Gimmik? Nein, das hat schon seine Berechtigung. Die zwei Straßen sind vielfältig, aber meist eher schlecht 😉. Schlaglöcher im Asphalt, längere Schotterstrecken und – da machen die dicken Pneus sich richtig gut – auch Sandpisten. Und der kräftige Elektroantrieb hilft uns auch mehr als gedacht. Auf der Strecke von Bocas Town nach Bocas del Drago geht es längs auf dem Inselrücken entlang und dabei unerwartet oft und steil die Hügel hoch. Das hat aber auch zur Folge, das die Vegetation mehrfach wechselt. Die Palmen werden mehr und mehr durch hohe Bäume abgelöst, dazwischen immer wieder Weiden mit Kühen. Dann wieder wilde Bananenstauden am Straßenrand („Panama riecht von oben bis unten nach Bananen“ sagt der Bär zum Tiger in Janoschs Klassiker Oh wie schön ist Panama. Wir treffen mehrere Staßenbaukolonnen, die die wuchernden Bananenstauden zurechtstutzen.

Die Luftwurzeln des gleichen Baumes nochmal aus anderer Perspektive
Kuhweide

Aber an unserem ersten Ziel, Boca del Drago, sind wir wieder am Strand angekommen. Und an was für einem:

Boca de Drago ist die Einfahrt in das Archipel, die wir bei unserer Ankunft mit Flora genommen haben.

Hier ist die Straße zu Ende, zu Fuß gehen wir aber noch etwa 2 km weiter zum Playa Estrella, dem Strand der Seesterne. Lanchas bieten ihre Dienste an, aber wir verzichten auf die Bootstaxis. Wir haben gehört dass die Wanderung schön sein soll. Das ist sie denn auch ohne Zweifel. Mal direkt an dem fast immer palmengesäumten Ufer entlang, mal etwas schattiger ein kleines Stück hinter dem Strand windet sich der schmale Pfad.

Und immer wieder gibt es tolle Ausblicke.

Der Seesternstrand ist dann zwar schön, aber auch ziemlich mit Hütten zur touristischen Versorgung bestückt. So genehmigen wir uns hier nur einen Drink und dann gehts zurück. Auch mit den Fahrrädern, denn die Straße ist im wesentlichen eine Sackgasse. Erst kurz vor Boca Town biegt eine weitere Straße (also: die andere) ab und führt an die Nordküste der Insel.

Auch die lassen wir uns nicht entgehen, zu gerne wollen wir sehen, warum es die Wellenreiter hierhin zieht. Erst einmal aber entdecken wir andere Gleichgewichtskünstler. Eine Familie Mantelbrüllaffen zieht über uns durch die Bäume am Weg.

Dann aber haben wir die Surfer-Strände erreicht. Der Wind ist eher mau heute, aber offenbar reicht die Brandung trotzdem:

Also ab in die Surfer-Bar am Paunch Beach, noch ein bisschen schauen und lecker essen. Wir sind nämlich trotz E-Bike ziemlich geschafft. 44 Kilometer Radfahrt und 4 km Wandern werden es am Ende sein. Und das mit unseren inzwischen offenbar verweichlichten Seebeinen 😚.

Am nächsten Tag ist eher „Hausarbeit“ angesagt. Unsere Waschmaschine gibt leider gleich beim ersten Waschgang den Geist auf. Grr. Die Trommel scheint nicht frei zu drehen. Wir wuchten die Maschine aus ihrem engen Schrank im vorderen Bad und nehmen sie auseinander.

Zum Laufen bekommen wir sie nicht, aber immerhin können wir die Spezifikation des wahrscheinlichen Übeltäters, nämlich des Lagers der Trommel ausmachen. Wenn wir das Lager bestellen, könnte es in 7 bis 10 Tagen hier sein und ein örtlicher Mechaniker könnte es wechseln. Vielleicht.

Zeitangaben sind hier in Panama mit etwas Vorsicht zu genießen. Unsere Cruising Permit haben wir beantragt. Ich sollte in ein bis zwei Tagen vorbeikommen, dann sei es eingegeben und könnte (nach Bezahlung) übermittelt werden. Heute war ich wieder da. Nee, geht leider noch nicht. Das Internet im Büro funktioniert nicht. Meine Nachfrage ergibt: hat es auch die ganze letzte Woche schon nicht getan. Aber man arbeitet daran. Auch das ist …

Pura Vida.

Ruhige Tage am Cape Lookout

Danke für’s Daumendrücken, es hat ganz offensichtlich geholfen. Unsere Passage um das Kap Hatteras war so, wie wir wie sie uns angesichts des Wetterfensters nur wünschen konnten: vergleichsweise ruhig, ohne allzu große Seen und mit durchaus schönen segelbaren Abschnitten, obwohl ganz überwiegend doch der Motor ran musste. Insgesamt 38 Stunden Fahrt, zwei Nächte wegen der Abfahrt am Nachmittag, die Ankunft kurz vorm Hellwerden.

Und jetzt sind wir hier auf dem Ankerplatz im Barden Inlet am Cape Lookout. Durchatmen und genießen.

Während sich die Wellen draußen am Strand krachend brechen, liegen wir hier drinnen wunderbar ruhig.

Lange Strandspaziergänge gemeinsam mit Helena und Steve, Spiele, gemeinsame Abendsessen.

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Pura Vida.

Cape Lookout

Ein näherer Blick auf die amerikanische Ostküste von North Carolina aufwärts bis New York State offenbart etwas (zumindest für uns) Unerwartetes. Der Atlantik hat hier gemeinsam mit der oft küstenparallelen Strömung auf etwa 1.000 km Länge eine Landschaft geschaffen, bei der häufig Sanddünen lange Strände säumen. Dahinter befinden sich aber Lagunen und Buchten, die auf uns wie eine Mischung aus den Hafflandschaften der Ostsee und den Tidenrevieren hinter den friesischen Inseln wirken.

Ganz besonders betrifft das die “Outer Banks”, genau genommen eine Kette von rund 20 schmalen, langgestreckten und teilweise mit Brücken verbundenen Inseln, die sich in einem Bogen von etwa 300 Kilometern vor dem Festland von North Carolina und Virginia entlangziehen. Die Linie der zum Teil nur wenige Hundert Meter breiten Inseln entfernt sich dabei am Kap Hatteras etwa 50 Km vom Festland.

Südlichster Punkt der “Outer Banks” ist Cape Lookout, an dem wir jetzt im Barden Inlet, geschützt von der South Core Banks und der Shackelford Banks ankern.

Die flachen Sandinseln und die sich an den Kaps noch weit ins Meer erstreckenden Flachs, verbunden mit der starken und schwer einschätzbaren Strömung des Golfstroms, die bei nördlichen Wind zudem eine grobe See produziert, haben für viele Schiffbrüche an diesem Küstenabschnitt gesorgt. Schon früh wurden deshalb Leuchttürme errichtet. Das erste Leuchtfeuer am Cape Lookout ging 1812 in Betrieb, aber es war zu niedrig und die Reichweite zu gering. Einige Kapitäne bezeichneten die Feuer von Hatteras, Lookout und Cape Florida als geradezu gefährlich, weil sich Schiffe auf der Suche nach dem Licht des Leuchtturms zu nahe an die Flachs begaben. Schon 1859 ging deshalb ein neuer, mit 163 Fuß (knapp 50 m) deutlich höherer Leuchtturm in Betrieb, der dann auch ausreichend Tragweite hatte. Die charakteristische, unverwechselbare Bemalung mit weißen und schwarzen Rauten (day marks) erhielt er 1870.

Natürlich statten wir dem Leuchtturm einen Besuch ab, mit dem Dinghy können wir an der Innenseite des Fähranlegers festmachen. Über Holzbohlenstege geht es dann durch die Dünenlandschaft zum Leuchtturm und weiter hinüber zum breiten Strand an der Atlantikseite. Teile des Strandes sind für Autos befahrbar, weiter im Norden gibt es eine Fährverbindung extra für diesen Zweck. Viel Verkehr ist aber nicht, wir machen einen herrlichen Strandspaziergang.

Zurück zum Leuchtturm, wo uns intensiver Kiefernduft empfängt, Sommerluft wie auf Anholt oder Hiddensee 😃.

Fun fact: die Rauten sind keineswegs nur zufällig dekorativ zur Unterscheidung von anderen Leuchttürmen. Sie sind so aufgemalt, dass die weißen Rauten übereinander exakt in Ost-West-Richtung sichtbar sind, die schwarzen Rauten exakt in Nord-Süd-Richtung. 😎

Die Landschaft scheint irgendwie vertraut, aber sie ist es natürlich nicht allein, die die verschiedenen Regionen auf unserer Reise unterscheidet. Es sind die Menschen und – auf unbewohnten Inseln wie hier – eben auch die Pflanzen und Tiere. Lösen die Kiefern mit ihrem Duft eher heimatliche oder zumindest urlaubsbekannte Gefühle aus, erinnert uns die zum Teil ungewohnte Tierwelt daran, dass wir eben doch Besucher in fremden Ländern sind.

Beim Strandspaziergang sehen wir bekannte Arten wie Möven, Austernfischer, Seeschwalben und Standäufer. Aber eben auch das:

Ein weißer Ibis (Schneesichler) erschüttert unsere vorschnelle “ ach, das ist ja wie in … “ – Einordnung. Auch die Reiher kommen irgendwie anders daher. Erst ein Rötelreiher (Egretta Rufescens),

dann ein Schmuckreiher (Egretta THULA!) mit gelben Füßen und ebensolchem “Brillenband”:

Der erinnert uns einmal mehr an Janna und Ilja von der Thula, die jetzt gerade auf dem nicht ganz einfachen Törn von den Bahamas zu den Azoren unterwegs sind und mit denen wir immer mal über Iridium Kontakt haben.

Vielleicht sogar noch mehr als durch die Vögel bekommen wir durch ein anderes Tier deutlich vermittelt, dass wir uns in für uns neuem Terrain befinden:

Am Baum direkt neben dem Bohlenweg schlängelt sich eine amerikanische Kletternatter entlang. Sie ist ungiftig und als Würgeschlange eher auf Nagetiere und Vögel spezialisiert, aber – hey – , das muss ja doch erstmal nachschlagen ☺️.