Innerhalb von Tonga segeln wir eine Inselgruppe weiter nach Süden. Wir erledigen den erforderlichen Inter-Island-Checkout bei Zoll und Hafenbehörde in Neiafu und verholen uns für die Nacht wieder an Ankerplatz #7. Den können wir am nächsten Morgen unproblematisch noch vor Sonnenaufgang verlassen, um uns auf den Weg zur 70 Seemeilen entfernten Ha‘apai-Gruppe zu machen und dort sicher noch bei Tageslicht anzukommen.
Als wir den Schutz der Vava‘u-Gruppe hinter uns lassen, beginnt der Rock’n’Roll.
Wir werfen mal wieder die Angelleinen aus und haben tatsächlich auch einen Biss, aber es ist leider ein Barrakuda. Der darf zurück in den Pazifik, nachdem ich ihm den Haken aus dem Maul mit seinen beeindruckend spitzen langen Zähnen herausoperiert habe. Aber es ist eine in jeder Hinsicht spritzige Passage, wir sind schneller als erwartet nach gut 9 Stunden bereits in Ha‘apai.
Zur Begrüßung springen mehrere Buckelwale, schießen (in einiger Entfernung) hoch aus dem Wasser, drehen sich in der Luft und platschen auf der Seite zurück ins Wasser. Ein tolles Spektakel.
Den idyllischen und ruhigen Ankerplatz zwischen den Riffen vor der nördlichen Insel Ha‘ano haben wir ganz für uns allein. Mit Blick auf das pilzförmige Inselchen, hinter dem sich am Ufer Sandstrand und schroffe Felsküste abwechseln. Die Wale sehen wir leider nicht mehr, können sie im Schiff aber immerhin noch hören.
Da waren wir doch schon mal? Ja, die Bucht Port Maurelle ist nämlich Ankerplatz #7. Das ist der erste Ankerplatz, den wir mit Emma und Claas angelaufen hatten. Jetzt sind wir wieder dort, denn nach erfolgter Re-Proviatierung wurden uns die Bedingungen vor Neiafu in südlichen Winden doch etwas rollig. Also kurz um die Ecke verholen und: herrliche Ruhe.
Dieser schöne Platz hat zudem den Vorteil, dass ich nur ein paar Meter aus der geschützten Bucht hinaus muss, um relativ gute Bedingungen zum Wingfoilen zu haben.
Ganz allein liegen wir hier natürlich nicht, zwischenzeitlich liegen wir hier mit acht Schiffen. Platz ist aber genug und meist sind wir auch nur vier oder fünf.
Das Wetter ist ziemlich wechselhaft, zwischen schöne Abschnitte schieben sich auch graue und regnerische Tage. An denen kümmern wir uns um den bürokratischen Aufwand, den die geplante Weiterreise nach Neuseeland so mit sich bringt. Formulartechnisch und was die hohen Anforderungen der Biosecurity angeht ist Neuseeland mit Sicherheit der aufwändigste Staat auf unserer bisherigen Reise (ja, hatte ich im letzten Beitrag schon erwähnt, aber es beschäftigt uns derzeit wirklich sehr). Wir arbeiten uns langsam heran, immerhin haben wir inzwischen bereits eine Steuernummer für das temporäre Einführen der Flora zugeteilt bekommen. Und mit Hilfe eines von Mareike geborgten „Fleischerhandschuhs“ aus Edelstahl-Kettengliedern habe ich sogar den Raum zwischen den beiden Propellern unseres Bugstrahlruders und die Rückseiten der Propeller leidlich reinigen können. Das von der Biosecurity übermittelte „Schedule 3: Required locations for vessels biofouling inspections“ listet 89 (sic!) Stellen am Schiff auf, die besonders begutachtet werden sollten. Auch wenn nicht alle zum Tragen kommen (wir haben auf unserem Segelboot zum Beispiel keine Stabilisatoren und kein Heckstrahlruder) bleibt doch eine ganz Menge übrig. Ein Freund hat bei seinem Boot deshalb Unterwasservideos zum aktuellen Zustand von 31 dieser Stellen vor der Abfahrt auf den jedem Bootseigner individuell zugesandten Link hochgeladen und inzwischen die Freigabe erhalten.
Also sind auch wir weiter intensiv mit dem Putzen des Unterwasserschiffs und insbesondere der verborgeneren Stellen beschäftigt. Die Innenräume der Borddurchlässe, den Spalt vorm Ruder, die Seiten des Leinenschneiders am Propeller, all sowas. Dazwischen streuen wir normale Schnorchelgänge hier in der Bucht ein. Obwohl die Korallen wenig spektakulär sind, finden wir z.B einen schönen aber giftigen Dornkronenseestern, Feuerfische, Anemonenfische, Riesenmuscheln, Federsterne, uns bisher unbekannte Lippfische und sogar Lobster und Tintenfische.
Und einen Schwarm „Bienchenfische“ (kleine, schwarz-gelb gestreifte juvenile Sergeant Major Riffbarsche) an unserer Ankerkette.
Wir genießen die Tage am Ankerplatz #30 vor der Insel Kenutu. Das Anlanden auf der unbewohnten Insel ist einfach, zum Ankerplatz hin ist Kenutu von einem Sandstrand gesäumt. Von dort führt ein langsam ansteigender Pfad durch den Wald hinüber zur Ostseite.
Die dem Passatwind zugewandte Ostseite präsentiert sich dann ganz anders. Steile Klippen fallen vielleicht 15 m hoch ins Meer ab, das mit einer am ruhigen Ankerplatz kaum zu spürenden Wucht gegen die Felsen brandet. Noddies, Boobies und die mit ihren langen weißen Schwanzfedern so auffälligen Tropikvögel nutzen die Aufwinde der Klippen und segeln über der spritzenden Gischt durch die Bucht.
Oben am Klippenrand geht der Pfad in beide Richtungen noch etwas weiter zu den nächsten Felsenbuchten. Ab und zu führt er ein kleines bisschen weiter ins Inselinnere und sofort ändert sich die Vegetation. Knorrige Kiefern wechseln sich ab mit Hainen von Pandanus-Palmen. Die rotbraunen Ringe am Stamm lassen ahnen, warum sie auch Schraubenbäume genannt werden. Sowohl die aufgefächerten Stelzenwurzeln als auch die „Baströckchen“ alter Blätter sind typisch und ziemlich unverwechselbar. Der in Größe und Form an eine Ananas erinnernde Fruchtstand lädt aber nicht zum Naschen ein, denn diese Scheinfrüchte setzen sich aus etwa 100 kleinen Steinfrüchten zusammen. Sie sind zwar essbar, es ist aber sehr mühselig, sie aus dem umgebenden, faserigen Pflanzenstoff herauszulösen. Verwendet werden vor allem die Blätter, sie eignen sich gut zum Flechten, etwa von Matten und Körben.
Oberhalb der Steilküste finden sich auch erodierte Flächen, die den hier auffällig roten, lehmigen Boden zeigen.
Und immer wieder gibt es auf unserer kleinen Wanderung auch Ausblicke auf die felsigen Buchten.
Wie unterschiedlich sich der Ankerplatz im Westen und die Felsküste im Osten präsentieren kann vielleicht dieses kurze Video etwas besser illustrieren:
Die Ankerbucht lädt zum Wingfoilen ein und gemeinsam mit Volker von der Tomorrow und James von der Scout wird also fleißig geübt. Und der Absprung nach Neuseeland rückt langsam aber sicher näher, einige unserer Segelfreunde sind sogar schon unterwegs. Die Formalitäten und insbesondere die strengen Anforderungen der Biosecurity nehmen in den Gesprächen zwischen den Seglern immer mehr Raum ein. Die Unterwasserschiffe werden ausgiebig geputzt. Auch bei uns.
Ein willkommener Ausgleich: das gemeinsame Grillen und Feiern am Strand, dass an so einem herrlichen Ort natürlich nicht fehlen darf.
Bisher haben wir uns in Tonga‘s Vava‘u-Gruppe fast nur im besser geschützten zentralen und nordwestlichen Teil aufgehalten. Es wird Zeit, auch den etwas exponierteren Süden und die Inseln am Ostriff zu erkunden.
Floras Track auf Noforeignland
Der Weg ist das Ziel, er ist hier mit Palmen und Sandstrand gesäumt.
Und auf diesem Weg machen wir zunächst am Ankerplatz #22 (Taunga) halt. Der Ankerplatz ist nur als „daystop“ ausgewiesen, aber inzwischen wurde hier eine einzelne Übernachtungsboje ausgelegt.
Wir haben Glück, die Boje ist frei. die gut gewarteten Bojen kosten in Tonga übrigens regelmäßig 20 TOP pro Nacht (etwa 7 €).
Abnehmender Wind ist angesagt, langsam von Südost auf Ost rückdrehend. Sowohl das Abnehmen als auch das Rückdrehen verspäten sich allerdings. Die Folge ist, dass Flora in der Nacht dann doch ziemlich rollt, weil das Riff um Hochwasser herum noch zu viel Welle zum Ankerplatz lässt.
Am nächsten Morgen verholen wir deshalb zum besser gegen diese Windrichtung und die damit einher gehenden Wellen geschützten Ankerplatz #10 (Lisa Beach). Wie schon am Ankerplatz #22 gehen wir auch hier wieder schnorcheln. Diesmal ist es allerdings kein steil abfallendes Riff mit vielen Fischen, sondern ein Korallengarten im Flachwasserbereich. Wir entdecken unter anderem Anemonenfische, bunte Schwämme und Elefantenohren (Korallen, die fast wie Quallen aussehen).
Was zudem auffällt ist die ungeheure Menge an Seesternen. Blaue und rosafarbene Seesterne, aber auch große Kissenseesterne. Und darüber hinaus auch Federsterne. Sie erinnern an farnartige Unterwasserpflanzen, sind aber tatsächlich Tiere, die nah mit Seesternen und Seeigeln verwandt sind. Einzelne Korallen auf den Sandflächen sind von unzähligen schwarz-weißen Preußenfischen und grünblauen Chromies umschwärmt. Und wir finden sogar einen Weißfleck-Kugelfisch. Eigentlich im Lichtspiel der Wellen des flachen Wassers schwer zu erkennen, verrät er sich durch seine leuchtend gelborangenen Augen und den runden schwarzen Schulterfleck um seine Brustflossen. Er bleibt auf seine Tarnung vertrauend regungslos am Grund sitzen.
Auch sonst bekommen wir an diesem Ankerplatz einiges geboten. So kann ich hier mal wieder schön Wingfoilen, der Wind hat immer noch nicht abgenommen. Und gegen Abend legt ein kleines Boot vom einzigen Gebäude am Ufer ab und fährt zu den einzelnen Ankerliegern. Anders als zunächst vermutet, soll aber keine Ankergebühr einkassiert werden, stattdessen wird uns geflochtenes und geschnitztes Kunsthandwerk angeboten.
Nach einem kleinen Crewwechsel wird dann danach noch vom gleichen Boot aus in der Bucht gefischt.
Beim Drohnenflug am nächsten Morgen können wir über unsere Bucht hinweg schon mal einen Blick auf unser nächstes Ziel werfen, die im Osten liegenden „Outer Islands“.
Die Route dorthin ist allerdings durchaus Respekt einflößend. Wie unser Treck in der Navionics-Seekarte zeigt, führt sie über mehrere Flachs, bei denen wir mit unseren 2 Metern Tief schon sorgfältig navigieren müssen.
Wiebke steht im Bug und kontrolliert per „Eyeball Navigation“, ob ich am Steuer die Karte richtig lese. Tatsächlich lässt sich die Wassertiefe und die Lage der Bommies jetzt bei hochstehender Sonne so sehr gut abschätzen.
Wir kommen im Zickzack unbeschadet durch das Gewirr und finden einen herrlichen Ankerplatz (#30, Kenutu). An unserem Platz liegen wir nahe am Durchbruch zwischen den Inseln Kenutu und Lulu. Nach Norden hin schließen sich mit weiteren Durchbrüchen die Inseln Umuna, Faioa und Koloa an. Befahrbar ist keiner dieser Durchbrüche, bei Ebbe trocken fallende Riffe schotten die Lagune hier ab und setzen sich auch nach Süden noch weiter fort. Zusammen mit den Riffen und Flachs innerhalb dieses Teils der Lagune führt das zu einem Farbenspiel aus Grün, Türkis und Blau, das wohl eine ganze Menge von der Zeit verblasste Südseeträume wieder kolorieren kann.
Zum Abschied geht’s mit Emma und Claas noch einmal an einen Ankerplatz im Inneren der Vava‘u-Gruppe. Es hat immer noch recht viel Wind, wir wählen daher den Ankerplatz #8, Nuku. Der Name steht für die unbewohnte kleine Insel etwas westlich des Ankerplatzes, der eher an der etwas größeren Insel Kapa liegt.
Die beiden Inseln trennt ein flaches Riff, ideal zum Schnorcheln. Emma entdeckt sogar einen Pazifischen Feuerfisch.
Die kleine unbewohnte Insel Nuku hat einen wunderbaren Sandstrand zum Anlanden des Dinghies sowie zum Flanieren am Ufer und sie bietet mit ihren Palmen und dem hellen Türkis des Flachwassers am Riff zum Abschied noch einmal so richtig Bilderbuch-Südseekulisse.
Tschüss Ihr beiden, kommt gut wieder nach Hause. Es war richtig schön mit Euch!
Die Vava‘u-Gruppe hat viele Facetten. Niedrige, palmenbestandene Inselchen prägen den Süden, im Norden aber erhebt sich wie ein Bollwerk Tonga‘s zweitgrößte Insel mit ihren schroffen Steilküsten aus den Tiefen des Ozeans. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Östlich von Tonga fällt der Pazifik im Tonga-Graben bis auf 10.882 m unter NN ab. Hier taucht die Pazifische Platte unter die australische Platte. Nur der Mariannengraben ist mit 11.034 m noch etwas tiefer. Die tektonischen Verschiebungen haben auch dafür gesorgt, dass sich der Korallenkomplex der Vava‘u-Gruppe schräg aus dem Meer hob und die Inselgruppe jetzt von der Seite betrachtet wie eine schiebe Ebene wirkt. Die Insel Utu Vava‘u bildet mit fast 90 Quadratkilometern Größe die hohe Nordseite dieser Schräge.
Und genau dorthin segeln wir zu unserem nächsten Ankerplatz, in die Vaiutukakau-Bucht, draußen an der Nordwest-Seite der Inselgruppe.
Der Ankerplatz trägt ausnahmsweise keine Nummer, ist aber trotzdem kein echter Geheimtipp mehr. Es hat sich inzwischen unter den Seglern herumgesprochen, dass hier gute Chancen bestehen, Wale zumindest zu hören und Spinnerdelfine zu sehen. Zudem bietet sich das glasklare Wasser der Bucht zum Schnorcheln an.
Jedenfalls aber ist der Ankerplatz vor der 100 m hohen und praktisch senkrecht abfallenden Steilküste wirklich imposant.
Der Wetterbericht hat Böen bis über 30 kn aus Südost vorhergesagt, aber geschützt von der hohen Küste werden wir davon tatsächlich nichts mitbekommen. Stattdessen können wir bei fast glattem Wasser in aller Ruhe die Paddelboards nutzen und ausgiebig im klaren Wasser schnorcheln. Emma und Claas entdecken viele neue Fische wie zum Beispiel den von ihnen so genannten „Panda“-Kofferfisch, außerdem noch einige inzwischen bekannte Fische, Claas findet zudem sogar einen gut getarnten Oktopus.
Es gefällt uns so gut dass wir beschließen, noch eine weitere Nacht zu bleiben. Das erweist sich als Glücksgriff. Schon am Abend und dann auch immer wieder während der Nacht können wir innen im Schiff deutlich Walgesänge hören. Draußen ist das kaum zu vernehmen, aber der Schiffsrumpf scheint die Schallwellen im Wasser aufzunehmen. Wir bekommen die Wale nicht zu sehen, es ist gleichwohl ein wunderschönes Erlebnis.
Das nächste Highlight folgt Tags darauf. Wiebke und ich sind schon im Cockpit, als wir ein leises Schnaufen hören. Delfine! Wir rufen gleich Emma und Claas aus der Koje, aber der Eile hätte es gar nicht bedurft. Den ganzen Vormittag bleibt eine große Schule von gut 80 Ostpazifischen Delfinen in der Bucht. Auch als Langschnauzen-Spinner-Delfin bekannt, gehören diese Meeressäuger zu den Delfinen mit der akrobatischsten Sprüngen. Teilweise springen sie hoch aus dem Wasser und vollführen dabei diverse Drehungen um ihre Längsachse (Spins). Auch wenn sie sich damit heute zurückhalten und überwiegend ruhig zwischen den ankernden Booten und dem felsigen Ufer dahinziehen, manchmal drehen sie sich im Wasser einfach mal um sich selbst, zeigen uns den Bauch, und ein paar übermütige Sprünge streuen sie dann doch ein (wie immer: für bessere Auflösung auf ein Bild klicken).
Hier noch ein kurzes Video:
Die Zugabe gibt’s, als wir gegen Mittag dann doch den Anker lichten. Mehrere Tiere lösen sich von der jagenden Schule und begleiten die Flora am Bug spielend aus der Bucht hinaus.
Was für ein wunderbares Revier. Auch wenn wir gerne länger an einem einmal gewählten Ankerplatz bleiben, wollen wir unseren Gästen doch auch etwas Abwechslung bieten. Hier in der Vava‘u-Gruppe fällt das leicht. Die traumhaften Ankerplätze liegen nahe beieinander und selbst zum Hauptort ist es meist nur ein kurzer Schlag.
Für eine Nacht stoppen wir am Ankerplatz #6 (Mala). Wir sind begeistert vom Schnorcheln an den kleinen Felsinselchen, viel bunter Korallenfisch, Moränen, Anemonen und damit auch Clownfische, das alles in kristallklarem Wasser.
#6
Beim Abduschen nach dem Schnorcheln gibt’s allerdings eine unangenehme Überraschung: nur ganz kurz kommt noch Wasser. Hm. Die Tankanzeige steht auf voll, die Pumpe macht allerdings ein seltsames Geräusch. Also dann muss wohl eine Ersatzpumpe ran, die hatten wir allerdings auch wegen viel zu häufigem Anspringen ausgetauscht und eigentlich nur als Teileträger behalten. Jetzt macht sie kurzfristig mehr Druck und bringt den Wasserhahn zum Sprötzeln, mehr aber auch nicht. Sollte die Tankanzeige klemmen und der Tank leer sein?
Wir stellen den Wassermacher an und motoren zum Ort. Wir holen unsere gefüllte Gasflasche ab, außerdem die neuen Crew-Shirts. Und wir füllen die Vorräte auf. Außerdem finden wir beim Schiffsausrüster noch eine neue 12V Druckwasserpumpe – super, zumindest ein funktionierendes Backup. Einbauen brauchen wir sie noch nicht, mit dem jetzt wieder gefüllten Frischwassertank funktionieren Dusche und Wasserhähne wieder. Das bedeutet allerdings, dass wir den Salontisch ausbauen und die Bodenbretter losschrauben müssen. Nur so kommen wir an die Inspektionsluke für den Wassertank und können die klemmende Tankanzeige wieder gängig machen. Emma und Claas werden natürlich zur Bootsarbeit mit eingespannt.
Zur Belohnung gibt es Abends im „Basque“ ein Abschiedsessen mit Bonnie und Bob von der Scout. Die beiden wollen weiter nach Fiji und werden wohl das nächste passende Wetterfenster nehmen. Da sie in Fiji aber länger bleiben werden, treffen wir sie hoffentlich dort im Frühsommer 2026 wieder.
Wir verholen am nächsten Morgen ein weiteres Mal, jetzt zum Ankerplatz #16 an der Insel Vaka‘eitu. Auf dieser privaten Insel lebt nur eine zehnköpfige Familie. Am Strand treffen wir Dorothy mit zwei ihrer drei Kinder. Sie begrüßt uns freundlich und erlaubt uns bereitwillig, auf ihrer Insel herum zu wandern. Wir melden uns auch gleich für das „Tongan Feast“ an, das hier am Ende der Woche stattfinden soll.
Zurück am Dinghy erwartet uns eine Überraschung: direkt am Strand schlängelt sie sich schwarz weiß geringelt im flachen Wasser: das sieht nach einer hochgiftigen gebänderten Seeschlange aus.
Wäre allerdings nicht sehr gefährlich für uns, denn diese gut einen Meter langen Schlangen haben ein so kleines Maul, dass sie Menschen eigentlich kaum beißen könnten. Und – wichtiger – das Tier sieht wirklich nur sehr ähnlich aus. Tatsächlich bedient sich hier ein gebänderter Schlangenaal der Mimikry. Er imitiert in seiner Erscheinung weitgehend die Seeschlange, ist aber komplett harmlos. Erkennbar ist er vor allem an der Zeichnung am Kopf (Auge im weißen Bereich) und an den gelegentlich vorkommenden schwarzen Punkten in den weißen Bereichen. Das musste ich allerdings erst mal nachschlagen. Diese Schlangenaale lieben flache sandige Flächen in Lagunen und Riffen, aber es ist trotzdem der erste seiner Art, den wir sehen.
Auch der heutige Morgen bringt uns Tiere direkt ans Schiff. Als wir wach werden, hören wir rund um die Flora herum in kurzen Abständen ziemlich heftiges Plantschen. Ein Schwarm kleiner Fische sucht unter unserem Boot Schutz. Diverse Raubfische versuchen sie vom Rumpf weg an die Oberfläche zu treiben, wo sie sich leichter jagen lassen. Die ins Wasser gehaltene GoPro enthüllt, dass neben Dicklippen-Makrelen einige Blauflossenmakrelen und auch mehrere kleine Thunfische (Wavyback-Skipjacks) zu den Jägern gehören.
Einige Noddie-Seeschwalben, vor allem aber eine Menge an Schwarznacken-Seeschwalben nutzen die Gelegenheit, um die aus ihrem Versteck getriebenen kleinen Fische von oben anzugreifen.
Es ist insgesamt ein langanhaltendes ordentliches Spektakel. Die uns als Zuschauern gebotene Unterhaltung passt ja eigentlich auch gut zu einen Ankerplatz, der ein wenig an ein natürliches Amphitheater erinnert.
Nummer 7 gefällt uns richtig gut. Die besten Ankerplätze der Vava‘u-Gruppe sind (von 1 bis 42) durchnummeriert und bei den schwer aussprechbaren Namen hat sich diese Nummerierung tatsächlich als Bezeichnung durchgesetzt. Unser Platz hier an der Westseite von Kapa Island trägt die #7. Das hat den Vorteil, dass wir morgen früh von hier aus abgeholt werden können. Das Whale-Watching-Boot fährt zwar vom Hauptort Neiafu ab, sammelt aber bei Bedarf auch von den Ankerplätzen 5 bis 8 ein. Wir können also eine halbe Stunde länger schlafen.
Aber nicht nur das macht die #7 attraktiv. Der Sandstrand im Scheitel der Bucht bietet sich für das Anlanden mit dem Dinghy an. Und gleich hinter dem Strand beginnt ein Weg, wir können uns also die Beine vertreten und die Insel erkunden.
Blüten am Wegesrand werden dabei nicht nur bewundert, sondern auch gleich als Verzierung von Emmas Hut platziert.
Und auch die Tierwelt bietet neben Bekanntem (und immer wieder aufs Neue faszinierendem) wie den Flughunden und der Tonga-Taube …
… auch Neues und bisher nicht vor die Linse bekommenes wie die Schwarznacken-Seeschwalben …
… und die herrlich blau schillernden Pazifischen Eisvögel:
Aber auch zu Wasser bietet sich #7 für Exkursionen an. Wiebke und ich machen eine ausgiebige Paddeltour mit dem Kajak. Etwa drei Seemeilen weit geht es am Ufer der Bucht und pilzförmigen Inselchen entlang zur „Swallows Cave“ und zurück. Ein bisschen ungewohnt für unsere untrainierten Schultern, aber trotzdem herrlich.
So beeindruckend, dass wir am frühen Nachmittag mit Emma und Claas im Dinghy noch einmal dorthin fahren. Diesmal haben wir Schnorchelsachen dabei, die hochstehende Sonne fällt durch ein Deckenloch im Eingangsbereich, beleuchtet das Felsentor und schickt durchs Blätterdach gefilterte Strahlen durchs klarblaue Wasser bis zum Grund der Höhle, während das Wasser drumherum fast unheimlich dunkel bleibt.
Übrigens, auch ohne weitere Action lässt es sich in #7 aushalten.
Kaum zu fassen. Unsere Nichte Emma ist bisher nur ein einziges Mal geflogen, vor sechs Jahren hat sie uns zu Beginn unserer Langfahrt auf Sizilien besucht.
Und jetzt – inzwischen 22jährig – fliegt sie mit ihrem Freund Claas buchstäblich um die halbe Welt. Für Claas ist es die allererste Flugreise und das tatsächlich über die USA und Fiji hierher nach Tonga, wow! Die mit der langen Reise verbundene Anstrengung lassen sich die beiden jedenfalls nicht anmerken, als wir sie am Flughafen von Vava‘u abholen.
Erst einmal bleiben wir mit den beiden am Liegeplatz vor dem Hauptort Neiafu, denn für die folgenden Tage ist eher raues Wetter angesagt. Außer einigem Regen bekommen wir in der geschützten Bucht zum Glück nicht allzu viel davon ab. Außerdem gibt uns dass die Gelegenheit, den Ort Neiafu mit seinem Fruchtmarkt zu erkunden, die Flughunde zu bewundern, den Gottesdienst am Sonntag mit den traditionell festlich gekleideten Tonganern zu besuchen und auch noch eine Wanderung zur Vaimumuni-Höhle zu machen.
In der nahe am Meer gelegenen und auch mit Süßwasser gespeisten Höhle kann man ein Bad nehmen. Allerdings erwartet uns jenseits des niedrigen Eingangs ziemliche Finsternis.
Eine kurze Holztreppe führt drinnen hinunter zum Wasser. Wir haben aber zwei Taschenlampen dabei. Mit der einen erkunden Claas und ich schwimmend die Höhle, mit der anderen haben Wiebke und Emma von der Treppe aus ein wachsames Auge auf uns.
Am Dienstag hat sich das Wetter dann beruhigt und nach letzten Einkäufen bewegen wir die Flora von Neiafu weg zum ersten Ankerplatz auf Tonga. Gar nicht so weit, einfach nur kurz ums Eck (die Entfernungen in der Vava’u-Inselgruppe sind wirklich nicht sehr groß). Und trotzdem: gefühlt eine völlig andere Welt.
Die Paddelboards und das Kanu werden aufgeblasen, damit lässt sich die schöne Ankerbucht wunderbar erkunden. Bilderbuch mit Sandstrand und Palmen. Muscheln sammeln, Schnorcheln im klaren Wasser.
Seit ein paar Tagen liegt Flora jetzt an einer Boje im Hafen von Neiafu. Viele andere Boote haben sich ebenfalls hier eingefunden, seglerisch ist Hochsaison in Tonga. Kein Problem, der Naturhafen hier ist geräumig. Allerdings auch überwiegend recht tief zum ankern, weshalb viele Bojen ausliegen und auch gerne genutzt werden.
Neiafu liegt auf der Hauptinsel der Vava‘u-Gruppe, der nördlichen der drei größeren tonganischen Inselgruppen. Etwa 80 Seemeilen weiter südlich liegt die Ha‘apai-Gruppe und nochmal 80 Seemeilen weiter Tongatapu, wo sich mit Nuku’alofa auch die Hauptstadt des Königreiches Tonga mit dem Königspalast, dem Parlament und dem Verwaltungssitz.
Aber schon allein in der Vava‘u-Gruppe gibt es reichlich weitere Auswahl an Liegeplätzen. Als (schräg) gehobenes Korallenriff finden sich im Norden 100 m hohe Steilküsten mit fast fjordänlichen Einschnitten, die insgesamt 34 Inseln werden nach Süden hin immer kleiner und flacher. dazwischen finden sich 42 benannte (und ordentlich durchnummerierte) Ankerplätze.
Auf Noforeignland sieht die Vava‘u-Gruppe so aus:
Wie vielerorts in Polynesien haben die christlichen Missionare ganze Arbeit geleistet, Religion wird sehr ernst genommen. Selbst privater Wassersport soll an Sonntagen nicht betrieben werden, jegliche „Arbeit“ vermieden. Ok, dann gehen wir am Sonntag also mal wieder in die Kirche, genauer gesagt in eine der vielen hier. Wir wählen die katholische direkt oberhalb des Hafens.
Was beim Kirchgang auffällt: Ganz überwiegend wird nicht nur der hier Tupenu genannte Männer-Wickelrock getragen, sondern ganz traditionell auch die Ta‘ovala, eine über dem Rock um die Hüften geschlungene feste und recht steife geflochtene Matte. Frauen tragen eine etwas längere Ta‘ovala über dem Kleid, oder sie wählen alternativ eine leichtere Version, bei der von einem Gürtel rundherum kunstvoll geflochtene breite Bänder herabhängen.
Die Ta‘ovala wird von einer mehrfach um die Hüfte geschlungenen Kokosfaserkordel gehalten, traditionell wurden auch Haare von verstorbenen Angehörigen eingeflochten und diese „Kafa“ genannte Kordel über Generationen weitergegeben.
Die Kirche ist sehr gut besucht, der Gottesdienst überwiegend in Tonganisch, die Predigt aber zum Teil zweisprachig auch in Englisch. Es wird viel gesungen, auch liturgisch, zudem unterstützt von einem Posaunenchor.
Nach dem Kirchgang hat der OCC (Ocean Cruising Club) am Nachmittag zu einem Get-Together ins „The Hideaway“ eingeladen, die schwimmende Bar auf einem Floß im Hafen. Hier treffen wir neben anderen Segelbekannten auch unsere (doppelte) Vereinskollegin Susanne Huber-Curphey von der Trans-Ocean-Yacht Nehaj, mehrfache Einhand-Weltumseglerin.
Anders als die meisten hier kommt sie gerade von Neuseeland, fast alle anderen möchten nach Tonga dorthin weitersegeln. Einige wenige wollen vorher noch weiter nach Fiji, die meisten mit diesem Ziel sind aber bereits dahin unterwegs. Es zeichnet sich also ab, dass zum Ende der Saison hier in Tonga ab Mitte Oktober viele unserer Bekannten gemeinsam auf das richtige Wetterfenster für den Sprung nach Neuseeland warten werden.
Von den Bäumen erheben sich langsam etwa rabengroße dunkle Schatten und fliegen recht gemächlich am Ufer entlang. Die Sonne verschwindet schon langsam hinter den hohen Ufern unserer Hafenbucht. Inzwischen dämmert auch uns etwas, nämlich dass die dunklen Fluggestalten gar keine Vögel sind. Fledermäuse, so groß? Fast richtig. Fledertiere, ja, aber eben doch keine Fledermäuse, sondern Flughunde. Sie gehören biologisch zur gleichen Ordnung, bilden aber eine eigene Familie mit etwa 200 Arten, darunter eben der etwa rabengroße Tonga-Flughund.
Als wir in der Folge genauer hinschauen, können wir die Flughunde auch tagsüber in den hohen Bäumen am Ufer erspähen, aber am besten zeichnen sie sich eben doch am beginnenden Abend vor dem noch hellen Himmel ab.
Manchmal lässt sich sogar die für ein Fledertier recht lange Schnauze erkennen, der diese Tiere ihren deutschen Namen verdanken. Vor der Ankunft der Menschen in Polynesien waren sie eine der ganz wenigen Säugetierarten auf den polynesischen Inseln. Anders als die Fledermäuse sind fast alle Flughunde übrigens nicht fähig zur Echo-Ortung, sie verlassen sich auf ihre extrem gute Nachtsicht. Und für die Nahrungssuche auch auf ihren Geruchssinn, denn sie fressen im wesentlichen Früchte und deren Samen.
Diese Nahrungsquelle teilen sie sich hier mit einer anderen inseltypischen Tierart: der Tonga-Fruchttaube. Und auch die dürfen wir direkt von Bord aus bewundern.
Mit ihrem schillernd grün-blauen Federkleid leisten sie den Flughunden in ihren Bäumen Gesellschaft.
Nur ein paar kleine allererste Eindrücke von Kultur und Natur in Tonga und doch …