Auf in die Bahamas

Tschüss, Dominikanische Republik. Du hast uns wunderbar angenehm überrascht. Wenn wir ganz ehrlich sind, hatten wir kaum eine Vorstellung von Dir. Urlaubsinsel mit Hotels an Sandstränden einerseits, eher arm im Vergleich zu den meisten anderen Inseln der Karibik andererseits, so viel war klar. Widersprüchliches hatten wir zur maritimen Infrastruktur und auch zur Sicherheitslage in manchen Häfen gelesen. Die größte Verlockung waren die Wale, für deren Sichtung Du zwischen Januar und März so gute Chancen bieten sollst.

Und: Buckelwale gleich zur Begrüßung, palmengesäumte Hänge der Hügellandschaft, freundliche Aufnahme und unaufdringliche, zuvorkommende Menschen. Santa Bárbara de Samaná bunt, unzweifelhaft auch laut und (für uns) chaotisch, exotisch. Ein gutes Sicherheitsgefühl. Obst und Gemüse im Überfluss und zu unglaublich günstigen Preisen auf dem Markt. Spannende Ausflüge in die Umgebung und den faszinierenden Nationalpark “Los Haitises” mit seinen „schwebenden” Inseln, seinen Höhlen und den traumhaften Ankerplätzen.

Und schon sind wir zwei Wochen hier. Viel zu kurz, viel zu wenig gesehen von der Insel. Aber das ist ein Dilemma, das jede noch so lange Reise begleitet. Man möchte die Welt bereisen, verschiedene Orte, Länder, Kulturen kennenlernen. Und man möchte bleiben, mehr und noch intensiver eintauchen in das Leben vor Ort, hinter die Fassaden schauen, Menschen besser kennenlernen.

Die Dominikanische Republik war nur als Zwischenschritt auf unserer Seereise geplant, als kleine Wundertüte. Und jetzt macht sie uns den Abschied schwer. Zwei Wochen waren wir hier, aber die eben in der Bucht vom Samaná. Wir sind ein bisschen angekommen an diesem Ort, “unsere” Obstverkäufer erkennen uns wieder, “unsere” Rikschafahrer, “unsere Bedienung” in der Cocktailbar auf dem Malecón mit dem leckeren Fingerfood,

Andererseits: wir freuen uns auf die Bahamas, ein Sehnsuchtsort, den wir im letzten Frühsommer nur durchfahren, aber nicht intensiv erkunden durften (“Innocent Passage” wegen COVID-bedingter Schließung der Grenzen des Inselstaates).

Jetzt wollen wir uns Zeit nehmen, die vielen kleinen Inseln der Bahamas zu erkunden, gerade auch die etwas abgelegeneren.

Wir absolvieren den für die Einreise in die Bahamas erforderlichen PCR-Covidtest, können drei Stunden später die Ergebnisse im Labor abholen. Gehen in der Zwischenzeit noch einmal auf den Markt, kaufen Obst und Gemüse auf Vorrat für die ziemlich teuren Bahamas. Nochmal in den Supermarkt, um auch die länger haltbaren Vorräte aufzustocken. Eine Motorrikscha bringt uns vier und die Berge an Einkäufen zurück zur Pier, wo wir sie (mangels echtem Dinghydock) etwas abenteuerlich hinunter in das mit Heckanker am Betonkai herumschlingernde Beiboot bugsieren.

Zubereitungstips auf Deutsch für Yuca und Yams vom Mann der Marktfrau, der eigentlich als Reiseleiter arbeitet. Mangels Touristen hilf er jetzt seiner Frau.

Ausklarieren bei der Immigration, der super freundliche Officer dort darf aber selbst nur einklarieren. Er ruft seinen Chef an, der kommt nach kurzer Wartezeit mit dem Roller angebraust, bringt zwei mit einem Schloss gesicherte Stempel mit und klariert uns aus.

Weiter zur Armada, um das Despacho für die Weiterfahrt in die Bahamas zu erhalten. Aber erst das (abgelaufene) genutzte Despacho für „Los Haitises“ im Original abgeben. Ach so. Noch ein bisschen warten, bis der Chef unterschrieben und gestempelt hat, mit einem Armada-Officer zur Flora fahren, denn dort erst wird das ausgefertigte Dokument übergeben. Kann losgehen.

Noch nicht ganz. Denn erstmal beantragen wir mit den COVID-Testergebnissen online das Bahamas Health Visa unter http://www.travel.gov.bs, aber leider lässt die Rückmeldung auf sich warten. Als wir es das letzte Mal von den USA aus beantragten, hatten wir innerhalb von zwei Stunden die Zusage. Diesmal ist am nächsten Morgen der Status immer noch „Pending“, also in Bearbeitung. Wir verholen erst einmal hinaus zur Bacardi-Insel und werfen dort noch einmal den Anker. Eigentlich würden wir den Formalkram gerne vor der Abfahrt erledigt haben, denn erst bei Zusage können wir im nächsten Schritt 70 US$ an die Bahamas überweisen, die Health-Visa erhalten und damit dann auch das Cruising Permit für die Bahamas unter http://www.besw.gov.bs beantragen („click2clear“, was zur Not allerdings auch noch als erster Schritt in den Bahamas erfolgen könnte).

Um 11.00 immer noch „Pending“, also fahren wir los und hoffen, das sich der Status in der Zeit ändert, in der wir noch Empfang haben. 300 sm liegen vor uns bis zum Ankerplatz bei Matthew Town auf Great Inagua.

In den Bahamas selbst wird Internetempfang nicht immer gegeben sein. Wir können dann – wie auf langen Passagen – zwar über IridiumGo Texte im Blog posten, aber keine Bilder. Mal sehen.

Es scheint nicht immer die Sonne …

… aber die Sonne kommt immer wieder durch. Wie schön ist das denn?

Ein Tropenschauer weckt uns kurz vor Sonnenaufgang. Es prasselt auf das Deck, als würde es hageln. Das achtere Fenster über unserem Bett fängt an, leicht zu lecken. Hm, da müssen wir wohl demnächst mal dran arbeiten. Vorläufig muss es ein hinter die Gardine gestopftes Handtuch tun. Um das Fenster auszubauen, brauche ich eine längere trockene Phase und und die sind aktuell rar gesät. Aber nur noch ein paar Tage, dann sollte es wieder trockener werden. Irgendwoher muss das ganze Grün dieser schönen Insel ja auch kommen 😊.

Wir gehen noch einmal in die Stadt. Erstmal in den “Claro”-Laden, Telefonkarte verlängern, weil die App nicht funktioniert. Es ist wohl wie so oft das 30cm-Problem (das Problem ist 30cm vor dem Bildschirm). Ich habe zwar die Claro-App heruntergeladen, aber im AppStore nicht das Land verstellt. Also glaubt die App, ich wolle sie in Deutschland anwenden, außerhalb des Claro-Vertriebsgebietes. Hm. Muss man erstmal wissen.

Dann Gemüse kaufen. Wir machen uns auf den Weg zum Markt, aber auch die Mini-LKW am Straßenrand sind verlockend. Von der Ladefläche aus wird Obst und Gemüse verkauft, selten ohne dass ein voll aufgedrehter Lautsprecher dessen Vorzüge per Dauerschleife verkündet. Ein paar von diesen kleinen Trucks hinter- oder nebeneinander und schon sind unsere Seglerohren von der ungewohnten Druckbeschallung überfordert. Gehört hier aber einfach ebenso dazu wie das Hupen bei jedem Überholvorgang und macht das bunt chaotische Gewusel erst perfekt.

Das Grüne in Wiebke’s Hand und der Kiste am Truck sind übrigens Orangen. Wir haben bei den Jungs sowohl die etwas größeren Bitterorangen (Pomeranzen) als auch die hier etwas kleineren Orangen (Apfelsinen) gekauft. Beide sind außen grün oder grün-gelb marmoriert. Das ist kein Zeichen mangelnder Reife, vielmehr ist es die natürliche Farbe in auch nachts warmen (und feuchten) Gebieten. Erst ab Temperaturen von 12 Grad Celsius und weniger wird das für die grüne Farbe verantwortliche Chlorophyll in der Schale natürlich abgebaut und die Orangen werden … eben orange. Weil vielen Konsumenten grüne Orangen aber suspekt sind, werde grüne Orangen in der EU oft mit dem Reifegas Ethylen behandelt. Das ist auch bei Biofrüchten zugelassen, setzt aber die Haltbarkeit herab.

Außer bei den Trucks kaufen wir auch auf dem Markt noch ein, einen Bund Koriander und einen Bund Petersilie zum Beispiel:

Das (übrigens wirklich günstige) Obst und Gemüse wird zurück an Bord erst mit Salzwasser gewaschen, dann mit Süßwasser gespült und im Cockpit getrocknet.

Und nein, es steht keine lange Passage an, wir wollen nur für ein paar Tage in das Naturschutzgebiet “Los Haitises” auf der Südseite der Samaná-Bucht.

Dafür allerdings müssen wir uns zunächst ein “Despacho de embarcaciones menores” besorgen. Das Despacho wird von der Armada erteilt, quasi die Abfertigung von diesem und Erlaubnis zum Anlaufen eines anderen (im Despacho benannten) neuen Ankerplatzes. Man darf hier in der Dominikanischen Republik ohne ein solches Despacho nicht einfach weitersegeln.

Wir gehen am Dienstag zur Armada, um das Despacho für 5 Tage Nationalpark ab Mittwoch zu beantragen. Alles wird ordnungsgemäß ausgefüllt, wie schon beim Einklarieren werden wir wieder zum Kopieren von Dokumenten (Bootspapiere, Pässe, Quittung der Hafenbehörde vom Einklarieren) in den nahe gelegenen Copyshop geschickt, bringen die gewünschten Kopien und das Despacho ist fertig. Bloß wird es uns nicht ausgehändigt, wir sollen am Mittwoch um 9.00 wiederkommen.

O.k., machen wir natürlich. Aber das Papier wird uns nicht etwa in die Hand gedrückt, sondern ein Soldat der Armada wechselt seine Kampfuniform gegen Jeans und leuchtoranges Armada-Shirt, geht mit uns zum Hafen und steigt in ein schon wartendes kleines Boot, das dann unserem Dinghy zur Flora folgt. Dort wird ein Handyfoto gemacht, auf dem der Armada-Mitarbeiter, das Despacho, die Flora und ich erkennbar sein müssen, was im zweiten Anlauf zufriedenstellend klappt. Und jetzt bekommen wir das Despacho übergeben. Interessantes Detail: neben dem Datum ist im Despacho vermerkt, dass es im 177sten Jahr der Unabhängigkeit der Dominikanischen Republik erteilt wurde.

Bezahlen müssen wir nichts, “Listo”, fertig. Muchas gracias.

Der nächste Tropenschauer kommt, das offene Armadaboot saust eilig davon. Schon kurz darauf kommt die Sonne wieder durch. Wir können los. ☀️ 😁

Santa Bárbara de Samaná und Salto El Limón

Der Ort Santa Bárbara de Samaná, zugleich Hauptstadt der Provinz Samaná, ist ein Zentrum des Tourismus im Nordosten der Dominikanischen Republik. Nicht zuletzt auch wegen der über 1.000 Buckelwale, die in den ersten Monaten des Jahres hierher in die Bucht kommen. Aber trotzt offener Grenzen sind die Hotels der Gegend offenbar alles andere als gut gefüllt, einige Whalewatching-Touren gibt es natürlich gleichwohl. Brauchen wir aber ja nicht, nachdem uns die Buckelwale schon so einen wunderbaren Empfang bereitet haben.

Überhaupt weicht das Bild, dass die Fremdenverkehrsseiten von Samaná zeichnen, ein kleines bisschen von dem Eindruck der Stadt ab, den wir bisher gewonnen haben. So oder so ähnlich sehen die Bilder der Tourismusbehörde aus, die auch in einem dieser Postkartenhäuser am Malecón ihre Dependance hat:

Bunt, ja. Aber auch deutlich gepflegter und weniger quirlig, als der Ort sich sonst präsentiert. Ein schönes Beispiel dafür ist der Markt, nur etwas weiter die Straße hinauf von der Promenade.

Was uns bei Obst und Gemüse positiv auffällt ist die fehlende Kühlung, so hält es sich an Bord wesentlich länger. Bei Fisch und Fleisch fehlt sie auch, das macht aber weniger Freude. Kleidung wird aus großen Säcken auf die meist zuvor mit Pappe ausgelegte Erde gekippt und aus diesen großen Bergen heraus verkauft. Bevorzugtes Verkehrsmittel sind kleinere Motorräder, meist ohne Helm und gern mit drei oder mehr Personen belegt. Es gibt auch Motorradrikschas und natürlich Autos. Anders als in Puerto Rico aber eher nicht amerikanische V8-SUVs. Es mutet afrikanisch an, und das nicht ohne Grund. Ein Großteil der Bevölkerung hat seine Wurzeln dort und stammt von verschleppten Sklaven ab, was sich auch in der lokalen Küche und sogar der hiesigen Kirchenlandschaft mit einer wichtigen afrikanisch-methodistischen Episkopalkirche widerspiegelt.

Das man hier auf Touristen eingestellt ist, zeigt sich derzeit vor allem an den Ausflugsangeboten. Neben dem Whalewatching werden insbesondere Bootstouren hinüber in den Nationalpark Los Haitises oder auf die „Bacardi“-Insel Cayo Levantado angeboten. Luis, der uns beim Einklarieren geholfen hat, sammelt die Crews von 5 Booten für einen Hike zum Wasserfall „Salto de Limón“ ein, die zudem noch ein paar Stops beinhaltet. 22 Euro pro Person, touristisch, klar, aber auch sehr informativ. So lernen wir etwa, dass die meisten Zigarren nicht etwa in Kuba, sondern eben der Dominikanischen Republik produziert werden. O.k., das ist eine quantitative, keine qualitative Aussage. Aber die Manufaktur, die wir besichtigen (Las Ballenas Premium Cigars) zeigt uns eben auch, wie gute Zigarren in Handarbeit von einem Torcedor (Zigarrenroller) erstellt werden.

Nebenbei lernen wir auch noch einiges über andere lokale Produkte, etwa Kakao. Zum Beispiel, dass die Kakaofrucht einmal aufgeschlagen so aussieht:

und die Kakaobohnen in ihrer Fruchtfleischhülle zwar gelutscht (schmeckt etwa wie Litschi), aber nicht gekaut werden sollten. Braucht dann doch noch ein paar Verarbeitungsschritte, bis da vernünftige Schokolade draus wird 😉.

Aber dieses Wissen ist bei unserem nächsten Ausflugsteil, dem eigentlichen Hike, dann auch gleich nützlich. Denn mit Hilfe unseres Guides erspähen wir im Wald wilde Kakaobäume, gut zu erkennen an den (allerdings noch grünen und damit unreifen) Kakaofrüchten.

Wir könnten den ersten Teil des 2,5 km Hikes zum Wasserfall von El Limon auch auf dem Rücken eines (geführten) Pferdes zurücklegen, aber wir genießen lieber die schöne Wanderung durch den Wald, die zumeist an einem Flüsschen entlang führt. Witzig ist, dass die Reiter Gummistiefel erhalten, weil die Pferde den lehmigen Weg doch etwas matschig treten. Wir können aber in Wanderschuhen ganz gut „neben der Spur“ entlang gehen.

Auch die Jicoteas (oder Hicoteas) Dominicana, eine endemische Sumpfschildkröte, genau genommen eine nur hier auf der Insel heimisch vorkommende Unterart der Nordamerikanischen Buchstaben-Schmuckschildkröte, hätten wir sonst wohl eher nicht gesehen und auch das Muli des Kokosnussammlers wäre uns vielleicht nicht aufgefallen oder jedenfalls hätte sich uns der Sinn der Körbe nicht erschlossen.

Erstmal kommen wir zur „Cascada pequeña“, dem kleinen Wasserfall.

Schon ganz hübsch, aber das eigentliche Ziel der Wanderung folgt dann etwas später und ist auch mehr mit anderen (überwiegend einheimischen) Touristen zu teilen. Der „Salto El Limón“ stürzt etwas mehr als 40 m in die Tiefe und ergießt sich in ein Becken, in dem wir baden können. Ein Süsswasserbad, lange nicht gehabt. 😁

Auf der Rückfahrt sehen wir einmal mehr, wie weit die Schere hier in der Dominikanischen Republik auseinandergeht. Es gibt prachtvolle Ville hinter hohen Mauern, aber vor allem sehen wir auch viele kleine Hütten, meist bunt bemalt, manchmal aber auch nur schlichtes rohes Holz, deren Wohnfläche kaum als Familienheim zu taugen scheint. Nebenbei, es gibt eine unfassbar hohe Anzahl an Bancas und an Lotecas, beide bezeichnen Lotterieverkaufsstellen. Aber in Lateinamerika stehen die Einwohner der Dominikanischen Republik mit ihrer Lotteriebegeisterung wohl nicht allein.

Karibische Bordküche

Wir hatten es bereits angedeutet, unsere Bordküche wird karibischer. Wir bummeln gerne über die Märkte und durch die Geschäfte, um neue Sachen zu entdecken. Auf den Kapverden zB wurden viele verschiedene Blätter als Tee verkauft. So trinken wir jetzt aufgebrühte Maracujablätter. Soll gegen Stress helfen. Ob es daran liegt, dass wir uns so entspannt fühlen? Bananenketchup gab es auf Bequia, lecker zu Fisch. Schon in St. Pierre auf Martinique, aber insbesondere in Roseau und Portsmouth auf Dominica gibt es auf den Märkten tolles Obst und Gemüse, Frühlingszwiebeln, Kräuter! Unser Guide bei der Tour auf dem Indian River hat uns viel über die einheimische Küche berichtet. Jeder hier hätte ein eigenes Stück Land und baut sein Gemüse selbst an. Deshalb würden die Leute so alt auf Dominica. Er hat von der gesunden Wirkung von grüner Papaya berichtet.

Sieht erstmal nicht so lecker aus. Ist auch nicht so einfach zu entkernen und zu schälen, da sie noch so hart ist. Aber der Thaisalat mit grüner Papaya war super.

In den Grenadinen haben wir auf dem Markt eine Kokosnuss geschenkt bekommen. Ralf hat dann auf Martinique erstmal eine Machete gekauft, damit wir sie auch öffnen können. So kommen wir an das Fruchtfleisch ran. Das gibt es auf einer karibischen Bowl.

Mit Reis, Avocado, roter Papaya, Kokos, scharfem Rotkohlsalat und gebratenen Bananen.

Überhaupt Bananen. Die gibt es hier als „normale“ Bananen in allen Größen und super lecker, manchmal mit einem leichten Zitrusgeschmack. Und dann als Kochbananen. Das müssen wir natürlich auch ausprobieren. Die Kochanleitung gab es beim Einkauf gleich dazu: Die Enden abschneiden, die Schale einmal längs einschneiden und dann 20 Minuten in Salzwasser kochen. Schmeckt relativ neutral, ähnlich wie Kartoffeln, aber süßer und macht satt. Dazu gab es gebratenen Grünkohl – ja, auch den gibt es in der Karibik. Gewürzt mit Knoblauch, Ingwer und Zimt aus Dominica.

Auf dem Weg vom Markt in Portsmouth zurück zum Schiff, verkauft noch jemand in seinem Vorgarten Gemüse. Ich erstehe einen Kohl, der an Mangold erinnert, hier Chinakohl heißt, aber völlig anders aussieht als unser Chinakohl.

Er reicht für mehrere Gerichte. Einmal gibt es ihn in der Pfanne geschmort mit Kichererbsen, Sardinen (aus der Dose) und Paprika, gewürzt mit Ingwer, Zimt und Chili.

Dann gibt es ihn mit schwarzen Oliven und Feta, dazu Rotkohlsalat mit Balsamicoessig und Linsen.

Den Rest gab es mit Spagetti, getrockneten Tomaten und Basilikum.

Die Avocados hier sind ein Traum. Als Guacamole oder als schnelles Mittagessen auf Baguette:

Manchmal – aber eher selten – gehen wir auch essen. Mittags eine Kleinigkeit wie die typischen Accras – frittierte Fischbällchen und Fischtatar mit frischem Saft und tollem Ausblick.

Oder – wir sind in Frankreich – ein Drei-Gänge-Menü. Hier auf Terre de Haut, Les Saintes gibt es mehrere Restaurants mit Gault&Millau Erwähnung. Wir wählen das Ti Bo Doudou und machen am Vortag eine Reservierung. Und werden belohnt:

Marinierter Fisch in Kokosmilch

Rillettes de Langouste

Mahi-Mahi mit Passionsfruchtsauce

Glückliche Gesichter:

Zu den Heiligen

Ein letzter Besuch auf dem großen samstäglichen Markt in Portsmouth, wir frischen unsere Bestände an lokalem Obst, Gemüse und Kräutern auf. Außerdem kaufen wir hausgemachtes Kokosnussöl, unsere Küche wird langsam karibischer. Neben den übrigen Marktständen kommen am Samstag offenbar viele lokale Verkäufer und handeln entweder direkt aus dem Kofferraum oder von kleinen Klapptischen oder auf der Straße ausgebreiteten Decken aus ihre Ware.

Beim Gang zum Markt und zurück werden wir einmal mehr eindringlich an die Auswirkungen des Hurrikans Maria vor gut zwei Jahren erinnert.

Auffällig sind außerdem die vielen öffentlichen Wasserhähne auf dem Gehweg. Viele Einheimische holen hier in Kanistern ihr Frischwasser, aber auch einige der kleinen Hütten (würden als Vorbild für den Microhome-Trend taugen) haben Anschluss ans Wassernetz, wie wir aus den aus dem Bürgersteig auftauchenden Wasseruhren zu erkennen glauben.

Dominica hat uns richtig gut gefallen.

Trotzdem, jetzt geht’s los zu den Heiligen. Übrigens, Dominica trägt seinen Namen nicht deshalb, weil Kolumbus langsam die Namen von Heiligen ausgegangen sind, wie der Revierführer Chris Doyle mit Blick auf die vielen nach Heiligen benannten anderen Inseln des Antillenbogens spaßig anmerkt. Vielmehr ist Kolumbus auf seiner zweiten Entdeckungsreise zwischen Dominica (das er benannt, aber nicht betreten hat) und Gouadeloupe auf den Inselbogen getroffen und hat erst danach die nördlicher gelegenen Inseln „entdeckt“, benannt und für die kastilische Krone in Besitz genommen, die Îles des Saintes (von ihm „Los Santos“ genannt) an Allerheiligen 1493. Die erste Entdeckungsreise hatte lediglich die Bahamas, Kuba und Hispaniola berührt.

Wie auch immer – die Îles des Saintes (Inseln der Heiligen) gehören zu Guadeloupe und damit wieder zu Frankreich. Und da wollen wir jetzt hin:

Catania

Kontraste: Nach dem Blauwasser des letzten Posts folgte die Großstadt. Catania, 400.000 Einwohner und die zweitgrößte Stadt Siziliens. Statt des offenen und rolligen Ankerplatzes vor dem Strand von Africo nun die (jedenfalls bei den herrschenden Winden) gut geschützte Marina Circulo Nautico NIC, die am Ende des betriebsamen großen Industrie- Fähr- und Fischerhafens liegt. Statt klarem Freiwasser undurchsichtige und mit Abfall durchsetze Stadthafenbrühe. Und auch Catania selbst ist voller Gegensätze. Einerseits voller Geschichte, mit noch sichtbaren Wurzeln aus der Antike, wie etwa den Resten des ehemals mit zu den größten im römischen Reich gehörenden Theater Anfiteatro Romano.

Gelegen zwischen vielen anderen deutlich neueren und doch historischen Bauten, im Stadtzentrum sind das praktisch fast alle Gebäude, Neubauten gibt es dort wenige. Aber selbst auf Prachtstraßen, wie der zum Theatro Massimo Bellini führenden Via Guiseppe Perrotta ist zu erkennen, dass Catanias Bauten eher einen leicht morbiden Charme ausstrahlen.

Uns gefällt die Stadt mit ihren freundlichen Bewohnern trotzdem. Wir fragen uns, ob bei einer Stadt, die auch die Tochter des Ätna genannt wird und die in ihrer Geschichte immer wieder von schlimmen Erdbeben und Vulkanausbrüchen gebeutelt oder gar zerstört wurde, die Einwohner der äußeren Pflege der Gebäude einfach weniger Aufmerksamkeit widmen. Wie die Häuser wohl innen aussehen? Jedenfalls tun sich immer wieder Blicke in Innenhöfe auf, die unser Interesse wecken. So wie hier

oder hier, im Garten der juristischen Fakultät der Universität:

Und auch die quirligen wirklich aktiven Märkte haben es uns angetan:

Ach ja, die Lebensmittel 😉: Wir müssen uns da wohl noch etwas umgewöhnen. Ob es der Wein ist, der im kleinen Alimentari genannten Lebensmittellädchen aus Fässern verkauft und in 2-Liter-PET-Wasserflaschen abgefüllt wird

oder – wiederum auf dem Markt – die reichlich angebotenen Schnecken 🐌, bitte genau hinsehen:

Von wegen genau hinsehen: Unseren neuen und in Griechenland vom Fachmann erworbenen und angebauten aber schwächelnden (fast keine Leistungsabgabe) Windgenerator haben wir hier übrigens trotz italienisch fachmännischer Hilfe nicht zur Arbeit überreden können, aber immerhin die Ursache entdeckt: es ist die 24 Volt, nicht die 12 Volt Version. Entsprechende Umrüstung soll jetzt in zwei Wochen in Palermo erfolgen.

Aber es gibt auch richtig Schönes zu vermelden: Nichte Emma und Neffe Emil sind wohlbehalten eingeflogen und verstärken bis Palermo unsere Crew. Heute sind wir noch einmal gemeinsam durch Catania gestreift und sind dann schön hinauf nach Taormina gekreuzt, wo wir jetzt vor Anker liegen.