Genau zwei Jahre …

… leben wir jetzt auf der Flora. Unfassbar viele Erfahrungen und Begegnungen, bei weitem übertroffene Erwartungen, Überraschungen, Aha-Erlebnisse und Genussmomente.

Insgesamt haben wir in dieser Zeit mit dem Boot 14.471 sm zurückgelegt. 8.846 sm waren es im ersten Jahr, von Griechenland quer durchs Mittelmeer, über Madeira, die Kanaren, die Kapverden, dann die Atlantiküberquerung, der Antillenbogens, die USVI und dann die Ankunft in der Chesapeake Bay in den USA. 🇬🇷 🇮🇹 🇪🇸 🇬🇮🇵🇹 🇮🇨 🇨🇻🇻🇨🇬🇩🇱🇨🇲🇶🇩🇲🇬🇵🇦🇬🇻🇮🇧🇸🇺🇸. Viele neue Länder und Regionen in Floras Kielwasser, viele verschiedene Gastlandsflaggen, die erstmals unter Floras Steuerbordsaling flatterten.

Jetzt in unserem zweiten Langfahrerjahr waren es “nur”5.625 sm und neben bereits besuchten “nur” drei neue Länder: 🇸🇽🇵🇷🇩🇴. Waren wir reisefaul 🙄? Nö, eher nicht 😁. Zum einen entspricht diese Strecke ziemlich genau der Entfernung (Luftlinie) zwischen Deutschland und Singapur, sooo wenig war es dann also auch wieder nicht. Vor allem aber geht es uns ja nicht darum, irgendwelche Rekordweiten zu erzielen oder möglichst viele Stempel in den Pass zu bekommen, sondern um das Erleben, das nähere Kennenlernen. Von Orten, noch viel mehr aber (und noch wichtiger) von Menschen. Und da war auch dieses zweite “Liveaboard”-Jahr ausgesprochen erfüllend. Einige Highlights unter vielen:

Es beginnt schon gleich im Juli, unsere Freunde Greg und Michael aus Washington kommen zu uns an Bord und begleiten uns für die nächsten gut zwei Monate. Gemeinsam erleben wir die Gänsehautmomente, direkt an der Freiheitsstatue in New York zu segeln und zu ankern.

Und viele weitere. Mit den beiden segeln wir durch den Big Apple hindurch in den Long Island Sound und weiter die US-Ostküste hinauf in die Neu-England-Staaten bis nach Maine an der kanadischen Grenze. Treffen zwischendurch mit Annemarie und Volker von der Escape oder Helena und Steve von der Amalia “alte” Freunde, lernen dazu neue kennen, genießen wunderbare Gastfreundschaft und traumhafte Landschaften, urige Orte und Lobster satt (mit dem wir uns für das erfolgreiche Umfahren der vielen Lobsterpots belohnen😜).

Der Sommer in Maine verwöhnt uns auch wettertechnisch, trotzdem beschert uns dieser Ausflug in den Norden ein wenig Frische und das Gefühl von Jahreszeiten. Auch das ein Luxus in den inzwischen zwei Jahren Dauersommer.

Über Cape Cod, Martha’s Vineyard und Nantucket, wo wir wieder einmal großzügige amerikanische Gastfreundschaft genießen dürfen, geht es dann zurück in den fast schon herbstlichen Spätsommer der Chesapeake Bay. Eine unglaublich intensive Zeit.

Auf eine ganz andere Art intensiv ist dann im November die Passage zurück in die Karibik. Hatten wir mit unserer Route in den Norden den in Rekordzahl aufgetretenen Hurrikans und tropischen Stürmen gut aus dem Weg gehen können, verbauen uns jetzt die Ausläufer der letzten (schon lange mit griechischen Buchstaben benannten) Stürme den Weg in die Bahamas. Wir planen kurzfristig um und machen uns mit 35 anderen Booten der “Salty Dawg” auf den Weg nach Antigua. Das alleine ist ein Seestück von über 1.700 sm. Wir benötigen dafür 10 Tage, fast immer hoch am kräftigen Wind segelnd, bei viel Welle. Es ist unsere bisher anstrengendste Passage, deutlich kräftezehrender als die Atlantiküberquerung im Jahr zuvor. Aber es ist angenehm, bei diesen Bedingungen eigentlich immer andere Segler in UKW- und AIS-Reichweite zu haben. Das schweißt zusammen, wie sich dann in English Harbour zeigt, wo die Salty Dawg Boote den Kai zunächst fast exclusiv für sich haben und eine enge Gemeinschaft formen. Nicht mit allen Schiffen, aber eben doch mit einigen. Auch hier haben wir wunderbare Freundschaften geknüpft, die trotz dann wieder getrennter Wege fortbestehen. Tropicool, Helacious, Kalli, Skylark, Fatjax, Landscape und noch einige mehr. Auch Kontakte vom letzten Jahr leben wieder auf, so z.B. mit Andrea und Kai von der Silence in der Nonsuch Bay, der vierköpfigen Crew der Alisara, Luise und Brent von der Knot Safety aus der Carlisle Bay Corona Group oder (später) Karen und Steve von der Second Chance aus der gleichen Gruppe. Neue kommen dazu. So verbringen wir wieder zweieinhalb Monate auf Antigua und Barbuda und wieder ist es wunderbar.

Ein Wohlfühlen-Weihnachten auf Barbuda mit den Crews der Gerty, der Escape, der San Giulio und der Oroboro und den Feiern bei Inoch am Strand, Silvester mit der Escape im kleinen Kreis nicht weniger schön, mit den beiden machen wir auch in der Folge noch vieles gemeinsam.

Als es dann für uns weitergeht, nutzen wir Sint Martin nur als kurze Zwischenstation und segeln schon eine Woche später nach Culebra in den Spanish Virgin Islands. Ein Traum.

Mit Heike und Jürgen von der Valentin erkunden wir Culebra, mit den Salty Dawg Kim und Chuck von der La Rive Nord die kleine Schwesterinsel Culebrita und später auch noch Vieques. Da kommen dann auch Andrea und Ingo von der Easy-One extra aus Curaçao hoch (kein angenehmer Törn), um wie im letzten Jahr mit uns Andreas Geburtstag zu feiern. Wir freuen uns bolle. Mit den beiden werden wir (was wir jetzt noch nicht wissen) die nächsten vier Monate Buddyboating und auch gemeinsame Landausflüge machen, in Puerto Rico z.B. in die faszinierende Hauptstadt San Juan und in den El Yunque Nationalwald.

Und so segeln wir eben auch gemeinsam nach Samaná in der Dominikanischen Republik. Als Törnziel für uns eine der großen Unbekannten, erweist sich unser Aufenthalt dort als ein weiteres Highlight dieser Saison. Keines unserer angelesenen Vorurteile wird bestätigt, statt dessen empfangen uns auf der Anreise Buckelwale und dann freundliche Menschen in dieser pulsierenden, lauten, bunten lebendigen Stadt.

Und auch das Hinterland begeistert, erst recht der in der großen Bucht gegenüberliegende Los Haitises Nationalpark. Hier, wie schon am Ankerplatz in Santa Bárbara de Samaná treffen wir Martina und Daniel mit ihrer Vairea wieder, die wir zuletzt im vorigen Jahr auf den USVI gesehen hatten. Die Freude ist groß.

Ein Schwerpunkt dieser Saison schließt sich an, die Bahamas. Im letzten Jahr konnten wir wegen COVID nur auf „Innocent Passage“ durchreisen, durften zwar ein paar mal ankern, aber nicht an Land gehen. Um so intensiver erkunden wir in diesem Jahr die Bahamas, bleiben dort gut zweieinhalb Monate und können trotzdem nur 30 Inseln und damit nur einen kleinen Teil der vielen Eilande besuchen. Über Great Inagua und das wunderbare Hogsty Reef geht es nach Acklins, wo uns die Südafrikaner Amy und Hylt auf ihrem Katamaran an das Jig-Fischen heranführen.

In den Ragged Islands treffen wir Helena und Steve mit Floras Schwesterschiff Amalia wieder, außerdem Stefan und Dorothee von der Invia. Und wir lernen einige neue Crews und auch neue Beschäftigungen kennen. Etwa das Anlegen von Pfaden auf diesen unwegsamen Inseln oder das Spearfishing. Die Geselligkeit der Cruiser bündelt sich am „Hog Cay Yacht Club“, unerwartet auf einer unbewohnten Insel!

In den Raggeds treffen wir außerdem erstmals auf „Blue Holes“ und das gleich in ganz verschiedenen Größen, Tiefen und Ausprägungen. Mal an Land gelegen und eher grün, mal zum Drübersegeln und dunkelblau aus dem typischen Türkis der Bahamas herausleuchtend, öfters als interessante und gern genommene Schnorchelziele.

Überhaupt, dieses türkisfarben leuchtende kristallklare Wasser.

Dazu reichlich unbewohnte Inseln, auf denen wir manchmal im Team Kokosnüsse ernten und verarbeiten.

Auf Long Island treffen wir die Vairea und die Invia wieder, dazu die Akka (vom letzten Jahr aus Deltaville) und erstmals die Lille Venn, die wir bisher nur über die sozialen Medien kannten und ein paar Mal knapp verpasst haben.

In den Exumas dann erneut die Amalia. Hört sich an, als würden wir nur im eigenen Saft der Cruiser schmoren? Das macht sicher einen großen Teil aus, weil man sich eben oft mehrfach trifft, sich trennt, wieder trifft, Gemeinsames erlebt, es ist aber eben auch nicht alles. Ein schönes Beispiel erleben wir auf Little Farmers Cay, der Nachmittag mit Jasmine und Isryel und die spontane Tanzperformance auf der Terrasse des Restaurants seines Großvaters hauen uns schlicht um.

Überhaupt machen uns die Exumas auch viel Spaß, obwohl sie touristischer und “voller” sind als die abgelegenen Raggeds. Wirklich voll erleben wir es nie, was sicher auch COVID und der dadurch verringerten Zahl von Charterern und dem völligen Fehlen von Kreuzfahrern geschuldet/gedankt ist. Die schwimmenden Schweine werden inzwischen auf anderen Inseln als Attraktion kopiert, es gibt tolle Höhlen und Flugzeugwracks zum Schnorcheln.

Und es gibt eine unfassbar schöne Landschaft mit Farben, an denen wir uns nicht sattsehen können:

Aber auch hier ist es das Miteinander, was dem Ganzen die Krone aufsetzt. In Shroud Cay findet zusammen: mit Natalja und Jochen von der Caroline haben wir schon länger online Kontakt, die schweizer Jollity mit Leonie, Jonas und Jonathan kennen wir aus Samaná, Mareike mit ihrer Moana hat letztes Jahr im Lockdown mit uns vor Jolly Harbour und später in der Carlisle Bay gelegen, Janna und Ilja haben wir auf Rudder Cut Cay kennengelernt und Andrea und Ingo ja schon letztes Jahr in Martinique. Anya und Rob von der etwas abseits ankernden Ronya hatten die Deutsche Tauchschule auf Key Largo, in der Wiebke und ich vor Jahren den AOWD-Tauchschein gemacht haben. Die Welt ist ein Dorf! Und manchmal ist das auch ganz gut so.

Da ist es dann fast schon müßig zu erwähnen, dass wir an unserem ersten Ankerplatz zurück in den USA die Vairea und die Tropicool vorfinden, die Jollity kommt etwas später an. Und die Escape holt uns zu unserer großen Freude auf dem nächsten Ankerplatz am Cape Lookout ein 😁.

Eine Aufzählung von Treffen, o.k.

Aber das Entscheidende ist natürlich nicht die Menge, die Anzahl, sondern der intensive Austausch, das gemeinsame Erleben, die Bereicherung durch die unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven. Manchmal über das Seglerische, manchmal über ganz Persönliches.

In einem Jahr, in dem COVID an so vielen Stellen Kontaktbeschränkungen mit sich brachte, freuen wir uns darüber ganz besonders. Für uns Segler in den USA und der Karibik war Reisen möglich, nicht überall, vielfach mit zum Teil mehrfachen PCR-Tests und ein paar Formalismen, aber es war möglich. Und die Segler unter sich (jedenfalls auf den einsameren Inseln), zumal wenn frisch getestet oder aus der (seglerischen) Quarantäne, zum Teil bereits durchgeimpft, praktisch immer im Freien, schienen ein relativ geringes Risiko zu sein.

Übrigens, auch wenn sich das in der knappen Zusammenschau eines ganzen Jahres nicht so anhört, Zeit genug für uns allein hatten wir auch.

Und weil ich mit den ganzen tierischen Highlights den Beitrag jetzt echt sprengen würde, hier nur ein einziges Foto als Stellvertreter für die unfassbar vielen wunderbaren Naturerlebnisse:

Lieber schnell weiter

Wir sind ausklariert, morgen früh setzen wir die Segel Richtung Puerto Rico. Sint Maarten drückt irgendwie nicht den richtigen Knopf bei uns, bezaubert uns nicht. Andere schon, und das ist ja auch ganz gut so, wenn nicht alle die gleiche Insel favorisieren. Aber auch für uns ist Sint Maarten in mancherlei Hinsicht praktisch. Wir haben einiges an Geld hier gelassen, weil die Einkaufsmöglichkeiten wirklich gut sind. Das betrifft Bootszubehör (DIVERSES) ebenso wie Elektro- und Elektronikartikel (neuer Handmixer und neue GoPro). Es betrifft aber auch Lebensmittel, unser Vorrat ist wieder ordentlich aufgestockt.

Nur der berühmte „Funke“ springt irgendwie nicht über. Die Diskrepanz ist riesig. Einerseits ankert hinter uns die klassische „Christina O“ (-nassis, vielleicht die Yacht mit der prominentenreichsten Gästeliste überhaupt) und vor uns quetscht sich gerade die 77 m lange und über 13 m breite moderne Megayacht „Go“ durch die Brücke.

Andererseits deprimieren uns die vielen Wracks in der Lagune. Vielleicht haben wir irgendwo im Hinterkopf auch den Gedanken, wenn die Insel schon so eng an Europa angebunden ist, könnte sie auch bei der Beseitigung von Autowracks am Straßenrand ebenso wie bei Schiffswracks in der Lagune drei Jahre nach Hurrikan Irma weiter sein.

Auch die Kriminalität gibt zu denken, es gab zuletzt (allerdings nur auf der französischen Seite) häufiger Einbrüche auf Yachten, auch wenn die Besitzer an Bord waren. Keine Gewaltkriminalität, nur Diebstähle. Aber eben keine Einzelfälle, sondern in kurzen Abständen.

Wir mieten ein Auto und fahren über die Insel um etwas mehr zu sehen, vielleicht einen anderen Eindruck zu bekommen. Doch der Zeitpunkt ist schlecht gewählt, ausgerechnet an diesem Tag schüttet es fast durchgängig, was den tristen Eindruck noch mal deutlich verstärkt. Die Vorzeige-Einkaufsstraßen in der Hauptstadt Philipsburg sind auch kein guter Einstand. Offensichtlich auf Kreuzfahrttouristen ausgelegt, reiht sich in der Frontstreet ein Luxusuhrengeschäft an den nächsten Juwelier, wobei auch jeder zweite Laden geschlossen hat. Die Backstreet macht auch keinen besseren Eindruck, die Prospektfotos in den Touristenbroschüren picken einfach nur die wenigen schmucken Gebäude aus dem eher tristen Gesamtensemble.

In der Oyster Pond Marina im Osten kurz vor der französischen Grenze liegen ein paar Yachten zwischen versunkenen und zerstörten Stegen, der Hotelkomplex auf der schützenden Halbinsel hat auch schon deutlich bessere Zeiten gesehen.

Und auf der Weiterfahrt durch Hinterland und Küstengegenden bieten sich zwar viele Ausblicke auf Buchten, so richtig ansprechend ist aber (für uns) keine.

Einzig die Baie de Grand Case erscheint als ein kleiner Lichtblick. Im wahrsten Sinne, denn die Sonne kommt kurz einmal durch, das hebt ja die Stimmung schon mal. Wir machen einen Lunch-Stop in einem der eher einfachen Restaurants mit Blick auf die Bucht und der gegrillte Fisch ist wirklich gut. Ein paar alte Männer sitzen auf der verrotteten Betonpier und angeln, die Brandung rauscht auf die dem Sandstrand vorgelagerten Felsen, die ein Anlanden mit dem Dinghy jedenfalls bei diesen Bedingungen nur am großen Dinghysteg zulassen.

Auf der Weiterfahrt fallen im Westen der Insel diverse „Gated Communities“ auf, die Bessergestellten wohnen dann doch lieber hinter hohen Mauern in mit Toren und Schranken abgeschotteten Bereichen. Auch der Maho Bay im Südosten statten wir einen Besuch ab, sie ist berühmt für den (kurzen) Strand, der nur von einer Straße getrennt fast direkt an der kurzen Landebahn des internationalen Flughafens der Insel liegt. Die Landebahn zieht sich von dort bis zur Lagune, die Flieger müssen früh aufsetzen und kommen entsprechend tief über dem Strand herein oder müssen umgekehrt direkt an der Absperrung die Turbinen aufreißen um beim Start schnell Geschwindigkeit zu gewinnen. Ein Schauspiel, wenn der Jet Blast die Touristen gegen den Zaun drückt, Handtücher und Kleidung aufwirbelt und man gefühlt die Triebwerke anfassen kann und dass auf YouTube Millionenaufrufe hat. Aber bei diesem Wetter verlaufen sich gerade mal vier Leute am Strand, selbst das bekannte Surfbrett, auf dem der Flugplan angeschrieben wird fehlt. Und natürlich sind Covid-bedingt auch weit weniger Flugzeuge unterwegs.

Wir geben den Mietwagen frühzeitig wieder ab. Das war nicht berauschend. Aber wo wir schon beim Fliegen sind: da könnte ich doch das Wetter vielleicht besser an Bord nutzen, um in aller Ruhe den seit Januar (in Europa) verpflichtenden und daher überfälligen Drohnenführerschein zu machen, für den das Luftfahrtbundesamt einen Onlinekurs mit Onlineprüfung anbietet.

Wir erfahren, dass es auf Antigua ab morgen kurzfristig angesetzt wieder einen Lockdown gibt, ein bisschen überraschend. Das bestärkt uns darin, möglichst bald weiterzuziehen und mit Puerto Rico als nächstem Ziel wieder ein größeres Land mit mehr Optionen anzulaufen. Wir wollen das nächste Wetterfenster nutzen.

Heute gilt es daher, mal wieder, einen Covidtest zu organisieren. Nach einiger Lauferei und Absagen („Termin frühestens Mitte Februar“) werden wir dann doch an einen Arzt verwiesen, der ohne Terminreservierung, dafür mit Warteschlange, PCR-Tests durchführt, die dann in dem Labor des Arztes, der uns vertröstet hatte getestet wird. Das „Wartezimmer“ ist übrigens draußen und sieht so aus:

Das versöhnt uns und so nehmen wir es auch kaum übel, dass uns die Tests nach der Entnahme in die Hand gedrückt werden, um sie zum Labor zu bringen. „Sie haben kein Auto? Das ist aber ganz schön weit!“ Tatsächlich, auf der anderen Seite der Bucht (wir kürzen mit dem Dinghy ab) und dann den Berg hoch. Hm.

Zur Erholung und Entspannung gibts dann aber noch ein Abschiedsessen mit Ute und Russ (SY Tairua) im Lagoonies. Superlecker – und genau zwischen den beiden Bootsausrüstern Island Waterworld und Budget Marine …

Sint Maarten / Saint Martin

Haben Frankreich und das Königreich der Niederlande eine gemeinsame Landesgrenze? Ja, aber nicht in Europa, da liegt ja Belgien dazwischen. Hier in der Karibik aber schon, eben auf Saint Martin/Sint Maarten.

Schon die Frage ist ein bisschen fies gestellt, denn die Niederlande 🇳🇱 sind eben nicht gleichzusetzen mit dem Königreich der Niederlande, sondern tatsächlich nur eins der insgesamt vier autonomen Länder des Königreichs, neben Aruba, Curaçao und eben Sint Maarten. Andererseits gehören die Karibikinseln Saba, Sint Eustatius und Bonaire rechtlich zum Gebiet der Niederlande.

Witzigerweise haben wir hier auf der Insel deshalb eine Grenze nicht nur zwischen Frankreich und dem Königreich der Niederlande, sondern auch zwischen Frankreich (EU) und Sint Maarten (nicht EU). Meine deutsche Telefonkarte würde daher hier an unserem Ankerplatz in der Simpson Bay in Sint Maarten horrende Roaminggebühren auslösen (Ländergruppe 3, genau wie z.B. Vanuatu). Der französische Teil der Insel gehört dagegen zur Ländergruppe 1 und löst im EU-Roaming meiner deutschen SIM-Karte keine zusätzlichen Gebühren aus. Die Insel ist aber insgesamt so klein, dass wir hier am Ankerplatz Empfang von Sendemasten aus beiden Ländern haben. Die Lösung ist daher einfach: die automatische Netzauswahl im Handy ausstellen und einen französischen Anbieter manuell auswählen. 😁

Die Ankerbucht ist nicht unsere bisher schönste. Der internationale Flughafen liegt direkt nördlich, außerdem ist das Ufer gesäumt von eher gesichtslosen mehrstöckigen Hotelburgen, erst dahinter erheben sich die grünen Bergrücken. Das Wasser der Bucht ist aber erstaunlich klar und gegen den für die nächsten Tage angekündigten Nordschwell sollten wir hier gut geschützt sein.

Mit dem Dinghy fahren wir durch einen kleinen Kanal in die Lagune (Grand Etang/Simpsonbaylagune). Eine holländisch anmutende Klappbrücke überspannt die Einfahrt und erstaunlich große Superyachten können sie passieren.

Der Schein täuscht sogar noch. Etwa eineinhalb mal so breite Superyachten passen hindurch. Dann allerdings wird es wirklich eng, die seitlichen Begrenzungen weisen einige (sicher teure) Scharten auf und das Brückenwärterhäuschen wurde auch bereits wegrasiert. YouTube hat mehrere toll gemachte Videos über das Hineinfahren von Superyachten und auch spektakuläre Szenen zu bieten. Die Lagune bietet eine große Auswahl an Marinas, dazu Bojenplätze und auch freies Ankern. Allerdings war es während des letzten Lockdowns für einige Boote schwer, herauszukommen. Das lässt unseren Ankerplatz vor der Brücke dann doch wieder um einiges attraktiver erscheinen. 😉

Die Verschiedenartigkeit der beiden Länder auf der Insel stellen wir auf unserem Dinghyausflug auch in der Bebauung rund um die Lagune fest. Hohe Bebauung sehen wir nur auf der „holländischen“ Seite, dafür allerdings auch weniger Wracks. Die finden sich in erschütternder Anzahl (nicht nur, aber doch deutlich überwiegend) auf der französischen Seite. Und nicht alle stammen vom letzten Hurrikan, einzelne sind offensichtlich älter. Manches, was wie ein Wrack aussieht, ist dann tatsächlich doch noch bewohnt. Und ein Sprayer beweist schrägen Humor.

Auch die Häuser scheinen auf der französischen Seite nicht mit gleicher Kraftanstrengung (bis zu 95 % wurden durch Hurrikan Irma schwer beschädigt) wieder auf Vordermann gebracht zu werden. Selbst an der Marigot Bay sieht es direkt westlich des französischen Kananleingangs so aus:

Das gleiche Ufer nur wenig weiter östlich am Yachthafen allerdings so:

Wie sich überhaupt karibische Farbenfreude und Streetart, teuere Markengeschäfte, charmante Cafés und restaurierte Geschäftszeilen und verfallende Fassaden stetig im Straßenbild abwechseln.

Und natürlich nicht zu vergessen: Die Leguane finden sich ebenfalls direkt in der Stadt und an der Uferpromenade und wollen zum Teil (in jungen Jahren) in der Farbenpracht auch nicht zurückstecken.

Einklarieren in Sint Maarten

Es ist so eine herrliche Überfahrt. Den Gennaker schlagen wir schon am Ankerplatz an, motoren über das Flach vor der Crab Hill Bay im Südwesten Antiguas, nehmen das Groß raus und rollen den Gennaker aus. Erst noch langsam mit 4 kn, dann eher so um die 6 kn Fahrt durchs Wasser. Der Antillenstrom schiebt zusätzlich. Fein. So geht’s in die Nacht und so bleibt es auch bis wir um 4 Uhr nachts St. Barth(thelemy) querab haben. Wir sind zu schnell, im Dunkeln möchten wir nicht ankommen. Also wird der Gennaker weggerollt und mit jetzt wieder nur 4 bis 5 kn kommen wir kurz nach 7 Uhr bei Tageslicht in der Simpson Bay von Sint Maarten an.

Hinter Floras Heck geht über St. Barth die Sonne auf.

Flaggenwechsel. Die alte Gastlandsflagge von Antigua und Barbuda hat sichtbar ihre Schuldigkeit getan und es auch wirklich hinter sich.

Nur: erstmal geht ja nur die gelbe Quarantäneflagge unter der Steuerbordsaling hoch. Ich fahre mit dem Dinghy zum Einklarieren und nehme Ute von der gleichzeitig angekommenen Tairua mit.

Ursprünglich wollten wir ja auf die französische Seite der geteilten Insel. Dann aber hat Saint Martin vor ein paar Tagen einen verpflichtenden Covidtest eingeführt. Das hätte einigen Aufwand für uns bedeutet, denn auf Antigua hätten wir diesen Test nur im Krankenhaus in St. John’s machen können. Kosten: 200,- € pro Person, zudem nur mit Terminanmeldung eine Woche vorher. Inzwischen soll es auch eine Möglichkeit geben, die Testentnahme privat in Falmouth machen zu lassen, dann allerdings gegen zusätzliche weitere Gebühren. Zudem ist für die nächsten Tage eher Nordschwell angesagt, was eher für den südlichen Teil der Insel spricht.

Also haben wir unser Ziel einfach auf die (ehemals) holländische Seite der Insel verlegt. Zwar haben sich auch in Sint Maarten die Einreisebestimmungen gerade kürzlich verändert, aber ein COVID Test ist bei Eireise aus dem „Low-Risk-Land“ Antigua weiterhin nicht erforderlich. Die neuerdings notwendige „EHAS“-Selbstauskunft (Electronic Health Authorization System) stellt keine große Hürde dar und ist auf http://www.noonsite.com auch direkt verlinkt. Weitere elektronische Dokumente sind laut Noonsite nicht gefordert (was sich als nicht mehr richtig erweist). Ok, 30,- US$ pro Person sind im EHAS-Anmeldeverfahren für eine „COVID-Versicherung“ zu bezahlen, obwohl man unmittelbar vorher bestätigen musste, ausreichend umfangreich krankenversichert zu sein. Dafür kommt aber auch prompt eine vierseitige vorläufige „Authorization Pre Approved“ per Email zurück.

Sicherheitshalber setzen wir uns aber noch mit Kirk und Helen von der „Landscape“ in Verbindung, Salty Dawgs, die gerade letzte Woche nach Sint Maarten gegangen sind. Kirk berichtet, dass auf dem Tisch des Einklarierungsbüros ein handschriftlicher Zettel klebt, demzufolge man die letzte Clearance, Schiffspapiere, EHAS und Crewliste vorab an drei aufgeführte Email-Adressen senden muss. Auch wenn sich das auf keiner offiziellen Seite wiederfindet machen wir es sicherheitshalber.

Kirk hatte von einer der drei eine positive Rückmeldung erhalten. Das ist aber weder bei Ute noch bei mir der Fall. Eine Adresse existiert nicht mehr, von einer kommt eine automatisierte Mail zurück:

Thank you for contacting Collective Prevention Services (CPS). Please note that this inbox is primarily for the reporting of infectious diseases or for concerns related to vector control, youth health care and health promotion. NOTICE: If you need assistance with travel and the electronic health authorization system (EHAS) please visit: https://stmaartenentry.com/ or email: ehas@sintmaartengov.org

Nicht hilfreich, das hatten wir ja schon.

Die dritte Mailadresse seaborder.info@policesxm.sx meldet sich nicht (erhält aber wohl die Email).

Ok, immerhin haben wir alles getan, oder? Oder eben nicht. Im Bürogebäude der Clearance gibt’s eine kleine Schlange, der vor uns rauft sich die Haare. Drei weitere Formulare bekommen wir ausgehändigt, die müssen ausgefüllt und dann per Email an die drei schon geschilderten Adressen gesandt werden. Darunter (nochmal) die Crewliste und der schon aus Antigua bekannte offenbar für die Großschifffahrt gedachte „Annex 8, Model of Maritime Declaration of Health“, in dem unter anderem eine etwaige Übersterblichkeit/-krankheitsneigung gegenüber normalen Passagen sowie die Anzahl der Toten abgefragt wird. Der vor uns hat weder Handy noch Computer dabei und zieht ab.

Ich erkläre, dass wir ja gerade angekommen sind, uns mangels Einklarierung noch keine SIM-Karten kaufen konnten und ergo der Emailversand schwierig ist. Die nette Dame am Schalter erwidert, dass ich das doch im WLAN bei McDonalds machen könnte. Ja, so ist das in Covid-Zeiten sicher total sinnvoll. Normalerweise darf man sich ja auch vor Einklarierung nicht frei bewegen, aber wenn die Immigration uns expliziert dazu auffordert? Aber Ute findet ein freies WLAN vor Ort (wenn auch nicht von einer der Behörden) und so bekommen wir die Formulare versandt. In kleinen Häppchen, sonst ist die Mail zu groß. Und – ähh – die Pässe bitte auch noch fotografieren und einschicken. Und die erhaltene Bestätigung des EHAS. Machen wir doch alles gerne in einem unbekannten nicht offiziellen WLAN. Danach bitte die ganzen Unterlagen in Papierform am Schalter abgeben, aber erst nachdem die Kollegin den Eingang der Mails bestätigt hat.

Teilweises Happy End: Wiebke und ich sind einklariert, haben die Stempel im Pass und dürfen uns frei bewegen. Morgen wiederkommen müssen wir trotzdem, denn der Kollege von der SLAC (Simpson Bay Lagoon Authority) ist heute nicht da, da müssen wir morgen noch bezahlen.

Nachtrag: nachdem wir schon einklariert sind, kommt dann doch noch eine (positive) Antwort von der zweiten Email-Adresse.

Bei Ute und Russ hat eine offenbar verantwortliche Person die Mails noch nicht gesehen, das gesamte Einklarieren kann deshalb erst später (morgen?) passieren.

Tschüss Antigua

Tschüss Falmouth, tschüss Antigua.

Das waren wieder wunderschöne zweieinhalb Monate mit Dir.

Aber: in den letzten zwölf Monaten waren wir insgesamt fünf Monate auf Antigua und Barbuda 🇦🇬. Wird mal wieder Zeit für etwas neues.

Jetzt geht’s in die Nachtfahrt nach Sint Maarten 🇸🇽, gut 90 sm, wir sollten morgen Vormittag ankommen. Der Wind ist gleichmäßig und mit um die 10 kn eher ruhig angesagt und soll laut Wetterbericht aus einem wahren Windwinkel (TWA) von 140 Grad wehen. Daher die für uns eher ungewöhnliche Nachtfahrtvorbereitung mit gesetztem Gennaker.