Die Bilder der letzten drei Posts mögen den Eindruck erwecken, Barbuda käme dem Paradies sehr nahe. Tatsächlich werden fast alle positiven Klischees der Karibik hier bedient: scheinbar endlose helle Strände, Palmen, Ankerplätze im leuchtenden Türkis. Und es ist alles andere als überfüllt.
Die Schattenseiten zeigen sich oft erst auf den zweiten Blick. Die ins Meer abrutschende Ruine des Luxushotels am Nordende des Durchbruchs in die Lagune hatte ich ja schon erwähnt und auch am Princess Diana Beach vergammeln Ruinen eines einstigen Luxushotels. Aber Sprengkraft hat nicht nur die Naturgewalt des Hurrikans bewiesen, sondern auch der verwaltungsseitige Umgang mit den Folgen.


So wurden die Bewohner Barbudas nicht etwa VOR dem Hurrikan Irma von der Insel evakuiert, sondern ganz überwiegend DANACH (!) mit dem Argument eines drohenden weiteren Hurrikans. Wer sich nicht evakuieren lassen wollte wurde verhaftet. Viele mussten ein Jahr lang auf Antigua bleiben und durften in der Zwischenzeit immer nur tageweise zurück auf ihre Heimatinsel.
Zudem wurde von der Regierung in Antigua und Barbuda der Versuch unternommen, das bis dato zumindest gewohnheitsrechtlich bestehende (und in Teilen 2007 im Barbuda Land Act auch kodifizierte) Gemeinschaftseigentum der Bewohner Barbudas am Grund und Boden dieser Insel umzuwandeln in “normales” Privateigentum. Den Locals wurde wohl angeboten, das jeweils von ihnen genutzte Grundstück für einen symbolischen Preis von einem Dollar zu kaufen, also privates Grundeigentum auf Barbuda einzuführen. Einige sehen darin den Versuch, die Naturkatastrophe als Vehikel für eine gesellschaftsrechtliche Änderung zu nutzen (“disaster capitalism”). Festgemacht wird dieser Vorwurf auch daran, dass potentielle Betreiber großer Luxushotels während der Phase der Evakuierung die Insel betreten und ihre Planungen vorantreiben durften, die dann kurz darauf mit langfristigen Erbbaurechtsverträgen abgesichert auch in die Umsetzung gingen, während die zerstörten bisherigen Hotels weiter vor sich hin rotten. Eine (umfangreiche und englische) Zusammenfassung dieser Position findet sich auf der Seite des Independent.
Ob es wirklich beabsichtigt ist, in die flache Lagune vor Codrington eine Luxusmarina für Superyachten hineinzubaggern? Ganz sicher würde das nicht nur den Charakter Barbudas verändern, sondern auch einen empfindlichen Eingriff in diese riesige Kinderstube für Fische, Lobster und Fregattvögel bedeuten.
Letzteren statten wir im „Frigate Bird Sanctuary“ gemeinsam mit Annemarie und Volker und geführt von dem lokalen Fischer Salomon einen Besuch ab. Es ist das größte Schutz- und Brutgebiet dieser beeindruckenden Vögel in der westlichen Hemisphäre. Tatsächlich ziehen die ihren roten Kehlsack aufblasenden Männchen nach erfolgter Balz und und ein wenig Beteiligung an der Aufzucht in der Zeit von September bis April weiter nach Galapagos, während die (an der weißen Brust erkennbaren) Weibchen hier bleiben (weißer Kopf übrigens Jungvogel).










Wir waren im Frühjahr schon einmal hier, gegen Ende der Balz, die Brut war schon im vollen Gange, einige Küken schon geschlüpft. Gefühlt waren diesmal mehr Männchen da.
Und die Fregattvögel sind nicht nur toll anzuschauen, es sind auch ohnehin faszinierende Tiere, selbst wenn sie nicht am dritten Advent wie rote Weihnachtsbaumkugeln aus dem Grün leuchten 😉. Sie sind im Verhältnis zur Körpergröße leichter als jeder andere Vogel, zumal ihre Knochen zu einem großen Teil luftgefüllte Kammern enthalten. Und sie sind beeindruckend groß, können über 2,4 m Flügelspannweite erreichen. Dies und ihre Wendigkeit im Flug nutzen sie, um anderen Vögeln im Flug deren Beute abspenstig zu machen, die sie dann im Sturzflug meist noch vor der Wasseroberfläche auffangen. Das machen sie nicht nur gerne z.B. mit den kleineren Tropikvögeln, das Verhalten ist sogar schon gegenüber Fischadlern beobachtet worden, mit denen sich sonst außer den Seeadlern kaum jemand anlegt. Und noch eine Besonderheit: Fregattvögel können in der Luft „schlafen“, bei einem gechipten Fregattvogel wurde von Wissenschaftlern eine Dauerflugzeit von 4 Monaten beobachtet.
So gesehen ist es schön, dass diese Prachtexemplare hier auf den Mangroveninseln im Norden der großen Lagune auf Barbuda ihr Vogel-Paradies haben, selbst wenn es vom Hurrikan Irma gerupft und zeitweise entlaubt wurde, es hat bisher jedenfalls weiter Bestand.
Ein Gedanke zu „Paradies?“