Wir haben uns entschieden, noch einige Tage in Hawai’i zu bleiben und die Abfahrt nach Alaska etwas zu verschieben. Aus der quirligen Großstadt Honolulu verabschieden wir uns aber, um den Süden von O’ahu herum fahren wir auf die Ostseite der Insel, in die Lagune von Kāne’ohe. Es ist keine Spazierfahrt, ziemlich schaukelig und erst im letzten Drittel vernünftig segelbar.
Die Einfahrt in die Bucht ist beeindruckend. An Steuerbord ragen steile grüne Berghänge in die Höhe, die das Ka’a’awa Tal abschirmen, es erinnert an Jurassic Park. Erinnert? Nein, nicht nur. Teile der Filme wurden tatsächlich hier gedreht.
Und auch voraus an der Westseite der Bucht zieht sich ein Gebirgszug wie eine natürliche Festungsmauer entlang, nur dass er hier ein kleines Stück vom Ufer zurück emporsteigt und damit Raum für ein paar kleinere Ortschaften bietet. Das Besondere der mit Korallenköpfen gespickten Bucht ist das große Barriereriff, das sie vor dem Pazifikschwell abschirmt und zudem eine beeindruckende Sandbank beinhaltet. Boote können aus dem Inneren der Bucht im tiefen Wasser bis an die Sandbank heranfahren, sogar den Anker auf die Sandbank fallen lassen und sich mit dem Heckanker im 12 m tiefen Wasser vor einem Herumschwingen schützen.
Wir wählen aber die klassischere Variante und ankern frei schwingend etwas abseits der Sandbank, nachdem wir uns im betonten Fahrwasser zwischen den Korallenbommies (den oliv-braunen Flecken im Drohnenbild) hindurch getastet haben.
Durchatmen, jetzt erst einmal diese Landschaft in uns aufnehmen:
Anders als in Honolulu an O’ahus Westküste bleiben die Wolken hier im dem Wind zugewandten Osten der Insel zumeist nicht auf Abstand, sondern ziehen in schneller Folge durch. Bleiben an den Bergen hängen und bescheren uns immer mal wieder einen Regenguss.
Morgens, Mittags und Abends haben wir den Ankerplatz fast für uns allein. Dazwischen aber wird die Sandbank in getakteten Schichten reichlich genutzt. Ausflugsboote bringen stundenweise Tagestouristen und reichlich “Spielzeug” heran, also Kajaks, Paddleboard, Schwimmwesten und Schnorchelbrillen.
Wer mag es ihnen verdenken. Aber zu unserer Stimmung passt die Fröhlichkeit der Tagestouristen nicht, trotzdem tut es uns gut, in der Natur zu sein. Wir setzen mit dem Dinghy zur Sandbank über, suchen uns eine ruhige Ecke, laufen durch das flache Wasser, Schnorcheln an der Riffkante.
Lenken uns ab und versuchen, das Schöne zu sehen. Das gelingt uns mal besser, mal weniger gut, wenn die Trauer wieder Raum greift. Aber das muss sein und ist wohl auch gut so.
Mit dem Mietwagen erkunden wir O’ahu. Wer sich noch nicht mit Hawai’i beschäftigt hat, dem wird der Inselname O’ahu vermutlich nichts sagen. Schon eher dagegen Honolulu als auf dieser Insel gelegene größte Stadt von Hawai’i und Hauptstadt des 50. und damit jüngsten US-Bundesstaates. Und vielleicht auch noch Waikīkī, Stadtteil von Honolulu und zugleich Namensgeber des berühmtesten Strandes der Inselgruppe.
Auf der Parallelstraße zum Waikīkī-Beach fahren wir aus Honolulu hinaus Richtung Südosten. An den Ampeln ungewohnte Anblicke: Surfer aller Altersklassen laufen barfuß durch die Großstadt, das Board unterm Arm. Vor der Schule oder der Arbeit eben noch mal schnell ‘ne Runde Wellenreiten 🏄.
Am Aussichtspunkt bei Diamond Head legen wir eine erste Pause ein. Eigentlich hätten wir dieses Wahrzeichen von Honolulu gern von “innen” besichtigt, denn was von See und auch vom Stadtzentrum aus wie ein normaler Berg aussieht, ist in Wahrheit ein gigantischer Tuffring. An der südwestlichen Seite hat sich ein höherer Rand mit einer Spitze ausgebildet, weil bei der zugrunde liegenden Eruption der Nordostpassat die Partikel vorwiegend in diese Richtung geweht hat.
Man soll von dort einen tollen Blick über Honolulu haben, aber bei der Anfahrt blinken uns bereits Leuchtschriften entgegen. Ohne Reservierung kein Eintritt! Wir probieren es gleich online, aber für die nächsten Tage ist schon alles dicht. Mit dem Museum über dem Wrack der Arizona in Pearl Harbor wird es uns genauso gehen. Der Tourismus auf O’ahu ist durchorganisiert, solche typischen Attraktionen muss man rechtzeitig buchen. Ups. Macht aber nichts, es gibt so vieles zu sehen was man nicht buchen muss. Den Blick über die Vorstadtviertel hinüber zu den scheinbar sanft gewellten Hügeln bei unserem nächsten Ziel Koko Head zum Beispiel.
Beim Näherkommen wird aber klar: sanft gewellt ist höchstens die Straßenführung dort hindurch, Koko Head und Koko Crater sind weitere Vulkankrater, die sich durchaus schroff präsentieren.
Auf der Küstenstraße geht es mit wunderschönen Panoramablicken weiter gegen den Uhrzeigersinn um O’ahu herum.
Bei Kaneohe an der Ostseite der Insel machen wir einen Abstecher weg vom Meer in die Berge hinein. Es geht durch dichten Wald und ein paar Tunnel steil hinauf zum Nu’uano Pali Lookout. Der Ausblick von dort ist wirklich atemberaubend, denn vor der Steinplattform fällt das Gelände fast senkrecht rund 300 m ab. Der Legende nach fand hier der entscheidende Kampf statt, aufgrund dessen der siegreiche Kamehameha auch O’ahu als letzte Insel des Archipels seinem Königreich eingliedern konnte und damit ganz Hawai’i unter seiner Herrschaft vereinigte. Die Armee von Kamehameha soll die unterlegenen Truppen seines Widersachers über die Klippen in den Abgrund gedrängt haben.
Der Blick geht entlang an den steilen Hänge der Ko’olau Berge.
Wie Stein gewordene senkrechte Wellen kurz vorm Brechen muten die Flanken dieser Berge an, oder wie gefaltete “Ziehharmonika”-Berge. Der zumeist vergleichsweise schmale Streifen Flachland zwischen den Steilwänden und dem Meer wird hier im feuchteren Osten der Insel dort wo die Häuser noch Platz lassen meist landwirtschaftlich genutzt. Der breite, weitgehend unzugängliche Gebirgszug Ko’olau nimmt aber fast die Hälfte der Fläche der Insel ein und zieht sich von der Südspitze bis in den Nordosten. An seinen östlich Flanken fahren wir – unterbrochen vom Stop an Giovanni’s Foodtruck – bis zu dem berühmten Surfstrand schlechthin. Der Sunset Beach an O’ahus Nordküste ist legendär. Surfer sehen wir dort aber kaum. Kein Wunder, das Wasser vor dem kilometerlangen Sandstrand ist fast spiegelglatt:
Jetzt. Im Sommer. Im Winter dagegen baut der dann vorherrschende Nordschwell hier die Brandung auf, die ihn zum Mekka der Wellenreiter gemacht hat.
Ein weiterer kleiner Abstecher führt uns in den botanischen Garten von Waimea, der in einem wunderhübschen Tal einen Spaziergang zu einem kleinen Wasserfall sowie zudem einen Einblick in die Hawaiianische Kultur bietet und quasi ein Museumsdorf beinhaltet. Auf besonderen Wunsch einer lieben Segelfreundin (gestern von Bermuda aus geäußert) gehe ich bei dieser Gelegenheit nochmal auf die Vögel dort ein, denn auch in diesem botanischen Garten können wir wieder ganz besondere entdecken, Zum Beispiel diese beiden doch sehr unterschiedlich aussehenden Schamadrosseln:
Vor allem aber, liebe Andrea, den hier:
Rotohrbülbül
Wie sein naher Verwandter, der Rotsteißbülbül (aus dem letzten Beitrag) ein echter Bülbül. Die Familie heißt wirklich so (engl.: bulbul) und lebt überwiegend in Afrika und auf Madagaskar. Die deutschen (Vor-)Namen der (profaner auch Haarvögel genannten Familie sind bei der Lage ihrer auffälligen Farbflecken ja selbsterklärend.
😉
Weiter an der Nordküste entlang findet sich im Nordwesten ein Naturschutzgebiet, dass zwischen sehr felsigen Abschnitten nur kleine, abgelegene und selten besuchte Sandstrände aufweist. Ein Rückzugsgebiet für die selten gewordene Hawaiianische Mönchsrobbe, von der wir eine auf unserem langen Spaziergang dort auch tatsächlich antreffen.
Das Wasser zeigt schon: hier wird es wieder wilder. Aber so richtig knackig zeigen sich die Wellen erst an der Westküste. Ganz im Norden dort liegt die Yokohama Bay. Als wir ankommen, zeigen rote Flaggen überall am Strand, dass Schwimmen derzeit nicht angesagt ist. Wären wir aber wohl auch so drauf gekommen:
Es gibt aber auch Badegäste, die trotzdem ins Meer wollen, es sich dann aber kurzfristig doch anders überlegen 🤔
Und natürlich die Surfer. 😎
Wir begnügen uns einfach mit dem Betrachten dieses wunderbaren Naturspektakels können uns an den Farben und der Dynamik einfach nicht sattsehen.
Pünktlich zum Sonnenuntergang sind wir zurück in Honolulu. Vor Floras Bug, auf der anderen Seite der Hafenmole gehen die Wellen ebenfalls hoch und so sind dort und auch auf der Mole selbst noch Surfer unterwegs.
35 sm sind es von Lono Harbor auf Moloka’i nach Honolulu auf O’ahu. Herrliches Segeln bei bestem Wetter und gutem Wind. Wir haben ein bisschen gemischte Gefühle, freuen uns einerseits auf Honolulu, wissen aber andererseits auch nicht so recht was wir davon halten sollen, jetzt nach den bisher eher beschaulichen Eindrücken von Hawai’i einige Zeit in einer Großstadt zu liegen. Außerdem wissen wir auch noch nicht so recht, wie sich die Liegeplatzsituation gestaltet. Marinas sind in den USA meist ziemlich teuer und oft auch ausgebucht. Von der holländischen “Pitou”, mit der wir über Instagram Kontakt hatten, gab es allerdings den Hinweis, dass der günstige staatliche Ali Wai Harbor noch freie Plätze habe. Einfach reinfahren, festmachen und im Hafenbüro anmelden. Also genießen wir die schöne Anfahrt auf O’ahu.
Als wir näher dran sind, kommen dann auch die Hochhäuser von Honolulu und der Hausberg “Diamond Head” in Sicht. Dazwischen liegt der berühmte Waikiki Beach.
Direkt hinter dem Waikiki Beach liegt die Einfahrt zum Hafen, Wellenreiter surfen unmittelbar daneben vor der Mole. Jetzt werden die Hawai’i-Klischees bedient 😉.
Rein in den Hafen, gleich die erste Gasse. Am Gästesteg liegen Heckbojen aus, es ist tatsächlich noch einiges frei.
Wow, was für ein Liegeplatz! Wir fühlen uns sofort wohl. Hinter uns die Skyline von Honolulu, vor uns die Surfer direkt auf der anderen Seite der Mole. Und nur einen Steinwurf vom Waikiki Beach entfernt. Vier Liegeplätze weiter die Pitou mit Liselotte und Machiel, bei denen an Bord wir einen wunderschönen Abend haben. Mit Blick …