Als der Schwell in der Bucht von Hakehatau wieder deutlich zunimmt beschließen wir, an der Westküste der Insel ein Stück weiter südlich etwas mehr Ruhe zu suchen. Das trifft gleich im doppelten Sinn zu, denn während vor Hakehatau gleich 18 Boote mehr oder weniger rhythmisch, jedenfalls aber sehr kräftig schaukeln, herrscht in der vier Meilen südlich gelegenen Bucht von Hakaoto Stille.
Das weit ausgreifende Kap Punaho an der Westspitze der Insel schirmt vor dem nördlich um die Insel herumlaufenden Schwell recht gut ab, und die tiefe Bucht bietet auch guten Schutz vor dem südlich um Ua Pou herumlaufenden Schwell. Mangels Ort gibt es nicht viel, was man an Land machen könnte, anlanden am felsigen Ufer ist außerdem schwierig. Viele der Boote fahren deshalb an dieser schönen Bucht mit dem markanten Vogelfelsen am Eingang einfach vorbei.
Für uns ist der Aufenthalt hier zugleich der Abschied von Ua Pou und – besonders schön – bietet sich uns erstmals der Anblick des höchsten Zackens der Krone dieser Insel. Die Spitze des 1.232 Meter hohen Piton Pou Oave ist zumeist von Wolken verborgen, heute aber können wir den Anblick dieses höchsten Gipfels der Marquesas genießen.
Praktisch in der Mitte der Insel gelegen wirkt es für uns tatsächlich so, als habe Ua Pou uns für das Betrachten der royalen Insignien dann doch einmal eine kleine Audienz gewährt.
Mit einem Zwischenschritt über die Baie de Controleur segeln wir zur nächsten Insel der Marquesas: Ua Pou. Unterwegs fangen wir endlich mal wieder einen Thunfisch. Perfekte Größe für uns, etwa 90 cm lang und damit beim Hereinholen noch vernünftig zu handhaben, gleichzeitig aber mit fast zwei Kilogramm Filet auch für drei Personen ausreichend für mehrere Hauptmahlzeiten und trotzdem noch im Kühlschrank unterzubringen.
Trotz der auffällig gelben Flossen ist das übrigens kein Gelbflossen-Thunfisch, sondern ein Großaugen-Thunfisch. Beim Gelbflossen-Thunfisch wären die gelbe Zweite Rückenflosse (Dorsal Fin) und die Afterflosse wesentlich länger, schmaler und sichelförmiger (ähnlich der Brustflossen, nur eben gelb).
So oder so, wir machen gleich am ersten Abend dreierlei vom Fisch daraus: Sushi, Sashimi und zart angebratenes Thunfischfilet.
Die Überfahrt nach Uta Pou ist dann durchaus sportlich, kräftige Böen bis 28 kn pfeifen durch die Meerenge zwischen Nuku Hiva und Ua Pou. Eine kleine Fähre geht nahe an uns vorbei. Die Gischt an ihrem Bug illustriert den Zustand der See recht gut:
Aber unser Kurs ist nur etwas vorlicher als Halbwind, in weniger als 4 Stunden haben wir die 28 Seemeilen der Passage bewältigt.
Im Windschatten von Ua Pou beruhigt sich auch der Seegang.
Allerdings ist der Ankerplatz von Hakahetau dafür bekannt, dass hier fast immer Schwell hinein steht. Die Easy One ist schon seit zwei Tagen da und Andreas Schilderungen sind ziemlich abschreckend: “Wiederlich und zermürbend” war die Beschreibung am ersten Tag, “Mies und echt räudig” am zweiten. Nach der Wetterlage müsste es inzwischen eigentlich besser sein, aber …
Die hohen Basaltkegel auf dieser Insel zeigen sich schon von weitem. Sie sind die Magma-Schlote längst erodierter Vulkane und geben Ua Pou ein unverwechselbares Gesicht. Bis über 1.200 m ragen sie empor, die höchste Erhebung der Marquesas. In der Legende, nach der alle Inseln der Marquesas Teile eines Hauses sind, stellt Ua Pou (= zwei Säulen) die geschnitzten Pfeiler dar, die das Dach tragen. Ein nahe liegendes Bild.
Wir schaffen es, noch rechtzeitig in der Ankerbucht von Hakahetau anzukommen um unsere Schweizer Freunde Barbara und Ralph mit ihrer “Lille Venn” zu erwischen. Die sind zwar schon auf dem Sprung zur Weiterreise im ihren Gästen, aber wir haben – gemeinsam mit Andrea und Ingo von der “Easy One” – noch einen wundervollen Abend, von Barbara aufs Leckerste bekocht. Es ist so schön, die beiden nach drei Jahren endlich wieder getroffen zu haben.
Photo credit: Ingo, SY Easy One
Früh am nächsten Morgen sind die Schweizer verschwunden. Mit Andrea und Ingo machen wir uns auf zu unserer ersten Wanderung auf Ua Pou. In der Noforeignland-App sehen wir, dass wir nahe am Dinghydock (gegen Gebühr von ca 5 $) unseren Müll abgeben können. Eine gute Gelegenheit, denn das ist auf den Marquesas nicht überall möglich. Beim Bezahlen kommen wir mit Eveline ins Gespräch. Es stellt sich heraus, dass sie (in 4. Generation) die Bürgermeisterin des Tals ist. Als wir nach den Pflanzen in ihrem Garten fragen, die über an Stangen aufgespießten Kokosnussschalen ranken, zeigt sie uns ihren Vanille-Anbau. Und damit nicht genug, sie erklärt uns auch, wie nach der Ernte mit den Schoten verfahren werden muss und schenkt uns zum Abschied sogar einige Vanilleschoten. Ein weiteres beeindruckendes Beispiel der polynesischen Gastfreundschaft.
Jetzt aber los auf die Wanderung, immerhin haben wir uns gleich zwei Ziele vorgenommen. Zuerst machen wir uns auf den Weg zu Schoko-Manfred.
Der an der Elbe bei Boitzenburg aufgewachsene Deutsche hat sich nach einem ziemlich bewegten Lebenslauf hier niedergelassen und eine kleine Schokoladenmanufaktur aufgebaut. Auch wenn er seine Rezeptur und die Konstruktion seiner selbstgebauten speziellen Kakaobohnenmühle inzwischen verkauft hat, ist ein Besuch bei ihm auf seinem abgelegenen Grundstück oben im Wald quasi ein Muss, sofern man sich vom bekanntermaßen zotigen Humor von Schoko-Manfred nicht abschrecken lässt.
Andrea und Ingo waren zwar schon da, kommen aber trotzdem wieder mit. Andrea hat sogar extra ihren selbst gemachten Schoko-Likör mitgebracht. Lecker!
“Schoko-Manfred” mit keimenden Kakaobohnen
So richtig Stimmung kommt aber trotzdem nicht auf. Manfred und seine Frau wirken müde. Wir ertragen die abgedroschenen (erwartet) derben Witze und kosten die leckere Manufaktur-Schokolade, von der dann auch einige Tafeln auf die Flora wandern.
Unser nächstes Ziel ist umso stimmungsvoller. Auf einem jetzt viel kleineren Pfad wandern wir zum Hakahetau- Wasserfall.
Ein erfrischendes Bad in dem wunderschönen Kessel, in den der Wasserfall hineistürzt ist ein zusätzlicher Lohn dieses Hikes.
Photo credit: Ingo, SY Easy One
Und dann zurück zum Ankerplatz. Ein bisschen Schwell ist schon noch da, o.k.
Aber inzwischen lassen sich die Bedingungen wirklich gut aushalten und mal ganz ehrlich, wie genial ist denn eigentlich dieser Blick?
Nach den Mantas in Hapatoni wenden wir Floras Bug wieder nach Norden. Auch wenn es nicht eben typisch für die Marqueasas ist wollen wir Jannik doch auch den weißen Palmenstrand in der Baie Hanamoenoa zeigen. Zuerst aber noch ein Stop in Vaitahu. Bei moderaten Bedingungen sieht es dort am Dinghydock übrigens so aus:
Aber Ort und Landschaft sind den erneuten Stop allemal wert.
Dort ankern auch Doris und Wolf. Wir bekommen frischen Mangokuchen auf der “Nomad”, treffen die beiden Österreicher auch an Land bei “Chez Jimmy” und ein weiteres Mal in der nächsten Ankerbucht. Dann aber heißt es mal wieder Abschied nehmen, fürs erste trennen sich unsere Wege schon wieder.
So schön es auch ist, gute Segelfreunde immer mal in anderen Ecken der Welt wiederzutreffen, so schmerzlich ist das dauernde Abschiednehmen. Und auf Tahuata trifft uns das gleich mehrfach. Mit Mareike (Moana) und Andrea und Ingo (Easy One) haben wir schon so viel erlebt, unter anderem beim Lockdown in Antigua im März 2020.
Nach ganz unterschiedlichen Wegen und doch immer wieder Treffen zwischendurch gibt’s jetzt hier noch einen schönen Sundowner am Strand und dann brechen wir erstmal in unterschiedliche Richtungen auf. Bestimmt sehen wir uns aber noch in Französisch Polynesien wieder. Also jetzt nicht melancholisch werden.
Zum Treffen am Strand fahren wir dieses Mal übrigens mit den Paddelboads. Zuvor am Nachmittag hatten wir das Dinghy vor dem Strand geankert und waren an Land geschwommen. Der Schwell (siehe Eingangsbild) macht das Anlanden mit dem Dinghy hier nämlich riskant.
Ist man erst mal da, sieht es meist völlig harmlos aus:
Auch aus der Luft scheint die Bucht gut geschützt und ruhig, erst recht mit der gemütlichen Hängematte:
Und doch, das kleine Video macht vielleicht deutlich, wie schnell sich das Gefühl ändert:
Von dem Schwell ist auch das Wasser in der Baie Hanamoenoa etwas trüb. Jannik lässt sich aber nicht abhalten und ist eine große Hilfe beim Putzen des Rumpfes, auch ganz unten am Kiel.
Und wenn unser Gast das Schnorcheln schon so intensiv trainiert, suchen wir uns doch auch noch mal eine Bucht mit klarerem Wasser. Mit dem Dinghy (Beiboot-Fahren wird also auch geübt) brausen wir um den Pointe Matahoke in die Felsenbucht an der Nordwestspitze der Insel.
Hier kann der Schwell keinen Sand aufwirbeln, es gibt super Schnorchel-Bedingungen.
Tja, und dann heißt es Abschied nehmen von Tahuata. Diese Insel hat uns so viel geboten und uns richtig gut gefallen.
Nachdem uns ja der extrem rollige und ziemlich volle Ankerplatz von Atuona auf Hiva Oa einiges abverlangt hat (bis hin zur nächtlichen Ankerwache) soll unser nächster Stop dann in der Hoffnung auf etwas moderatere Bedingungen an der Nordküste von Hiva Oa sein.
Wir ankern vor Vaitahu, mit ein paar hundert Einwohnern der Hauptort der Île Tahuata. Faszinierend: jeden Morgen liefern uns in dieser Bucht Ostpazifische (Spinner-)Delfine eine kostenlose Akrobatik-Show am Ankerplatz. Im Cockpit sitzen wir auf den Logenplätzen dieses Freilufttheaters. Dicht bei den Booten finden sich mehrere Gruppen der Delfine ein und dann scheint ein Wettbewerb zu starten. Wer springt am höchsten? Wer am spektakulärsten? Salti, Schrauben, Rückenflugeinlagen.
Und nach der Wasser-Show geht’s an Land.
Interessant und für das heutige Neben- und Miteinander von katholischem Glauben und traditioneller Marquesanischer Religion: der Vorplatz der modernen Kirche in Vaitahu wird gesäumt von zahlreichen Tiki. In der polynesischen Kultur repräsentieren diese Figuren den ersten Mann, sind halb Mensch, halb Gott. Sie stehen zugleich für Macht, Weisheit und Wohlstand, haben aber je nach Ausgestaltung auch individuelle Fähigkeiten und Funktionen. Mit ihren übergroßen Augen sind zugleich Fenster in die Zeit nach dem irdischen Leben.
Steinmetzkunst: bei diesem hinaus zum Ankerplatz blickenden Tiki ist der Zopf wiederum aus vielen weiteren Tiki gebildet:
Von den ersten katholischen Missionaren wurden die Tikis als heidnische Götzenbilder verteufelt und auch zu großen Teilen zerstört. Heute aber erleben sie eine Renaissance, selbst hier unmittelbar an der Kirche.
Und auch die moderne Kirche von Vaitahu nimmt in Architektur und Symbolik Bezug auf die Marquesas und ihre Tradition. Das überstehende Dach bietet Schutz vor Regen und es gibt ein mit üppigen Schnitzereien versehenes Portal. Aber die Seitenwände sind oberhalb der brusthohen Balustrade offen, der Wind weht durch die Kirche hindurch.
Die überlebensgroße geschnitzte Figur der Polynesischen anmutenden Maria am Kirchturm trägt einen eben solchen Christus auf dem Schoß, dieser wiederum hält eine Brotfrucht, das traditionelle Grundnahrungsmittel der Marquesas.
So wichtig übrigens, dass es sich auch in der Schnitzerei der Kanzel wiederfindet, …
… neben dem Kreuz der Marquesas. Das wird zwar auch gerne christlich vereinnahmt. Es war vor der Christianisierung der Marquesas aber ursprünglich ein Fruchtbarkeitssymbol und ist in seinen vielen Varianten auch heute noch eines der typischen Tattoo-Motive der Marquesas. Es findet sich auch auf dem Sockel des Zopf-Tikis.
Auf dem Weg zurück zum Dinghy sehen wir, dass sich jetzt am (1. Mai) Nachmittag viel Leben auf der Pier abspielt. Sie ist zugleich Bade- und Angelplatz für Jung und Alt, vor allem aber sozialer Treffpunkt.
Einige der jüngeren Kinder fragen uns, ob wir mit ihnen eine kleine Tour mit dem Dinghy machen können.
O.K. Schwupp, sitzen sieben Kids mit uns in Florecita. Flora Fun Tours. Für uns bringt die kleine Runde um die ankernden Boote mindestens so viel Spaß wie für die singenden Kids. Beim Video unbedingt den Ton anmachen.
Anmerkung: die Videos laufen leider nicht in der Benachrichtigungs-Email zum Blogbeitrag. In dem Fall bitte direkt auf die Internetseite des Blog gehen, zum Beispiel einfach durch Klick auf die fettgedruckte Überschrift in der Email.
An den nächsten beiden Tagen ist das Anlanden mit dem Dinghy am Pier dann nicht mehr ganz so einfach. Die Pazifikdünung läuft in unsere Ankerbucht hinein, Wellen brechen über der Pier und auch an den Felsen der Bucht. Flora schaukelt nur ein bisschen, es ist bisher ganz gut erträglich. Allerdings sind diese Wellen vielleicht nur Vorboten, für die nächsten Tage sind kräftiger Wind und auch höhere Wellen angesagt. Dabei macht das jetzt eigentlich schon genug Spektakel:
Aber auch das sind eben die Marquesas.
Und noch ein Hinweis zur Webseite des Blogs: wir haben endlich unter dem Reiter „Route“ auch die in 2023 gefahrene Strecke ergänzt. Aber natürlich könnt Ihr Euch wie gewohnt über die Abschnitte der einzelnen Jahre hinaus auch die ganze bisher zurückgelegte Strecke unserer Langfahrt mit der Flora und unsere aktuelle Position auf Noforeignlandanzeigen lassen.
Mexiko ist durchaus berüchtigt für seine Bürokratie. Dieses Jahr trifft das einige Segler mit besonderer Härte. Der Grund ist eine Umstellung im System. War es früher durchaus üblich, das TIP (Temporary Import Permit) jeweils bei Ankunft des Schiffes in Mexiko zu beantragen, muss neuerdings sichergestellt sein, das kein altes TIP für das Boot (identifiziert nach der Rumpfnummer) mehr existiert. Allerdings ist es schwierig bis unmöglich, vom Voreigner beantragte und vielleicht längst abgelaufene TIP aus dem System zu bekommen. Wir wissen von Booten, bei denen die Überprüfung 4(!) alte ungelöschte TIP ergeben hat. Auch eine befreundete Crew scheitert leider durch ein Voreigner-TIP bei der Einreise. In den USA gestartet mussten sie jetzt ihren Plan aufgeben, das nächste Jahr in Mexiko zu verbringen. Die Cruiser-Foren laufen hier gerade heiß zu diesem Thema, aber eine kurzfristige Lösung ist nicht in Sicht.
Zum Glück ist unser TIP aus Cancun von vor zwei Jahren noch gültig und eben auch auf uns ausgestellt. Ganz ohne bürokratische Hürde kommen aber auch wir nicht davon. Diese ist allerdings wesentlich leichter zu bewerkstelligen. Nach knapp zwei Wochen in Ensenada wollen wir weiter. Dafür müssen wir ausklarieren. Nicht etwa aus Mexiko, sondern nur aus dem Hafen. Trotzdem gilt: wir brauchen ein Zarpe. Müssen also zur Immigration und zur Hafenbehörde. Dankenswerterweise übernimmt wiederum die Marina das Erstellen der Dokumente und fährt uns dann sogar zu den Behörden. Am Nachmittag holen sie dann das fertig gestempelte Zarpe für uns ab und bringen es zum Boot. Toller Service. Besonders gut gefällt uns die kunstvolle Unterschrift des Hafenkapitäns rechts neben dem blauen Stempel.
🤔 Bis La Paz sollten wir jetzt erstmal Ruhe haben.
Die letzten Tage in Ensenada sind geschäftig. Gleich zweimal Cruiser-Potluck mit den anderen Seglern, außerdem Einkäufe zum Proviant-Aufstocken, längere Märsche um die Diesel-Kanister zu füllen, Batterien der Tauchcomputer in einem Tauchshop wechseln lassen und wieder abholen, in einem anderen Tauchshop eine Harpune kaufen, wir sind ziemlich viel zu Fuß unterwegs (im Schnitt 6 km täglich).
Um so mehr genießen wir es, jetzt wieder segelnd unterwegs zu sein. Der Übernacht-Törn bis zum Ankerplatz bei San Quintín ist denn auch ein wunderbares Kontrastprogramm. Leichte Winde, herrliches ruhiges Code0-Segeln.
Entgegen der Vorhersage können wir sogar auch einen großen Teil der Nacht segeln. Mit manchmal nur 2 kn, manchmal immerhin 4 kn, ziemlich langsam also, oder sagen wir mal: gemütlich. Wir haben es nicht eilig und dürfen uns an einem wunderbaren Sonnenuntergang und dem Aufgang des fast schon vollen Mondes über der Baja California freuen.
Erst zum Wachwechsel kurz vor Sonnenaufgang schläft der Wind dann doch ganz ein und wir starten den Motor.
Unter Maschine haben wir dann aber auch die richtige Geschwindigkeit zum Angeln, gleich morgens geht uns ein schöner, rund 80 cm langer Echter Bonito an den Haken.
Gegen Mittag erreichen wir den Ankerplatz in der Bahia Santa Maria, südlich der Lagune von San Quintín.
Die weite Bucht sollte eigentlich durch das vorspringende Cabo San Quintín gegen Norwest gut geschützt sein, aber der Pazifik-Schwell findet seinen Weg um das Kap herum. Auf den Drohnenfotos ist das an den dunklen Wellenlinien gut zu erkennen.
Es wird also ein bisschen schaukelig (ist aber nicht wirklich schlimm). Dafür gibt’s auch hier wieder einen Sonnenunter- und Mondaufgang vom Feinsten, wobei das krasseste Farbenspiel in den Wolken sich erst einige Zeit später entfaltet:
Acceleration Zone, WAZ’n das? Wind Acceleration Zone Canary Islands ist der wunderschöne technische Begriff für das, was wir auf Seglerdeutsch “Düse” nennen würden. Verschärfte Düse vielleicht.
Für Nichtsegler: zwischen den hohen kanarischen Inseln muss sich der vorherrschende Nordostwind quasi durchzwängen. Dabei wird er beschleunigt, und aus entspannten 20 kn (Windstärke 5) Wind werden 30 kn (Windstärke 7). Hinter den Inseln (also südwestlich), ganz besonders hinter Teneriffa mit seinem hohen Teide gibt’s dann dafür Windschatten bzw. Flaute.
Auf Windy sieht das für heute so aus:
So weit, so gut. Wenn man wie wir von Santa Cruz im Norden nach San Miguel im Süden Teneriffas segeln möchte, hat man eben starken Rückenwind, kein Problem, oder?
Na ja, für die Windböen gilt das Ganze natürlich auch. Wieder Windy:
Das ist jetzt schon weniger nett. 43 kn sind Windstärke 9, also Sturm. Hm.
Dazu kommen natürlich noch die Wellen und da gibt’s eine weitere Gemeinheit:
Den Windwellen von 2,7 m Höhe aus Nordost steht nämlich fieserweise ein Schwell (nicht zum Wind passende Welle) aus Süd entgegen. Auch wenn der nur 70 cm hoch ist, führt das doch zu steilen Wellen und einem chaotischen Wellenbild, das eher unangenehm zu befahren ist.
Heute haben wir das heute seeehr anschaulich erleben dürfen. Wir sind so früh wie möglich losgefahren, um das Ärgste zu vermeiden, tatsächlich hatten wir erst perfekten Wind, der dann aber immer stärker wurde und erst am letzten Kap (Cabo de Punta Roja) oft die dreißig und selten 40 kn (Windstärke 8) erreichte. Und die See, na ja.
Dazu muss man allerdings sagen, dass sich Wellen vom Boot aus wirklich schlecht fotografieren und filmen lassen 😚.
Trotzdem ein kleines Video, bei knapp 30 kn aufgenommen:
Sooo schlimm war es also nicht, sonst hätte ich ja nicht gefilmt. Aber die Halse (Seitenwechsel des Segels) am Kap hat doch einiges an Adrenalin freigesetzt. Und warum waren wir überhaupt unterwegs? Unsere Reservierung im knackvollen Hafen Santa Cruz war abgelaufen, mit einem neuen Hafenplatz hier unten hatte es geklappt. Allerdings nur durch Vermittlung des hiesigen Segelmachers, der unseren Code0 noch mit einem Klettstreifen nachrüsten sollte, das Segel aus Santa Cruz bei einem anderen Termin mitgenommen hat und uns mitgeteilt hat, es würde jetzt hier in bei ihm in San Miguel fertig bereitliegen.
Außerdem soll es die nächste Zeit windmäßig nicht besser werden und es ist ein weiterer (begrenzter) Test für den Atlantik. Bestanden, 😁.
Ach ja, und die Vorhersage des gegenläufigen Schwells hatten wir schlicht übersehen 😳. Hätte aber eh nichts geändert.