Es ist eine Schande, jetzt schon wieder von Maupiha’a abzufahren. Es ist soooo schön dort. Warum wir es trotzdem machen? Wenn wir länger bleiben, schickt ein Wettersystem aus dem Süden hohe Wellen zu uns hinauf. Bei gleichzeitig abnehmendem Wind würde das eher unangenehme Bedingungen für eine Passage bedeuten.
Die Abfahrt ist trotzdem nicht ganz einfach zu planen. Für die Fahrt durch die Lagune und den engen Pass hätten wir gern eine hoch stehende Sonne und idealerweise auch keine zu starke Tidenströmung im Pass. Um Mittag herum wäre gut dafür. Allerdings sind es 360 Seemeilen von Maupiha’a bis nach Aitutaki in den Cook Inseln. Das bedeutet bei ideal schneller Fahrt zwei Tage, etwas konservativer gerechnet 2 1/2 Tage bzw. 60 Stunden. Bei Mittagsabfahrt heißt das Ankunft in der Nacht. Nicht ideal, aber wir können ja vielleicht langsamer segeln.
Also fahren wir tatsächlich mittags ab, kommen gut (wenn auch etwas angespannt) durch den 20 m engen Pass und setzen das Großsegel gleich im ersten Reff. Immer noch zu schnell. Wir wechseln ins zweite Reff. Sehr angenehmes Segeln.
Vielleicht nochmal ein bisschen Orientierung. Der Blick auf den Globus zeigt im Südpazifik ja fast durchgehend Wasser. Die Cookinseln sind ein unabhängiger Insel-Staat im Südpazifik in „freier Assoziierung mit Neuseeland“. So ist etwa die Währung an den Neuseeländischen Dollar gekoppelt und die Staatsbürgerschaft ist tatsächlich Neuseeländisch mit einem besonderen Status hinsichtlich der Cookinseln.
Und da, genauer gesagt nach Aitutaki in den Südlichen Cookinseln, wollen wir jetzt erstmal hin.
Elisa kocht, es gibt Bratkartoffeln und dazu Ratatouillereste von gestern. Lecker.😋
In der letzter Woche ist so viel passiert, dass wir eine ganze Zeit gebraucht haben, um überhaupt darüber berichten zu können. Begonnen hat es wunderbar entspannt.
Mit unseren Freunden Theresa und Joe genießen wir zunächst die Zeit im Atoll Aratika. Wir schnorcheln im Ostpass, wo neben den Haien …
… dieses Mal insbesondere der wirklich als senkrechte Wand in die dunkle Tiefe abfallende Dropoff am äußeren Ende des Passes beeindruckt. Ein irres Gefühl, darüber hinaus bzw. hinein zu schnorcheln. Gerade noch 10 m Wassertiefe und gleich daneben: scheinbar ein unendlicher Abgrund. Der Blick sucht Halt, tastest sich an der steilen Wand hinunter und verliert sich im immer dunkler werdenden Blau.
Im Pass selbst begeistern uns vor allem die Adlerrochen. Zunächst ein einzelnes Exemplar …
… dann mehrmals gleich jeweils vier Geflecke Adlerrochen im Formationsflug:
Diese wunderschönen und eleganten Tiere gehören (anders als die Mantas) zu den Stechrochen und tatsächlich haben sie Giftstachel am Schwanzansatz. Allerdings dienen diese lediglich als Verteidigungswaffe, Menschen gegenüber sind die Adlerrochen eher scheu.
Auch an Land sind wir gemeinsam unterwegs, wandern wir durch eine Palmenallee hinüber zum Außenriff.
Abends verabschieden wir uns von Theresa und Joe, am nächsten Tag brechen wir früh auf. Es scheint die einzige Möglichkeit zu sein, einigermaßen vernünftig durch den (West-)Pass und nach Fakarava zu kommen. Die Strömung in den Pässen von Aratika scheint derzeit zu machen, was sie will. Seit zwei Tagen haben wir kein einlaufendes Wasser erlebt, jederzeit strömt es hinaus. Die Tide nach Vollmond (Springtide) und der Wind haben da wohl den eigentlichen Rhythmus ziemlich durcheinander gebracht.
Wir laufen erst einmal eine Boje am Westass an und ich erkunde mit dem Beiboot die Situation im Pass. Auslaufendes Wasser, recht kräftig. Aber keine stehende Welle, nur kleinere Strudel und stärkeres Kabbelwasser erst draußen außerhalb der engen Riffdurchfahrt. Ok, das können wir probieren. Tatsächlich werden wir beim Hinausfahren kaum durchgeschaukelt und auch nicht vom Kurs abgebracht. Allerdings schießen wir mit bis zu zwölf Knoten Fahrt wie ein Korken aus der Flasche. Puh, aufregend, aber gut.
Ein paar Seemeilen weiter bekommen wir einen WhatsApp-Anruf von Theresa. Sie ist ziemlich aufgelöst, Joe hat aus unbekanntem Grund akute Gesundheitsprobleme.
Wir drehen um und fahren zurück Richtung Pass. Unterwegs bringen wir die WhatsApp-Nummer der Rettungsleitstelle in Tahiti in Erfahrung, Telefonempfang hat Theresa am Ankerplatz nicht.
Die Strömung im Pass hat sich leider kaum verändert. Gegen gut 5 Knoten Gegenstrom kämpft sich die Flora quälend langsam zurück in die Lagune von Aratika. Immer noch sieben Meilen bis zur Freefall. Unterwegs kommt mit Brassfahrt ein Dinghy von hinten auf. Die beiden Franzosen darin rufen uns zu, das eine Krankenschwester an Land sei. Wir erklären, dass der Notfall nicht bei uns an Bord sondern auf dem Katamaran im Osten der Lagune vorliegt und klären, wie wir die Hilfe an Bord bekommen können.
Kurz nachdem wir bei der Freefall ankommen, braust dann ein lokales Boot mit der Krankenschwester heran. Gemeinsam schaffen wir es, Joe auf das Local-Boat zu bekommen. Theresa fährt mit und sie brausen davon.
Etwas später erfahren wir, dass der Rettungsflieger unterwegs ist um Joe nach Tahiti ins Krankenhaus zu bringen. Wir suchen auf der Freefall ein paar Sachen für Joe zusammen und ich bringe sie zum Flughafen, wo wir gemeinsam auf den Rettungsflieger warten. Als er gelandet ist, untersucht die Ärztin Joe in der leeren Wartehalle des Flughafens (hier landet normalerweise nur einmal pro Woche ein Linienflugzeug). Sie entscheidet, dass er flugfähig ist und zur weiteren Untersuchung nach Tahiti ausgeflogen werden soll. Theresa kann allerdings nicht mitfliegen.
Die nächsten Tage sind eine emotionale Achterbahnfahrt. Wir sind froh, dass wir umgekehrt sind und Theresa unterstützen können.
Es ist jedenfalls gut zu wissen, dass das Rettungssystem auch auf kleineren bewohnten Inseln der Tuamotus funktioniert, fast alle haben einen kleinen Flughafen. Und – Lessons Learned – wir nehmen uns vor, die Notfall-WhatsApp -Nummer der jeweiligen regionalen Rettungsleitstelle künftig gleich in unsere Handys zu speichern. Eine aktive lokale SIM-Karte macht (Empfang vorausgesetzt) auch manches leichter. So haben wir gelernt, dass hier in Französisch Polynesien die Rettungsleitstelle per Handy über die Telefonnummer 16 (wie der UKW-Anrufkanal) erreichbar sein soll.
Zwei Tage nach unserem ersten Versuch laufen wir dann wieder durch den Pass aus, wieder mit reichlich Strömung, aber unproblematisch. Wir wären noch länger geblieben, aber unsere Gäste Karen und Steve kommen in Fakarava an, insofern wird es höchste Zeit. Aber immerhin sind die Untersuchungen von Joe jetzt durch und es geht ihm besser, er fliegt zwei Tage später zurück zur Freefall. Wir bleiben in Kontakt und immerhin auch räumlich in der Nähe. Für Freefall und Flora steht ja demnächst der etwas längere Schlag zurück Richtung Papeete an, das werden wir wohl als Buddy-Boote angehen.
Nachdem wir ja im letzten halben Jahr keinen einzigen Fisch mehr gefangen haben (und in den Atollen wegen der Ciguatera-Gefahr nicht angeln oder speeren), ist uns auf der Überfahrt von Aratika nach Fakarava endlich wieder einmal das Angelglück hold. Und wie! Passend zur Crewerweiterung von zwei auf vier ziehen wir nach längerem Kampf einen wirklich großen Mahi Mahi an Bord:
Mit Karen und Steve erkunden wir einmal mehr Fakarava, schaffen auch erstmals eine Fahrradtour über die Insel.
Und, obwohl wir schon so oft hier waren, erleben auch wir dabei neben Bekanntem auch wieder einiges Neues und so von uns noch nicht gesehenes.
Aratika. Wieder ein neues Atoll für uns, wieder ein neuer Südsee-Inselname für Euch. Exotisch, aber irgendwie auch sehr schwer zu merken.
Aratika. Unser neuntes Tuamotu-Atoll nach zuvor Raroia, Makemo, Tahanea, Fakarava, Tikehau, Apataki, Toau und Faaite.
Aber zuvor im Gambier Archipel waren da natürlich Mangareva, Taravai, Agakauitai, Akamaru und Aukena, in den Marquesas Fatu Hiva, Tahuata, Hiva Oa, Ua Huka, Nuku Hiva und Ua Pou. In den Gesellschaftsinseln bisher Tahiti, Moorea, Raiatea, Tahaa und Huahine. Alles in Französisch Polynesien im letzten Jahr.
Außer vielleicht Tahiti alles Namen, die – bevor man tatsächlich da gewesen ist – vor allem zwei Sachen gemeinsam haben:
Sie klingen bunt, haben zumeist ebenso viele Vokale wie Konsonanten (oft auch mehr);
Sie scheinen genau so sehr der Phantasie entsprungen wie Astrid Lindgrens Südsee-Insel Taka-Tuka-Land, wo Pippi Langstrumpf ihren Vater, dessen Schiff und seine Mannschaft vor Piraten rettet.
Anders als Pippi, Tommy und Annika müssen wir uns hier allerdings nicht mit Schurken wie Blut-Svente oder Messer-Jocke herumschlagen. Ganz im Gegenteil: abgesehen von der Großstadt Tahiti schließen die Segler hier auf den Inseln nicht einmal ihr Dinghy an, wenn sie an Land gehen. Ganz anders als noch in der Karibik, wo es fast überall hieß “lock it or lose it”. Die Gefahren hier in den Tuamotus sind eher navigatorischer Natur: Riffe, Bommies und Passdurchfahrten.
Aratika hat sogar gleich zwei Pässe. Einen im Westen, durch den wir nach einem sportlichen Am-Wind-Ritt pünktlich kurz nach Hochwasser bei einem Knoten Gegenstrom in die Lagune einlaufen.
Und einen im Osten, sehr schmal und zudem nicht gerade verlaufend, deshalb mit ziemlich schwierigen Strömungsverhältnissen. Er soll toll zum Schnorcheln sein, aber trotz ausreichender Tiefe schwierig zu befahren. Wenn überhaupt, dann nur etwas für ruhiges Wetter.
Wir liegen an der Boje eben nördlich von diesem zweiten Pass. Als wir ihn uns anschauen, präsentiert er sich so, als wolle er das abschreckende Beispiel für Pässe in Französisch Polynesien darstellen. Oder zumindest das, was den Segler bei falschem Timing oder unpassenden Bedingungen in den Pässen erwarten kann.
Obwohl die See draußen nur mäßig bewegt ist, steilt sich im Pass eine beeindruckende Welle auf.
Damit nicht genug, liegt auf dem Riff neben dem Pass auch noch das Wrack eines Segelbootes.
Aufrecht und scheinbar relativ intakt, aber ohne Mast, sicher auch ohne Kiel, und und und. Ein zerbrochener Traum, gestrandet am Ostpass von Aratika.
Taka-Tuka-Land fordert die Phantasie eben auf mehreren Seiten. Man kann sich Abenteuer an exotischen Orten der Südsee vorstellen und wir dürfen diese Abenteuer auch genießen. Aber wachsam bleiben müssen wir auch.
Hai-Light. Ernsthaft: mein NEUNTER Tauchgang an der Wall of Sharks, verteilt über die letzten neun Monate. Anfang Juli 2024 hatten wir erstmals am Südpass von Fakarava geankert und neben mehreren Driftschnorchelgängen auch ein paar Tauchgänge gemacht. Wie dann auch bei unseren weiteren Besuchen.
Jetzt also die Tauchgänge Nummer 8 und 9 dort. Wird das nicht langweilig? Haie, Haie, Haie? Nein, wird es überhaupt nicht. Zum einen sind es ja nicht nur die Haie, sondern auch die vielen imposant großen Napoleonfische und all die anderen Riff-Fische, die Korallenlandschaft, ganz die Schwerelosigkeit beim Tauchen überhaupt und insbesondere beim Strömungstauchen hier im Pass (“is wie wennste fliechst”). Zum anderen ist es wirklich jedesmal überraschend unterschiedlich. Beim 9. Tauchgang zum Beispiel bevölkert ein riesiger Schwarm Neon-Füseliere den Pass, das hatten wir so noch überhaupt nicht. Während wir uns am Rand halten, ziehen die Haie ganz ruhig Bahnen durch den Schwarm dieser zwischen 20 und dreißig Zentimeter langen Schwarmfische mit ihren neonblauen Leuchtstreifen.
Die Szenerie erscheint fast unwirklich, zumal die Haie eben nicht im Angriffsmodus sind, sondern unbeirrt mit langsamen Bewegungen ihren Platz in der Strömung mehr oder weniger halten, während die herumwuselnden Neon-Füseliere Gassen für sie bilden.
Und ja, auch bei diesem Tauchgang macht die Wall of Sharks ihrem Namen Ehre. Wir sehen eine Vielzahl von Haien, darunter einen Lemon-Shark, einige Weißspitzen-Riffhaie und im flacheren Bereich auch Blacktips. Vor allem aber Graue Riffhaie, oft mehrere Dutzend gleichzeitig.
Hier habe ich einfach mal einige Hai-Impressionen von diesen beiden Wall of Sharks-Tauchgängen zusammengestellt (zum Vergrößern einfach auf das erste kleine Bild klicken):
Na klar, wir sehen nicht nur Haie:
Obwohl, die Hauptdarsteller sind die Grauen Riffhaie an diesem ihretwegen weltbekannten Tauchplatz schon:
Ganz nebenbei, über Wasser ist es auch hübsch am Südpass von Fakarava. Eine kleine Ansammlung von Häusern gibt es, aber als Ortschaft kann man Tetamanu eigentlich kaum bezeichnen, es ist kaum mehr als die Tauchschule (wo wir auch unsere Tauchflaschen auffüllen lassen) und einige Ressort-Hütten. Obwohl, ein paar Häuschen von Locals gibt es wohl, einen Funkmast und sogar eine kleine Kirche. Also eben doch ein klitzekleines Dorf, und ein malerisch schönes noch dazu.
Der Wecker klingelt um kurz nach fünf. Früh raus, das passt gut mit der Tide im Pass von Tahanea und es gibt uns außerdem genügend Zeit, um bei Tageslicht in Fakarava anzukommen.
Tatsächlich können wir praktisch die gesamte Strecke von etwas über 50 Seemeilen wunderbar segeln, größtenteils unter Gennaker. Am Anfang klassisch, zwischendurch auch mal ohne Großsegel, am Ende dann Schmetterling mit Gennaker und Groß.
Ein traumhafter Segeltag. Einziger Wermutstropfen: wieder kein Fisch gefangen.
Das allerdings erweist sich als nicht so tragisch. Die parallel segelnde Freefall verkündet in unserer WhatsApp-Gruppe: Fisch für alle! Sie haben einen knapp unter 2.5 Meter langen Marlin an Bord gezogen.
Photo credit: Theresa, SV Freefall
Kein Wunder, dass sie plötzlich etwas langsamer geworden und als letzte beim Ankerplatz am Südpass ankommen. Allerdings hat sich Joe beim Ausnehmen an der Hand verletzt, Hilfe beim Filetieren wäre also gewünscht.
Das übernehme ich doch gerne und ich bekomme es auch gerade noch vor dem Dunkelwerden hin. Der schon kopflose Marlin auf dem Heck der Freefall:
Die Wall of Sharks muss also noch etwas warten. Allerdings versammeln sich einige Haie hinter der Freefall, obwohl wir die Abfälle natürlich extra in großer Entfernung vom Ankerplatz entsorgen. Allein das Sauberspülen des Hecks sorgt schon dafür, dass die nächsten beiden Tage niemand von Bord der Freefall aus ins Wasser gehen möchte. 20 Haie direkt am Schiff zählt Joe. Flora liegt nur 100 m weiter vor Anker, aufgeregte Haie zeigen sich bei uns aber zum Glück nicht.
Wir sind mal wieder auf dem Sprung. Aber bevor wir erneut nach Fakarava aufbrechen, segeln wir zunächst durch die Lagune von Tahanea zurück zum Ankerplatz am Pass.
Kaum ist der Anker gefallen, steht auch schon die nächste Verabredung. Gemeinsam mit den Crews der ebenfalls zum Pass gefahrenen Lille Venn, My Motu und Freefall wollen wir am Außenriff und im Pass Schnorcheln (Wiebke) bzw. Tauchen (Ralf). Also schnell die Tauchsachen raussuchen, zusammenbauen, und dann werden wir auch schon abgeholt. Was für ein Service.
Der Tauchgang am steil abfallenden Außenriff (Drop off) ist ruhiger als erwartet. Haie sehen wir erstaunlicherweise nur relativ wenige. Dafür begegnet mir zum ersten Mal ein Boomerang-Drückerfisch und auch den hier recht häufigen Flammen-Zwergkaiserfisch bekomme ich erstmals vernünftig vor die Linse der GoPro-Unterwasserkamera. Auch schön: in 12 Meter Tiefe am Außenriff finden sich See-Anemonen und konsequenterweise auch Clownfische. Nemo.
Das besondere Highlight dieses Tauchgangs allerdings wartet im Pass auf uns. Ein Manta mit etwa drei Meter Spannweite gleitet gegen die Strömung ganz gemächlich auf mich zu und nahe an mir vorbei.
Nicht die erste Begegnung mit solchen elegant unter Wasser fliegenden Riesen, aber auch dieses Mal wieder ein magischer Moment.
Morgen soll es dann früh losgehen Richtung Fakarava, Stillwasser im Pass von Tahanea ist kurz vor 06.00 Uhr. ⏰
Es wird ein wunderschöner Segeltag. Wir starten mit Schwachwind und Code0, …
… wechseln dann aber bei zunehmendem Wind irgendwann auf die Fock. Zwischenzeitig zwei Reffs ins Groß. Um uns herum tauchen immer mehr Schauerwolken auf, einige ziemlich so imposant, dass die hinter uns segelnde Easy-One kaum davor auszumachen ist:
Tatsächlich aber verschonen die Schauerwolken sowohl uns als auch die Easy-One, erst in der Ansteuerung auf den Pass von Tahanea bekommen wir ein paar wenige Tropfen ab, dürfen zum Ausgleich aber einen wunderschönen gleich doppelten Regenbogen bewundern, mit herrlich sichtbarem dunklerem Bereich zwischen Regenbogen und Nebenregenbogen (Alexanders dunkles Band):
Wir ankern hinter dem Motu direkt zwischen dem Nordpass und dem breiteren Hauptpass, durch den wir ins Atoll gefahren sind.
Wir schnorcheln am folgenden Tag in beiden Pässen, fahren mit dem Dinghy bei einlaufender Tide hinaus und lassen uns durch den Pass zurück in die Lagune treiben. Besonders gut gefällt uns die Nordseite des Nordpasses. Am äußeren Ende zeigen bockende Wellen starke Verwirbelungen an, aber danach ist die Strömung auf dieser Seite nicht so stark. Der dicht an dicht mit Korallen bestandene Nordrand bietet in 3 bis 5 Metern Tiefe eine vielfältige Korallenlandschaft, die es in sich hat. Der Fischreichtum ist immens und das klare einlaufende Wasser lässt die ganze Palette der Farben auch richtig zur Geltung kommen.
Ein gutes Beispiel sind die bis zu 80 cm groß werdenden Buckelkopf-Papageifische. Diese sind eigentlich an allen halbwegs gesunden Riffen im Südpazifik zu finden und in sofern ein bekannter Anblick. Aber selten strahlen die Farben so wie hier.
Eine Besonderheit bei den meisten Papageifischarten, so auch beim Buckelkopf-Papageifisch: es handelt sich um Hermaphroditen. Nach einer Jugendphase entwickeln sich zunächst fast alle zu Weibchen. Später im Lebenszyklus wandelt sich dann ein größerer Teil zu Männchen um. Und nicht nur das: in jeder der Phasen zeigen diese Fische auch ein völlig unterschiedliches Farbkleid.
Die vorderen Zähne sind übrigens zu den Platten eines schnabelartigen und ständig nachwachsenden Beißwerkzeugs umgebildet, mit dem die Papageifische einen niedrigen Pflanzenbewuchs auf den Korallen regelrecht abgrasen. Dabei schaben sie auch erhebliche Mengen von Korallenkalk ab, den sie zügig wieder ausscheiden. Dann allerdings fein gemahlen – als den Sand, den wir an den Palmenstränden so lieben. Kein Scherz, ein ausgewachsener Buckelkopf-Papageifisch produziert so bis zu 90 kg feinsten Sand pro Jahr.
Wir sehen noch verschiedene andere Papageifische:
Aber natürlich nicht nur die.
Griesgrämig dreinschauender LippfischFalterfischCamouflage-Zackenbarsch im VersteckImperator-Kaiserfisch
Jedenfalls ist der Drift-Schnorchelgang im Nordpass von Tahaneha für uns einer der insgesamt schönsten Schnorchelgänge bisher, und das will schon etwas heißen, denn da kommen mittlerweile doch so einige zusammen.
Eine etwas alberne Frage wird nebenbei auch beantwortet: wieso heißt die Farbe von Wiebkes Tauchmaske eigentlich „Coral“?
Morgen wollen wir weitersegeln, der Abschied von Faaite steht also bevor. Die Zeit hier in diesem kleinen Atoll hat uns richtig gut gefallen, aber das unbewohnte Tahanea im Osten von Faaite lockt. Mit gut 45 Seemeilen sollte das ein schöner Ganztagestörn werden.
Vielleicht vorher noch ein bisschen einkaufen? Na ja, die Lebensmittelläden hier geben nicht allzu viel her, Frisches ist überhaupt nicht zu finden. Ist wohl schon eine Weile her, seit das letzte Versorgungsschiff hier war.
Ein paar Basissachen bekommen wir dann aber im letzten Laden doch noch.
Aber bevor wir den nächsten Törn angehen, möchten wir gerne noch im strömungsreichen Pass von Faaite schnorcheln.
Wir nehmen den flachen Dinghy-Pass über das Riff. Schon dort stellen wir fest, dass die Tide sich nicht an den Zeitplan hält und weiterhin auslaufend ist. Nicht gefährlich stark, aber doch ein bisschen schade, denn dadurch ist das Wasser im Pass nicht ganz so klar wie bei einlaufender Strömung. Vom tieferen Pass halten wir uns dann auch fern, dort ist die auslaufende Strömung noch deutlich kräftiger.
Macht aber nichts, für dieses kleine Manko entschädigt der Fischreichtum und die vielfältigen Korallen, die den gesamten Boden im Dinghypass bedecken.
Doktorfische wie der Achilles-Doktorfisch mit seinem auffälligen orangen Fleck um das “Skalpell” an der Schwanzwurzel oder die Weißwangen-Doktorfische mit dem schmalen gelben Streifen bilden quasi das Empfangskomitee, als wir uns ins Wasser gleiten lassen.
Auch Einhornfische und Bannerfische sehen wir wieder zuhauf.
Eine imposante, etwa oberschenkeldicke Muräne darf auch nicht fehlen.
Aber hier im Pass begegnen uns auch Meeresbewohner, die wir bisher noch überhaupt nicht gesehen haben, etwa dieser wunderschöne Pfauenaugen-Butt:
Wegen seiner blumigen Zeichnung wird er im Englischen auch “Flowery Flounder” genannt. Wie viele Plattfische kann er die Farbe seiner Körperoberseite verändern, das “Blumenmuster” wird dabei mal mehr, mal weniger auffällig.
Damit nicht genug, ein riesiger Schwarm von Großaugen-Heringsmakrelen (Big Eye Scad) kommt auf uns zugeschossen. Sie fliehen vor mehreren deutlich über einen Meter großen Trevally, die immer wieder durch den Schwarm jagen.
Tschüss Faaite, danke für alles, es war sehr schön bei Dir!
Der Wind hier in den Tuamotus präsentiert sich aktuell ziemlich wechselhaft. Eigentlich liegen die Tuamotus im Passatwindgürtel mit seinen östlichen Winden. Jahreszeitlich bedingt schwankt der vorherrschende Wind etwas, ist von Februar bis April östlich, kommt von Mai bis November mehr aus Südost (wobei er um August herum am stärksten bläst, im Südsommer dafür schwächer), im Dezember und Januar ist typischerweise eher Nordost zu erwarten. Nur: derzeit sind über Nord auf West drehende Winde angekündigt, für das nächste Wochenende gar mit einer kräftigen WSW-Komponente. Alles andere als ideal am Südpass von Fakarava. Etwas besseren Schutz würde es im Norden von Fakarava geben, aber nicht bei WSW.
Wir entscheiden uns dafür, statt dessen zum kleineren und seltener besuchten Atoll Faaite zu segeln. Wir schaffen es, die Passage durch den Südpass und auch die Einfahrt nach Faaite mit nur geringer Strömung zu timen, dazwischen liegen ein paar Stunden herrlichstes Segeln bei wenig Welle und perfektem Segelwind.
Über die Passeinfahrt in Faaite hatten wir uns einige Gedanken gemacht, die Durchfahrt ist recht schmal und kann bis über 7 kn Strömung aufweisen. Teilweise wird geraten, notfalls in der Sackgasse links von der Durchfahrt zu ankern. Zum Glück geht alles glatt, denn als wir später mit dem Dinghy den “Notankerplatz” checken, finden wir ihn zwar tief genug, aber dicht an dicht mit Korallen bestanden.
Pass ins Faaite-AtollBlick auf den Pass aus umgekehrter Richtung
Auf der Innenseite des Passes gibt es eine vergleichsweise flache Barre (wir messen 3,7 m), aber bei diesen Bedingungen ist das unproblematisch. Und so schleichen wir an den allerdings zahlreichen Bommies vorbei in die Nordwestecke des Atolls und ankern im Schutz von gleich drei palmenbestandenen Motus.
Die Easy-One ist bei uns, Lille Venn und Free Fall kommen am nächsten Tag dazu.
Ich denke, hier werden wir es eine Zeitlang ganz gut aushalten können.
Die Nachtluft ist mild und der Wind bisher noch lau. So bleiben wir lange in der Hängematte auf dem Vorschiff, löschen irgendwann das Licht, beobachten den halb vollen Mond und den Sternenhimmel. Orion steht hoch über der Flora, Mars spielt mit Castor und Pollux im Zwilling, Jupiter gesellt sich zu Aldebaran im Stier. Am Südosthimmel ist zunächst nur das “Falsche Kreuz” auszumachen, etwas in der Nacht klettert auch das Kreuz des Südens höher über den Horizont und wird damit deutlicher sichtbar.
Wir bleiben noch einen weiteren Tag in Apataki. Rajesh und Jeroen holen uns zum Schnorcheln ab, danach wandern wir am Strand entlang zum Werftgelände.
Was vom Boot aus wie strahlend heller Sandstrand aussieht, entpuppt sich allerdings größtenteils als grober Korallenschutt. Gut dass wir vorsorglich Schuhe eingepackt haben. Wunderschön ist es aber trotzdem, unter den Palmen leuchtet das Wasser in Türkis- und Blautönen, dazwischen sind bräunlich die Korallenbommies zu erkennen.
Diverse junge Schwarzspitzenhaie patrollieren im Flachwasser und sogar ein Ammenhai zeigt sich ganz nah am Strand.
Das ist schon unmittelbar neben der Slipbahn, auf der die Boote mit einem Hydraulischen Trailer aus dem Wasser gezogen werden. Es ist flach hier! Eine vertiefte Rinne können wir nicht erkennen, sie würde wohl auch schnell wieder versanden. Kein Wunder, dass für das Herausnehmen eine Tiefgangsbeschränkung von 1,9 m gilt. Dafür muss der Trailer schon ein ganzes Stück in die Lagune hineinfahren.
Jetzt am Sonntag herrscht aber ohnehin Ruhe auf dem Werftgelände.
Ein weiterer Brändi-Dog-Abend, diesmal auf der Flora. Rajesh und Jeroen bringen das Spiel mit und so langsam nehmen auch Wiebke und ich die eine oder andere taktische Finesse auf.
Für die Crew der Flora heißt es aber am nächsten Morgen: früh aufstehen. Etwa zwei Stunden brauchen wir für den Weg über die Lagune und gegen 9:00 Uhr wollen wir am Pass sein. Wir finden keine Daten zu den Strömungszeiten. Mit der Einfahrt hatte es ja wunderbar zu Stillwasser gepasst. Dabei waren wir etwas später als zur (immerhin abrufbaren) Hochwasserzeit des Nachbaratolls Arutua. Niedrigwasser in Arutua ist heute um 9:11 Uhr. Um 8:50 kommen wir am Pass an. Das sollte doch passen, oder?
Leider nein, FALSCH gedacht, so einfach ist es denn doch nicht. Zum einen sind wir etwas früh, der halbe Knoten Strom über die Lagune hat uns geschoben. Zum anderen läuft die Tide hier in Apataki bei ablaufendem Wasser offenbar kräftig nach (Niedrigwasser ist also keineswegs Stillwasser), der seit Tagen kräftige Nordostwind verstärkt das wahrscheinlich noch. Bei der Einfahrt sieht das Wasser im Pass noch glatt aus, doch im Knick zwischen der roten und grünen Tonne brodelt es, während das Wasser direkt daneben flach bleibt. Zwischenzeitig verdoppelt die Strömung Floras Fahrt auf über 10 kn, aber es gibt keine größeren Strudel oder Whirlpools, die unser Boot herumdrücken würden. Nach einem kurzen Stück Fahrt “wie auf Eiern” sind wir durch, werden nur noch mit 2 kn geschoben.
Nicht wie geplant, aber auch nicht dramatisch.
Wie auch immer, jetzt sind wir jedenfalls früh unterwegs und haben (wieder am Wind aber mit bedeutend angenehmerer Welle als vorgestern) einen richtig schönen Segeltörn. Nur gut 30 Seemeilen sollen es heute werden, es geht hinüber zum südlichen Nachbaratoll Toau.
Toau hat einen Pass im weiter entfernten Südosten der Insel. Wir entscheiden uns aber für die “Anse Amyot” im Norden der Insel. Auch die Anse Amyot wird durch eine Lücke im Riff angesteuert, nur ist es eine Sackgasse. Eine Weiterfahrt in die Lagune wird durch eine ausgedehnte Korallenbank verhindert. Unter den englischsprachigen Seglern ist die Anse Amyot deshalb als “False Pass” (Falscher Pass) von Toau bekannt.
Mehrere kostenlose Mooringbojen sind hier ausgelegt. Derzeit sind allerdings einige davon zwecks Wartung eingezogen. Auf Noforeignland sehen wir, dass die Indioko bereits dort ist. Wir schreiben sie über die Chat-Funktion an und prompt kommt die Antwort. Derzeit liegen sie als einziges Boot dort, vier Bojen sind noch frei. Super.
Kurz nach Mittag laufen wir in die Anse Amyot ein. Durchs Riff führt ein schmales, etwa 8 m tiefes Fahrwasser, dass schräg zur Küste verläuft. Richtbaken zeigen den Weg an, auch wenn die innere mal wieder gerichtet werden müsste.
Die Bucht selbst ist dann wieder über 20 Meter tief.
Für uns erweist sich “False Pass” sich als genau richtig. Es gefällt uns, zur Abwechslung mal wieder einen kurzen Schlag von nur ein paar Stunden zwischen den Inseln zu segeln. Gegen Wind und Wellen liegen wir hier gut geschützt und zudem haben wir einen herrlichen Blick sowohl in die Lagune und auch hinaus auf den offenen Pazifik.
False Pass / Anse Amyot: Blick nach innenFalse Pass / Anse Amyot: Blick über die Korallenbank nach außen
Und auch das Schnorcheln an der Korallenbank begeistert uns.