Darum Hafen: Port Hardy

Vom Miles Inlet hinüber nach Port Hardy im Nordosten von Vancouver Island ist es eine reine Nebelfahrt, das zähe Zeug will sich einfach nicht auflösen. Einmal mehr sind wir sehr dankbar für das Radar und die elektronische Navigation. Und trotzdem froh, als sich endlich das Leuchtfeuer in der Hardy Bay aus dem Dunst schält.

Ein Stückchen weiter sollte eigentlich das Public Dock liegen. Wir sehen nur eine Nebelwand, tasten uns heran, aber … außer gelben Bojen erspähen wir nichts. Dann tauchen die Umrisse der Port Hardy Government Warf auf und ein Angler ruft uns zu, dass es dieses Public Dock nicht mehr gibt.

O.k., also weiter um das Flach und den nächsten kleinen Leuchtturm herum zur Port Hardy Fisherman‘s Warf, die hat ebenfalls ein Public Dock. Es gibt auch noch eine Marina, in der wir ebenfalls festmachen könnten, aber dort liegen fast nur kleine Angelboote. Da gefällt uns das Miteinander mit den mittelgroßen und kleineren Fischerbooten in Fisherman‘s Warf besser. Es ist belebter und darüber hinaus ein Miteinander, wie es hier in Pacific Northwest noch häufig vorkommt. Früher – vor unserer Seglerzeit – muss es so auch in den Häfen etwa der Ostsee und des Mittelmeeres ausgesehen haben. Aber mit der immer größer werdenden Flotte der Sportboote (Motor- und Segel-) und der sich dafür entwickelnden Vereinshäfen und Marinas bei gleichzeitigem Niedergang der regionalen Fischerei ist es dort viel seltener geworden. Hier im Norden von BC, ebenso wie in Alaska aber sind diese gemischten Häfen mit deutlich mehr Fischern als Sportbooten noch der Normalfall. Weiter im Süden, näher an den großen Städten wie Vancouver und Seattle, finden sich dann auch deutlich mehr Marinas.

Warum sind wir überhaupt im Hafen und nicht vor Anker? Zum einen wollen mal wieder einkaufen. Und außerdem steht ein Ölwechsel beim Volvo an und den mache ich aus mehreren Gründen lieber im Hafen. Ich kann dann das Altöl und die alten Filter gleich vorschriftsmäßig entsorgen und muss es nicht mitschleppen, könnte im Zweifel neues Öl kaufen (wir haben aber noch genug dabei) und habe bessere Möglichkeiten, falls sich irgendwas Unerwartetes zeigt.

Und das tut es natürlich! Der Ölwechsel klappt zwar wunderbar (wie geschmiert), aber beim ebenfalls fälligen Wechsel des Impellers der Seewasserpumpe (bei unserem Boot bäuchlings auf dem Motorblock liegend kopfüber zu erledigen) gibts eine unangenehme Überraschung. drei von vier Schrauben des Deckels sehen normal aus, bei der vierten fehlt der Schraubenkopf. Grrr. Daran bin ich komplett unschuldig, den letzten Impellerwechsel hat der Volvo-Mechaniker bei der großen Inspektion in Herrington im letzten Herbst durchgeführt. 😇 Die Schraube selbst ist noch drin, aber Salzspuren zeigen, dass sich einzelne Tropfen Seewasser ihren Weg gesucht haben. Ausbohren kann ich die Schraube dort so nicht ohne weiteres. Eventuell würde ich den Deckel abbekommen, aber die Pumpe und ihre Dichtungsflächen dort zu reinigen wird wohl nichts. Also die Seewasserpumpe ausbauen, was ziemlich problemlos gelingt. Nur die Schläuche wollen nach jetzt 2.300 Stunden an ihrem Platz mit etwas Nachdruck überredet werden, die Pumpe jetzt mal loszulassen.

Die Pumpe selbst tut es noch, ist aber ein Teil, das auf Langfahrt typischerweise häufiger mal Probleme bereitet. Wir haben deshalb eine Ersatzpumpe dabei und da sie jetzt ohnehin ausgebaut ist entscheide ich, lieber gleich die Ersatzpumpe einzubauen und das Original dann als künftigen Notersatz aufzuarbeiten.

Dafür muss allerdings das Mitnehmerrad des Originals auf die Ersatzpumpe umgebaut werden. Versucht man die Mutter zu lösen, dreht das Rad mit. Einspannen möchte ich es nicht, um es nicht zu beschädigen. Aber mit dem Ölfilterschlüssel festgehalten funktioniert es.

Nur: das Rad ist auf einen konischen Zapfen aufgepresst und lässt sich trotzdem nicht lösen. Man bräuchte einen Abzieher. Unsere Segelfreunde Tereza und Jakub auf der Kate Marie leihen uns ihren, den sie für den Impellerwechsel benutzen, aber er ist etwas zu klein. Gut, das wir im Hafen in einem Ort sind, ich kann einen passenden Abzieher kaufen und der Job ist damit dann schnell erledigt.

Noch etwas schneller wäre es gegangen, wenn ich beim (Überkopf-)Einbau nicht erst mal die O-Ring-Dichtung eingeklemmt hätte. 😞 Aber immerhin, auch dafür findet sich noch passender Ersatz. 😅

Heute bleiben wir noch hier liegen, erledigen den Rest Wäsche (die 6. Maschine!) in der Laundry (Münzwäscherei) gleich am Hafen, backen leckeren Hefe-Pflaumenkuchen mit Walnuss-Streuseln. Sehr lecker! Und heute Abend gibt’s Nudeln mit Brokkoli und Hähnchen-Pilz-Sahnesoße. So ein Frische-Einkauf hat seine Vorteile, jetzt sind wir wieder fürs Ankern in der Wildnis gerüstet.

😁😋

Falsch. Einfach falsch. ELEMENTAR falsch. Und doch richtig.

Flora hängt in den Seilen. Naja, eher in den Gurten, ICH hänge in den Seilen wie ein angeschlagener Boxer. Schon Tage vor dem Krantermin. Es fühlt sich einfach falsch an, das Boot für etwas vorzubereiten, das seiner Bestimmung so komplett widerspricht. Es ist für Wiebke sicher nicht einfach, mit dem muffeligen, antriebslosen Kerl umzugehen, in den ich mich zu solchen Zeiten verwandle.

Ein Segelboot gehört ins Wasser! An Land aufgebockt, herausgerissen aus dem Element für das es gemacht ist, erscheint es im Wortsinn deplatziert, verliert es einen großen Teil seiner Eleganz, wirkt unförmig groß, durch die abgeschlagenen Segel gleichsam amputiert, stützt sich wie auf fremden Krücken ab. Außer Betrieb, gefesselt an ein Gestänge, dass wie ein Gefängnis für den Kiel wirkt. Und dann diese unpraktische Höhe. Man braucht eine wackelige Leiter, um an Deck zu gelangen, die Taschen mit den Klamotten können wir nicht von Bord stellen, sondern seilen sie von oben ab. Die Waschbecken und erst recht die WCs können nicht mehr benutzt werden, Arbeiten an Bord sollten idealerweise vorher erledigt sein.

Lange vorher (in meiner Muffelphase) beginnt deshalb die Vorbereitung. Listen mit zu erledigenden Sachen aktualisieren, putzen, Segel abschlagen, putzen, Schapps und Lebensmittelvorräte durchsehen, aufräumen oder leeren, Müll wegbringen, putzen, putzen, putzen, Watermaker konservieren, putzen, Schwarzwassertanks leeren, spülen, wieder leeren, Cover für Dinghy, Außenborder, Steuerrad und Luken raussuchen und montieren, putzen, mit Handwerkern abstimmen, putzen, unser altes Dinghy aufs Vorschiff wuchten, putzen, festzurren.

Hier in Herrington Harbour North bekommen wir keinen präzisen Krantermin, sondern sind für diese Woche “on the list”. Ziemlich weit oben offenbar, denn gleich Dienstag früh (Montag war ja wegen des Feiertags am Sonntag frei) kommt ein Hafenboot und will uns zu einem der drei Travellifte bringen. Da sind wir noch nicht fertig, die Handwerker haben sich verspätet und die Klimaanlage muss im Wasser geprüft werden. Grr. Dadurch rutschen wir ans Ende der Liste. Außerdem ist bei unserem Tiefgang auch die Tide zu berücksichtigen, damit die Krangurte möglichst nicht durch den Hafenschlamm gezogen werden müssen.

Immerhin findet der Mechaniker einen Fehler in der hinteren Klimaanlage, das ist die kleine für die Achterkoje in der wir schlafen. Normalerweise kommt die Klimaanlage bei uns kaum zum Einsatz, sie läuft nur über den Generator oder über Landstrom im Hafen und in Marinas sind wir selten (zuletzt in Antigua wegen kleinerer Reparaturarbeiten). Gerade jetzt aber wäre sie fein, denn es sind diese Tage tagsüber 35 bis 36 Grad und nachts immer noch 28, am Abend hier im Hafen wenig Wind, die Luft steht, da wird es dann kuschelig unter Deck. Leider steigt während der Fehlersuche plötzlich auch die vordere Anlage aus, aber dort hat nur eine versteckt eingebaute zusätzliche Glassicherung ausgelöst und so können wir das Boot vor dem Schlafengehen doch noch herunterkühlen. Die “Aircondition” hätten wir als Extra nicht geordert, unser Vorbesitzer hat sie aber nachträglich eingebauten lassen. An solchen Tagen wie heute (oder wenn man häufig in Marinas wäre) ist sie zwar angenehm, auch weil sie die Luft entfeuchtet, sie beansprucht allerdings durch die installierte Technik und die luftführenden Schläuche auch ziemlich viel wertvollen Stauraum und ist eben wartungs- und reparaturanfällig. Bei den aktuellen Bedingungen sind wir allerdings froh und dankbar, das wenigstens der vordere Teil funktioniert 😌.

So falsch es sich anfühlt, Flora an Land zu stellen, so richtig fühlt es sich an, nach über zwei Jahren wieder einmal Familie und Freunde in Deutschland zu besuchen 😁 (und ein bisschen Organisationskram zu erledigen, wie Steuererklärung und neue Kreditkarten).

Erst mal hier in den USA noch die zweite Impfung und dann kriegen wir hoffentlich auch einen Flug. Die Planung für den Rückflug zur Flora gestaltet sich derzeit noch etwas schwierig, weil eine direkte Einreise aus Europa in die USA für uns immer noch nicht zulässig ist und wir wahrscheinlich zwei Wochen „Zwischenstation“ in einem außereuropäischen Land einschieben müssen. Vielleicht ziehen wir die für nächsten Winter eigentlich von der Flora aus vorgesehenen Landausflüge in Mexiko für diesen Zweck einfach vor 😎.

Die Bilder sind vom letzten Herausnehmen hier in Herrington. Nachdem wir heute den ganzen Tag gewartet haben, haben ihr es am Ende doch nur bis in die Gasse vor den Travelliften geschafft und Flora soll morgen früh als erste gekrant werden. Ohne uns (wir können da eh nichts machen), unsere Freunde Greg und Michael haben uns abgeholt, wir sind jetzt bei ihnen in Washington. 😁