Bella Bella und umzu.

Auf der Fahrt nach Bella Bella machen wir noch in der Strom Cove Station. Der Ankerplatz liegt nahe am breiten Seaforth Channel. Zweimal sind wir hier schon vorbei gesegelt, diesmal bleiben wir über Nacht. Wir verziehen uns in die hintere Ecke. Dort liegen wir gut geschützt und mit Blick auf mehrere kleine Wiesen am Waldrand. Solche Ankerplätze haben den Vorteil, dass wir dort oft Wildleben beobachten können. Hier sind es diesmal zwar keine Bären oder Hirsche, dafür zeigen sich zwei Kanada-Kraniche und starten dann mit durchdringenden und so charakteristischen Schreien genau in unsere Richtung.

Und auch auf der Weiterfahrt am nächsten Morgen dauert es nicht lange bis zum ersten Stop. Gleich vor der Bucht liegt im sonst meist über hundert Meter tiefen Seaforth Channel eine Flachstelle. Wir lassen Flora treiben und angeln auf etwa 25 m. Unfassbar, zwei mal werfen wir die Angel aus, beide Male ist ein Kelp-Greenling dran, sobald wir die Leine vom Grund wieder ein bisschen aufgeholt haben.

Dann kann’s ja jetzt in den Hafen gehen. Am Leuchtturm Dryad Point motoren wir vorbei, ein weiteres Beispiel für die selbst an ganz abgelegenen Orten mit Leuchtturmwärtern besetzten, wunderbar in Schuss gehaltenen Leuchttürme hier in BC.

Im kleinen Resort-Hafen Shearwater tanken wir Diesel, waschen in der Hafen-Münzwäscherei unsere Wäsche, kaufen im überschaubaren Supermarkt schon etwas ein. Aber dann nehmen wir doch das Wassertaxi hinüber nach Bella Bella. Nördlich von Port Hardy gibt es in der Küstenregion auf den nächsten etwa 400 Kilometern (Luftlinie) bis Prince Rupert nur ganz wenige kleine Ortschaften. Sieht man von Bella Coola ab, das etwa 100 km den Fjord hinauf auf dem Festland von BC liegt und als einziger der kleinen Orte Straßenanbindung hat, bleiben nennenswert eigentlich nur Hartley Bay (knapp 200 Einwohner), Klemtu (etwa 500 Einwohner) und eben Bella Bella mit etwa 1.000 Einwohnern.

Der Empfang dort ist allerdings wenig herzlich.

Das Schild ist zwar nicht mehr gültig, aber offenbar hat es niemand für nötig befunden, es von der Anlegebrücke des Taxibootes zu entfernen. Und der Ort selbst wirkt dann auch trotz einiger Totems, eines bemalten Langhauses (mit Schild “closed”) und einiger weniger kleiner Läden nicht wirklich wie das “buzzing center”, als das es der Törnführer beschreibt. Immerhin, der Supermarkt in diesem “Hauptort” ist ordentlich sortiert, wir freuen uns, unsere Frische-Vorräte aufstocken zu können.

Sogar Rhabarber bekommen wir, daraus zaubert mir Wiebke Rhabarber-Baiser-Kuchen. 😋

Zurück nach Shearwater brauchen wir nicht mit dem Taxi-Boot zu fahren, Irene und Cress nehmen uns auf ihrer ChitChat mit. Die beiden sind Bekannte von unseren Segelfreunden Melanie und Chris (die ja noch etwas länger auf Haida Gwaii geblieben sind). Eileen und Cris holen uns später auch noch zum Sundowner auf der “Go Halainn” von Sharon und Blair ab, es wird ein netter Abend. Der Gegenbesuch am nächsten Morgen auf der Flora führt dann dazu, dass ich doch tatsächlich ein vielstimmiges “Happy Birthday” gesungen bekomme.

Unser nächster Ankerplatz ist Discovery Cove, nur einen Katzensprung weiter nördlich. Und trotzdem: er vermittelt das Gefühl völliger Abgeschiedenheit. Hinter der schmalen Einfahrt öffnet sich die Bucht wie zu einem Binnensee mit einer Vielzahl idyllischer, gut geschützter Ankerplätze. Wir sind trotzdem allein dort. Obwohl so nah bei Bella Bella, es ist doch ein bisschen abseits der ausgetretenen Wege. Nördlich nehmen die meisten Boote entweder die (innere) Passage durch den Finlayson Channel oder den (etwas offeneren) Weg durch den Laredo Sound. Nur wenige erkunden die Sackgassen der diversen Fjorde östlich dieser beiden Routen. Und das Wetter mit Nieselregen trägt sicher zusätzlich dazu bei, dass derzeit der ein oder andere Umweg vermieden wird.

Uns gefällt es hier. Und auch der folgende, gleich hinter den Troop Narrows gelegene Ankerplatz ist trotz des eher grauen Wetters wieder richtig schön, …

… besonders wenn bei dramatisch wolkenverhangenem dunklem Himmel der weit und breit einzige Sonnenstrahl genau den Weg zur Flora findet:

😊

Blau in Grau.

Nebel. Als wir um 5 Uhr morgens den Anker hochnehmen, bescheint das morgenwarme Licht der Sonne die Spitzen der Berge um die Ikeda Cove. Aber kaum streckt Flora ihre Bugnase aus der Bucht, wird die Sicht auf die Sonne von Nebel fast verschluckt, durch diffuses Licht hindurch ist sie kaum mehr als zu erahnen. Na gut, „patches of fog“ hatte der kanadische Wetterbericht angesagt. Also Radar an und durch. Immerhin ist genügend Wind für den Gennaker und so setzen wir die blaue Blase.

Der Gennaker soll uns helfen, die gut 100 sm über die Hecate Strait einigermaßen flott zu bewältigen, obwohl der Wind zumindest für die erste Hälfte eher schwach vorhergesagt ist.

Zunächst scheint sich die Sonne doch langsam durch das schwammige Grau zu brennen …

… aber: zu früh gefreut. Die Nebelsuppe wird wieder dichter und bleibt uns leider auch den ganzen Tag erhalten. Klamme feuchtkalte Luft auf der ganzen Passage.

Wenigstens stimmt die Windvorhersage. Abgesehen von einer guten Stunde Motorfahrt am Nachmittag reicht es durchgehend zum Segeln, gegen Abend frischt die Brise dann sogar etwas auf. Trotzdem, unseren Ankerplatz erreichen wir erst nach Mitternacht. Dass wir uns im Dunkel hinein tasten spielt eigentlich keine Rolle, der Nebel ist nämlich auch jetzt noch ziemlich dick. Sicht null, das Radar ist gefragt. Aber die Einfahrt in den schmalen Day Island Ankerplatz ist schnurgerade und damit kein großes Problem.

Heute empfängt uns auch nach langem Ausschlafen erst mal gleich wieder dunstiges Grau:

Aber anders als gestern setzt sich die Sonne dann durch. Als wir aus der Ankerbucht fahren, liegen (außer der direkt hinter uns) nur weit voraus auf unserem Weg noch eine Nebelbank, die sich als wir auf sie zu segeln immer weiter zurück zieht und schließlich ganz auflöst.

Blau in Blau.

😊

Ikeda Cove

Es ist einfach zu schön hier, wir bleiben noch ein paar Tage in der Ikeda Cove. Wir genießen die Gesellschaft von von Melanie und Chris. Mit ihnen erkunden wir die Bucht, wandern durch die mit Mischwald bestandenen weniger steilen Bereiche um das große Mudflat im Westen des Naturhafens herum. Gemeinsam suchen wir nach den spärlichen Überresten der alten Bergwerkssiedlung. Die Gebäude existieren nicht mehr, aber einige verrostete Metallteile und Ziegelreste können wir aufspüren, zumeist dort, wo lichtere Stellen im Wald den Standort ehemaliger Häuser verraten. Das Rad einer alten Lore findet sich direkt am Ufer, aber die ehemaligen Schienen suchen wir zunächst vergeblich.

Vor allem aber macht die Wanderung selbst Spaß. Es ist gar nicht so häufig, dass man in BC einfach durch das Gehölz streunern kann, oft ist das Unterholz zu dicht oder das Gelände zu steil. Hier aber passt es. Der Wald ist einfach zauberhaft. Und er beherbergt phantastische (und die Phantasie anregende) Geschöpfe. Oder was schaut da aus dem Baumstumpf heraus?

Das Mudflat geht in eine von dem Ikeda Creek durchzogene Salzwiese über, wir suchen und finden eine Furt.

Als wir uns wieder in Richtung unserer Schlauchboote wenden, kommt zu den Phantasiewesen auch noch die Begegnung mit ganz realen Waldbewohnern hinzu: eine Bärenmutter mit ihrem noch ganz jungen Nachwuchs schaut gerade nach, ob sich darin Fressbares finden lässt. Tut es natürlich nicht, da sind wir vorsichtig genug. Aber der Fischgeruch vom Krabbenköder könnte sich schon finden, schließlich bringen wir den Krabbenkorb regelmäßig mit dem Dinghy aus. Normalerweise hält unser Anchor-Buddy ja das Dinghy im tieferen Wasser, aber hier ist es doch mit dem Bug ans Ufer gelangt. Das viel leichtere Dinghy der Solar Coaster haben Melanie und Chris ohnehin gleich hoch auf die Steine gehoben. Wie auch immer, die Bärenmutter entscheidet sich zum Glück gegen das Durchwühlen der Schlauchboote und verlängert damit maßgeblich deren Leben. Aufgeblasene Gummiwülste gegen Krallen von Schwarzbären ist ein ziemlich ungleicher Kampf.

Irgendwie auch ganz schön, dass uns dadurch das Zurückschwimmen zum Boot erspart bleibt. 😬

Nach zwei Tagen segelt die Solar Coaster weiter, Melanie und Chris möchten noch die Inseln ganz im Süden von Gwai Haanas erkunden. Wir dagegen warten auf ein Wetterfenster für die Passage zurück über die Hecate Strait. Verkehrte Welt: in der für ihren häufigen Starkwind bekannten Meerenge ist derzeit ziemlich viel Flaute angesagt.

Aber in der Ikeda Cove gibt es für uns noch einiges zu sehen. Wir bekommen Besuch von Seelöwen, die um Flora herum zu spielen scheinen,

machen weitere Ausflüge in den Wald, wobei wir diesmal auch die Schienenreste der Bergwerksbahn und den Standort der alten Werft entdecken. Nach längerer Suche finden wir auch die im Cruising Guide erwähnten Gräber von drei japanischen Bergarbeitern:

Besonders beeindruckend sind aber immer wieder die Baumriesen …

… selbst oder vielleicht gerade besonders dann, wenn es nur das Wurzelwerk eines Giganten ist, der im Sturm auf die Seite gelegt wurde und – jedes kleinste Fitzelchen der dünnen Humusschicht festklammernd – nur blanken Stein an seinem alten Standort zurücklässt:

Nebenbei sammeln wir auch noch etwas fürs Abendessen auf, denn auf den Salzwiesen am Waldrand finden sich große Flächen von Queller (wird hier „Sea Asparagus“, also „See-Spargel“ genannt).

Unser Zuschauer nimmt die Grünfutter-Nahrungskonkurrenz ziemlich gelassen und scheint sich ohnehin lieber an das Gras zu halten:

P.S.: The making of …

😁

Cruising Haida Gwaii

Die Haida Nation gilt als kämpferisch. 1985 stellten sie das einmal mehr unter Beweis, wenn auch diesmal auf friedliche Weise. Mit Sitzblockaden erkämpften sie einen Stop des intensiven Holzeinschlags auf Lyell Island und weiteren Teilen von Haida Gwaii durch die großen Logging-Gesellschaften. Die hatten zwar von der kanadischen Regierung ausgestellte Einschlag-Lizenzen, aber die Haida betrachten das gesamte Gebiet als ihr eigenes Territorium. Die Blockierer wurden verhaftet, aber die Aktionen brachten Aufmerksamkeit: der Fokus der Öffentlichkeit richtete sich auf drohende Vernichtung wesentlicher Kulturgüter der Haida sowie des uralten Baumbestandes durch eine nicht wirklich als nachhaltig zu bezeichnende Holzwirtschaft. Letztlich war der friedliche Protest erfolgreich. Fast das gesamte südliche Haida Gwaii wurde 1988 zum „Gwaii Haanas National Park Reserve and Haida Heritage Site“ erklärt. 1.470 Quadratkilometer groß und mit einigen Besonderheiten. So verweist das „Reserve“ auf die Nutzungsrechte der lokalen indigenen Völker, außerdem erfolgt die Verwaltung wegen der noch immer umstrittenen Besitzrechte gemeinsam durch die kanadische Regierung und den „Council of the Haida Nation“. Straßen gibt’s in Gwaii-Haanas übrigens keine. 😊

Mit dem Protest einher oder von diesem jedenfalls verstärkt ging auch eine Wiederbelebung der auch nach außen getragenen indigenen Kultur. Beispielhaft dafür steht das traditionelle Langhaus, das 1985 im Protestcamp errichtet wurde. An seiner Seite wurde zur Würdigung der Proteste und der erfolgreichen Zusammenarbeit 2013 der seit Jahrzehnten erste monumentale, neu geschnitzte „Legacy Pole“ aufgestellt.

Wir melden uns über Funk bei den Haida-Watchman an und besuchen von Murchison Island aus kommend diesen historischen Ort an der Windy Bay / Hlk‘yah GawGa.

Eine andere Besuchergruppe ist gerade dort. Da nur maximal 12 Besucher vor Ort sein sollen werden wir gebeten, zunächst auf der anderen Seite der Bucht die Jahrhunderte alte Spruce (Fichte) zu besichtigen. Das passt gut, denn dort können wir uns einer geführten kleineren Gruppe anschließen, sehr informativ für uns, zumal Guide James spannend und unterhaltsam auch über die Geschichte des Protests berichtet.

Danach lösen wir uns von der Gruppe und machen einen wunderbaren Spaziergang um die Bucht herum durch den Urwald hin zum von den Protestlern errichteten Langhaus, genannt “Looking Around and Blinking”.

Legacy Pole voller Symbolik, z.B. die untergehakt sitzenden Protestler (in Gummistiefeln) mit einem barfüßigen Ahnen in ihrer Mitte.

Den nur bei gutem Wetter geeigneten Tagesankerplatz der Windy Bay (sic!) verlassen wir dann wieder und segeln – unseren alten Kurs kreuzend – herrlich unter Gennaker bis in die Sac Bay. Hier treffen wir Melanie und Chris mit ihrer “Solar Coaster” wieder. Die beiden Kanadier hatten wir schon im Crescent Inlet und in Murchinson Cove jeweils kurz gesprochen, hier verbringen wir erstmals mehr Zeit miteinander, verstehen uns richtig gut und werden auch die nächsten Tage jeweils die gleichen Ankerplätze wählen (und uns unterwegs gegenseitig fotografieren).

Flora, Foto Courtesy: Melanie & Chris

In der Sac Bay können wir neben den Sitka-Hirschen erstmals auch Kanada-Kraniche am Ufer beobachten (und ihren charakteristischen Schrei hören).

Am nächsten Tag gehts weiter zum Matheson Inlet.

Solar Coaster, eine Bavaria 32
Flora in der Abendsonne im Matheson Inlet

Der Weg um Burnaby Island herum zu unserem nächsten Ankerplatz Bag Harbour hält eine Überraschung bereit: überwiegend segeln wir zwar bei bestem Wetter, aber von See her schiebt sich eine Nebelbank heran.

So dicht, der Blick auf die Solar Coaster wird glatt verschluckt:

Oder eben, aus der Perspektive von Melanie und Chris, die Flora:

Aber zum Glück können wir den Nebel nach Rundung des Kaps hinter uns lassen, das Radar wieder aus machen und zudem von der Fock auf den Code0 wechseln.

Bag Harbour liegt am Südausgang der Dolomite Narrows, die Burnaby Island mit ihrem schmalen Durchfluss zur Insel machen. Oder jedenfalls zur Teilzeit-Insel, den die Narrows fallen bei starker Ebbe trocken. Wir bleiben einen Tag und erkunden die Narrows mit dem Dinghy. Danach sind wir sehr froh, die Durchfahrt nicht mit Flora versucht zu haben. Zwar würde die Wassertiefe bei Hochwasser wohl gerade so eben ausreichen, aber eben nur in der Fahrrinne. Die aber windet sich zwischen scharfkantigen Felsen hindurch und wird nur durch wenige Peilmarken an Land gekennzeichnet.

Bei mittlerem Wasserstand lassen wir uns mit Florecita von der auflaufenden Tide hindurch treiben, wobei wir zwischzeitig den Außenbordmotor schon hoch klappen und mit den Paddeln die Richtung halten müssen. Zurück geht es gegen die Strömung bei etwas mehr Wasser dann schon unter Motor.

Besonders schön ist, dass wir bei der Anfahrt einen kurzen Blick auf zwei große Rundkopfdelfine erhaschen (leider kein Foto) und zudem direkt an der Durchfahrt einen Adlerhorst entdecken.

Eine lange Leichtwindkreuz gegen die auflaufende Tide führt uns heute bei herrlichem Wetter in die Ikeda Cove, unserer vielleicht letzten Station hier auf Haida Gwaii. Wir werden wohl irgendwann in den nächsten Tagen – passenden Wind vorausgesetzt – den Sprung zurück über die Hecate Strait machen.

Wegen der ganzen Ortsbezeichnungen hier nochmal unsere Buchten-Bummel-Route durch Gwaii-Haanas bei Noforeignland:



Wenn der Fisch zu schwer ist … Haswell Bay, Kelp und Hot Spring Island.

Von Echo Harbour geht es in dem Namen nach heimatliche Gefilde. Wir fahren durch die Hoya Passage. In Hoya (an der Weser) ist Wiebke aufgewachsen, und 1998 hatte dort unser erstes Segelboot “Wat Nu” seinen Liegeplatz. Segeln auf der Mittelweser hieß gefühlt alle 30 Sekunden eine Wende.

In der Hoya Passage gibt es eine Bucht mit einem Schwimmsteg, an dem man allerdings nicht über Nacht festmachen darf. Seine Besonderheit: hier, mitten im unbewohnten Nirgendwo, liegen auf dem Steg zwei Wasserschläuche. Ohne Hahn, das aus dem hinter dem Steg einmündenden Bach abgezweigte Frischwasser läuft unentwegt und steht kostenlos zur Verfügung.

Wir bestaunen es nur, unser Wassermacher sollte ohnehin alle paar Tage laufen, an Frischwasser mangelt es uns nicht. Aber der Service ist trotzdem klasse.

Für die Nacht ankern wir ein Stückchen weiter in der Haswell Bay, wobei wir uns um die kleine Insel herum in die hinterste, gut geschützte Ecke schlängeln. Das ist insoweit spannend, als die schmale Zufahrt und auch der Ankerplatz bei Flut beruhigend groß wirken, lediglich einige Kelpbüschel verraten die Untiefen. Reichte das Hochwasser direkt bis an den Wald heran, sieht es bei Ebbe um Flora herum so aus:

Kelp nennt man Großalgen, die sich mit ihrem Haftorgan insbesondere auf felsigem Grund festkrallen, mit einem oft Ast-dicken biegsamen Stengel nach oben ragen und an der Oberfläche Blattstrukturen wie bei einer Baumkrone ausbilden. Es gibt diverse Arten mit völlig verschiedenen Blättern, von dünnen Fäden bis hin zu großflächigem “Zeitungspapier”. Nicht immer zeigt Kelp im Wasser felsige Flachstellen an, oft bilden sich gerade an Strömung- oder Tidenkanten auch größere Felder von losgerissenem, treibenden Kelp. Vorsicht ist aber trotzdem angebracht, gelegentlich verstecken sich in diesen Feldern auch Holzstücke bis hin zu ganzen Baumstämmen. Unsere Faustregel: treibt das Kelp längs in Wind- oder Strömungsrichtung, ist es festgewachsen (Achtung: Untiefe). Treibt es quer zur Wind- oder Strömungsrichtung, ist es vom Untergrund abgerissenes Kelp. Und auch beim Ankern macht man immer mal wieder Bekanntschaft mit diesen Pflanzen:

Mit dem Brotmesser säbeln wir den Anker frei. 😊

Aber auch andere haben schwer zu heben. Der tägliche Weißkopfseeadler zeigt uns heute einmal, dass er nicht nur majestätisch fliegen, sondern auch erstaunlich weit schwimmen kann – wenn auch deutlich weniger elegant. Wir sehen, wie er sich die Krallen voraus sich ins Wasser stürzt und offenbar Beute greift. Aber der Wasserstart funktioniert diesmal nicht. Er startet nicht wieder, sondern macht mit den Flügeln Schwimmbewegungen und zieht das tatsächlich bis ans über 100 m entfernte Ufer durch.

An Land geklettert, schlägt er das Wasser aus seinem Gefieder und widmet sich dann dem Fisch in seiner Kralle.

Und dann klappt’s auch mit dem Abheben.

Vermutlich bräuchte der Adler jetzt eigentlich eine Wellness-Kur, aber jedenfalls gönnen wir uns eine. Nur ein paar Meilen sind es von Haswell Bay hinüber nach Hotspring Island. Wie vorgeschrieben melden wir uns über Funk beim dortigen Haida-Watchman an und bekommen die Erlaubnis, an Land zu kommen. Wir ankern zwischen Hotspring Island und House Island. Die per Funk angebotene Boje liegt doch arg nah an Land und sieht auch nicht allzu Vertrauen erweckend aus. Mit Florecita setzen wir über und gehen dann auf einem mit weißen Muscheln markierten Pfad durch den Wald mit seinem wunderschönen alten Baumbestand.

Ziel sind die von heißen Quellen gespeisten Badebecken an der Südseite der Insel. Der Watchman erwartet uns, zeigt uns Dusch- sowie Umkleidehäuschen und erklärt die Regeln. Andere Gäste sind keine da, wir haben die Becken ganz für uns allein. 😃

Herrlich!

Punk-Frisuren in Echo Harbour

Wir verholen von Crescent Inlet einfach nur 8 sm weiter nach Echo Harbour, nicht ohne zwischendurch die Angel auszuwerfen und langsam über eine „nur 40 m flache“ Stelle zu driften. Tatsächlich haben wir dort auch Angelglück, 2 schöne Rockfish gehen uns an den Haken. Die Bucht Echo Harbour haben wir uns ausgesucht, weil sie wie ein natürliches Amphitheater geformt guten Schutz gegen den angesagten kräftigen Südwind bietet, zugleich aber nicht sehr anfällig für katabatische Winde ist (kalte Fallwinde, auch „Williwaw“ genannt). Hier sitzen wir auch den verregneten Donnerstag aus. Mittwoch gibt’s aber noch Sonnenschein.

Wir machen einige Ausflüge mit Florecita. Bären sind uns diesmal nicht vergönnt, aber die Atmosphäre in der durch eine schmale Zufahrt erreichbaren Lagune ist einfach toll. Sitka-Großohrenhirsche grasen auf den Salzwiesen, ein Bach mit kleinem Wasserfall mündet in die Lagune und speist sie mit super klarem Wasser, so dass wir durchgängig den Grund erkennen können.

Größere Fische sehen wir keine, dafür lassen sich aber mehrere Liebhaber von kleinen Fischen blicken. Die vier Seehunde scheinen uns ungewohnte Besucher in ihrem Revier mindestens genau so aufmerksam zu beobachten wie wir sie. Immer wieder tauchen sie ganz in der Nähe auf und schauen uns mit ihren großen braunen Augen an.

Aus so kurzer Entfernung fallen auch die Augenbrauen der Tiere besonders auf. Was ein bisschen nach Punk-Frisur aussieht, sind Vibrissen. Diese hochsensiblen Tasthaare haben Seehunde eben nicht nur als Schnurrbart, sondern auch als Augenbrauen. Sie nehmen damit feinste Schwingungen wahr und können so auch bei Dunkelheit oder in trübem Wasser jagen.

Hinter den kleinen Fischen sind aber auch andere Jäger her. Wir sehen mehrere Gürtelfischer (Belted Kingfisher). Diese nordamerikanischen Eisvögel sind deutlich größer als die Europäischen Eisvögel, mit über 30 Zentimetern sind sie doppelt so lang und mit 150 gr fast fünfmal so schwer. Ihr Gefieder ist nicht ganz so schillernd und mit dem Schopf scheinen sie sich an die Punk-Frisur der Seehunde angepasst zu haben, aber wunderschön sind sie auch:

Und auch die Gänsesäger sind hinter den Fischchen her und warten ebenfalls mit auffälligem Kopfputz auf:

Nur die Klippen-Austernfischer machen bei der lokalen Frisurenmode nicht mit.

Und wir? Zeit zum Haareschneiden auf dem Achterdeck (kein Punk) und dann zum Aufbau der Kuchenbude. Krabbenkorb ist ausgebracht, wir versuchen also jedenfalls beim Unter-Wasser-Räubern mit zu machen.

Und am Regentag wird fleißig gestrickt. An neuen Projekten, ich hatte nach meinem Pullover erstmal pausiert und Wiebkes Strickjacke ist auch fertig geworden:

Crescent Inlet: Schutz vor dem Starkwind

Wir machen uns auf in Richtung Gwaii Haanas, legen aber noch zwei Zwischenstationen ein. Wegen des für Dienstag vorhergesagten Starkwindes segeln wir am Sonntag erst einmal gut 50 sm hinunter nach Thurston Harbour und am nächsten Tag dann weiter in das sehr gut geschützte Crescent Inlet.

Wie man auf unserem Noforeignland-Track sehr schön sehen kann, nehmen wir dafür nicht den kürzesten Weg, sondern genießen mit dem Umweg durch die schmale Dana Passage das herrliche Segelwetter auf diversen Kursen durch die wunderschöne Landschaft. Am Ende werden es immerhin 28 sm.

Der zwischen den Fjorden liegende Gebirgsrücken zieht sich hier bis auf rund 1.000 m Höhe.

Es geht also zumeist vom Wasser aus ziemlich steil nach oben. Kein Wunder, dass wir immer mal wieder die Spuren zum Teil äußerst heftiger Erdrutsche an den Hängen erkennen. Zuletzt im Jahr 2012 hat unter Haida Gwaii zudem die Erde heftig gebebt (Stärke 7,7 auf der Richter-Skala).

Aber nicht überall sind die Ufer so steil. Im Scheitel des Crescent Inlet liegt ein immenses „Mud flat“, dass sich fast einen Kilometer lang in den Fjord hineinschiebt. Vom Ankerplatz aus steigt der Grund schnell von etwa 10 m an und zieht sich auf nur noch etwa einem Meter einige Hundert Meter weiter bis zu dem Bereich, der dann bei Ebbe ganz trocken fällt und in eine sumpfige Salzwiese übergeht.

Toll ist, dass wir in diesem Uferbereich – wenn auch leider aus einiger Entfernung – häufig einen Schwarzbären sehen können. Er grast gemächlich die Wiese ab oder scheint manchmal auch im Ufersaum nach Krebsen und Muscheln zu suchen. Die Schwarzbären auf Haida Gwaii stellen eine besondere Unterart dar, die sich von anderen Schwarzbären unterscheidet. So ist der „Haida Gwaii black bear“ nicht nur besonders groß, sondern hat vor allem längere und noch kräftigere Kiefer. Jetzt, bevor die Beeren reif sind, ernähren sie sich von Gras, Kräutern, Farnen und ähnlichem Grünzeugs, aufgelockert wird die Diät eben durch Muscheln und Krebse. Im Herbst folgt dann das Festmahl: Lachs.

In Thurston Harbour hatten wir auch „Bären“, allerdings die bekanntesten Vertreter aus der Familie der Kleinbären. Unsere kanadischen und amerikanischen Freunde mögen jetzt stöhnen, aber obwohl die eigentlich nur in Nordamerika heimischen Waschbären inzwischen auch in Deutschland als invasive Spezies unterwegs sind und auch dort in Städten Mülltonnen nach Essbarem durchwühlen, wir hatten die dämmerungsaktiven Tiere bisher noch nicht vor die Kamera bekommen. Die Freude wird durch das Wissen gedämpft, dass Waschbären auch auf Haida Gwaii ursprünglich nicht vorkamen und erst in den 1940er Jahren eingeführt wurden, der Pelze wegen. Seitdem haben sie sich – insbesondere für die brütenden Vögel – zu einer auf manchen Inseln für einige Vogelarten bestandsgefährdenden Plage entwickelt.

Aber wenn ein Waschbär in der Gezeitenzone Steine umdreht und sich dabei auch von dem Fotografen im Dinghy nicht stören lässt, sieht er zumindest doch ganz possierlich aus.

😉

Daajing Giids (ehemals Queen Charlotte City) auf Haida Gwaii mit ein paar Tierbildern

Was hat Mecklenburg-Strelitz mit Haida Gwaii zu tun? Unmittelbar nichts. Aber mittelbar in Form der kolonialen Namensgeschichte der Inselgruppe dann doch eine ganze Menge.

Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz heiratete 1761 mit 17 Jahren König George III und wurde Königin von England und Irland. (Trivia: sie hat die Tradition des Weihnachtsbaums in England eingeführt). Nach ihr wurde nicht nur die Paradiesvogelblume “Strelitzia” benannt, sondern auch das Schiff HMS Queen Charlotte, mit dem Kapitän George Dixon in den Jahren 1786 und 1787 die Küsten Nordwestamerikas erkundete, Pelzhandel betrieb (er verkaufte die Felle später in China) und eben auch für die Europäer die Inselgruppe Haida Gwaii (Inseln des Haida Volkes) sowie die Durchfahrt zwischen diesem Archipel und dem zu Alaska gehörenden Prince of Wales Island entdeckte. Die Passage heißt nach ihm Dixon Entrance, Haida Gwaii benannte er nach seinem Schiff: Queen Charlotte Islands. Erst seit Dezember 2009 lautet der offizielle Name (wieder) Haida Gwaii.

Gut die Hälfte der insgesamt nur etwa 4.500 Einwohner dieser 300 km langen Inselgruppe sind Haida First Nation, wobei die vier Hauptorte relativ gleichmäßig jeweils etwa um die 1.000 Einwohner haben. Verwaltungssitz ist das in der Inselmitte gelegene Daajing Giids, ehemals eben Queen Charlotte City.

Das ist auch der Grund, warum wir den deutlich längeren Weg nach Daajing Giids gesegelt sind, statt den kürzesten Weg über die berüchtigte Hecate Strait zu nehmen. Denn nur hier können wir das notwendige Permit, die Genehmigung für das Besuchen des Gwaii Haanas National Park Reserve and Haida Heritage Site bekommen. Dieser Nationalpark umfasst 1.500 Quadratkilometer Fläche im heute praktisch unbesiedelten Süden der Inselgruppe. Dort befinden sich neben Rückzugsgebieten für viele Tierarten auch wichtige historische und kulturelle Stätten der Haida. Teilweise können sie besichtigt werden, wenn man sich zuvor per UKW-Funk bei dem dortigen Haida-Watchman anmeldet.

Die Stimmung in Daajing Giids gefällt uns ausgesprochen gut, die Leute sind freundlich und überaus aufgeschlossen. Die Dame vom Informationszentrum gleich am Hafen bietet uns freundlicherweise an, uns die 7 km zum Haida Heritage Centrum zu fahren.

Dort, im Haida Heritage Centrum erhalten wir eine “Orientation”, eine vorgeschriebene Einführung zum Nationalpark mit seinen Geboten und Verboten, die auch z.B. Kanuten und Wanderer und selbst Teilnehmer geführter Touren zu absolvieren haben. Wir müssen für das abgelegene Gebiet einen Törnplan einreichen und sollen auch unsere Satelliten-Telefonnummer sowie eine Notfall-Kontaktadresse angeben. Sicherheit wird beim Besuch dieses entlegenen Gebietes groß geschrieben. Aber auch die Geschichte der Inseln und des Haida-Volkes sowie deren Werte und Verhaltenserwartungen werden bei der “Orientation” vermittelt. Außerdem ist ein gutes und spannendes Museum angeschlossen (in dem aber drinnen nicht fotografiert werden darf).

Der Ort Daajing Giids ist klein, hat aber Charme und bietet einen Supermarkt zum Aufstocken von Frischwaren. Relikte der früheren Holzverarbeitung liegen an der Bucht. Die Tide von bis zu über 7 Metern bietet zudem die Möglichkeit, sein Schiff an einem „Tidal Grid“ trockenfallen zu lassen, etwa um am Propeller zu arbeiten oder das Echolot zu wechseln. Das schauen wir uns allerdings nur bei einem anderen Boot an.

Bootsarbeit bei uns bleibt aber auch nicht aus: die Ankerwinsch hatte sich leider doch nicht mit einem Hammerschlag repariert. Also bauen wir den Elektromotor der Ankerwinsch aus, was trotz der relativ guten Zugänglichkeit im Vorschiff bei dem schweren Ding doch mit etwas Bootsyoga verbunden ist, drei Arme gleichzeitig lassen sich nicht gut in den Hängeschrank quetschen. Dann wird der Elektromotor geöffnet und vom Staub der Kohlebürsten gereinigt. Nachdem der schwere Klotz wieder an Ort und Stelle gewuchtet und angeschlossen wurde, läuft die Ankerwinsch wieder. Wunderbar.

Tierbegegnungen müssen nicht auf die Weiterfahrt in den Nationalpark warten, schon im Hafen hier in Daajing Giids werden sie uns beschert. Zum einen sind da natürlich die auf Haida Gwaii sehr häufigen Weißkopf-Seeadler, aber auch die von ebenfalls schwarz-weißen Taubenteisten, die dicht an der Flora nach kleinen Fischen jagen und mit ihren knallroten Füßen und Rachen auch einen farblichen Akzent setzen.

Eine besondere Freude bereitet uns ein Fischotterweibchen. Nachdem wir sie schon ein paar mal durch den Hafen schwimmen sahen, wo sie dann unter den Stegen lautstark Muscheln abknusperte, ruht sie sich direkt neben der Flora auf unserem Schwimmsteg aus:

Außerdem machen wir noch einen herrlichen Hike in den Wald am Ortsrand.

Wiebke begutachtet einen Einschnitt für ein „Springboard“, auf dem die Holzfäller für standen, um mit Axt und Säge gut oberhalb des Wurzelbereichs ansetzen zu können.

Heute ein (Zaun-)König … (Pacific Wren)

ein Haarspecht-Weibchen (Hairy woodpecker) …

und mehrere Feuerkopf-Saftschlecker (Red-breasted sapsucker) 😁

…, eine Spechtart des Pacific Northwest, die tatsächlich in Ringen Saftlöcher in die Rinde von Bäumen hackt. Neben anderer Nahrung wie Insekten und Beeren schleckt er mit seiner Zunge eben auch den Saft aus der Borke. Zur Fütterung seiner Jungen taucht er sogar gefangene Insekten vorher kurz in den Saft ein. Ein echter Feinschmecker.

Aber bevor wir noch im wirklich guten Restaurant gleich am Hafen ebenfalls schlemmen (wieder nimmt uns ein freundlicher Autofahrer mit, dieses Mal Archie, der in den 50er Jahren aus Deutschland hierher ausgewandert ist und eine Haida geheiratet hat), flitzt uns noch etwas über den Weg und vor die Linse: ein Douglas-Hörnchen:

😍

Haida Gwaii

Eines unserer Ziele für diesen Sommer in British Columbia ist Haida Gwaii. An der Grenze zu Alaska liegen eng bei einander zwei große Hauptinseln und rund 150 kleinere Eilande. Sie erstrecken sich über rund 300 km und sind durch die breite Hecate Strait geografisch klar vom übrigen British Columbia abgetrennt.

Und die Hecate Strait hat es in sich. Sie stellt ein im Schnitt etwa 50 Seemeilen breites Stück offenen Pazifik dar, das aber durch seine Ausrichtung von Nordwest nach Südost die vorherrschenden Winde deutlich kanalisiert. Weil sie außerdem vergleichsweise flache Wassertiefen aufweist, baut sich hier notorisch eine fiese steile Welle auf. Gegen den vorherrschenden Nordwest ist da nichts zu machen. Es ist also gar nicht so sicher, dass wir dort wirklich hin kommen. Und da ist es wieder, das typische Seglerwort: WETTERFENSTER!

Genau ein Tag Südwind taucht in der Vorhersage auf. Grund genug, ordentlich Gas zu geben, um einen möglichst guten Absprungplatz zu erreichen. Das war schon der Grund für den weiten Schlag nach Larkin Point. Und von dort machen wir nochmal Strecke, dieses Mal nach Norden bis in die Harwood Bay auf Campania Island. Eine gute, geschützte Ankerbucht, sozusagen in der zweiten Reihe.

Allerdings: mit 50 sm ist es auch von diesem guten Startort aus nicht getan. Gut das Doppelte wird es werden, denn wir müssen schräg hinauf nach Nordwesten bis Queen Charlotte City und dann hinter dem vorgelagerten Flach noch einmal wieder 13 sm nach Süden bis zum Zielort. Also fahren wir morgens um 5 Uhr los, motoren bei Flaute hinaus zwischen Banks Island und Truch Island in die Hecate Strait.

In der Hecate Street können wir zunächst den Gennaker setzen. Als der Wind auffrischt und südlicher dreht, kommt das Großsegel dazu.

Später wechseln wir bei stärkerem Wind vom Gennaker auf den Code0. Die ganze Segelgarderobe wird durchgelüftet, denn bei weiter zunehmendem Wind müssen wir erst auf die Fock wechseln und später das Groß auch noch ins zweite Reff nehmen. Auch die Welle nimmt deutlich zu.

Aber neben der Arbeit an den Segeln gibts auch unsere Lieblingsabwechslung: Tierbesuch!

Dall-Schweinswale spielen ausgiebig um Flora herum. Trotzdem, es wird ein langer Segeltag. Um 20:30 machen wir die Leinen in Queen Charlotte City / Daajing Giids fest.

Geschafft.

Hoch hinaus. Bäriger Ankerplatz. Und Schwierigkeiten mit der Ankerwinsch.

Keine Licht-Elben. Aber auch kein Mordor mehr. Nach dem düsteren, verregneten Tag in Ocean Falls wachen wir auf zu strahlendem Sonnenschein. Wind ist keiner, wir liegen super ruhig am Public Dock, also perfekt um mal wieder in den Mast zu gehen, das Rigg zu checken und hoffentlich das etwas störrisch gewordene Anemometer wieder zu einer etwas reibungsloseren Windanzeige zu überreden.

Einen schönen Ausblick in gut 20 m Höhe gibt’s gratis dazu. Allerdings erst, nachdem ich auf halber Höhe das “weiche Knie”-Gefühl ignoriert und ab der zweiten Saling auch nicht mehr gespürt habe. Kannte ich im Mast eigentlich in den letzten Jahren nicht mehr und glaubte es endgültig überwunden. Na ja. Ich baue das Anemometer aus, versorge es mit etwas Silikonspray und selbst mein Anpusten versetzt es in Drehung. Geht doch.

Der Eingang/Ausgang aus Mordor/Ocean Falls präsentiert sich bei diesem Wetter auch viel freundlicher. Als wir dann aus dem breiten Fjord in die schmale Gunboat Passage abbiegen, wird es dafür navigatorisch wieder spannend.

Drei knifflige Durchfahrten weist die Passage auf, zwei davon sind allerdings inzwischen betonnt. So kommen wir auch dazu, die schöne Landschaft mit eher flachen Hügeln, Inselchen und vielen Buchten entlang der gewundenen Gunboat-Durchfahrt zu genießen. Kurzentschlossen biegen wir noch vor Ende der Passage in die Beales Bay ab und ankern dort.

Das Timing ist perfekt, die dazu gehörige Beales Lagoon ist jetzt, kurz vor Hochwasser, mit dem Dinghy zugänglich. Wir lassen Florecita zu Wasser und tasten uns über die bei Ebbe trockenfallenden felsigen Flachs (bei Navionics grün dargestellt) in die Lagune hinein.

Das ist insofern spannend, als diese Stellen ein paar Stunden später zunächst so aussehen …

… und sich danach sogar in einen kleinen Wasserfall verwandeln. Kein Wunder, wir haben ungefähr Vollmond und damit Springtide, also besonders hoch und niedrig ausfallende Ebbe und Flut.

Wir kommen aber bei nur einigen kleinen Verwirbelungen gut in die Beales Lagoon hinein und um Stillwasser herum auch problemlos wieder heraus. Dazwischen erkunden wir die Buchten und bekommen ein ganz besonderes Geschenk:

Ein Schwarzbär zeigt sich am Ufer ganz in unserer Nähe, lässt sich vom Dinghy nicht sonderlich beeindrucken und watet zunächst am felsigen Saum entlang, bevor er wieder im dichten Gehölz verschwindet.

Irgendwann wird es für die Weiterfahrt mit dem Dinghy zu flach und wir müssen umkehren. Mit den Paddelboards wären aber schon die Verwirbelungen am Eingang eine Herausforderung gewesen. Kanus wären sicher gut, aber dann hätten wir möglicherweise eine ganze Tide lang in der Lagune bleiben müssen. So war’s jedenfalls super. Mit der Drohne können wir uns die verzweigte Lagune und auch das mäandernde Bett des in sie hinein mündenden Flusses noch ein bisschen weiter erkunden.

Von der Beales Bay fahren wir am nächsten Tag an Bella Bella vorbei durch den Seaforth Channel hinaus auf die freie See des Pazifiks. Bekommen dort erst einmal ordentlich auf die Mütze …

… können danach aber auch noch ein Stück schön die Küste von Price Island hoch segeln …

und finden einen wunderschönen Ankerplatz bei Larkin Point im Osten von Swindle Island. Auf den ersten Blick scheinen lauter Felsen und Inselchen die Einfahrt zu versperren, aber der Weg hinein ist dann doch eigentlich ganz einfach und durchgehend beruhigend tief.

Beim Ankermanöver dann allerdings ein Schreck: die Ankerwinsch weigert sich standhaft, die Kette herauszugeben. Wir hören das Relais klicken, aber die Kette bewegt sich keinen Millimeter. O.k., dann mit der Winschkurbel den Deckel etwas lösen und damit die Bremse lösen bzw. die Kettennuss entkoppeln. Nix da. Sieht die Bedienungsanleitung zwar so vor, aber die Kette, die jetzt eigentlich ausrauschen müsste, bewegt sich trotz vollständig gelöstem Deckel nicht. Erst ein Schlag mit dem Gummihammer auf den jetzt freilegenden Schaft gibt die (zuvor kurzstag gesicherte) Kette endlich frei. Mit erneut handfest angezogenem Deckel funktioniert auch die Winsch wieder. Hoffentlich war das ein einmaliger Defekt, ein Schmieren des Schafts ist von Lewmar nämlich eigentlich nicht vorgesehen. Müssen wir also beobachten 👀, aber für den Augenblick ist das Problem erstmal gelöst.