
Um zu den zentralen und nördlichen Küstenbereichen von British Columbia zu gelangen, muss Cape Caution passiert werden. Der Name (übersetzt Kap Vorsicht ⚠️) verrät schon, dass dieser Törn nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Die Inside-Passage, die sich ja eben durch den Schutz vorgelagerter Inseln auszeichnet, hat hier eine offene Flanke. Auf gut 30 sm Länge rollt die Dünung des Pazifiks ungebremst herein. Außerdem gibt es eine Vielzahl von Felsen, mal als Inseln, mal als knapp unter der Wasseroberfläche lauernde Untiefen. Dazu kommen die starken, durch die Felsen verwirbelten Gezeitenströme. Und gemeiner Weise ist genau diese Ecke auch noch eine ausgemachte Wetter-Küche und Wetter-Scheide.
Kapitän Vancouver hätte sein Schiff Discovery fast verloren, als es etwas südlich von hier im August 1792 auf einen Unterwasserfelsen lief, zudem lief innerhalb eines Tages mit der Chatham wenige Meilen entfernt auch das zweite Schiff der Expedition auf. Beide konnten mit Mühe wieder flott gemacht werden. Kein Wunder also, dass Vancouver dem Kap diesen Namen gab.
Gegen 3 bis 4 kn Tide anzufahren, macht wenig Freude. Andererseits kommt der vorherrschende Wind im Sommer hier aus Nordwest, genau der Richtung in die wir fahren müssen, um Cape Caution zu runden. Wenn wir aber die Tide mit uns haben, steht sie genau gegen den Nordwestwind. Das wäre Wind gegen (kräftigen) Strom, also ebenfalls zu vermeiden.
Und deshalb verlassen wir die wunderschönen Broughtons, als sich ein kurzes Wetterfenster von zwei Tagen Südwind ankündigt. Wir machen einen “Provision Run”, fahren dafür nach Port Hardy hinüber an die Nordspitze von Vancouver Island und laufen – um es wörtlich zunehmen – zweimal zum Supermarkt und schwer bepackt wieder zur Flora. Außerdem nutzen wir den Aufenthalt, um in der Laundry unsere Wäsche zu waschen. Und unsere Freunde Lynn und Wulf lassen es sich nicht nehmen, extra noch mal 5 Stunden Auto zu fahren um uns zu besuchen und eine kleine Tüte Elektroschalter vorbei zu bringen (die waren einen Tag nach unserer Abfahrt bei ihnen eingetrudelt).


Verproviantiert wie für eine Ozeanüberquerung geht es dann los. Hört sich übertrieben an, stimmt aber. Denn nördlich von Port Hardy gibt es bis Prince Rupert an der Grenze zu Alaska kaum noch größere Ortschaften und damit Versorgungsmöglichkeiten. Kleinere Supermärkte schon mal (z.B. in Bella Bella), aber dorthin müssen die Lebensmittel natürlich auch (teuer) verschifft oder eingeflogen werden.
Noch am späten Nachmittag legen wir ab, um uns für den Schlag um Cape Caution eine etwas bessere Ausgangsposition zu verschaffen. Etwa 13 Meilen nördlich von Port Hardy schlüpfen wir durch die schmale Einfahrt zwischen Staples Island und Kent Island und ankern dort – mitten in der hier 12 sm breiten strömungsreichen Queen Charlotte Strait – wie auf einem klitzekleinen Waldsee.



Schon um 6 Uhr früh fädeln wir uns abermals durch das Nadelöhr der westlichen Zufahrt, lassen die Walker-Island-Gruppe im Morgenlicht hinter uns und nutzen die jetzt mitlaufende Tide für die Passage um Cape Caution. Raumer bis achterlicher Wind und eine nur mäßige Dünungswelle bescheren uns einen wunderschönen Segeltag.



Es läuft so gut, dass wir an unserem ursprünglichen Zielankerplatz in der Fury Cove (die uns im letzten Herbst so gut gefallen hatte) einfach vorbeisegeln und noch 10 sm weiter fahren. Den Green Island Ankerplatz müssen wir uns ausnahmsweise mit anderen Booten teilen, das gute Wetterfenster war wohl nicht nur uns aufgefallen.

☺️
P.S.: Unsere aktuelle Position und auch die gesamte bisherige Route könnt Ihr auf Noforeignland (weiterhin auf der Webseite oder neu auch in der APP) abrufen.