Abschied aus San Blas

Salardup packt noch mal einige weitere schöne Blicke und Erinnerungen in unseren schon prall gefüllten gedanklichen San-Blas-Speicher. Aber natürlich wissen wir, dass Guna Yala nicht nur Postkartenidyll mit klitzekleinen palmenbestandenen und von Sandstrand umgebenen unbewohnten Inseln ist.

Hier, näher am Festland, mischen sich schon mal Mangrovenabschnitte in die Inselwelt und wir kommen auch den Inseln näher, auf denen viele der Kuna ganzjährig leben. Von hier aus kommen sie mit den Einbäumen zur Bewirtschaftung der Kokosnussinseln oder eben zu uns Ankerliegern heraus gepaddelt.

Auf unserer Weiterfahrt machen wir einen Schlenker nach Rio Sidra, ganz dicht am Festland gelegen. Wettertechnisch hatten wir das bisher immer vermieden, denn währen wir zwischen den Kokos-Inseln meist schönes Wetter hatten, sammelten sich über der Küste die Wolken vor den Bergen. Oft so dicht, dass das Festland hinter einem grauen Schleier verschwand. Auch heute ist das wieder so.

Rio Sidra und das benachbarte etwas kleinere Nusadup sind zwei der Kunadörfer auf “Wohninseln”. Dicht bebaut mit Hütten, die zum Teil noch ganz traditionell mit Palmwedeln gedeckt sind, zum Teil auch Wellblechdächer haben. Wobei, dicht bebaut ist eher noch eine Untertreibung. Wir haben noch Venancios Aussage im Ohr, dass seine Familie mit 18 Personen in einer Hütte wohnt.

Und während eine windschiefe Palmwedelhütte auf der fotogenen Miniinsel draußen mit den Kokospalmen noch romantisch wirken mag, wirkt das Bild doch sehr viel weniger paradiesisch, wenn viele davon quasi aufeinander zu rutschen scheinen.

Wobei, auch dieses Bild täuscht ein bisschen, denn die äußeren Hütten sind vielfach eher die Klohäuschen (mit Wasserspülung).

Ein weiterer Kratzer auf dem Abziehbild: Müll. Waren wir auf Chichime und den Coco Bandero noch positiv überrascht von der Sauberkeit der Strände auch auf den windzugewandten Seiten der Inseln (im Vergleich etwa zu den ebenfalls unbewohnten Ragged Islands in den Bahamas), hat sich dieser Eindruck auf den später von uns besuchten Inseln so leider nicht bestätigt. Angeschwemmter Plastikmüll fand sich immer wieder am Hochwassersaum der Strände, nicht so extrem wie auf den Ragged, aber eben doch deutlich.

Erstaunlich allerdings ist, dass wir ausgerechnet auf unserer letzten besuchten Insel in San Blas die größten Müllmengen angeschwemmt finden.

Wind- und strömungstechnisch können wir uns das für die West Lemon Cays nicht erklären und besonders überraschend ist, dass wir es ausgerechnet auf der Insel Tiadup beobachten, die für vom Festland mit Lanchas herübergebrachte Touristen mit Stelzenhäusern bebaut wurde.

Wie überhaupt der Tourismus langsam und ohne Hotelketten, aber eben doch spürbar mehr Raum einnimmt. Von den Kuna selbstbestimmt, und wer wollte es ihnen verdenken und wer den Gästen? So sind hier (näher am Ende der Straße ins Gebiet der Kuna) Inseln oft mal mit Restaurant, Lodges oder Campingplatz zu finden.

Trotzdem, uns macht dieser etwas andere letzte Eindruck der Inselwelt von Guna Yala den Abschied ein kleines bisschen leichter.

Hog Cay. Traumstrand und Frustration-Beach

Hog Cay hat – wie so viele Inseln in den Bahamas – zwei völlig unterschiedliche Seiten. Flora liegt mit der Easy-One, der Amalia, der InVia und einigen anderen Booten in der Middle Pen Bay vor Anker, Wassertiefe etwa zweieinhalb Meter, Sandgrund, wunderbar klares türkisfarbenes Wasser. Dazu ein herrlicher feinsandiger sauberer Strand, perfekt zum Spazieren und zum Anlanden des Dingis, nur ab und zu ein paar Korallenbommies oder Felsenkaps, die die einzelnen Buchten abgrenzen. Auf der gegen die vorherrschenden Winde geschützten Westseite der Insel.

Wandert man ein wenig am Strand entlang, stößt man auf einen skurril anmutenden „Wegweiser“, der den Beginn eines Pfades quer über die hier etwa 600 m breite Insel auf die Ostseite von Hog Cay markiert.

Durch das rasch dichter werdende niedrige Buschwerk windet sich ein Pad den Hügel hinauf. Er ist leicht erkennbar gekennzeichnet: mit Strandgut. Auf Äste gesteckte Plastikflaschen oder in die Büsche gebundene Netzfetzen, Kuscheltiere und immer wieder Schuhe oder FlipFlops.

Je nach Gusto mag das originell oder befremdlich erscheinen. Auf jeden Fall gibt es schon einmal einen Vorgeschmack darauf, was auf der Ostseite der Insel wartet. Hier, an der Luv-Küste der Insel brandet das tiefblaue Wasser zumeist mit einer Kraft gegen das Ufer, die man drüben auf der Lee-Seite so nicht erwartet hätte.

Je nach Form des Ufers führt das in vielen Buchten dieser unbewohnten Insel dazu, dass sich Treibgut, insbesondere Plastikmüll, in einer kleinen Senke hinter der ersten Strandlinie sammelt.

Es ist frustrierend, beschämend, herzzerreißend. Einfach große Müllsäcke mitnehmen und einsammeln? Wenn es denn so simpel wäre. Rita kommt mit ihrem Mann Will seit über 20 Jahren hierher nach Hog Cay und weiß unfassbar viel über die Insel und überhaupt die Bahamas. Sie hat einige der Pfade über die Insel selbst mit angelegt und gibt bei unserem Spaziergang einiges von ihrem Wissen bereitwillig weiter. Die Bahamas haben selbst auf den großen Inseln kein wirkliches Mülltrennungssystem, zumeist wird der Müll auf Halden angehäuft und gelegentlich angezündet, der Rest dann verscharrt )“Landfill“). Den Strandmüll schreiben die Bahamesen überwiegend den Nachbarn von Hispaniola zu (Dominikanische Republik und Haiti). Abgesehen von den Touristenstränden, die regelmäßig gesäubert werden, kümmern sie sich kaum darum. Erst recht natürlich nicht auf einer unbewohnten Insel wie Hog Cay.

Aber selbst wenn wir den Müll einsammeln, abgeben (wo?) und einer sinnvollen umweltschonenden Verwertung zuführen könnten (die es hier nicht zu geben scheint, nicht mal Müllverbrennungsanlagen mit den erforderlichen Temperaturen und Filteranlagen) – das eigentliche Problem liegt (auch im Wortsinn) tiefer. Klar, neuer Müll wird angeschwemmt. Vor allem aber sind es nicht nur die großen, einsammelbaren Teile. In den Müllsenken sieht der Strand auch zwischen den großen Teilen bei genauerem Hinsehen so aus:

Der ganze Sand ist durchsetzt mit kleinen und kleinsten Plastikteilchen, das unsichtbare Mikroplastik kommt noch dazu. Man könnte heulen, aber das nützt natürlich auch nichts. Am Ende wird uns nur bewusster, wie weit es schon gekommen ist und wie wichtig „reduce – reuse – recycle“ bzw. Vermeiden – Wiederverwenden – Wiederverwerten ist. Weltweit.

Und – Nachtrag, um das klarzustellen – wir sammeln und verbrennen, weil es das einzig mögliche hier vor Ort ist. An dem strukturellen Problem ändert das aber leider nichts. Zum Problem der Verbrennung von Plastik bei zu niedrigen Temperaturen gibt’s z.B. interessante Artikel in National Geografic und im Focus. Lösung in Abgrenzung zum Problem des Plastiks im Meer? Wie oben schon geschrieben: reduce, reuse, recycle!

Auf dem Drohnenfoto sieht man von dem Müll nichts, kann aber die beiden sehr verschiedenen Seiten von Hog Cay ganz gut erkennen. Und auch die Schönheit, die diese Insel trotz des hier so deutlich gewordenen frustrierenden Plastikproblems bietet.

Whale watching – Buckelwale ganz nah

Wir verholen uns für eine Nacht an die “Bacardi”-Insel Cayo Levantado, der wir ja bisher nur mit dem Dinghy einen Besuch abgestattet hatten. Der drehende Wind beschert uns zwar einen etwas rolligen Ankerplatz, aber dafür haben wir am nächsten Morgen erstens einen schönen Blick auf den palmenbestandenen Sandstrand …

… und zweitens die perfekte Startposition für eine ganz private Whale-Watching-Tour, nur Flora und Easy-One, mit einem bewussten Umweg in einem großen Bogen außen um Cayo Levantado herum und dann weiter zum Nationalpark Los Haitises. So jedenfalls die Theorie, die wir uns gemeinsam mit der Crew der Easy-One zurechtgelegt haben. Na klar, Glück bräuchten wir natürlich auch, um Wale aus der Nähe zu sehen, die Bucht ist groß.

Und die Praxis?

😁😁😁. Wir sehen mehrere Wale, auch mit Kälbern. Gaaaanz ruhig und unaufgeregt gleiten sie dahin. Erst fahren wir unter Motor, dann schalten wir die Maschine ab und lassen uns treiben, zunächst läuft noch der Watermaker, dann machen wir auch den aus. Später fahren wir wieder langsam unter Motor zur Easy-One hinüber. Für die Wale scheint es keinen großen Unterschied zu machen. Sie scheinen manchmal bewusst zu unserem Boot zu schwimmen, uns zu begutachten.

Ein unbeschreiblich schönes, intensives Erlebnis, wir sind schockverliebt.

Ein wirklich sehenswertes Video dieser Walbegegnungen gibt’s HIER (unbedingt Ton einschalten).

Die Weiterfahrt zum Nationalpark Los Haitises setzt leider einen kleinen Kontrapunkt, einem Fluss gleich kommt uns in der großen Bucht ein Müllstrom entgegen geschwommen. Große Äste und Pflanzenteile sind auch dabei, aber das meiste ist doch Zivilisationsmüll. Plastik Flaschen und Styropor-Essensverpackungen schwimmen fast dicht an dicht, Schuhe und selbst Ölkanister sind aber auch dabei. Wir vermuten, dass der heftige Regen der letzten Tage ein sonst ausgetrocknetes Flussbett gefüllt und den Kram über die Barre geschwemmt hat, das würde jedenfalls das plötzliche und lokale Auftreten erklären.