Die festlich beleuchtete Rickmer Rickmers an den Landungsbrücken (auf dem Schiff haben Wiebke und ich 1999 geheiratet). Und im Hintergrund die Elbphilharmonie.
Ein Konzert in der Elphi darf natürlich nicht fehlen, wenn wir schon mal hier sind.
Ebensowenig ein Besuch im Michel …
… und diverse Weihnachtsmarktbesuche mit Familie und Freunden.
Wir kaufen einen Tannenbaum für unsere Wohnung …
… freuen uns am festlichen Schmuck bei Wiebkes Mama in Hoya …
Und wir werden zur Punsch-Rundfahrt im Hamburger Hafen beim Segelverein Hansa eingeladen …
… und, und, und.
Vorweihnachtszeit in Hamburg. Herrlich.
Und was bedeutet das eigentlich? Es bedeutet zunächst mal, dass wir gerade keine exotischen Geschichten zu erzählen oder zu zeigen haben. Und es bedeutet, dass es trotzdem wunderschön für uns ist. Dass wir uns erden können in unserem anderen Zuhause, Wurzeln spüren. Dass wir mit alten (und neuen) Freunden und mit unserer Familie Zeit verbringen dürfen ist auch ein ganz wichtiger Teil unseres Lebens. Und es ist gut zu wissen, dass sie uns in Gedanken auch wieder begleiten werden, wenn wir im Februar zurück auf die andere Seite der Erde reisen.
Die letzten Tage hier nutzen wir, um auch die Umgebung von Whangārei im Bezirk Northland noch etwas zu erkunden.
Ein Ausflug führt uns hinauf zur Bay of Islands, die wir nächstes Jahr unbedingt mit dem Boot besuchen möchten. Die Nebenstraße über Helena Bay auf der Strecke von Whangārei nach Russel lässt mein altes Motorradfahrer-Herz höher schlagen, obwohl wir mitten Auto unterwegs sind. Etwa 100 km lang finden sich kaum mal 200 m gerade Strecke. Dabei geht es bergauf und bergab, durch Wälder, Wiesen und an der schroffen Küste mit eingestreuten kleinen Stränden entlang.
Ein bisschen Viehwirtschaft, wenige kleine Ortschaften, kaum Verkehr. Eine halbe Stunde lang zählen wir den Gegenverkehr und die plattgefahrenen Possums auf der zumeist schmalen, gewundenen Straße. Es sind weniger entgegenkommende Autos als totgefahrene Possums. Diese nachtaktiven Beutelsäuger sind extrem unbeliebt in Neuseeland. Die Fuchskusus (so der deutsche Name) sind etwas größer als eine Hauskatze. Um 1850 herum wurden sie aus Australien zum Aufbau eines Pelzhandels eingeführt. In Australien sind diese Beuteltiere inzwischen geschützt. In Neuseeland aber haben sie keine natürlichen Feinde. Insofern vermehrten sie sich explosionsartig. Viele Neuseeländer überfahren sie deshalb lieber absichtlich, als ihnen auszuweichen, denn Possums haben sich zu einer heute bekämpften Plage für die originäre neuseeländische Planzen- und Vogelwelt entwickelt.
Wo ich schon bei der neuseeländischen Vogelwelt bin 😉:
Wir beobachten unter anderem die typisch neuseeländischen schwarzblauen Tui (-Honigvögel) mit ihrem auffälligen hellen Federbüscheln am Hals und die kaum golfballgroßen Neuseeland-Fächerschwänze (Pīwakawaka oder Fantail) sowie die etwa sperlingsgroßen Graumantel-Brillenvögel. Letztere kamen (wie die Possums) erst im 19. Jahrhundert nach Neuseeland. Da sie aber nicht vom Mensch eingeführt wurden, sondern vermutlich ein Schwarm durch einen Zyklons auf natürlichem Weg von Australien hierher abgetrieben wurde, gelten sie nicht als invasive, sondern als heimische Art. Die Pflanzen- und Tierwelt Neuseelands hat halt so ihre Eigenarten. Es ist kompliziert.
Russel selbst ist ein kleiner Touristenort auf einer langgezogenen und buchtenreichen Halbinsel in der Bay of Islands.
Insbesondere an der Uferpromenade finden sich einige viktorianische Holzbauten, die heute zumeist als Cafés und Restaurants genutzt werden.
Von Russel aus nehmen wir die Fähre hinüber nach Opua. Hier klarieren die meisten Segler nach Neuseeland ein, so wie wir das ja ursprünglich auch geplant hatten. Gerade am Vortag ist die Terikah angekommen. Wir hatten Jen und Cris mit ihren Kindern Calder und Cora in Mexiko kennengelernt und zuletzt in Französisch Polynesien getroffen, die Wiedersehensfreude ist groß und wir schnacken längere Zeit auf ihrem Katamaran.
In Opua machen wir außerdem noch einen herrlichen Waldspaziergang auf dem Opua Kauri Walk.
Zwischen hohen Baumfarnen und vielen Kauri-Bäumen hindurch geht es zu einer Aussichtsplattform nahe einem etwa zwei Meter im Durchmesser aufweisendem jahrhundertealten Exemplar dieser den Maorí als heilig geltenden Bäume.
Auf der Rückfahrt nach Whangārei machen wir einen kurzen Zwischenstopp in Kawakawa. Die Hauptattraktion (vielleicht auch die einzige) in dieser kleinen Ortschaft ist die öffentliche Toilette. Was zunächst skurril anmutet, geht auf den bekanntesten Bewohner des Ortes zurück: der Allrounder-Künstler Friedensreich Hunderwasser wohnte hier ganz in der Nähe von 1975 bis zu seinem Tod im Jahr 2000. Direkt hinter der von ihm gestalteten Toilette gibt es auch einen kleinen Hundertwasser-Park mit einer Bibliothek.
Wir waren zwar in Wien (Hundertwasserhaus), Uelzen (Hundertwasserbahnhof) und Hamburg (Hundertwassercafé) und zuletzt eben Whangārei schon mehrfach auch mit dem architektonischen Werk Hundertwassers in Berührung gekommen, wussten bisher aber nicht, dass er in seinen späten Jahren Neuseeland als Wahlheimat ausgesucht hatte.
Dazu können wir dann bei einem Besuch der Dauerausstellung im Hundertwasserhaus in Whangārei noch mehr spannendes erfahren. Etwa, dass Hundertwasser selbst Segler war und sein Schiff, die REGENTAG, auf Teilstrecken auch eigenhändig vom Mittelmeer nach Neuseeland gebracht hat.
Und zum Beispiel, dass er eine so enge Beziehung zu seinem Schiff hatte, dass er seinen Künstlernamen (bürgerlich hieß er Friedrich Stowasser) erweiterte auf Friedensreich Hundertwasser Regentag Dunkelbunt.
Ein wenig dunkel und ziemlich bunt wird es dann auch noch bei unserer allerletzten Aufgabe in Whangārei: Wolle abholen. Der skurril und ein bisschen dunkel anmutende Teil: in Neuseeland gibt es eine besondere Wolle: neben 80% heimischer Merino-Schafwolle wird 20% Possum eingesponnen. Das weiche Fell der zum Schutz der heimischen Natur gejagten Possums besteht nämlich aus hohlen Haarfasern, die sich nicht nur gut anfühlen, sondern dadurch auch besonders isolierende und Feuchtigkeit transportierende Eigenschaften aufweisen. Der bunte: Helene mit ihrer Garagenfirma HappyGoKnitty färbt diese besondere Wolle in Handarbeit ein und versendet sie dann auf Bestellung in die ganze Welt. Wir haben aber den Luxus, sie direkt bei ihr abholen zu können und uns dabei die Wolle und den Prozess ihrer Entstehung von ihr erklären zu lassen.
Oh, und da wir jetzt ja aus dem neuseeländischen Frühsommer direkt in die ersten deutschen Wintertage fliegen (wir haben Schneebilder gesehen!), hat Wiebke sich zu ihrem Tuch rechtzeitig noch eine passende Mütze fertig gestrickt. Noch nicht aus Possumwolle, aber damit kann ja dann das nächste Strick-Projekt starten.
Wir bleiben ein paar Tage am Ankerplatz vor der Insel Vaka‘eitu. Das gar nicht so kleine Eiland hat 10 Einwohner, die alle zu einer Familie gehören. Dorothy, die sich als Schwiegertochter des Familienoberhaupts vorstellt, lädt für Freitagabend zum „Tongan Feast“. Gleichzeitig soll dabei der 2. Geburtstag ihrer Tochter Haye gefeiert werden. „Je mehr Gäste, je besser.“ sagt sie. Die Segler in der Bucht lassen sich nicht lange bitten, über 30 von uns finden sich unter dem imposanten Ovava (Banyan-Baum) am Ufer ein, hier findet die Feier statt. Und natürlich gibt auch Wiedersehen unter Seglern, für uns zum Beispiel mit Mareike von der Moana und ihrer Crew, mit Annette und Jan von der Black Marlin sowie mit Judy und Todd von der Galileo.
Daniel, Dorothy‘s Mann, dreht schon das Spanferkel am langen Holzspieß über dem offenen Feuer.
Auf einer Tafel ist ein großes Buffet mit tonganischen Gerichten aufgebaut. Los geht’s aber erst, nachdem Dorothy eine Begrüßungsrede mit anschließendem Gebet gehalten hat, so ist es Tradition.
Dorothy mit Haye und Sane im Arm, im Hintergrund die Schwägerinnen Rosemary und Anne.
Und natürlich bekommt das Geburtstagskind auch Geschenke (von uns Stifte, Papier und Knetgummi).
Das Prinzessin-Kleid hält Haye selbstverständlich nicht davon ab, mit ihrem älteren Bruder und den Cousins ins Wasser zu laufen und durch den Sand zu krabbeln. Die Insel ist nunmal auch der Spielplatz. Und wenn schon mal Dinghies da sind, werden die als Spielgeräte einfach einbezogen.
Anne und Rosemary bringen nach dem Essen auch noch eine Vorführung tonganischer Tänze dar, auch offenbar vorgebildete Seglerinnen werden einbezogen (Anne gibt auf Wunsch auch tonganische Tanzkurse).
Angeregt durch das tonganische Buffet frage ich Anne am nächsten Tag nach „Pele“. Geschmacklich irgendwo zwischen Spinat und Kohl angesiedelt, werden diese Blätter einer speziellen Hibiskus-Pflanze in der tonganischen Küche sowohl gebraten als auch gekocht verwendet.
Anne hat sie reichlich in ihrem Garten angepflanzt. Verkaufen möchte sie sie nicht, aber auf Bitten der mitgelaufenen Kinder vielleicht gegen ein paar Süßigkeiten eintauschen? Ich hole vom Boot Haribo für die Kleinen. Die deutsche Süßigkeit ist ganz passend, denn der Nachname der Familie lautet Wolfgramm. Der Grabstein von Emil Otto Frederick Wolfgramm war uns schon auf dem Friedhof in Neiafu aufgefallen, er hatte sich im 19. Jahrhundert hier niedergelassen und eine Tonganerin geheiratet.
Und sonst? Wir packen nach langer Zeit mal wieder die Wingfoils aus. Seit Mai bin ich nicht mehr gefahren, ich muss mich erst mal wieder etwas eingewöhnen, aber es macht Riesenspaß. Nicht nur mir. Mit dem Dinghy ziehe ich Emma und Claas auf dem Foilboard. Erst mal im Knien. Und auf dem Strand üben wir das Handling des Wings, nicht ganz einfach bei dem ziemlich böigen Wind.
Außerdem wandern wir über die Insel, paddeln, schnorcheln, und bewundern den Korallengarten bei Ebbe.
Es ist mal wieder einer von diesen traurigen Abschieden, die zu den Cruiser-Freundschaften einfach dazugehören. Ingo und Andrea von der Easy-One bleiben (mit Heike und Jürgen von der Valentin und Silke von der Ocean Maiden) in Toau.
Wir aber verlassen dieses „deutsche Dorf“, segeln nach Fakarava. Schließlich wollen wir Katrin auch noch den Ort Rotoava, den herrlichen Südpass und die traumhafte Ankerbucht Hirifa zeigen, bevor sie uns Mitte nächster Woche schon wieder verlässt.
In Rotoava kaufen wir noch ein bisschen ein, schlendern durch den Ort, zeigen Katrin die Kirche mit ihrem Muschelkettenschmuck, den polynesischen Holzschnitzereien und den Auster-Perlmuttverzierungen.
Und natürlich darf auch der so typisch polynesische Blumenschmuck im Haar nicht fehlen. Vor der Kirche treffen wir auch Poline wieder. Sie erklärt uns hinsichtlich der Blumen, traditionell sei hier keine Aussage (verheiratet oder nicht) damit verbunden, hinter welchem Ohr die Blume getragen werde.
Von Rotoava aus segeln wir längs durch das Atoll hinunter zum Südpass.
Der Ankerplatz zeigt sich aber so rollig, dass wir gleich nach Hirifa weiterfahren und dort für die Nacht ankern. Zwar ist es am nächsten Tag etwas ruhiger, trotzdem fahren wir mit Flora nur für eine Stipvisite zum Südpass. Bei zwei Driftschnorchelgängen zeigt sich der Südpass von seiner besten Seite, Katrin ist ebenso angetan wie wir.
Nachdem ich die leicht verhakte Ankerkette freigeschnorchelt habe (auf 13m, wenn es noch tiefer gewesen wäre, hätte ich doch meine Tauchausrüstung rauskramen müssen) fahren wir für die Nacht dann aber wieder zurück an den gut geschützten Ankerplatz von Hirifa.
Dort kann ich ausgiebig wingfoilen, Wiebke und Katrin sind dafür mit den Paddelboards unterwegs …
…, schwimmen, und sie erkunden den Strand an der Südspitze von Hirifa.
Die Tage verfliegen, am Mittwoch ist Katrins Zeit an Bord der Flora schon wieder um. Immer diese Abschiede.
Der Schutz vor dem vorhergesagten unangenehmen Wetter ist gut hier in Faaite. Tatsächlich soll sich ein Starkwind- und Regenband praktisch über die gesamten Tuamotus erstrecken.
Erstmal aber bekommen wir es nur mit zunehmendem Wind zu tun. Soweit gut, da können wir wingfoilen (Ralph und Ralf) bzw. surfen (Ingo) oder machen ausgedehnte Strandwanderungen (Andrea und Wiebke). Und wieder einmal gibt es ein leckeres Abendessen mit anschließendem Spiel auf der Lille Venn.
Abgesehen von ein paar kräftigen Schauern ist das Wetter noch gut. Wir spazieren durch den Ort Hitianau, mit seinen etwa 300 Einwohnern die einzige Siedlung auf dem Atoll Faaite und direkt am Pass in die Lagune gelegen.
Trotz des vielleicht insgesamt nur etwa einen Kilometer langen Straßennetzes in Form von zwei parallelen Wegen mit ein paar Querverbindungen gibt es auffällig viele E-Bikes. Dieses Phänomen haben wir aber auch schon auf anderen Atollen beobachtet. Immerhin – keine knatternden Mopeds und von den wenigen vorhandenen Autos sehen wir auch keines unterwegs. Es gibt vier kleine Lebensmittelläden, wovon einer allerdings nur die Größe von zwei Telefonzellen hat und mit Kiosk eigentlich schon schmeichelhaft beschrieben wäre. Aber die Grundversorgung ist jedenfalls gesichert und außerdem gibt es auch noch eine Bäckerei für frische Baguettes. 🥖
Gut, etwas anderes wird dort tatsächlich nicht gebacken, aber wenn man zwischen 7.00 und 8.00 Uhr bestellt, trägt Joana das handschriftlich in ihr großes Buch ein und man kann zwischen 14.00 und 15.00 Uhr die noch warmen Baguettes bei ihr abholen.
Zweimal gelingt uns das im Trockenen, beim dritten Mal allerdings muss ich das Brot im wasserdichten Rucksack durch den Tropenregen zurück zum Boot bringen.
Bei Sonnenschein aber präsentiert sich Faaite verträumt freundlich. Ausnahmslos jeder Bewohner grüßt uns lächelnd im Vorbeigehen oder von der schattigen Veranda aus. Wäsche baumelt auf der Leine, …
… die Meeresfarben finden sich selbst auf dem Friedhof wieder …
… Bootsbauprojekte werden im Garten unter einer Wellblechkonstruktion angegangen …
… und die wieder einmal etwas übergroße Kirche ist in fröhlich bunten Farben gestrichen.
Vielleicht soll das auch ein dunkles Kapitel in der Inselgeschichte vergessen machen: 1985 wurden hier mehrere Menschen Opfer einer kollektiven religiösen Psychose. In Abwesenheit des Pfarrers überzeugten Durchreisende die Gemeindemitglieder, der Teufel sei auf der Insel und müsse ausgetrieben werden. Sie verursachten eine Hysterie, bei der in vermeintlichem Exorzismus sechs Menschen zum Teil lebendig verbrannt wurden.
Trotz dieses schrecklichen Vorkommnisses vor rund 40 Jahren und obwohl sich das Wetter inzwischen deutlich verschlechtert hat, besuchen wir am Sonntag den Gottesdienst. Hin kommen wir immerhin noch einigermaßen trocken.
Fast durchgängig auf tahitianisch mit nur wenigen französischen Einsprengseln abgehalten, verstehen wir zwar nicht viel. Aber wie bisher immer in Französisch Polynesien ist auch hier der Gottesdienst von beeindruckendem, mehrstimmigen Gesang geprägt.
Innen ist die Kirche ähnlich farbenfroh wie von außen. Neben geschnitzten Kreuzgangsmotiven finden sich farbenfrohe naive Malereien und eine mit bunt blinkenden Lichtern verzierte Krippe. Muschelkronleuchter hängen von der Decke. Blickfang aber sind vor allem der mit einem kunstvollen Muschelmosaik überzogene Altar und das mit aus Perlmutt gebildeten Strahlen ausgeformte zentrale Kreuz (auf das Bild klicken für bessere Auflösung):
Da nimmt es kaum Wunder, dass der uns freundlich einbeziehende Pfarrer zum weißen Talar türkisfarbene FlipFlops trägt.
Französisch Polynesien halt. Dazu gehört dann wohl auch Tropenregen. Schon während des Gottesdienstes trommelt der Regen auf das Kirchendach, der aufbrausende Wind bläst ihn durch die zunächst noch weit geöffnete Tür und die Fenster herein.
Trocken zurück kommen wir jedenfalls nicht, inzwischen hat uns das Schlechtwetterband erreicht:
Gemeinsam mit der Easy One und der Diamond Sea verholen wir nördlich um die Insel herum auf die Ostseite von Taha’a. Der Ankerplatz direkt am Pass Toahotu ist hinreißend schön.
Zwei kleine Motus (das namensgebende Toahotu und das kleinere Maharare) flankieren den tiefblauen Pass und dankenswerterweise schließt sich an den flachen, türkis leuchtenden Bereich um Maharare ein etwa fünf Meter tiefer Ankerbereich an. Ein paar Korallenbommies gibt’s, aber sie liegen tief genug und lassen nur das Floaten der Kette mal wieder sinnvoll erscheinen. Kein Problem, genau dafür haben wir ja noch immer die Perlfarmbojen an Bord.
Der Wellenschutz hinter dem Riff und der gleichzeitig fast ungehindert darüber streichende Wind bieten gute Bedingungen, ein paar weitere Basisübungen für das Wingfoilen zu absolvieren. Die Kernelemente muss ich leider erst noch einzeln trainieren. Und so ziehen mich mal Wiebke, mal Ingo auf dem Foilboard hinter unserem Dinghy, jederzeit bereit, sofort Gas weg und den Gang heraus zu nehmen, wenn ich auf dem kippeligen Board mal wieder nicht mehr das Gleichgewicht halten kann. Immerhin, das foilen (wenn also die Unterwasserflügel das Board von der Wasseroberfläche lösen und “schweben” lassen) klappt inzwischen besser. Das heißt, die Zeit zwischen meinen spektakulären Abstürzen schleicht sich sekundenweise nach oben.
Die zweite Kernübung ist der Umgang mit dem Wing, dem Flügel-Segel. Das kann ich sogar abwechselnd mit Ingo trainieren, denn daran hat auch er Spaß. Dazu nehmen wir Ingos relativ großes Surfbrett (natürlich ohne Mast), es ist wesentlich weniger kippelig als das viel kürzere Foilboard. So können wir besser den Umgang mit dem Wing üben:
Es ist trotzdem für uns Anfänger schwierig genug, die 5 Quadratmeter Segelfläche zu halten und durch Anstellwinkel und Positionierung auch den Kurs zum Wind mit einzustellen.
Anstrengend ist übrigens bei beiden Übungen auch das andauernd wieder erforderliche Klettern aufs Board. 😔
Aber immerhin, einige trockene Halsen sind inzwischen auch schon dabei.
Zwischen den eigenen Sporteinheiten ergibt sich aber für uns auch die Möglichkeit, anderen Sportlern bei einem Wettbewerb zuzuschauen.
Die zweite Etappe des Hawaiki Nui Va’a Auslegerkanu-Rennens verläuft nämlich innerhalb der Lagune zwischen Raiatea und Taha’a.
Und dieses Rennen ist ein echtes Spektakel, es ist eines der größten Sportevents für die polynesischen Kanuten mit Gastteilnehmern aus dem ganzen pazifischen Raum. Von Huahine nach Bora Bora führt der insgesamt 129 km lange Kurs in drei Etappen.
Wir segeln mit der Flora in die Enge zwischen Raiatea und Taha’a. Hier haben sich die meisten Zuschauerboote entlang des Kurses platziert, wir reihen uns auf der östlichen Seite hinter einer Untiefe ein.
Begleitboote und wohl auch einige weitere Zuschauerboote rasen an der Strecke entlang und sorgen für ziemlich aufgewühltes Wasser.
Das scheint den Besatzungen der 6-Sitzer-Auslegerkanus allerdings nicht viel auszumachen, schließlich müssen sie auch mit den teils ruppigen Meeresbedingungen bei den zudem viel längeren Etappen außerhalb der Lagune klar kommen.
Wie bei einem Uhrwerk stechen die Paddel im Gleichtakt in die Fluten und treiben die schmalen, zerbrechlich wirkenden Gefährte voran. Das geringe, von Sponsorenlogos bedeckte Freibord scheint die Wellen zum Einsteigen geradezu einzuladen. Und doch jagen die Auslegerkanus im Rennmodus über das offene Meer.
Und auch damit ist es noch nicht genug. Auf dem Rückweg von der Regattabahn zu unserem nächsten Ankerplatz am Riff jagen vor uns sieben Segelpiroggen durch, scheinbar auf einer kleinen Privatregatta.
Manche dieser mit einem Stechpaddel als Ruder gesteuerten Kreuzungen zwischen Segelboot und Auslegerkanu (mit Auslegern auf beiden Seiten) können auf Raiatea für exclusive Touristenausflüge auf einsame Motus gebucht werden, aber diese hier sind heute im sehr deutlich Rennmodus unterwegs.
Unser nächster Ankerplatz liegt im Nordwesten von Raiatea. Um dorthin zu gelangen, fahren wir innerhalb des Riffes nach Norden. Wir passieren unter Segeln den Hauptort Utoroa und melden uns per Telefon bei der Flughafensicherheit. Boote mit einer Masthöhe über 20 m sind dazu verpflichtet, weil der an der Nordpitze der Insel liegende Flughafen von einem Sperrgebiet und einer weiteren Sicherheitszone umgeben ist. Aber wir bekommen freie Fahrt signalisiert und segeln durch die Tearearahi-Passage zwischen zwei innerhalb der Lagune liegenden Riffen hindurch zum Ankerplatz im Nordwesten von Raiatea.
Gegenüber liegen mehrere Marinas und – eine Seltenheit in Französisch Polynesien – es gibt sogar die Möglichkeit, selbst größere Boote an Land zu stellen. Und entsprechend gibt es auch maritime Infrastruktur wie einen Bootsausrüster. Für uns noch wichtiger: auch die Möglichkeit, gegen Gebühr unseren Müll loszuwerden und zudem eine Wäscherei.
Mit polynesischen Charme auf einer überdachten Terrasse eingerichtet, können wir hier unsere Bordwäsche vormittags abgeben und nachmittags gewaschen, getrocknet und gefaltet wieder abholen. Kein ganz billiger Service, für die zu 3/4 gefüllte Ikea-Tasche Wäsche sind umgerechnet etwa 36 Euro fällig.
Nach ein paar Nächten auf dem schönen, wenn auch grenzwertig flachen und bei Wind etwas unruhigen Ankerplatz verholen wir die Flora zum Ankerplatz am Motu Aito.
Dort liegen wir hinter dem Riff geschützt auf komfortablen 6 m Wassertiefe mitten im Türkis. Außerdem ist es von hier nur eine kurze Dinghyfahrt hinüber nach Utoroa. Wir versorgen uns mit frischen Lebensmitteln, finden selbst Mozzarella (unsere Basilikumpflanze aus Moorea gedeiht an Bord erstaunlich gut).
Nach einem zweiten Frühstück geht’s dann wieder Anker auf und das kurze Stück hinüber zu Raroias Zwillingsschwester Taha’a. Die beiden Inseln sind von einem gemeinsamen Außenriff umgeben, wir brauchen also auf der Überfahrt die Lagune nicht zu verlassen, müssen uns nur zwischen den inneren Riffen hindurchschlängeln.
Allerdings wird uns dieses Durchschlängeln durch die Tücken der Technik etwas erschwert. Als wir den Plotter hochfahren, hat der alle Detailkarten verloren und zeigt Floras Position nur noch in einem grob skizzierten Übersichtsbild statt der Seekarte. Keine Tiefenangaben und beim Hereinzoomen auch keine zusätzlichen Details.
Für die Nichtsegler: das ist so, als ob man sich im Auto vom Navi zu einer abgelegenen Ecke in einer unbekannten Stadt führen lassen hat und zu Beginn der geplanten Rückfahrt das Navi streikt.
Die praktische Lösung des Problems ist für Autofahrer und uns Segler übrigens ganz ähnlich: wir greifen zum Mobiltelefon/iPad und navigieren damit. Also erstmal kein großes Problem, aber doch ein überraschendes.
Die Überprüfung in den Tiefen des Menüs unseres Furuno-Plotters ergibt, dass die Seekarten zwar noch da sind, aber gesperrt. So, als hätten wir sie nicht gekauft. Hm. Die Email an unseren Händler in Kanada wird dann aber prompt beantwortet. Seine Recherche ergibt, das letzte Furuno-Update sei fehlerhaft. Er kann uns auch einen Workaround aufzeigen und wir können die Seekarten wieder auf den Bildschirm holen.
Hat sich der Schlingel von Plotter doch einfach ohne unser Wissen im Internet ein Update heruntergeladen. Den Internetzugang sperren wir ihm natürlich gleich, auch diese Einstellung findet sich in den Tiefen des Furuno-Menüs. Wir wissen ja schließlich nicht, ob er sonst auch heimlich mit einem befreundeten Plotter (oder einer Waschmaschine) irgendwo in Japan chattet.
Unser nächster Liegeplatz in der Baie Apu im Süden von Taha’a ist dann so ganz anders als unsere vorigen: wir liegen an einer Boje in dunklem, rund 40 m tiefem Wasser.
Neben uns die Easy One, vor uns die Diamond Sea. Mindestens ein Teil der kostenlosen Bojen des Bojenfeldes gehört wohl der örtlichen Perlfarm. Bei unserem Landgang statten wir dann dieser Perlfarm gemeinsam einen Besuch ab. Für keinen von uns ist es der erste Besuch einer Perlfarm, für uns ist es der Dritte, aber wir werden sehr positiv überrascht. Auch wenn der eigentliche Prozess der Perlenzucht natürlich der gleiche ist, erfahren wir auch diesmal wieder einiges Neues und auch die Präsentation ist wieder anders und sehr ansprechend.
So wird uns zum Beispiel erstmals an einer geöffneten Perl-Auster genau gezeigt, wo die Tasche für den Nukleus hineingeschnitten wird. Außerdem können wir an einer aufgeschnittenen Perle sehen welche Schichtdicke die Perle um den Nukleus aufgebaut hat.
Und auch der Klassifizierungsablauf und die Besonderheiten bei der Schmuckherstellung je nach Klassifizierung der Perlen wird uns anschaulich nahegebracht. Noch dazu in einer schönen Umgebung, quasi im Wohnzimmer des Hauses.
Nach der Präsentation wandern wir noch ein bisschen weiter die Straße entlang, haben immer wieder schöne Ausblicke.
Auf dem Rückweg lockt uns der intensive Duft von Vanille auf das Grundstück von Jeremy, der uns bereitwillig seine Vanilleproduktion erklärt.
Er überrascht uns damit, dass die Netze über den Vanillepflanzungen nicht etwa der Vogel- oder Insektenabwehr wegen aufgehängt werden, sondern lediglich die Licht- bzw. Schattenverhältnisse für die Vanillepflanzen verbessern. Und er zeigt uns, wie die einzelnen manuellen Befruchtungen der Vanilleblüten erfolgen.
Wieder was gelernt.
Apropos Lernen: auch beim nachmittäglichen Sporteinsatz auf dem Foilboard (gezogen hinter dem Dinghy) mache ich – wenn auch von eleganter Haltung weit entfernt, meine persönliche Technik hat auch Tücken – ganz langsam erste Fortschritte …
… und die vielen Nasenspülungen mit Salzwasser sind sicher sehr gesund!
Wir segeln von Moorea nach Raiatea. 90 Seemeilen, also ein Übernacht-Törn. Um 15.00 gehen wir ankerauf in Vaipahu, am nächsten Morgen um 09.00 Uhr nehmen wir in der tiefen Bucht von Hotopuu eine Mooringboje direkt neben der Easy One.
Dicht hinter uns beginnt der Flachwasserbereich, aber wir liegen auf 29 m Wassertiefe, da sind wir für die (kostenlose) Boje durchaus dankbar, obwohl wir sonst lieber auf unseren eigenen Anker vertrauen.
Die Baie Hotopuu ist wunderschön, das Ufer von Palmen gesäumt, hinter denen sich – wie in den Gesellschaftsinseln typisch – spitz gezackte Berge gen Himmel strecken. An der Nordseite der Bucht gibt es einen steilen Felsabbruch. Es wirkt, als schaue jemand aus dem Berg auf die Bucht herunter und weiter durch den Pass Teavamoa hinaus in die Ferne des Ozeans.
Polynesischen Götter werden normalerweise als etwas angesehen, was in der Natur vorkommt, sich aber mit seinen Fähigkeiten weit über seinen Ursprung hinaus erhebt.
Das passt, denn auf der anderen Seite dieses Berges liegt die Baie Opoa mit dem als UNESCO Weltkulturerbe anerkannten Taputapuatea. Raiatea (RA’IĀTEA) gilt als das Zentrum des Polynesischen Dreiecks, manchmal auch als polynesischen Oktopus dargestellt, dessen Tentakel bis nach Neuseeland, Hawai’i und der Osterinsel ausgreifen.
Es galt einst als religiöses Zentrum Polynesiens. Die heiligen Orte dieser Insel waren Pilgerstätten. Hier wurden Häuptlinge geweiht, hier hielten die höchsten Priester Dialog mit den Göttern, versuchten sie mit Opfergaben günstig zu stimmen. Taputapuatea soll übersetzt “Opfer aus dem Ausland” bedeuten, wobei die freundlichere Interpretation des Namens aussagt, das Menschen von weit her kamen, um hier Opfer zu erbringen. Unzweifelhaft wurden den Göttern der einheimischen Polynesier (Maohi) hier aber auch zeremonielle Menschenopfer dargebracht.
Mit dem Dinghy fahren wir ums Eck und können an einem kleinen Steg direkt vor dem Heiligtum festmachen. Die klassischen zeremonielle Bauten der Maohi sind von niedrigen Mauern umgebene, mit Steinen eher grob gepflasterte rechteckige Plätze, Marae genannt. Die Marae dürfen nicht betreten werden, sie sind zeremoniellen Veranstaltungen (oder mancherorts auch touristischen Vorführungen) vorbehalten.
Die Lage der über 1.000 Jahre alten verschiedenen Marae in Taputapuatea ist traumhaft, mit Blick auf das Meer. Einige verwitterte Schautafeln geben Auskunft über die historische Bedeutung und die kultische Nutzung der einzelnen Flächen und in einem Häuschen am Parkplatz erhalten wir ein Lageplan-Faltblatt aber insgesamt bleibt es ohne eine inspirierende Führung doch eher schlicht für ein Weltkulturerbe und den wichtigsten religiösen Ort der polynesischen Kultur.
Der Funke springt auf uns jedenfalls nicht so recht über. Es ist schon ein wenig bezeichnend, dass der polynesische Oktopus mit seinem mythischen Zentrum Havai’i hier auf Raiatea ein bisschen lieblos auf die Wand eines Generatorhäuschens gemalt ist und die Straßenlaternen vor Ort ausnahmslos zersplitterte Glaskuppeln haben. Offenbar auch nicht erst seit kurzem:
Eine spannende Begegnung haben wir dann aber doch noch: am Ufer fällt uns ein Baum mit seltsam anmutenden Früchten auf.
Es ist eine Barringtonia, deren Besonderheit ihre Giftigkeit insbesondere für Fische ist. Die Maohi vermengten die zerkleinerte Frucht mit Muschelfleisch. Fische, die diese Köder fressen, treiben zeitweise bewegungsunfähig an der Oberfläche und können dort von den Fischern eingesammelt werden, ohne das ihr späterer Verzehr für die Menschen giftig wäre.
Der nächste Dinghyausflug führt uns zwischen Riffkante und Inselufer entlang um die Südostspitze von Raiatea herum. Am Steg des Cruiser-freundlichen Opoa Beach Hotel halten wir an, parken die Dinghies und reservieren einen Tisch am Strand für das Mittagessen. Eigentlich möchten wir von hier aus etwa 6 km zu einer Perlfarm wandern, aber davon wird uns abgeraten. Wir sollen doch lieber das Dinghy nehmen, dann könnten wir auch die Farm draußen in der Bucht und nicht nur den Shop besuchen. Vom Hotel aus wird unser Besuch gleich bei der Perlfarm angemeldet.
Tatsächlich erweist sich das als gute Idee. Die Fahrt in dem geschützten inneren Fahrwasser geht flott und die Landschaft ist über die Maßen beeindruckend.
An der auf Stelzen in die Lagune hineingebauten Hütte der Perlfarm werden wir von Landry, dem Eigentümer, sehr freundlich empfangen. Bei der (kostenlosen) Privat-Führung erklärt er uns, dass er die Perlfarm vor acht Jahren gegründet hat und die Hütte hier an der Grenze zwischen flachem und tiefem Wasser errichten durfte, weil sein Haus in der Bucht am Ufer steht.
Landry erklärt uns die Abläufe auf der Farm. Etwas überraschend ist, das hier in Raiatea nicht ausreichend Larven für Perl-Austern für eine eigene Zucht vorhanden sind. Die Perlfarmen hier beziehen deshalb junge “Baby-Muscheln” von den Tuamotus. Sie ziehen diese dann weiter auf, bis sie groß genug sind für die eigentliche Perlen-Produktion.
Auf der (kleinen) Farm mit nur fünf Angestellten wird hier draußen nur vom frühen Morgen bis etwa 11.00 Uhr gearbeitet, wenn die Temperaturen noch etwas niedriger sind, die Austern erleiden dadurch in ihrer Zeit außerhalb des Wassers weniger Stress.
Das Entnehmen der Perlen und das Einsetzen eines neuen Nukleus zeigt uns dann Landry’s japanischer Mitarbeiter:
Beide nehmen sich Zeit für uns und beantworten geduldig unsere Fragen. Nur auf unsere Nachfrage hin bringt uns Landry dann auch an Land zum kleinen Schmuckgeschäft der Perlfarm.
Tja, sowohl Wiebke als auch Andrea finden etwas 😉.
Danach geht’s mit den Dinghies zurück zum Opoa Beach Hotel für unser Mittagessen am Strand. Als wir ankommen, haben wir das Restaurant noch ganz für uns.
Das bleibt aber nicht lange so, die sehr gute Küche mit regionalen Zutaten (und das tolle Ambiente) spricht offenbar nicht nur uns an.
Barfuß wuselt der freundlichen Service über den Strand und tischt uns Köstlichkeiten auf.
So lässt es sich wohl aushalten an einem Montagmittag. Und auf dem Rückweg erkunden wir mit dem Dinghy (und dem Handlot) schon mal mögliche Ankerplätze auf den flachen türkisen Sandflächen hinterm Riff. Für die kommenden Tage, ist nämlich sehr ruhiges Wetter vorausgesagt, da könnte das klappen.
Eine schöne Überraschung gibt’s dann auch noch. Ingo hatte Landry gefragt, ob er auf der Perlfarm Verwendung für die aussortierte alte Ankerkette der Easy One hätte oder sonst jemanden wüsste, dem er sie überlassen kann. Nach etwas Überlegung kommt Landry bei uns am Ankerplatz vorbei. Typisch polynesisch: Geschenk und Gegengeschenk. 100 m Ankerkette wandern in Landrys Boot, dafür wechselt ein wunderschönes Armband auf die Easy One.
Vom Norden in den Norden. Von der Nordspitze Tahuatas segeln wir an der Ostküste von Hiva Oa hinauf und erkunden die Nordküste dieser Insel.
Nochmal zur Orientierung, wo in Französisch Polynesien wir eigentlich jetzt sind: nach der Ankunft waren wir etwa 6 Wochen in den Gambier, danach sind wir in einer fünftägigen Passage hoch in die Marquesas gesegelt. Dort haben wir zunächst Fatu Hiva und dann Tahuata besucht, wobei wir zwischendurch in Atuona auf Hiva Oa unser Patenkind Jannik an Bord genommen haben.
Erster Stop an Hiva Oa’s Nordküste ist die Baie Hanamenu im Nordwesten dieser nach Nuku Hiva zweitgrößten Insel des Archipels.
Wegen des vorherrschenden Südostpassatwindes und dem auf dem gesamten Inselrücken entlang führenden hohen Gebirgszuges ist die Nordküste vergleichsweise trocken. Die steilen Felsformationen sind eher rötlich-braun bis schwarz, lediglich in den tief eingeschnittenen Tälern ziehen sich breitere grüne Gürtel entlang der aus dem Gebirge herabfließenden Bachläufe.
So auch hier in der Hanamenu Bucht.
Ein wenig erinnert das an eine Oase. Dies noch um so mehr, als uns nach dem wegen des Schwells kniffligen Anlandens als erstes der Süßwasserteich gezeigt wird. José und seine Frau Tepuah sind zwei von nur drei festen Bewohnern in Hanamenu. Sie führen uns herum und erklären, das frische klare Wasser des Teichs sei bestes Trinkwasser. Außerdem sollten wir unbedingt darin schwimmen.
Das verschieben wir allerdings noch ein bisschen, denn erst bewundern wir José’s Schnitzkunstwerke, die er für den Verkauf im Hauptort Atuona anfertigt.
Dann folgt eine Wanderung in das Tal hinein auf dem Weg, den José uns zeigt. Nach acht Stunden Wanderung könnte man Atuona erreichen. Unser Ausflug fällt allerdings deutlich kürzer aus, den Wiebke wird von einer Wespe in den Hinterkopf gestochen, sehr schmerzhaft. Wir drehen lieber um und kühlen den Stich in dem wirklich sehr frischen Wasser des Badeteichs.
Auch hier kommen wir nicht ohne Geschenk weg: zwei riesige Pampelmusen vergrößern unseren Fruchtvorrat an Bord. Wir nehmen die Anregung unserer Freunde von der Terikah auf und so strahlen Pampelmuse und Jannik im Smiley-Wettbewerb.
Unser nächster Ankerplatz liegt eigentlich nur 8 sm weiter etwa in der Mitte der Nordküste der Insel. Es wird aber ein Kreuzkurs, der es mit Böen bis zu 28 kn durchaus in sich hat. Aber die gesamte Crew steckt das gut weg.
Die Baie Hanaiapa ist schon von weitem gut zu erkennen. Das markante Dreieck der hohen Steilwand ebenso wie die Basaltnadel weisen den Weg hinein. Wobei der Vogelfelsen im Eingang zur Bucht je nach Licht und Blickwinkel mal wie ein Tiki, mal wie eine Büste oder ein Scherenschnitt wirkt.
Eine weitere Besonderheit von Hanaiapa liegt darin, dass der kleine Ort an das spärliche Straßennetz der Insel angeschlossen ist und man hier sogar ein Auto mieten kann.
Wir haben Glück. Das Auto der Vermieterin “an der Kreuzung” ist zwar schon auf einige Tage ausgebucht, aber sie verweist uns an eine andere Adresse im Ort, wo wir für den Nachmittag noch einen Kleinwagen bekommen können, für die nächsten Tage (mit dem auf der Insel stattfindenden Marathonlauf) ist auch der bereits reserviert. Na dann los.
Wir laden die leeren Dieselkannister ein und dann geht es über den hohen und landschaftlich wunderschönen Inselrücken hinüber auf die Südseite nach Atuona.
Am Hafen tanken wir die Kanister voll, fahren weiter in den Ort und kaufen im Supermarkt ein. Finden eine Bank und holen uns nochmal Bargeld. Und dann kurven wir hoch zum Friedhof oberhalb der Stadt.
Der bietet nicht nur einen herrlichen Ausblick, sondern auch zwei bekannte und oft besuchte Grabstellen. Paul Gaugin und Jacques Brel haben hier ihre letzte Ruhestätte, beiden ist auch jeweils ein kleines Museum im Ort gewidmet.
Auf dem Rückweg halten wir am Festplatz. Er ist gesäumt mit Tikis und anderen Steinmetzarbeiten. Aber ohne eine Führung bleibt uns die Bedeutung der Figuren meist verschlossen. Wobei: manche Tikis sind so berühmt, dass wir schon einiges über sie gelesen haben. So weist bei der Weiterfahrt am Straßenrand ein Schild auf das wohl bekannteste historische Tiki der Insel hin.
TIKI SOURIANT. Wir parken das Auto am Straßenrand und folgen dem Pfad in den Wald hinein. Und da ist es, das lächelnde Tiki:
Wenige Tiki zeigen einen Gesichtsausdruck, und wenn doch ist es eher selten ein freundliches Lächeln. Aber dieses ist doch eindeutig, oder?
Tja, vielleicht auch nicht. Jannik sieht in der schief stehenden Steinstatue nach eigenem Bekunden eher “ein bekifftes Minion”. O.k., der kindliche Minion Bob sieht dem Tiki wirklich ziemlich ähnlich, auch wenn er nichts berauschendes geraucht hat.
Und der Gesichtsausdruck soll wohl tatsächlich gar kein Lächeln zeigen, sondern das “Erzählen” der dargestellten weisen alten Frau (möglicherweise die Königin von Utoka).
So kann der Eindruck täuschen. Spannend ist es trotzdem. Und unabhängig von der historisch kulturellen Bedeutung hat sich heute jedenfalls das Lächeln durchgesetzt.