Entscheidung und Treffen

Aus Nanaimo raus und einmal um die Ecke gibt’s mal wieder einen Erkenntnisgewinn. Dafür also das “Logging”, der Holzeinschlag, dessen Auswirkungen wir mit einigen kahl geschlagenen Hängen zuletzt häufiger gesehen haben. Die Fahrt führt vorbei an einer Zellstoff-Produktionsanlage, Unmengen an Holzstämmen werden angeliefert, zu Zellstoff verarbeitet und verschifft, nach Aussage der unternehmenseigenen Website hauptsächlich nach Asien. Gleich hinter der Fabrik wird es dann für die Navigation der Flora spanned, hier liegen die nächsten Narrows, deren Durchfahrt das richtige Timing erfordert.

Die Dodd Narrows trennen Vancouver Island von der kleinen Insel Mudge und der größeren Insel Gabriola. Die gehören bereits zu den Gulf Islands, einem beliebten Ziel für Segler und andere Wassersportler aus Vancouver und Victoria, quasi dem kanadischen Pendant zu den San Juan Islands vor Seattle, die beiden Inselgruppen gehen praktisch ineinander über.

Bis zu 9 kn kann die Strömung der Dodd Narrows erreichen, also am besten bei Stillwasser passieren. Das klappt diesmal nicht ganz, obwohl wir sogar etwas vor der Zeit da sind, gurgelt das Wasser bereits mit rund zwei Knoten in unsere Richtung. Das ist zwar kein Problem, aber die bereits deutlichen Wirbel zeigen uns, dass wir nicht allzu viel später hätten kommen dürfen.

Ein Stück hinter den Dodd Narrows setzen wir den Gennaker, aber es wird ein kurzes Vergnügen, der Wind schläft bald darauf wieder ein.

Unser Tagesziel diesmal ist Saltspring Island, die größte der Gulf Islands. Wir laufen deren Hauptort Ganges an, mit sehr gutem Grund: hier macht das jüngste unserer sechs Patenkinder gerade ein Highschool-Jahr. Jasper ist 15 und statt in Montabaur jetzt also für 10 Monate in Ganges. Wir freuen uns wie Bolle, dass es mit diesem Treffen klappt. Gemeinsam mit ihm holen uns seine Gasteltern am Hafen ab, zeigen uns ihr Haus und die Insel.

Nach zwei Tagen auf Saltspring Island verabschieden wir uns und fahren weiter nach Sydney auf Vancouver Island. Das gibt uns die Möglichkeit Eliza und Ben zu treffen, bevor Ben am nächsten Tag nach Panama zu ihrem Boot fliegt. Wir hatten die beiden Anfang des Jahres in der Shelter Bay Marina auf Panamas Atlantikseite kennengelernt, wo ihre Nauticat 37 jetzt “on the hard” lagert. Die beiden wohnen in Victoria und besuchen uns, es wird ein schöner Nachmittag, erst mit selbstgebackenem “Flora-Butterkuchen” und dann mit einem netten Abendessen in der Stadt und ganz viel Klönen.

Am nächsten Tag lösen wir eine Tageskarte und fahren mit dem Bus hinaus zu den anderen Marinas nördlich von Sydney. Wir klappern sie alle ab, aber die Aussage ist überall die gleiche wie auch schon bei zwei Häfen auf Saltspring Island und mehreren anderen Marinas, die wir nur angerufen haben: ein Winterplatz, egal ob im Wasser oder an Land ist nicht frei. Allenfalls ein Platz auf der Warteliste. Hm.

Am Abend dann ein Vortrag im Royal Victoria Yachtclub: Tony Gibb and Connie McCann berichten über zwei sehr verschiedene Langfahrten. Eine siebenjährige Pazifikumrundung über Japan und die Aleuten in ihrer selbst ausgebauten Vancouver 27 “Hejira” von 1983 bis 1990 ohne Kühlschrank, ohne eingebaute Toilette und vor allem ohne elektronische Navigationsgeräte. Und eine Weltumsegelung mit ihrer modern ausgestatteten und geräumigeren Wauquiez 38 “Sage” ab 2010. Gerade im direkten Nebeneinander der beiden Reisen sehr spannend, zumal von den beiden auch klasse bebildert und vorgetragen. Eingeladen hat uns Daragh, der Port Officer des OCC (Ocean Cruising Club, das britisch/internationale Pendant zu unserem deutschen Verein Trans Ocean). Ich hatte ihn angeschrieben wegen möglicher Winterplätze. Weil wir den Yachtclub nur schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen können organisiert uns Daragh auch noch den Transport dorthin und zurück: Clubkammerad Don holt uns aus Sydney ab und bringt uns nach dem Vortag und einer anschließenden privaten Stadtrundfahrt auch wieder zurück. Kanadische Gastfreundschaft.

Und was den Winterplatz der Flora angeht, treffen wir mit Blick auf das sich ab Freitag wohl deutlich (und vermutlich auch eher dauerhaft) in Richtung kälter und regnerischer verschlechternde Wetter eine Entscheidung: wir werden wieder ein Stück zurück nach Norden segeln. In Campbell River können wir Flora über den Winter parken, nach Bedarf auch auf ihr wohnen (letzteres leider nicht selbstverständlich bei den Winterplätzen hier). Es gibt dort sogar eine aktive Winter-Community, einige der Boote kennen wir, darunter die “Pitou”, mit der wir in Honolulu, Sitka und Juneau zusammen waren.

Mit dem in Deutschland eher unüblichen Überwintern des Bootes im Wasser haben wir in Griechenland gute Erfahrungen gemacht und der Pazifik ist hier in BC frostfrei, warum also nicht?

Darum Hafen: Port Hardy

Vom Miles Inlet hinüber nach Port Hardy im Nordosten von Vancouver Island ist es eine reine Nebelfahrt, das zähe Zeug will sich einfach nicht auflösen. Einmal mehr sind wir sehr dankbar für das Radar und die elektronische Navigation. Und trotzdem froh, als sich endlich das Leuchtfeuer in der Hardy Bay aus dem Dunst schält.

Ein Stückchen weiter sollte eigentlich das Public Dock liegen. Wir sehen nur eine Nebelwand, tasten uns heran, aber … außer gelben Bojen erspähen wir nichts. Dann tauchen die Umrisse der Port Hardy Government Warf auf und ein Angler ruft uns zu, dass es dieses Public Dock nicht mehr gibt.

O.k., also weiter um das Flach und den nächsten kleinen Leuchtturm herum zur Port Hardy Fisherman‘s Warf, die hat ebenfalls ein Public Dock. Es gibt auch noch eine Marina, in der wir ebenfalls festmachen könnten, aber dort liegen fast nur kleine Angelboote. Da gefällt uns das Miteinander mit den mittelgroßen und kleineren Fischerbooten in Fisherman‘s Warf besser. Es ist belebter und darüber hinaus ein Miteinander, wie es hier in Pacific Northwest noch häufig vorkommt. Früher – vor unserer Seglerzeit – muss es so auch in den Häfen etwa der Ostsee und des Mittelmeeres ausgesehen haben. Aber mit der immer größer werdenden Flotte der Sportboote (Motor- und Segel-) und der sich dafür entwickelnden Vereinshäfen und Marinas bei gleichzeitigem Niedergang der regionalen Fischerei ist es dort viel seltener geworden. Hier im Norden von BC, ebenso wie in Alaska aber sind diese gemischten Häfen mit deutlich mehr Fischern als Sportbooten noch der Normalfall. Weiter im Süden, näher an den großen Städten wie Vancouver und Seattle, finden sich dann auch deutlich mehr Marinas.

Warum sind wir überhaupt im Hafen und nicht vor Anker? Zum einen wollen mal wieder einkaufen. Und außerdem steht ein Ölwechsel beim Volvo an und den mache ich aus mehreren Gründen lieber im Hafen. Ich kann dann das Altöl und die alten Filter gleich vorschriftsmäßig entsorgen und muss es nicht mitschleppen, könnte im Zweifel neues Öl kaufen (wir haben aber noch genug dabei) und habe bessere Möglichkeiten, falls sich irgendwas Unerwartetes zeigt.

Und das tut es natürlich! Der Ölwechsel klappt zwar wunderbar (wie geschmiert), aber beim ebenfalls fälligen Wechsel des Impellers der Seewasserpumpe (bei unserem Boot bäuchlings auf dem Motorblock liegend kopfüber zu erledigen) gibts eine unangenehme Überraschung. drei von vier Schrauben des Deckels sehen normal aus, bei der vierten fehlt der Schraubenkopf. Grrr. Daran bin ich komplett unschuldig, den letzten Impellerwechsel hat der Volvo-Mechaniker bei der großen Inspektion in Herrington im letzten Herbst durchgeführt. 😇 Die Schraube selbst ist noch drin, aber Salzspuren zeigen, dass sich einzelne Tropfen Seewasser ihren Weg gesucht haben. Ausbohren kann ich die Schraube dort so nicht ohne weiteres. Eventuell würde ich den Deckel abbekommen, aber die Pumpe und ihre Dichtungsflächen dort zu reinigen wird wohl nichts. Also die Seewasserpumpe ausbauen, was ziemlich problemlos gelingt. Nur die Schläuche wollen nach jetzt 2.300 Stunden an ihrem Platz mit etwas Nachdruck überredet werden, die Pumpe jetzt mal loszulassen.

Die Pumpe selbst tut es noch, ist aber ein Teil, das auf Langfahrt typischerweise häufiger mal Probleme bereitet. Wir haben deshalb eine Ersatzpumpe dabei und da sie jetzt ohnehin ausgebaut ist entscheide ich, lieber gleich die Ersatzpumpe einzubauen und das Original dann als künftigen Notersatz aufzuarbeiten.

Dafür muss allerdings das Mitnehmerrad des Originals auf die Ersatzpumpe umgebaut werden. Versucht man die Mutter zu lösen, dreht das Rad mit. Einspannen möchte ich es nicht, um es nicht zu beschädigen. Aber mit dem Ölfilterschlüssel festgehalten funktioniert es.

Nur: das Rad ist auf einen konischen Zapfen aufgepresst und lässt sich trotzdem nicht lösen. Man bräuchte einen Abzieher. Unsere Segelfreunde Tereza und Jakub auf der Kate Marie leihen uns ihren, den sie für den Impellerwechsel benutzen, aber er ist etwas zu klein. Gut, das wir im Hafen in einem Ort sind, ich kann einen passenden Abzieher kaufen und der Job ist damit dann schnell erledigt.

Noch etwas schneller wäre es gegangen, wenn ich beim (Überkopf-)Einbau nicht erst mal die O-Ring-Dichtung eingeklemmt hätte. 😞 Aber immerhin, auch dafür findet sich noch passender Ersatz. 😅

Heute bleiben wir noch hier liegen, erledigen den Rest Wäsche (die 6. Maschine!) in der Laundry (Münzwäscherei) gleich am Hafen, backen leckeren Hefe-Pflaumenkuchen mit Walnuss-Streuseln. Sehr lecker! Und heute Abend gibt’s Nudeln mit Brokkoli und Hähnchen-Pilz-Sahnesoße. So ein Frische-Einkauf hat seine Vorteile, jetzt sind wir wieder fürs Ankern in der Wildnis gerüstet.

😁😋