Weiterhin traumhaftes karibisches Segeln, auch wenn der Wind in Stärke und Richtung jetzt etwas mehr variiert. Etmal 160 sm. Fast kein Schiffsverkehr, nur ein Frachter in der Nacht auf Gegenkurs, er passiert uns in 3 sm Abstand. Blöd ist, das er auf dem AIS erst in etwa 6 sm Entfernung auftaucht, ich muss dringend einen Splitter einbauen oder gleich das AIS tauschen. Die Lichter kann ich aber in der klaren Nacht schon SEHR viel früher erkennen und auch auf dem Radar erscheint er natürlich viel früher, kein Grund zur Sorge also.
Interessant ist, dass wir um uns herum nur tiefblaues Wasser sehen. Im wahrsten Sinne übrigens, auf diesem Törn hatten wir bisher fast nur Tiefen, die das Echolot weit überfordern (es kann nur Tiefen bis knapp über 100 m präzise anzeigen). In der Spitze waren es über 8.000 m Wassertiefe im Puerto Rico Graben. Das (nur Striche oder falsche Werte anzeigende) Lot stellen wir deshalb in der Anzeige um, so dass wir statt dessen den wahren Wind im Display sehen.
Nur tiefblaues Wasser heißt auch, dass wir selbst die Turks und Caicos Inseln nicht sehen können, obwohl wir nur in gut 12 sm Entfernung an ihnen vorbeifahren. Nachts sehen wir allerdings den Lichtschein von Grand Turk und am Tag – tja, da sehen wir ein besonderes Phänomen. Wir biegen gegen Mittag an der Nordspitze der Caicos-Inseln nach Backbord in die Caicos Passage ab. Südlich der Inseln erstreckt sich über rund 50 km in Nord-Süd- und in Ost-West-Richtung die nur 2 bis 5 m tiefe Caicos-Bank. Wohlgemerkt: rundherum ist es überall über 2.000 m tief! Über diesem Flachwassergebiet heizt sich die Luft so auf, dass sie schnell aufsteigt und ein imposantes Wolkengebilde entstehen lässt. Das beeindruckendste daran ist aber, dass die Wolken an der Unterseite türkisblau erscheinen, weil das Leuchten des Flachwassers sich an ihnen spiegelt. Ein unfassbarer Anblick.
Kaum zu fassen auch, wie oft ich die ausgeworfene Angel einholen muss. Wirklich alle Naselang biegt sie sich, und ich darf ein weiteres Mal Sargassum-Seetang vom Haken abmachen. Würde ich ihn nicht wieder in unser Kielwasser werfen, Flora würde inzwischen aussehen wie eines der tanggedeckten Laeso-Häuser. Wer die nicht kennt: unbedingt googlen. Sie scheinen der Phantasie von J.R.R. Tolkien entsprunngen zu sein und nach Mittelerde zu gehören. Tatsächlich aber haben die Fischer auf der dänischen Kattegat-Insel früher ihre Fachwerk-Häuser mit Seetang gedeckt, einige wenige dieser Hütten mit dem wulstigen Dach sind noch erhalten. Na gut, in den Look-Alike-Contest wollen wir mit Flora dann doch nicht einsteigen.
Und warum sind wir nach West-Süd-Westen abgebogen? Weil in gut 100 sm Entfernung etwas auf uns wartet. Schon seit langer Zeit steckt in meiner elektronischen Seekarte auf dem iPad eine virtuelle Stecknadel. Da geht’s jetzt hin. Noch heute und noch eine Nachtfahrt, morgen früh sollten wir da sein. Wir sind sooooo gespannt!
Da steckt sie, die Nadel. Eigentlich deutlich Backbord von unserem geplanten Kurs. Die Amalia hat den Umweg dann auch lieber vermieden, aber wir konnten nicht widerstehen.
Dieser Blog wurde ursprünglich per Iridium-Satellit übermittelt, somit nur Text ohne Bilder. Die Bilder sind nach der Passage nachträglich eingefügt.
Verflixt! Ist es das, was ich über den Wolken verpennt habe?
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Die virtuelle Stecknadel piekst ja seit unserem Treffen auch unser iPad :-)) Sehr gespannt auf Eure Bilder harrend, wünschen wir Euch weiterhin so traumhafte Segel- und Naturerfahrungen.
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