Legalize it.

Jetzt sind wir offiziell in den USA. Auf die Anmeldung per CBP-ROAM-App gab es zunächst keine Rückmeldung. Eventuell auch deshalb nicht, weil ich (neben der Email-Adresse) als Kontakt meine deutsche Handynummer angegeben hatte. Solche ausländischen Nummern werden aber scheinbar nicht angerufen.

Mit einem eigenen Anruf bei der CBP (US Customs and Border Protection) und diversen internen Weiterleitungen dort ließ sich aber alles klären. Einklariert sind wir durch den auf den USVI erhaltenen Stempel im Pass, da wir ja auf den Bahamas nicht einklariert haben. Ich wurde auf meiner US (Virgin Islands) Handynummer zurückgerufen und die nette Dame machte mir gleich einen Termin mit einem Kollegen für das Cruising Permit. Also zusammen mit Steve von der Amalia fix ein Uber-Taxi bestellen und hinüber nach Norfolk. Und dort gibt es eine Fortsetzung des kleinen Kulturschocks. Wenn man die oft in Containern oder Baracken untergebrachten Customs der karibischen Inseln gewohnt ist, überrascht das Customs-Gebäude hier in Norfolk doch etwas:

Allerdings ist für unser Anliegen der auf dem Foto von der imposanten Freitreppe verdeckte kleine ebenerdige “Lieferanteneingang” vorgesehen. 😉

Und da bekommen wir unproblematisch unsere Cruising Permits, müssen uns jetzt also nicht mehr bei jedem einzelnen Liegeplatzwechsel (=Ankerplatzwechsel) bei den Behörden melden, sondern nur telefonisch darüber informieren wenn wir den Bundesstaat wechseln. 19 $ sind dafür zu zahlen, soweit kein Problem, aber bitte bar und genau passend. Hm. Steve geht uns einen Kaffee kaufen während sich der superfreundliche, aber auf dieser Position neue Officer mit Floras CP abmüht. Danach haben wir 38 $ klein. Geht aber nicht, es müssen zwei mal exakt 19 $ sein. Na gut, für mich reicht es schon und – vertauschte Rollen – während der Bearbeitung von Amalias CP gehe diesmal ich einen 5 $ Schein kleinmachen.

Danach gehen wir kurz einen Happen essen, in Virginia ist Phase 2 der Covid-Normalisierungsskala gültig und damit sind Restaurants eingeschränkt wieder geöffnet. Auf dem Weg laufen wir an dem Museumsschiff USS Wisconsin von 1944 vorbei:

Selbst wenn man wie ich für Militaria nicht viel übrig hat, ist das schlanke aber 270 m lange und zuletzt 1991 im Golfkrieg eingesetzte Schlachtschiff schon ein Hingucker und mit bis zu 2.800 Mann Besatzung ja eigentlich fast schon ein eigener Stadtteil. Das gilt aber vermutlich noch mehr für die beiden Flugzeugträger, die wir bei der Herfahrt im Hafen gesehen haben.

Noch SIM-Karten für die USA besorgt, was mit einiger Wartezeit verbunden ist und schon ist der Tag vorbei.

Mit Uber geht’s im Regen zurück, klatschnass werden wir aber bei der Fahrt vom Dinghydock zurück zu den Booten durch die fiesen Wellen, die über unseren Ankerplatz rollen. Der Sonnenuntergang versöhnt 😊

Und wir: wir können es immer noch nicht ganz fassen, dass wir wirklich auf eigenem Kiel hier in den USA 🇺🇸 angekommen sind. Aber so langsam sickert es eben doch in unser Bewusstsein. Fühlt sich gut an. Prost aus der Chesapeake Bay!

Tag 1 Passage Bahamas USA

Ob wir durch den Tankstop in Clarence Town nun ausgecheckt sind oder nie eingecheckt haben ist egal: ab jetzt geht es nordwärts Richtung USA. Nochmalige Rückfrage bei Salty Dawg ergibt, dass in den beiden von uns angestrebten Häfen Beaufort und Norfolk das Cruising Permit auch bei direkter Anreise aus den USVI bisher nie ein Problem gemacht hat. Gut.
Heute segeln wir erstmal bei feinem Halbwind wieder die 40 sm hoch nach Conception Island. Ein kräftiger Biss unterwegs und ein zehnminütiger Kampf, dann kommt der Fisch doch noch vom Haken frei. Tja. Aber nicht lange später meldet sich Steve über Funk: er hat eine Golddorade reingezogen. Er tröstet uns, wahrscheinlich hätten wir sie müde gemacht. Jedenfalls reicht sie für die Crews beider Boote.
Helena und Steve entnehmen ihrem PredictWind-Wetterbericht, dass morgen ein Wetterfenster für die Passage aufgeht. Nach unserem Bericht von Wetterwelt hätten wir dagegen zwar erst guten Wind, dann aber Montag 35 kn auf die Nase. Mal sehen, welche der Entwicklungen sich bewahrheitet. Wir werden morgen jedenfalls erstmal weiter Richtung Norden gehen, glauben aber bisher nicht dass das schon der Absprung sein wird.
Für alle Fälle backen wir mal wieder ein Brot und füllen den Wassertank und die Batterien.

7. Tag Passage USVI Bahamas

Wir sind drin, in den Bahamas. Und wieder draußen. Jedenfalls was das Klarieren an geht. Die Passage zu den Bahamas ist damit jedenfalls schon mal beendet (wir sind ja auch schon ein paar Tage hier, beginnend mit dem Wahnsinnserlebnis Hogsty Reef. Aber wir werden noch einige Zeit durch die Bahamas nach Norden segeln und hoffentlich auch noch das ein oder andere hier sehen, je nachdem wie zeitnah sich ein vernünftiges Wetterfenster für die Passage in die USA einstellt. Mit „Christobal“ ist jetzt schon der dritte benannte tropische Sturm in dieser Saison unterwegs (alle weit genug weg von uns, hat nur unsere Planungen betroffen), das ist jetzt doch ein bisschen ein Signal nicht allzu lange zu warten.
Früh um 6 Uhr geht’s heute los, wir sind zum Sonnenaufgang unterwegs um rechtzeitig in der Flying Fish Marina anzukommen. Aus dem Flachwasser vor Conception Island raus, Segel getrimmt und Angel ausgeworfen. Als ich mich umdrehe um ins Cockpit zurückzukommen rauscht sie schon aus. Das ging schnell. Wir versuchen, etwas Fahrt aus dem Schiff zu nehmen, aber die Fock lässt sich nicht einrollen. O.k., da kümmern wir uns dann später drum. Erstmal den schönen Tunfisch reinholen, der da so vorschnell angebissen hat. Klappt zum Glück. Jetzt muss er ja auch noch auf dem in der Welle schwankenden Achterdeck ausgenommen und filetiert werden, aber auch das kriege ich inzwischen immer besser hin (selbst vor dem Frühstück ;-)).
Der Rest der Fahrt verläuft angenehm ereingnislos, bei etwa 17 kn Wind rauschen wir mit 60 Grad AWA mit 7-8 kn dahin und haben die 40 sm Strecke deshalb schon am Mittag hinter uns.
Nur: die Fock lässt sich leider immer noch nicht einrollen. Also muss sie runter und das würden wir gerne vor dem flachen und mit Korallen gespickten Gebiet um die Flying Fish Marina erledigen, weil wir dafür Platz brauchen. Das heißt allerdings, dass wir gegen den knappen Meter Welle gegenan motoren müssen, um die Fock aus der Vorstagsnut auf das Vorschiff herunter zu zerren. Dort wird sie erstmal an der Reling befestigt und wir motoren zur Tankstelle im Hafen.
Etwas überrachend ist für uns, dass wir nicht wie erwartet und von den Salty Dawg angekündigt einklarieren und ausklarieren können bzw. müssen. Die Marinamitarbeiter erkären uns, die Behörden wären informiert und das würde jetzt in Covid-Zeiten so reichen.
Hm, ob ein Tankbeleg als Ein- und Ausklarierungsnachweis der Bahamas für den Immigration-Officer in den USA ausreicht? Wir werden sehen, fragen aber vorsichtshalber nochmal bei Salty Dawg per email an. Steve von der Amalia erledigt das gleich für uns beide. Die erste Spontanantwort ist nicht sehr befriedigend, möglicherweise hätten wir uns den Tankstop auch sparen können. Ist aber egal, für eine Passage hätte sich eh kein ausreichendes Wetterfenster angeboten.
Weiter geht’s zum Ankerplatz östlich des Hafens, direkt hinterm Riff. Er entpuppt sich als mehr mit Felsen durchsetzt als von uns erwartet, aber wir finden einen Sandflecken und der Anker hält sofort. Widmen wir uns also wieder unserem an die Reling gelaschten Vorsegel.
Wir können jetzt händisch die Einroll-Leine leicht aus der Trommel holen, sie ordentlich neu aufspulen und ziehen das Segel wieder hoch. Beim Einrollen sehen wir das Malheur: wie blöd kann man sein? Wir haben die Trommel falsch herum aufgerollt, jetzt ist der UV-Schutz des Segels innen und nicht außen wo er sein muss. Grrr. Also das Segel nochmal herunterzerren (geht schneller, wir haben ja Übung). Heute Abend gibt es Sushi aus eigenem Fang. Frischer geht’s kaum. Freu!

6. Tag Passage USVI Bahamas

Rolle rückwärts. Die Ramora Bay Marina sieht bei näherer Betrachtung doch, sagen wir mal, schwierig aus. Es gibt zwei Einfahrten. Eine an der Nordküste, nur mit viel Umweg zu erreichen, die dann an dem berüchtigeten Riff „Devils Backbone“ in einer Art und Weise entlangführt, dass der Revierführer ihr und dem Riff nicht nur mehrere Seiten widmet, sondern zudem auch ausführt, dass man unbedingt (jedenfalls die ersten paar Male) einen Lotsen an Bord nehmen sollte. Das Ganze gespickt mit historischen Schiffsunglücken auf diesem Riff und dem Beispiel einer Yacht, deren Besitzer meinte nach dem ersten Mal mit einem Lotsen bei der nächsten Passage keinen zu benötigen (was natürlich übel schief ging). Und es gibt eine zweite Einfahrt an der Ostküste, eben zwischen Eleuthera und Harbour Island. Die sieht erstmal gut aus, abgesehen von dem Hinweis auf starke Strömung in der Seekarte und dem Vermerk „E.N.A.“. Schaut man genauer nach, bedeutet das „Eye Navigation Area“ und
ist versehen mit dem Hinweis, gutes Licht und ruhige bis moderate Winde sowie Seegangsbedingungen seien erforderlich, um in diesem Bereich sicher zu navigieren. Hm. Von der Einfahrt bis in den Hafen überwiegend unmarkiert zwischen Riffen hindurch auf einer bogenförmigen Dreiviertelkreis-Strecke, die uns meistens nur wenige Dezimeter Wasser unter dem Kiel verspricht. Schaut man zur Abwechslung in die Sonarcharts von Navionics, würden wir dagegen eine halbmetertiefe Furche in den Grund pflügen müssen. Das Risiko möchten wir dann doch nicht eingehen.
Mit Helena und Steve von der Amalia diskutieren wir die Möglichkeiten. Wir könnten auch in Nassau oder Freeport den Papierkram erledigen, bräuchten dafür allerdings wieder eine neue Ausnahmegenehmigung. Oder wir verzichten ganz auf den Klarierungsstop, nutzen nur die „Innocent Passage“ durch die Bahamas und fahren direkt in die USA. Je nach Ankunftshafen würde das (laut Salty Dawg) ein nur geringes oder aber sehr hohes Risiko hinsichtlich des Cruising Permits bedeuten.
Letztlich entscheiden wir uns, morgen die 40 sm wieder zurück nach Süden zur Flying Fish Marina zu segeln, der Wind scheint günstig dafür zu sein und die Erlaubnis für diese Marina haben wir ja schon.
Am Ende heißt das zwar, dass wir quasi auf unserer alten Kurslinie zurücksegeln, obwohl genau dieser Abschnitt der einzige etwas rumpelige auf der insgesamt wunderbar angenehmen Passage von den USVI bis hier in die Bahamas war. Dafür haben wir aber zwei wunderbar ruhige Tage in dieser Traumbucht verbracht. Noch eine Traumbucht, benutze ich das etwa inflationär?

Na ja, sagen wir mal so: das Wasser ist hier so klar, dass man vom Anker aus an 30 m Ankerkette entlang zum Schiff sehen kann. So durchsichtig, dass wir im Mondlicht (gut Halbmond) bei Windstille die Riffel im Sandgrund in 4,20 m Wassertiefe erkennen können. So transparent, dass wir von Deck aus die Kofferfische beobachten können, die an der Ankerkette den Sand wegpusten, um ihre Beute aufzuspüren. Sogar die Haie, die es sich in Floras Schatten auf dem Grund bequem gemacht haben, können wir leicht ausmachen ;-).


Einmal erspähen wir sogar zwei Zitronenhaie (die werden etwa gut 3 m lang) und einen Ammenhai (wird über 4 m lang) gleichzeitig, aber vor die Kamera kriegen wir sie bisher nur einzeln. Wir schätzen, das die von uns gesehenen Exemplare noch nicht ganz ausgewachsen waren (vielleicht jeweils etwa einen Meter kürzer).

Außerdem gibt es in der Bucht noch ein vom Boot aus gut schnorchelnd zu erreichendes Riff, wo wir neben vielen anderen Fischen z.B. einen imposanten Nassau-Zackenbarsch und mehrere bunte Königin-Drückerfische vor die Linse bekommen.


Den herrlichen hellen Sandstrand vor der leicht hügeligen und grünen Küste dürfen wir ja leider nicht betreten. Obwohl das hier wohl kaum jemand bemerken würde halten wir uns natürlich daran. Toll anzusehen ist er allemal.

Ein paar Squalls gehen auch durch und sorgen neben der dramatischen Licht/Schatten-Kulisse auch für das ja schon bekannte Fenster auf – Fenster zu Spiel. Fenster zu heißt es auch in der ersten Nacht hier: tatsächlich ein Mückenangriff zur Dämmerung – nach Italien zum ersten Mal wieder. Wir sind verwöhnt.

Dieser Blogpost wurde ursprünglich per Iridium-Satellit übermittelt, somit nur Text ohne Bilder. Die Bilder sind nach der Passage nachträglich eingefügt.

USVI und Angeln auf dem Weg

Die Passage zu den United States Virgin Islands 🇻🇮 ist klasse, fängt aber leider mit einem kleinen Missgeschick an. Irgendwie hatten wir die Barberholer-Leine vor einiger Zeit in den Block der Spischot gezogen und die (Plastik-)Seitenwangen des Blocks gesprengt. Schien nicht weiter schlimm, der Block leistete wie gewohnt seine Arbeit. Bis zu dieser Passage. Wenn wir die Fock ausbaumen, lassen wir die normalen Schoten angeschlagen, nutzen aber die zusätzlich am Schothorn der Fock angeschlagene und durch die Nock des Spinnakerbaumes geführte Spischot, weil der Zugwinkel besser ist und die Schot dann nicht am Relingsdraht scheuert. So sieht das auf der Passage aus:

Ganz rechts die Spischot

Nur, leider nicht von Anfang an. Denn zunächst mal läuft der Schredder:

Wegen der fehlenden Seitenwangen im Block ist die Spischot von der Rolle in die Lücke gerutscht, beim Dichtholen mit der Winsch hat die Spischot dann die Aufnahme der Rolle im Block und selbige umgekehrt auch die Spischot zerstört. Grrr 😖. Wie blöd kann man eigentlich sein. Mit Spischot und Spiblock von der anderen Seite läuft es dann aber (siehe oben). Einen Ersatzblock haben wir an Bord, die Spischot war eh zu lang, ich kürze sie unterwegs und versehe sie mit einem mit neuem Takling. Jetzt ist sie nur nicht mehr lang genug, um Gennaker oder Code0 zu halsen, aber das machen wir ohnehin nicht, sondern rollen das Segel dann jeweils ein und schlagen die andere Schot an. Keine Regatta hier 😉.

Ansonsten gibt’s es auf der Passage nicht viel zu tun. In den 29 Stunden ändern wir an der Segelstellung NICHTS, lediglich das Groß wird einmal ein und wieder ausgerefft. Also ausreichend Zeit zum Angeln 🎣. Und schon recht früh auch der erste Biss 😃. Allerdings:

Barrakuda

Obwohl auf hoher See gefangen, finden wir an Barrakudas hier keinen rechten Gefallen mehr. Das liegt nicht an dem schleimigen Schuppenkleid dieser Fische (was aber die schicken roten Handschuhe erklärt) und es liegt auch nicht am Geschmack. Unten in St. Vincent und den Grenadinen hatten wir noch einen gegessen (und er war lecker). Es ist nur so, dass hier im Norden der Karibik die Gefahr von Ciguatera bei diesen typischen Riff-Raubfischen relativ hoch ist. Und diese beim Verzehr weder zu schmeckende noch zu riechende Fischvergiftung möchten wir gerne vermeiden. Also zurück in die See mit dem Burschen. Ist aber gar nicht so leicht, ihm den tief geschluckten Köder aus dem Rachen zu operieren, zumal sein Gebiss doch ordentlich Respekt einflößt. Wir hoffen, er hat’s trotzdem überlebt.

Der nächste Biss ist dann ein großer Mahi Mahi von vielleicht etwas über einem Meter Länge. Ich kämpfe einige Zeit mit ihm, aber dann kann er sich doch vom Haken lösen. Gar nicht so lange später der nächste, wieder ein Mahi Mahi, aber noch deutlich größer. Hier ist der Kampf nicht sehr lang, dann hat er die Angelschnur durchgerissen. Obwohl wir das Vorsegel gleich einrollen, sind wir immer noch zu schnell für einen guten Drill bei einem so großen Fisch.

Neuer Köder, neues Glück: diesmal bringen wir die allerdings deutlich kleinere Golddorade (wie die Mahis auch genannt werden) gut an Bord. Die Größe ist für uns zwei eigentlich auch perfekt.

Nur der Vollständigkeit halber: dem Jagttrieb folgend die Angel gleich wieder auszuwerfen: NICHT SO TOLL. Ein weiterer Köder und ein gutes Stück Schnur rauschen in die Tiefe, die voll angezogene Bremse an der großen Hochseetrommel der Angel läuft heiß und die Schnur ist dann doch nicht stark genug. Kein Ahnung übrigens, was da am Haken war. Größer und kräftiger als ALLE vorigen war es aber allemal.

Gut in Charlotte Amalie auf St. Thomas angekommen, werden wir in den USVI gleich freundlich begrüßt: Martina und Daniel, zwei Schweizer mit denen wir bisher nur über die sozialen Medien und unsere Blogs Kontakt hatten, kommen im Dinghy vorbei, erklären uns die wichtigsten Dinge vor Ort und laden uns zum Sundowner auf ihre Vairea ein. Lassen wir uns nach dem (sehr unkomplizierten) Einklarieren natürlich nicht entgehen und es wird richtig schön. Auf der Heimfahrt mit dem Dinghy halten wir gleich noch einen kurzen Schnack mit Rachael und Bassam auf der amerikanischen HR 53 Arielle, die uns noch am Abend dieses Foto von uns schicken:

Aber bevor es dunkel wird sind wir dann doch wieder auf der Flora, genießen in Butter gebratenes Golddoradenfilet auf Jerk-Kürbis und die urbane Szenerie am Ankerplatz mit Venus am Abendhimmel.

Pottwale

Herrliches Segeln von Guadeloupe 🇬🇵 nach Antigua 🇦🇬 , vorbei an Montserrat 🇲🇸 mit seinem vor sich hindampfenden Vulkan. Zwar geht uns kein Fisch an die Angel, aber das Meer beschenkt uns trotzdem. O.k., das Sargassum, das alle Nase lang vom Angelhaken entfernt werden möchte, das hätten wir eigentlich nicht vermisst.

Aber das große Geschenk zusätzlich zum schönen Segeltag macht sich mit einer kleinen Atemwolke in etwas Entfernung erstmals sichtbar und kommt dann immer näher. Eine ganze Schule Pottwale zieht in aller Ruhe auf die Flora zu und nur etwa eine Bootslänge hinter unserem Heck durch, augenscheinlich ohne uns weiter zu beachten. Ganz anders wir: wir sind völlig aufgeregt als sich diese ruhigen Riesen zeigen, wobei wir eigentlich nur die Rücken und gelegentlich die Kopfoberseiten und den charakteristischen buschigen Blas nach schräg links sehen. Die Pottwale bleiben auch beim Weiterziehen nah an der Oberfläche und tauchen nicht tief ab, weshalb wir ihre Fluken leider nicht zu Gesicht bekommen und auch die Größe schwer zu schätzen ist. Über 10 m sind es bei den meisten von ihnen allemal. Aber auch so sind wir jedenfalls schwer beeindruckt und beglückt von dieser Begegnung.

Wir sind inzwischen in Antigua angekommen und haben hier in Jolly Harbour einklariert. Dafür haben wir vorher online auf http://www.eSeaClear.com alle Daten des Bootes und der Crew übermittelt. Man bekommt dann per Email eine ESeaClear-ID und mit dieser Nummer kann dann beim Zoll (Customs) vereinfacht einklariert werden. Insbesondere soll es dann laut Revierführer Doyle möglich sein, nicht mit dem Schiff am Zollsteg festmachen zu müssen, sondern vor dem Hafen vor Anker zu gehen und mit dem Dinghy einzuklarieren. Und so haben wir es auch gemacht. Allerdings steht im Zollbüro ein Computer, mit dem ansonsten ebenfalls eine eSeaClear-Anmeldung durch den Einklarierenden gemacht werden muss, ich bin deshalb nicht sicher, ob das mit der Notwendigkeit des Vorführens am Zollsteg noch stimmen würde. In jedem Fall hat es bei mir mit dem Dinghy funktioniert. Ein bisschen Warterei bei den notwendigen vier Besuchen in den drei beteiligten Behörden, die aber nebeneinander im gleichen Gebäude untergebracht sind, wobei das Warten auf Bürostühlen auf der Veranda vor den kleinen Büros erfolgt. Geselliger Nebeneffekt: man kommt gleich mit anderen Seglern ins Gespräch. Customs, Immigration, wieder Customs, dann Port Authority, so ist das abzuarbeiten. Letztere Behörde stellt dann gegen Zahlung von 40 EC$ (etwa 15 €) ein für einen Monat gültiges Cruising Permit aus und uns damit das Befahren der Gewässer von Antigua & Barbuda 🇦🇬 offiziell erlaubt. Und da freuen wir uns drauf.

Bequia

Wir sind da. In der Karibik. So ganz langsam gewöhnen wir uns an den Gedanken, dass das wahr ist und wir im letzten halben Jahr wirklich mit unserem eigenen Segelboot von Griechenland aus quer durchs Mittelmeer mit Sizilien, den Liparischen Inseln, Sardinien, den Balearen und Südspanien nach Gibraltar, weiter über Cádiz, Porto Santo und Madeira, die Kanaren mit La Graciosa, Lanzarote, Fuerteventura, Gran Canaria, Teneriffa und La Gomera, dann den Kapverden mit Sal, São Nicolau, Santa Luzia, São Vincente und Santo Antão und dann eben jetzt über den Atlantik nach Bequia gesegelt sind.

Und jetzt liegen wir hier, in der Admiralty Bay:

Sieht toll aus.
Sieht voll aus? Na ja, mit Teleobjektiv aufgenommen, da wirkt es etwas enger 😉

Ja, es sind viele Boote hier. Und nein, es ist – trotz Weihnachten – nicht voll hier. Man kann auf dem oberen Foto schon erahnen, dass die Strände nicht dicht bevölkert sind und auch am Ankerplatz sind wir von den Balearen engeres Zusammenrücken gewohnt. Tatsächlich präsentieren sich die angrenzenden Strände uns bei unserem Strandspaziergang direkt am Ankerplatz so:

Jawohl. So soll das auch!

Nach dem vielen Blau der letzten Wochen tut das kräftige Grün der Hänge rund um die Bucht und der Obstbäume und Palmen in den Gärten unseren Augen ganz besonders gut.

Und wie empfängt uns der Ort, unser „Port of Entry“ (*1) Port Elizabeth? Noch bevor wir das Beiboot klarmachen können, kommt schon ein Bötchen längsseits und bietet uns frisches Baguette an. An die gesalzenen Preise müssen wir uns noch gewöhnen, aber wir schlagen trotzdem zu, morgens um acht nach der langen Überfahrt ist das doch sehr willkommen. Weitere Boote kommen vorbei, bieten Eis, Wäscheservice, Diesel und Frischwasser oder sogar Lobster an. Wir lehnen erstmal ab und das wird auch ohne Diskussion akzeptiert. An anderen Orten sollen die „Boatboys“ aufdringlicher sein, aber hier gibt’s nichts zu meckern. Karibik für Einsteiger 😁. Auch das Einklarieren bei Zollbehörde und Einwanderungsbehörde ist schnell erledigt und völlig problemlos, lediglich eine Seite ist auszufüllen und wir müssen zusammen rund 40 € bezahlen, das war’s. Und anders als im Revierführer vermerkt, muss auch nur der Skipper mit den Pässen der Crew dort erscheinen.

Auch in Bars oder Restaurants brauchen wir keine Reservierung, alles ganz relaxed. Frei nach dem Motto auf der Kreidetafel einer Strandbar hier: Live slow today!

Farbenprächtig in Pastell wie die Strandbars präsentiert sich auch der Ort, wenngleich auf der südlichen Buchtseite eher mit gepflegten Villen und Gärten, einigen Hotels und netten Restaurants (Jans Eltern sponsern aus der Ferne ein leckeres Weihnachtsessen, DANKE!), im Norden der Bucht durchmischter mit weniger exclusiven Häuschen.

Beachtenswert auch die Wasserversorgung mit Auffangen des Dachrinnenwassers in einem großen Fass. Viele Häuser haben auch gemauerte Zisternen.

Auch das Socializing kommt nicht zu kurz: wir treffen Paulina und Matthias von der Kompanon (mit neuer Crew) wieder, die mit ihrer Aluminium-Reinke in San Miguel bei uns längsseits gegangen waren und die wir auch in Mindelo getroffen hatten. Spontan werden wir zu einigen selbstgemixten Piña Coladas an Bord eingeladen. Das Feiern kommt definitiv nicht zu kurz.

(*1) Port of Entry: Man darf in einem neuen Land (hier: St. Vincent und die Grenadinen) nicht einfach irgendwo ankern oder anlegen, sondern muss zuerst einen ausgewiesenen „Eingangshafen“ anlaufen, wo dann auch die zuständigen Behörden aufzusuchen sind.

Passage nach Sal, Fliegende Fische, Einklarieren und „Zollstander“

Wie versprochen, hier noch der optische Nachtrag zur Passage von La Gomera auf den Kanaren nach Palmeira auf Sal in den Kapverden. Wir hatten abgesehen von einer kurzen Zeit im Windschatten der kanarischen Inseln fast durchgängig 6 Windstärken, selten weniger, in den Böen aber oft auch mehr. Aber, und dass hat uns etwas überrascht, trotz des immer aus Nordost kommenden Windes gab es auf dieser Passage nicht die eine lange Dünung, die zwar hoch ist aber doch nur langsam unter dem Schiff hindurchläuft. Statt dessen hatten wir achterliche Wellen von Anfangs drei Meter Höhe, zum Ende hin abnehmend auf zwei Meter, die aber etwa alle sieben Sekunden relativ steil heranrauschten. Dazu niedrigere Wellen von den Seiten, häufiger von Backbord, seltener auch von Steuerbord. Sie sorgten für ziemliches Gerolle und ab und an bei Überlagerung der Wellen klatschendes Aufeinandertreffen und Spritzer ins eigentlich gut geschützte Cockpit. Von anderen Seglern haben wir gehört, dass dieses Wellenbild auf der Passage von den Kanaren zu den Kapverden nicht unüblich ist. Das nährt die Hoffnung, auf der Atlantikquerung doch längere Dünung und weniger Kreuzseen zu haben 🤞.

Rollt ganz gut 😊

Ebenfalls ein bisschen unerwartet war das „Verhalten“ der Fliegenden Fische. Schon im Mittelmeer hatten wir welche gesehen und auch auf dem Weg zu den Kanaren stoben immer mal wieder einige von ihnen vor unserem Bug auf und segelten davon.

Auch auf den ersten drei Tagen dieses Törns blieb das so, aber am vierten Tag klatschte uns in Kammikaze-Manier der erste fliegende Fisch gegen die Windschutzscheibe und blieb an Deck liegen. Nach der folgenden Nacht fanden wir 8 (acht!) Fliegende Fische an Deck, vertrocknet und stinkend, zudem hatten sie um sich herum reichlich Schleim und Schuppen hinterlassen. In der letzten Nacht waren es sogar 9 und zusätzlich ein kleiner Tintenfisch.

Scheint ein Phänomen der Tropen zu sein, die wir jetzt nach passieren des Wendekreises des Krebses (*1) offiziell erreicht haben, obwohl die Temperaturen bei den Nachtwachen anderes suggerieren.

Nach der Nachtwache gestern: Vorbereitung des Einklarierens

Zum ersten Mal auf unserer Reise müssen wir in den Kapverden „richtig“ einklarieren. Bisher war das Anmelden der Einreise in ein von uns besuchtes Land in einem vereinfachten Verfahren möglich. Hier in den Kapverden dürfen wir erstmals bei der Einreise nur ganz bestimmte Orte anlaufen, sogenannte „Port of Entry“. Es gibt nur drei: Mindelo auf São Vincente, die Hauptstadt Praia auf Santiago und eben unsere Wahl: Palmeira auf Sal.

Jedes einlaufende Schiff muss durch Hissen der Flagge „Q“ des internationalen Flaggenalphabetes (*2) deutlich machen, dass an Bord alle gesund sind (Q wie Quarantäne!) und man bisher noch nicht einklariert, sich also bei allen zuständigen Behörden angemeldet hat.

Hier auf den Kapverden muss man sich bei nur zwei zuständigen Behörden anmelden, dem Hafenamt und der Polizei. Beide residieren praktischerweise im selben Gebäude, das mit dem Wartenden und den beiden Straßenhunden das hiesige Motto „no stress“ ganz gut wiederspiegelt.

Keine Ironie, obwohl die Mitarbeiter dort wenig Englisch sprechen und wir gar kein Portugiesisch oder Kreol, die Prozeduren laufen superfreundlich und entspannt ab. Na gut, der Kollege von der Polizei ist inzwischen am Flughafen (dort kann man auch einklarieren). Egal, wir dürfen das Schiff verlassen und uns frei bewegen (sonst eigentlich erst ab vollständiger Einklarierung), morgen wiederkommen und den Rest machen und vor allem: no stress!

Jonna von der Tangaroa hatte mich zu den Behörden geführt und mir auch gleich gezeigt, wo ich eine Internet-SIM-Karte kaufen kann. Im Laden übrigens das gleiche Phänomen: Sprachschwierigkeiten, na und? Die gewünschte Karte wird durch hin-und-her-hantieren der Besitzerin mit ihren zwei Handys freigeschaltet, klappt.

😁 🇨🇻

(*1) Wendekreis des Krebses: die Vorstellung, die Sonne stehe mittags senkrecht über dem Äquator stimmt nur ungefähr. Genau genommen tut sie das nur bei der Tagundnachtgleiche am 21. März und am 23. September. Ansonsten sorgt die Schrägstellung der Erdachse dafür, das die Sonne senkrecht über anderen Orten der Erde steht. Und zwar „wandern“ diese Punkte bis zum 21. Juni nach Norden bis zu einer Linie, die 23,5 Grad nördlich des Äquators liegt und im Atlantik von der Westsahara aus südlich der Kanaren hinüber zu den Bahamas und nach México läuft. Eben der Linie, die als Wendekreis des Krebses (lateinisch: tropicus cancri) bezeichnet wird. Auf der Südhalbkugel gibt es entsprechend den Wendekreis des Steinbocks (tropicus capricorni). Das Gebiet zwischen den Wendekreisen nennt man deshalb Tropen. Ein witziges Detail dazu ist, das die Sonne heute an den betreffenden Tagen gar nicht mehr in dem Sternbildern steht, nach denen die Wendekreise in der Antike benannt wurden. Vielmehr war das beim Wendekreis des Krebses zwischenzeitlich das Sternbild der Zwillinge und ist (seit 1990) heute Stier. Beim Wendekreis des Steinbocks ist es heute Schütze – die Bezeichnungen sind aber dennoch seit der Antike beibehalten worden.

(*2) Wir haben den kompletten Flaggensatz des internationalen Flaggenalphabetes ( https://www.esys.org/esys/flagalph.html ) an Bord, aber nur die schlicht gelbe „Q“-Flagge werden wir wohl häufiger benötigen. Wie alle anderen hier auch, zeigen wir sie über der Gastlandsflagge der Kapverden an Steuerbord. Unsere österreichischen Freunde werden uns hoffentlich diesen aus österreichischer Sicht offenbar schweren Mangel an guter Seemannschaft (so jedenfalls laut einer aufmerksamkeitstarken Diskussion in der österreichischen Yachtrevue ) irgendwie verzeihen, denn demnach würde er auf die andere Seite des Schiffes unter die Backbordsaling gehören. Die Deutschen sind da übrigens nicht wirklich besser: anders als international üblich muss nämlich (theoretisch) in Deutschland nach § 4a und Anlage 2 ZollV statt gelben „Q“ als „Zollstander“ der dritte Hilfsstander des Flaggenalphabetes (dreieckig weiß mit waagerechtem schwarzem Streifen) gezeigt werden 😳🤣.