Isla Boca

Eigentlich heißt sie Isla de Colon, aber in immer mehr Karten taucht sie als Isla Boca auf. Wohl, weil hier der Hauptort Boca Town liegt, vielleicht auch weil sich hier der Anlaufort für die Fähre und auch der kleine Flughafen befinden, die eben sozusagen das ganze Bocas del Toro Archipel abdecken.

Wir mieten uns Fahrräder, um die knapp 14 km lange uns 7 km breite Hauptinsel zu erkunden. Uns werden E-Bikes mit dicken Ballonreifen empfohlen. Ein nettes Gimmik? Nein, das hat schon seine Berechtigung. Die zwei Straßen sind vielfältig, aber meist eher schlecht 😉. Schlaglöcher im Asphalt, längere Schotterstrecken und – da machen die dicken Pneus sich richtig gut – auch Sandpisten. Und der kräftige Elektroantrieb hilft uns auch mehr als gedacht. Auf der Strecke von Bocas Town nach Bocas del Drago geht es längs auf dem Inselrücken entlang und dabei unerwartet oft und steil die Hügel hoch. Das hat aber auch zur Folge, das die Vegetation mehrfach wechselt. Die Palmen werden mehr und mehr durch hohe Bäume abgelöst, dazwischen immer wieder Weiden mit Kühen. Dann wieder wilde Bananenstauden am Straßenrand („Panama riecht von oben bis unten nach Bananen“ sagt der Bär zum Tiger in Janoschs Klassiker Oh wie schön ist Panama. Wir treffen mehrere Staßenbaukolonnen, die die wuchernden Bananenstauden zurechtstutzen.

Die Luftwurzeln des gleichen Baumes nochmal aus anderer Perspektive
Kuhweide

Aber an unserem ersten Ziel, Boca del Drago, sind wir wieder am Strand angekommen. Und an was für einem:

Boca de Drago ist die Einfahrt in das Archipel, die wir bei unserer Ankunft mit Flora genommen haben.

Hier ist die Straße zu Ende, zu Fuß gehen wir aber noch etwa 2 km weiter zum Playa Estrella, dem Strand der Seesterne. Lanchas bieten ihre Dienste an, aber wir verzichten auf die Bootstaxis. Wir haben gehört dass die Wanderung schön sein soll. Das ist sie denn auch ohne Zweifel. Mal direkt an dem fast immer palmengesäumten Ufer entlang, mal etwas schattiger ein kleines Stück hinter dem Strand windet sich der schmale Pfad.

Und immer wieder gibt es tolle Ausblicke.

Der Seesternstrand ist dann zwar schön, aber auch ziemlich mit Hütten zur touristischen Versorgung bestückt. So genehmigen wir uns hier nur einen Drink und dann gehts zurück. Auch mit den Fahrrädern, denn die Straße ist im wesentlichen eine Sackgasse. Erst kurz vor Boca Town biegt eine weitere Straße (also: die andere) ab und führt an die Nordküste der Insel.

Auch die lassen wir uns nicht entgehen, zu gerne wollen wir sehen, warum es die Wellenreiter hierhin zieht. Erst einmal aber entdecken wir andere Gleichgewichtskünstler. Eine Familie Mantelbrüllaffen zieht über uns durch die Bäume am Weg.

Dann aber haben wir die Surfer-Strände erreicht. Der Wind ist eher mau heute, aber offenbar reicht die Brandung trotzdem:

Also ab in die Surfer-Bar am Paunch Beach, noch ein bisschen schauen und lecker essen. Wir sind nämlich trotz E-Bike ziemlich geschafft. 44 Kilometer Radfahrt und 4 km Wandern werden es am Ende sein. Und das mit unseren inzwischen offenbar verweichlichten Seebeinen 😚.

Am nächsten Tag ist eher „Hausarbeit“ angesagt. Unsere Waschmaschine gibt leider gleich beim ersten Waschgang den Geist auf. Grr. Die Trommel scheint nicht frei zu drehen. Wir wuchten die Maschine aus ihrem engen Schrank im vorderen Bad und nehmen sie auseinander.

Zum Laufen bekommen wir sie nicht, aber immerhin können wir die Spezifikation des wahrscheinlichen Übeltäters, nämlich des Lagers der Trommel ausmachen. Wenn wir das Lager bestellen, könnte es in 7 bis 10 Tagen hier sein und ein örtlicher Mechaniker könnte es wechseln. Vielleicht.

Zeitangaben sind hier in Panama mit etwas Vorsicht zu genießen. Unsere Cruising Permit haben wir beantragt. Ich sollte in ein bis zwei Tagen vorbeikommen, dann sei es eingegeben und könnte (nach Bezahlung) übermittelt werden. Heute war ich wieder da. Nee, geht leider noch nicht. Das Internet im Büro funktioniert nicht. Meine Nachfrage ergibt: hat es auch die ganze letzte Woche schon nicht getan. Aber man arbeitet daran. Auch das ist …

Pura Vida.

Der SCHÖNE Schein und die Biodiversität

Genau hinschauen lohnt oft. Und die Geldscheine in Costa Rica laden dazu ganz besonders ein. Also in dem Fall mal nicht auf den Pfennig oder Cent schauen, sondern auf den Colón. Beziehungsweise auf die Colonnes, den für einen Euro bekommt man derzeit etwa 730 Colonnes, im Alltag sind wir also mit höheren Beträgen unterwegs als in Europa gewohnt. Natürlich würde man so auch schneller Millionär, (mit rund 1.370 Euro) aber ⚠️: wenn auf den Scheinen z.B. „ 2 MIL COLONES“ draufsteht, bedeutet das „nur“ Zweitausend Colones, also umgerechnet etwa 2 Euro 70 Cent.

Der kleinste Schein ist der 1.000er:

Die Vorderseite aller Scheine zeigt jeweils verdiente Persönlichkeiten des Landes und – farbig auf durchsichtigem Grund – einen Scherenschnitt, beim 1.000er den Umriss des Landes; somit auf der Rückseite spiegelverkehrt. Dafür bieten die Rückseiten viele Details. Auf dem 1.000 Colones Schein findet sich ein Weißwedelhirsch (nebst landessprachliche und wissenschaftlicher Bezeichnung), zudem ein Guanacastebaum (seit 1959 Nationalbaum) und eine nachtblühende Kakteenart. Die Landschaft bzw. das Ökosystem ist oben rechts vermerkt: Bosque Seco (Trockenwald) und diese Bezeichnung findet sich auch in den Wellen aus Buchstaben, die oben und unten klein über den Schein laufen.

Der nächst größere Schein ist der 2.000er:

Bullenhai, Kissenseestern und Meerfeder vor Korallen und Riffbarschen zeigen, dass es diesmal um die (Unterwasser-)Landschaft Korallenriff geht.

Ein besonderes Gimmik verbirgt sich in den kleinen, nur als Scherenschnitt gezeigten Schildkröten unter dem Hai: sie zeigen in miniaturkleinen Buchstaben das sich wiederholende Motto „Pura Vida“!

Als Nächstes kommt der 5.000er:

Hier sind es Weißschulterkapuzineraffe, Mangroven-Rennkrabbe und Rote Mangrove, das Ökosystem sind die Mangrovenwälder. Auch hier findet sich im Umriss des Krokodils oder Kaimans: Pura Vida.

Der 10.000er:

Da habe ich einen etwas älteren Schein im Portemonnaie, die durchsichtigen Merkmale der neuen Scheine fehlen. Er fühlt sich auch anders an, die neuen Scheine sind aus schmutz- und wasserabweisenden Kunststoff, sollen dadurch länger halten und besser recyclebar sein.

Das Dreizehenfaultier ist gut zu erkennen. Fun Fact: Alle Faultiere haben drei Zehen – an jedem der Hinterbeine. Die Unterscheidung in Zweizehen- und Dreizehenfaultiere erfolgt nach der Anzahl der sichtbaren „Finger“ an den Vorderbeinen.

Auf dem Schein sind außerdem sind eine Schlauchpilz- und eine Orchideenart (eine von über 1.500 in Costa Rica!) abgebildet. Im Umriss sind Tukane zu erkennen, klar, es geht um den Regenwald (Bosque Lluvioso).

Der größte Schein, den wir in die Finger bekamen, ist der 20.000er:

Groß abgebildet ist der Vulkankolibri, auch Vulkanelfe genannt. Zudem eine (allerdings giftige) Senecio aus der Familie der Gänseblümchen. Das Ökosystem Páramo bezeichnet die baumlosen Hochlandsteppen der Vulkangegenden.

Auf den Umrissen der Kaninchen lesen wir wieder: Pura Vida.

Soooo viel bunte Pflanzen- und Tierwelt. Und doch: nur ein klitzekleiner Ausschnitt, denn Costa Rica ist eines der 20 Länder mit der höchsten Biodiversität weltweit. Die Länder dieser Hotspots biologischer Vielfalt drängeln sich rund um den Äquator. Allein Costa Ricas Tierwelt umfasst in seinen 12 Mikroklimazonen unfassbare mehr als 500.000 Spezies, darunter über 250 Arten von Säugetieren, allerdings auch 300.000 verschiedene Insekten 😉.

Noch herausragender ist die Vielfalt bei den Pflanzen. Woran liegt diese enorme Biodiversität? Zum einen an der Lage an der Schnittstelle zweier von den Menschen erst spät intensiv besiedelten (und für sie „urbar gemachten“) Kontinenten. Zum anderen an der geographischen Lage in den Tropen, einer Gegend, die die Gletscher auch während der Eiszeiten nicht erreicht haben. Und letztlich auch daran, dass das Land noch bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts nur sehr dünn besiedelt blieb und das späte Bevölkerungswachstum zu einem erheblichen Teil erst erfolgte, als sich das Land schon für eine relativ naturverbundene und naturverträgliche Grundausrichtung entschieden hatte, etwa hinsichtlich der Ausweisung von Schutzgebieten und der weitgehenden Ausrichtung des Tourismus auf eher höherpreisiges „Öko“ statt auf Bettenburgen und Billigurlaub.

Bleibt das so? Wir hoffen es.

Pura Vida!

Tortuguero: Schildkröten, Basilisken, Affen und Krokodile

Wir schmeißen unsere ursprüngliche Absicht über den Haufen und bleiben doch nicht nur im Zentrum Costa Ricas. Küste und Strand sehen wir ja sonst auch – hatten wir gedacht.

Aber dann erfahren wir, dass gerade die grünen Meeresschildkröten zur Eiablage an den Strand von Tortuguera kommen, im Nordosten Costa Ricas an der karibischen Atlantikküste. O.k., da sollten wir dann wohl hin. Bloß, ganz so einfach gestaltet sich das bei näherem Hinsehen nicht. Es gibt keine Straße nach Tortuguera (kein Wunder dass der Ort autofrei ist). Ein kleiner Flugplatz für Propellermaschinen ist die eine Variante, die andere ist eine Fahrt in die Wildnis nach La Pavona. Dort gibt’s nix, außer einem bewachten Parkplatz und einer Anlandestelle für flachgehende Boote. Es gibt öffentliche „Bus“-Boote nach Tortuguero, aber wer bei einer der größeren Lodges bucht, wird mit einem privaten Boot abgeholt.

Liegen zunächst noch Kühe auf den Wiesen neben dem flachen braunen Gewässer, wird bald der Dschungel zu beiden Seiten dichter.

Witzig übrigens die „Jahreszeit“ hier im Nordosten Costa Ricas: während der September für das Land insgesamt einer der regenreichsten Monate ist, ist hier gerade typische Trockenzeit, was man auch am niedrigen Wasserstand des Flusses und den vielen zu Tage tretenden Sandbänken sieht. Dagegen wird es dann hier im Dezember viel regnen, wenn im übrigen Land die trockene Hauptsaison beginnt.

So watet der Nacktkehlreiher schon ein bisschen durch den Matsch.

Die martialische englische Bezeichnung „Tiger Heron“ scheint hier im Dschungel besser zu passen, denn der Vogel ernährt sich neben Fröschen und Krebsen auch gerne vom Nachwuchs der Kaimane und Krokodile. Und siehe da, der nächste Kaiman ist tatsächlich nicht weit:

So wird uns die gut eine Stunde dauernde Bootstaxifahrt nicht lang, es gibt immer wieder interessantes zu sehen. Etwa dieses Dreizehen-Faultier, dass sich direkt über dem Fluss ausruht und uns wie Queen Elizabeth zuzuwinken scheint:

Aber natürlich reicht uns das noch nicht an tierischen Begegnungen und so buchen wir gleich nach unserer Ankunft noch für dieselbe Nacht die Schildkröten-Tour am Atlantikstrand. Der gesamte Strand ist nämlich streng geschützt und darf zwischen sechs Uhr abends und sechs Uhr morgens nur im Rahmen von lizensierten Führungen betreten werden. Costa Rica hat sich diesbezüglich quasi vom Saulus zum Paulus gewandelt, vor gut 100 Jahren war das Land noch der weltweit größte Exporteur von Schildkröten, die Eier wurden (und werden illegal heute noch zum Teil) als Aphrodisiaka gehandelt. Der schwarze Strand von Tortuguero ist einer der wichtigen Eiablageplätze für die grüne Meeresschildkröte, die früher auch als Suppenschildkröte bezeichnet wurde. Jetzt in der Eiablagesaison kommen jede Nacht über 2.000 dieser wunderbaren Tiere hierher.

Wir bekommen den späteren der beiden Slots, ab 22.00 Uhr geht unsere Führung los. Maximal 10 Gäste pro Führer, wir sind nur 8, um so besser. Auch das ungeliebte spätere Zeitfenster erweist sich als Glücksfall, denn so steht der noch fast volle Mond höher am Himmel und gibt bei der dünnen Wolkendecke ein recht gutes Licht, wenn sich die Augen erst an die Dunkelheit gewöhnt haben. Taschenlampen sind absolut verboten, Fotos (auch ohne Blitz) leider ebenfalls. Wir haben das absolut wunderbare Erlebnis, eine etwa eineinhalb Meter große (Panzer ca. 1,20 m) und wohl etwa 150 kg schwere Grüne Meeresschildkröte ganz nah bei der Eiablage beobachten zu können. Erst als einer der Scouts des Conservation Teams das Zeichen gibt, dürfen wir mit dem Guide zu ihr. Sie hat die Eiablage begonnen und kann sie nun nicht mehr stoppen. Ganz in Ruhe legt sie Ei um Ei (etwa so groß wie ein Golfball) in die zuvor von ihr mühsam ausgescharrte tiefe Kuhle, was wir im Rotlicht der Lampe des Guides verfolgen. Auch den Beginn des Zuscharrens, dann wechseln wir den Standort. Eine weitere (etwas kleinere) Grüne Meeresschildkröte beobachten wir auf dem beschwerlichen Weg zurück über den Strand ins Meer. Dann noch eine dritte der Art, die ihr Gelege bereits zugescharrt hat und jetzt eine „Camouflage-Kuhle“ daneben anlegt um Nesträuber zu verwirren und das Gelege noch besser zu schützen.

Ein wirklich beeindruckendes Erlebnis, hier so nah dabei sein zu dürfen.

Spät ins Bett, aber früh wieder raus. Die Lodge liegt auf der schmalen Landzunge, die eine mehrere Kilometer lange Lagune vom Atlantik abtrennt. Um halb sechs ist Treffen an der Lobby für die Morgentour mit dem Boot in die Lagune und ein paar Nebenarme im Nationalpark.

Gleich als erstes zeigt sich ein Krokodil, Schwimmen ist in der Lagune wohl nicht zu empfehlen.

Eine weitere Echse erscheint da schon possierlicher:

Andererseits: es ist ein Basilisk (Grüner Stirnlappenbasilisk). In der Mythologie und bei Harry Potter ist klar: sein Blick versteinert jeden, den er ungeschützt trifft 😬.

Außerdem bekommen wir nach den Kapuzineraffen bei der Maquenque Lodge jetzt erstmals auch die bisher nur gehörten Mantel-Brüllaffen zu sehen, zudem zusätzlich auch noch die quirligen Geoffroy-Klammeraffen.

Und natürlich auch wieder eine Menge Vögel, darunter mehrere Regenbogentukane, die direkt über uns hinwegfliegen, sowie die ebenso wunderschönen Grünen Aras.

Nature-Overload? Kein Stück, wir legen uns nach der Tour ein bisschen hin und machen am Nachmittag noch einmal eine ungeführte Wanderung auf dem „Jaguar-Trail“ im Nationalpark. Und wir haben wieder Glück.

Erst läuft uns ein anderer Basilisk über den Weg. Ein Streifen-Basillisk, (auch Jesus-Christus-Basilisk genannt, weil er bei Gefahr auf den Hinterbeinen übers Wasser laufen kann; also mal Versteinerer, mal Erlöser):

Und dann scheint ein Geoffroy-Klammeraffe uns zeigen zu wollen, was für ein perfekter Macho er ist und welche artistischen Fähigkeiten er hat:

Danke für die Privatvorführung.

Pura Vida.