Auf nach Guna Yala

Es ist voller geworden in der Shelter Bay Marina. 23 Boote der “Oyster World Rally” sind angekommen. Die meisten sind ziemlich groß, die kleinste ist 54 Fuß, die meisten um die 60, zwei Boote über 70 Fuß lang. Und in großem Umfang mit bezahlter Crew unterwegs, für die es sogar eigene Partys (ohne die Eigner) gibt. Wir unterhalten uns sehr nett mit den Eignern der einzigen deutsch geflaggten Yacht der Flotte. Rund 15 Monate dauert die Rally, von Antigua nach Antigua, einmal um die Erde. Zum Vergleich: wir sind mit der Flora jetzt schon doppelt so lange unterwegs und gerade erst am Tor zum Pazifik angekommen. Allerdings genießen wir es sehr, Zeit zum Erkunden der besuchten Orte zu haben und eben auch viele verschiedene Stops machen zu können.

So auch hier in Panama. Nach den faszinierenden Bocas del Toro und dem Aufenthalt hier in der Shelter Bay soll es jetzt, wo der Papierkram für die Kanalpassage auf dem Weg ist, erst einmal ein paar Wochen nach Guna Yala gehen.

Guna Yala (Land der Guna) ist eine teilautonomes Region Panamas. Das weitgehende Maß an Selbständigkeit haben sich die indigenen Kuna/Guna in blutigen Auseinandersetzungen ab 1925 hart erkämpft. Das stolze Volk ist deshalb nicht glücklich darüber, wenn das Archipel mit dem international bekannteren spanischen Namen “San Blas Inseln” bezeichnet wird.

Aber um in diese Inselgruppe zu gelangen, müssen wir erst einmal aus der Panamakanalzone heraus und dann etwa siebzig Meilen nach Osten, gegen den derzeit recht kräftigen Passatwind mit der entsprechenden, etwas über zwei Meter hohen Wellen.

Die Rekordzahl von 429 empfangenen AIS-Signalen melden unsere Instrumente, aber wir passen eine gute Lücke zwischen den ein- und ausfahrenden Frachtern ab und kommen wir gut durch die Molen. Draußen liegen die Frachter auf Reede und wir motoren noch ein Stück zwischen ihnen hindurch, bis wir die Segel hoch nehmen.

Wir teilen die Strecke nach Guna Yala in zwei Etappen auf. Erst geht es gute zwanzig Seemeilen nach Nordosten um das Kap Punta Manzanillo. Kurz danach können wir vor der Linton Bay Marina geschützt ankern. Dieses erste Stück hat es allerdings in sich. Wir müssen aufkreuzen, Wind und Welle kommen genau auf die Nase. Der Wendewinkel bei diesen Bedingungen ist nicht gut und so werden aus den gut 20 sm fast 40 sm. Knackiges Segeln.

Am nächsten Tag segeln wir dann von Linton Bay nach Chichime in Guna Yala. Die Küste in diesem Abschnitt ist rauh und felsig. Steil aufsteigende Hänge, grün bewachsen aber schwer zugänglich, mit vorgelagerten Felsinseln.

Was für ein Unterschied dann, als wir den Punta Ciengas und damit den Golfo de San Blas erreichen. Das hohe Land springt zurück, statt dessen tauchen in seiner Verlängerung erste flache palmenbestandene Inseln auf. Über 340 sollen es sein (auch hier spukt ein ums andere Mal die 365 – für jeden Tag eine – durch die Literatur). Ein Cruiser-Paradies mit klarem Wasser und unzähligen Ankerplätzen vor palmenbestandenen Sandstränden, allerdings auch voller Riffe und damit navigatorisch anspruchsvoll. Nur etwa 50 der Inseln sind dauerhaft bewohnt, die insgesamt etwa 33.000 Kuna bewirtschaften aber jede einzelne Palme auf den Eilanden. Gemüse wird auf dem Festland angebaut. Neben dem Fischfang bestreiten die traditionell lebenden Kuna ihren Unterhalt vor allem durch den Verkauf von Molas. Diese kunstvoll gearbeiteten Stoffstücke werden in einer aufwändigen Stickerei- und Durchbrucharbeit mit mehreren übereinander liegenden verschiedenfarbigen Stoffen gefertigt. Traditionell graphische Muster mischen sich mit Tiermotiven. Die Molas haben sich inzwischen über Guna Yala hinaus zu einem der Symbole Panamas entwickelt.

Als ersten Ankerplatz haben wir Chichime ausgesucht, für uns gut erreichbar und zudem mit einer vergleichsweise einfachen Zufahrt. Beim Näherkommen sieht es danach allerdings gar nicht aus. Zwar liegt ein gutes Dutzend andere Boote recht ruhig zwischen den beiden Inseln Uchutupu Pipigua und Uchutupu Dummat, aber der hohe Schwell scheint quer über die ganze Einfahrt zu brechen.

Der Rumpf eines Segelbootes liegt auf dem Riff. Und nicht allein, ein Stückchen weiter rostet die 58 m lange San Blas Ferry auf dem gleichen Riff vor sich hin. Interessanterweise lief sie in Panama nie als Fähre, ein Österreicher hatte sie in Kanada günstig gekauft und umbenannt, weil er hier ein Fährgeschäft zwischen Panama und Kolumbien aufbauen wollte. Er bekam allerdings keine Genehmigung und das unversicherte Schiff strandete nach Motorschaden 2016 dann ausgerechnet bei den namensgebenden Inseln.

Die Einfahrt finden wir dann zum Glück doch. Zwar fehlt die in der Seekarte verzeichnete Ansteuerungstonne, aber als wir einen kleinen Haken schlagen können wir mit der Sonne im Rücken die Lücke zwischen den Riffen (und den Brechern) gut erkennen. Und drinnen ist erst dann tatsächlich erstaunlich ruhig.

Kaum ist der Anker unten im Sandgrund auf in 11 m Wassertiefe, kommt auch schon das erste Kuna-Boot angebraust und bietet uns Molas an. Wir wollen aber erst einmal ankommen und vertrösten die beiden auf den nächsten Tag.

Und um halb neun in der Früh sind dann Yessica (die Künstlerin, zugleich bei den matriarchisch organisierten Kuna die Chefin und Verhandlungsführerin) und ihr Mann Romiliano auch gleich wieder da.

Auf unserem Achterdeck breiten sie nacheinander eine Vielzahl der von Yessica und anderen weiblichen Familienmitgliedern gearbeiteten Molas in unterschiedlichen Größen und Qualitäten aus. Zwischen zehn und fünfunddreißig Dollar dürfen die Molas kosten, haben uns andere Cruiser berichtet. Verlangt wird erst einmal mehr, Handeln ist gefragt.

Zwei wunderschöne Molas wechseln den Besitzer ☺️.

Pura Vida.

3 Gedanken zu „Auf nach Guna Yala

  1. Aah, schick!
    Die ersten beiden Molas wurden zu Flaschenisolierungen (und eine davon lebt noch immer).
    Ich ärgere mich, dass ich nicht viel mehr davon gekauft habe. Venanzio ist ein toller Künstler – ich mochte seine eher abstrakten „Tänzer“ und „Wellen“, beide arbeiten bei uns als Kissen 😉 .
    Und ein Lehrlingsobjekt – ein großer Entenvogel – war über Jahre meine Handtasche, aber das verträgt dann die doch filigrane Technik (Negativ-Applikation nenne ich das) leider nicht so lange wie gewünscht.

    Wir wünschen ganz viel Spaß. Und noch den einen oder anderen Venanzio !

    Gefällt 1 Person

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