Über zwei Monate sind wir jetzt schon in Antigua & Barbuda 🇦🇬. Wir haben es wirklich gut getroffen und sind froh, uns gerade diese Inseln für die Lockdown-Phase der Corona-Krise ausgesucht zu haben. Trotzdem machen wir uns mit der näher rückenden Hurrikansaison natürlich vermehrt Gedanken, wie es weitergehen kann. Spätestens in eineinhalb Monaten wollen wir auf dem Weg sein, um aus dem Hurrikangürtel heraus zu kommen.
Den ursprünglichen Plan hoch nach New York zu Segeln haben wir nur noch ein bisschen im Hinterkopf, es wird vermutlich nicht dazu kommen. Aber das Boot in der Sommersaison in die Chesapeake Bay bei Washington zu bringen, dort unsere Freunde zu besuchen und bei ihnen auch eine Zeit zu wohnen, daran würden wir gerne festhalten. Die USA sind (wenn man in den letzten zwei Wochen nicht in Europa war) „offen“, wir dürften also einreisen. Wenn man mit dem eigenen Boot kommt, gilt allerdings nicht das visumfreie ESTA-Verfahren, sondern man benötigt ein vorab ausgestelltes Nichteinwanderungs-Visum. Für viele Segler mit ähnlichen Plänen ist das derzeit ein kaum zu überwindendes Problem, denn das sonst übliche Verfahren, sich in der Botschaft etwa in den Bahamas das Visum kurzfristig zu besorgen funktioniert derzeit nicht: die Bahamas (und viele andere Länder hier) sind „dicht“, man kann nicht einreisen. Wir haben uns aber zum Glück bereits in Deutschland USA-Visa besorgt, gültig für 10 Jahre und mehrfache Einreise. Das war damals etwas aufwändiger, mit einigem Papierkram und einem Interview im US-Konsulat in Frankfurt verbunden, zahlt sich jetzt aber aus.
Trotzdem ist es nicht ganz trivial. Praktisch alle Länder auf der Route von Antigua nach Washington sind „dicht“. Insbesondere gilt das für St. Barth, St. Martin, die BVI (British Virgin Islands), die Turks & Caicos und die Bahamas. Natürlich können wir den direkten Weg segeln, das wären allerdings gut 1.400 sm, also rund 2/3 der Strecke unserer Atlantiküberquerung. Laut Langfahrerbibel (Jimmy Cornels Buch „Segelrouten der Welt“) machen denn auch fast alle Segler auf dieser Route einen kleinen Umweg über Bermuda und teilen diese Strecke damit in zwei Teile. Aber auch Bermuda ist derzeit geschlossen („stopover only in exceptional circumstances“), aber als Transit zum Bunkern ohne Landgang immerhin möglich. Es ist für uns von großem Vorteil, dass sowohl unser Verein Trans-Ocean auf seiner Seite als auch die Langfahrerseite Noonsite uns mit aktuellen Infos zu offenen, beschränkten und geschlossenen Ländern versorgt.
Und noch eine andere große Hilfe und Informationsquelle hat sich aufgetan: die amerikanische Seglerorganisation „Salty Dawg Sailing Association“. Normalerweise veranstalten sie eine (kostenpflichtige) Rally für die amerikanischen Segler, die um diese Jahreszeit aus der Karibik zurück segeln. In diesem Jahr aber haben sie wegen Corona ihr System umgestellt und bieten derzeit kostenlos wöchentliche Geschwaderfahrten an, bei denen die teilnehmenden Segler vielfältige Unterstützung bekommen. So gibt es mehrere Routen mit Wetterrouting durch Chris Parker (Marine Weather Center), Unterstützung bei der Beantragung von Sondergenehmigungen (etwa für einen Stop in auf Puerto Rico und in den Bahamas), tägliche Newsletter und noch einiges mehr. Das gibt uns im Moment folgende Optionen:

Für die Routen R1 und R2 würden wir zunächst mit einem Übernachttörn in die USVI (American Virgin Islands) segeln. Man könnte auch von dort auf die Route R3 starten, aber der Winkel ist von Antigua aus etwas günstiger. Die USVI sind offen, man muss aber in eine zweiwöchige Quarantäne (auf dem eigenen Schiff).
R1 führt nördlich an Puerto Rico vorbei, wo man in drei ausgewählten Häfen noch einen Stop einlegen und zudem bereits für die USA einklarieren könnte (ob das auch für die USVI gilt ist bisher widersprüchlich). Dann weiter nördlich an Hispaniola (Dominikanische Republik und Haiti) entlang und südwestlich um die Bahamas herum in den Süden von Florida.
R2 zweigt von R1 ab und führt durch die Bahamas hindurch (Sondergenehmigung erforderlich). Diese Route ist erkennbar länger als R3, aber geschützter und führt nach den Bahamas in den Golfstrom, der dann kräftig schiebt. Wobei es dann aber möglichst keinen kräftigen Nordwind geben sollte. Insgesamt wären das für uns dann gut 1.900 sm. Dafür wären aber z.B. bei einsetzendem Schlechtwetter Zwischenstops an der südlichen amerikanischen Ostküste möglich.
R3 ist die kürzeste Route, wobei sich kurz bei über 1.400 sm irgendwie unangemessen anhört. Macht man den kleinen Umweg über Bermuda werden es rund 150 sm mehr.
Die letzte Abfahrt der Salty Dawg ist für den 20. Mai terminiert, wenn wir später fahren würde das aber für uns – abgesehen vom Wetter-Routing – nicht allzuviel ändern.
Wir wälzen das noch ein bisschen hin und her. ☺️
Nun wollt Ihr meinen Rat dazu? Hmmm, ich befürchte, ich kann nicht helfen 🤣
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Oh mannoman. Ich plädiere für R1 und R2. VIEL GLÜCK für alle anstehenden Entscheidungen 🍀🍀🍀
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Hallo Flora-Crew,
Wir sind sicher ihr werdet den für Euch richtigen Entscheid treffen!
Zwei kleine Anmerkungen. Wie ihr wisst, haben wir die letzten 2 Monate in den USVI verbracht und sind noch immer dort. Die Selbst-Quarantäne ist kein Problem da es diverse Hol- und Bringdienste gibt. Kontrolliert wird sie auch nicht – was zur Folge hat dass ich noch keinen Neuankömmling gesehen habe, der sich wirklich daran hält. Und nicht wenige lassen Crew aus den USA einfliegen – von der viele das Wort offenbar noch nichtmal gehört haben.
Zur Salty Dawg: Bitte nehmt die nicht als Gratis-Service, wenn ihr Euch die empfohlenen 150 USD Spende leisten könnt. Bedenkt, dass die ganze Organisation von Freiwilligen geleistet wird, und auch zahlungspflichtige Dienste wie Chris Parker usw. inkludiert sind. Alle, die ich kenne und sich angemeldet haben, haben auch gespendet.
Wir haben uns übrigens für die SaltyDawg Homebound angemeldet (und auch gespendet), für dem 20.5. Das ist aber nur unser Plan B, den wir nur im Notfall umsetzen. Plan A wäre erstmal Martinique und dann gen Süden, sofern wir unser Flaggenproblem lösen können.
Stefan
https://www.sail-invia.com
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Na klar werden wir spenden. Wenn wir teilnehmen, die vollen 150 $, die es als Rally gekostet hätte. Wenn wir doch unser eigenes Ding machen (z.B. weil uns der 20.5. doch zu früh ist) evtl. weniger. Ich denke, es ist trotzdem richtig und gut, dass Salty Dawg sich in dieser Situation so verhält und das ist es, was ich herausstellen wollte.
Ich habe gesehen, dass Ihr auch auf der Liste für den 20.5. seid. Welche Route würdet Ihr denn immoral der Fälle für Euch bevorzugen?
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Hallo ihr Beiden, ihr habt Euch mit Antigua und Barbuda einen wirklich tollen Flecken für das momentane Abwarten ausgesucht. Zum Glück bleibt uns noch etwas Zeit mit den Entscheidungen, wohin und auf welchem Weg. Und bestimmt findet ihr in den nächsten Tagen oder Wochen die für Euch passende Lösung. Falls ihr auf den US Virgins vorbeikommt, können wir Euch nur empfehlen etwas auf diesen herrlichen Inseln zu verweilen. Gutes, zielgerichtetes Wälzen und liebe Grüsse aus St. Thomas, Martina und Daniel von der Vairea
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Hello R&W! It is unfortunate that the Bahamas require a special Visa. We remember how much you both enjoyed those islands – great memories! We are looking forward to seeing you two in Washington. G&M
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Ab Ende Mai nimmt die Häufigkeit von Thunderstorms – also heftiger Gewitter – rapide zu. Durch ein wirklich mächtiges Gewitter zu segeln ist nicht schön. Ich erinnere mich da noch an ein Erlebnis während eines meiner Skippertrinings und habe seither Respekt vor sowas. Um die Gefahr zu reduzieren werde ich – wenn wir denn in die USA gehen – zusehen, dass wir vorher an der US Küste sind.
Der Old Bahama Channel erschent nicht nur mir am einfachsten. Er ist stellenweise eng, aber internationales Gewässer dank einer Sonder-Regelung. Ansonsten muss man aufpassen weder die Hoheitsgewässer von Kuba noch die der Bahamas zu streifen denn Stand heute erlaubt keines der beiden Länder ein Befahren ihrer 12nm Zone.
Nur kommt man beim OBC in Florida, also weit im Süden, raus. Bis zur Chesapeake Bay noch ein weiter Weg. Andererseits muss man nur etwas raus gehen und hat den Golfstrom, der einen mit 3kn nordwärts schiebt. Kann also bei passendem Wind sehr gut Strecke machen.
Es gilt aber zu beachten, dass bspw. Florida derzeit keine ausländischen Schiffe mit Nicht-US-Bürgern an Bord einklariert. So wars zumindest noch letzte Woche.
„Recreational boating“ ist untersagt weswegen Salty Dawg empfiehlt, sich unbedingt als „Live Aboard“ und „in transit“ zu klassifizieren.
Kann sich aber täglich ändern – Georgia z.B. soll weniger Beschränkungen haben. Ich glaube Virginia auch. Und und und. Es gibt Etliches zu beachten. Vieles davon ändert sich fast täglich. Deswegen entscheide ich mich final erst wirklich wenn es soweit ist. Vorher macht es keinen Sinn.
Und ja – ich bin NICHT der einzige Skipper, der sich tagtäglich Gedanken macht, welche Entscheidung die Richtige ist.
Am Ende sage ich mir: Folge Deinem Bauchgefühl!
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Hi!
Den Hinweis mit den Gewittern unterschreibe ich – wir waren letztes Jahr ab Ende Mai in Florida und sind dann die Küste hochgesegelt. Wir haben uns explizit gewitterarmes Wette für die Strecke Canaveral-Beaufort NC ausgesucht, denn die Gewitter dort unten waren brutal. Da haben wir dann den Teufel mit dem Diesel-Beelzebub ausgetrieben…
Ich denke, wir würden über Bermuda gehen.
Schaut mal, was die TRITON 2018 gemacht haben (ältere HR 38), ich glaube ab Anegada… Cosima beschreibt das sehr schön, mit einem täglichen (chapeau..) Blogeintrag. Hier geht es los:
http://coratriton.blogspot.com/2018/05/kurs-bermuda-1-segeln-in-den-mai.html
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Danke für den Hinweis und auch den Link. Wir haben dadurch den schön geschriebenen Blog der Coratriton wiederentdeckt und gleich alle Beiträge bis nach Beaufort verschlungen.
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Hallo,
Wir hatten in den USVI einklariert, d.h. Papierkram und Fingerprints und haben dann in Puerto Rico das cruising permit bekommen. Marina del Rey hat dies organisiert für uns (auf den Inseln ist das ganze relaxter als am Festland). Danach konnten wir mit app ROAM nach der Ankunft in Daytona Beach FL einklarieren… Passnummern, Nummer von cruisingpermit und in die Handykamera lächeln. Noch ein Anruf bein CBP, erledigt… Amerikanische Segelfreunde die nach Norden (Chesapeake Bay) wollten sind nur so nahe an die Küste bis das Telefon Empfang hatte haben sich angemeldet und gesagt sind auf dem Weg nach Norden…
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Schwierige Entscheidung! Wir würden wahrscheinlich die Route durch die Bahamas wählen in der Hoffnung, dass bis in 3-4 Wochen die Situation sich weiter entschärft hat und ihr entlang der Strecke da oder dort am Anker übernachten und relaxen könnt. So lässt sich die ganze Strecke in Etappen unterteilen und ist für euch vermutlich entspannter. Eurem Boot ist es wohl so ziemlich egal, das würde wohl die direkte Route vorziehen 🙂
Lieber Gruss von der Lupina, Köbi
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Hier ein kurzes Update:
Die Bahamas erlauben jetzt in begründeten Fällen (kleine Crew und Müdigkeit des Skippers ist ausdrücklich einer) einen Ankerstopp. Dazu ist offenbar ein Einklarieren nicht notwendig, jedoch zwingend die vorherige Genehmigung.
Zum Refueling und Proviosoning darf eine bestimmte Marina angelaufen werden, erfordert aber Einklarieren.
Mehr Infos und auch Anmeldung für die Ausnahme über Salty Dawg.
Stefan
https://sail-invia.com/
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