Maine: Herausforderungen und Belohnungen

Lobsterpots. Hatte ich schon erwähnt, ich weiß. Aber sie gehören zu Maine, wie die leckeren Blaubeeren, die Kiefern, die Tide und …

der Nebel.

Annemarie und Volker mit der Escape kommen nach Bar Harbor. Wir freuen uns, sie hier nochmal zu treffen, denn sie wollen noch etwas weiter nach Norden und wir bummeln von hier ab wieder in Richtung Süden. Wir verbringen einen schönen Abend zusammen.

und am nächsten Morgen können wir die Escape im mystischen Morgennebel fotografieren. Erst als sich der Nebel etwas weiter gelichtet hat, machen wir uns dann auf den Weg. Im Slalom, na klar, wegen der Lobsterpots (siehe oben).

Ziel ist eigentlich Stonington, aber wir entscheiden uns kurzerhand um, als uns immer mal wieder Nebelbänke doch sehr auf die Pelle rücken. Swans Island lockt mit einem geschützten Ankerplatz, also biegen wir ab und der Anker fällt in der Mackerel Cove im Norden der Insel, wobei wir uns weit hinein tasten und hinter Roderick Head verkriechen, denn heute Nacht soll es kräftiger wehen.

Morgens dann … weiße Suppe. Das Tuten der Fähre und das Tuckern einiger Fischerboote dringt durch den Nebel. Umdrehen, weiterschlafen. Das hilft zumindest etwas. Die Blaubeerpfannkuchen helfen dann noch etwas 😋.

Als das Ufer längere Zeit sichtbar bleibt machen wir uns dann auf den Weg, diesmal wirklich nach Stonington. Wir haben Glück, unterwegs reißt die Nebeldecke auf und als wir im „Schärengarten“ vor Stonington ankommen, lacht die Sonne vom strahlend blauen Himmel. Wirklich vieles erinnert uns hier an Schweden, wenngleich die ohnehin berüchtigte „Schären“-Navigation um die Komplikationen einer Tide von knapp 4 Metern und eben der LOBSTERPOTS erschwert ist. Andererseits:

Man möchte sich kugeln vor Freude 😁

Am späten Nachmittag lassen wir das Florecita ins Wasser und fahren hinüber in die Stadt. Stonington liegt auf Deer Island, neben der Lobsterfischerei findet hier auch der Abbau von (rosafarbenem) Granit statt, der z.B. für die Brooklyn Bridge genutzt wurde und ebenso für die Grabstätte von John F. Kennedy und Jackie auf dem Ehrenfriedhof in Arlington. Eine Statue am Dinghydock weist auf den Granitabbau hin.

Der Ort selbst ist dagegen ganz stark von der Fischerei geprägt. Touristen scheinen sich nur wenige hierher zu verirren, aber uns gefällt das Städtchen gerade deshalb ausgesprochen gut.

Einen schönen Buchladen finden wir auch.

Bloß die Einkaufsmöglichkeiten im Supermarkt sind eher bescheiden, dafür bietet er aber Unterschlupf vor dem heftigen Gewitter:

Die Kissen im Cockpit sind inzwischen wieder trocken 😉. Schließlich wurden wir heute morgen zu unserer Freude wieder von der Sonne am blauen Himmel geweckt, konnten den trotz Kelp (eine dickblättrige lederzähe große Alge) super haltenden Spade-Anker hochholen,

und uns auf den Weg zum nächsten tollen Ankerplatz machen. Auf Empfehlung der Escape Crew ist es diesmal Seal Bay auf Vinalhaven Island nur 8 sm westlich. Die können wir hoch am Wind segeln (wobei Slalom hoch am Wind eigentlich eine Sonderdisziplin sein sollte), bei allerdings bis zu 30 kn scheinbarem Wind eine schräge Angelegenheit. Die wieder belohnt wird, sogar gleich doppelt:

Ebbe
Flut

Lobster-Fest

Ein Fest für uns, nicht für die Lobster 🦞, obwohl oder gerade weil sie hier in Maine die Hauptdarsteller sind. Knapp über 100.000.000 pounds (Einhundert Millionen!) Lobster wurden von den rund 4.500 Lobsterman in Maine 2019 “geerntet” (wobei ein amerikanisches pound 0,454 kg entsprechen). Wohl auch wegen eines kalten, späten Frühlings keineswegs ein Rekord, 2016 waren es über 130 Millionen, aber eben doch im neunten Jahr in Folge über der neunstelligen Grenze.

Und dabei legen die Lobsterman Wert darauf, dass ihre Arbeit eine der nachhaltigsten Naturfischereien überhaupt ist. Eiertragende Weibchen werden nicht nur zurück ins Meer geworfen, sondern zuvor markiert, damit man sie auch ohne Eier als solche erkennen kann. Auch übergroße Männchen werden nicht “geerntet”, weil sich die großen älteren Weibchen nur mit mindestens gleichgroßen Männchen paaren.

Über die Vielzahl der Lobsterpots, also der mit Bojen gekennzeichneten Korbfallen, habe ich mich ja schon mehrfach ausgelassen. Selbst hier am Bojenplatz im Hafen von Bar Harbor sind sie so zahlreich, dass nicht nur die Anfahrt erschwert ist, sondern immer mal wieder auch eine direkt an unser Boot dengelt.

Wenn man nicht genau hinsieht, verschwinden die kleinen Bojen im Hintergrund schon wieder.

Das gemeine daran ist, dass sich hier im Norden von Maine vermehrt Bojen finden, die mit einer kleineren Nachbarboje (zum Aufnehmen) mit einem Seil verbunden sind. Die bereiten uns mehr Kopfzerbrechen, weil die Gefahr für unseren Propeller oder auch unser Ruder dadurch erheblich steigt.

“If life gives you lemons, make lemonade!” sagt Michael. Also sehen wir es positiv und sprechen die Besatzung der Fischerboote an, kaufen wiederholt fangfrischen Lobster von Studenten, die meist zu zweit auf den kleineren Lobsterbooten hier einen Ferienjob machen.

Erst mal den Richtpreis googeln 😁

Und dann gibt’s ein Lobsterfest bei uns an Bord.

Mal rustikal mit “Werkzeug” im Cockpit,
mal elegant mit Maisrisotto und Blaubeersalat im Salon.

Aber natürlich schlemmen wir nicht nur 😉. Wir erkunden den zwar touristischen, aber auch quirlig netten Ort Bar Harbor und gehen den Shore Path (kurz und vom Hafen aus am Ufer entlang) sowie den etwas längeren Great Meadow Loop. Letzterer ist ein leichter Wanderweg, der überwiegend durch lichten Wald um einen Golfplatz herum und zurück zum Ort führt. Zum ersten Mal seit längerer Zeit mischen sich dabei auch viele Birken zwischen die hiesigen Kiefern und Fichten, es duftet und fühlt sich an fast wie in heimischen norddeutschen Gefilden.

Und weil die Lobster nicht die einzigen besonderen Tiere hier sind hier noch ein kleiner tierischer Film 🎞 mit Bordbegegnungen auf unserer Fahrt hoch nach Bar Harbor.

Segel-Eindrücke in Maine

Wir sind schwer beeindruckt von Maine. Warum? Wieder schwer (zu beschreiben).

Die Landschaft, die Menschen, die Tide, die Ankerplätze, das Segeln. O.k., ab und zu auch die Herausforderungen der Lobsterpots. Ich mache es mir heute einfach mal leicht und poste nur ein paar Bilder und (da wir unsere Drohne ziemlich aktiv eingesetzt haben) den Link zu einem kleinen Video. Eindrücke halt.

Landschaft
Lobsterpots in der Anfahrt
Belohnung: Blubber Island bei Port Clyde
Genießen
Weitersegeln
Anders als gestern bleibt der Abendschauer diesmal über dem Festland
Neue Ankerbucht: Marshal Island

Und das Video: Hier 😊.

Von Boothbay Harbor nach Maddock Cove

Boothbay Harbor verwöhnt uns nicht nur mit lokalen Köstlichkeiten, sondern auch mit einem dramatischen Sonnenuntergang.

Dabei richtet sich der Blick schon auf Southport Island, aber das wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Montag morgen ergibt der Gang zum Außenborder-Schrauber am Fischerhafen, dass der leider keine Zeit für uns hat. Er empfiehlt – wie Jill ebenfalls – Hogdon Yacht Services in Boothbay-Southport. Wir schauen uns das auf der Seekarte an und stellen fest, dass der Townsend Gut tatsächlich Southport zu einer Insel macht. Der schmale Sund ist tief genug für Flora und die ihn überspannende Drehbrücke öffnet sich alle halbe Stunde. Schön, dann also da hindurch.

Ganz ähnlich öffnete früher die alte Brücke in Kappeln an der Schlei

Wir machen nach einer wunderschönen Fahrt durch die Hintertür um die Insel an einer Boje von Hogdon Yacht Services auf 6m Wassertiefe in der Maddock Cove fest. Zwar stellt sich dort heraus, dass hier nur Yamaha und Suzuki, aber keine Honda gewartet werden, aber immerhin kann ich einen für unseren Motor passenden Benzinfilter kaufen und mit etwas Bastelei die schlimmsten Symptome unseres Honda BF20 zumindest lindern, er geht jetzt nicht mehr aus sobald man Gas gibt 😉.

Also können wir damit auch ruhigen Gewissens zu einem ausgedehnten Spaziergang an Land übersetzen. Die Marina bietet ein Dinghydock an einem Schwimmponton an. Bei rund zweieinhalb Metern Tidenhub ist das eine Notwendigkeit. Wir waren fast bei Hochwasser angekommen, aber das Wasser ist schon deutlich gefallen und es taucht eine Felsenkette auf. Auch bei unserem Gang über die Insel wird die nunmehr herrschende Ebbe ein ums andere Mal deutlich sichtbar.

Aber auch der Wald macht unseren Spaziergang besonders. Der Geruch der Kiefern, das Schimmern des Atlantiks durch die Bäume und „Kunst im Wald“, die mal mehr mal weniger die natürlichen Gegebenheiten der Baumstämme einbezieht.

Im lokalen Southport General Store können wir noch ein paar Lebensmittel einkaufen, dann geht es zurück auf die Flora, die sich vom Dinghy aus in der Abendsonne ganz malerisch vor den mit braunem Tang überzogenen inzwischen hoch aus dem Wasser ragenden Felsen präsentiert. Ein Lobsterpot mitten im Bojenfeld darf natürlich auch nicht fehlen 😉.

Maine: Landschaft, Landschaft und Lobster

Jetzt, da nach dem Covid-19-Test der Weg frei ist, Maine zu erkunden, segeln wir erst einmal weiter nach Nordosten. Ein bisschen kreuz und quer durch die an die schwedischen Schären erinnernde Landschaft mit ihren vielen felsigen Inseln.

Begünstigt durch die glatte Wasseroberfläche sehen wir mehrfach Delfine, eine kleinere Art, vielleicht auch Schweinswale, die uns beim Segeln ein Stück begleiten.

Wobei, nicht immer können wir so richtig „frei“ segeln. Da sind zum einen die Felsen unter Wasser, die hier allerdings meist gut gekennzeichnet sind, häufig mit großen Glockentonnen. Zum anderen – und das ist die anspruchsvollere Herausforderung – sehen wir in diesen ersten Tagen hier in Maine schon tausende von Fischertönnchen. Hört sich übertrieben an?

Slalomkurs. Das ist ein Fahrwasser!
Mal wunderbar zu sehen,
mal eher versteckt.

Die „Lobsterpots“ gehören zu Maine wie die Hummer, deren Fallen sie markieren. Unfassbare 100.000 t des Amerikanischen Hummers werden jährlich gefangen (nicht allein, aber eben doch zu einem großen Teil in Maine). Trotz dieser Befischung gilt die Population als stabil bzw. sogar zunehmend. Allerdings müssen die Fischer ihre Fallen zunehmend weiter draußen in größeren Tiefen aufstellen, weil die Wassertemperatur in Küstennähe spürbar angestiegen ist und die Lobster in tieferes kälteres Wasser ausweichen. 19,4 Grad Celsius messen wir heute unter Flora.

Ebenfalls typisch für Maine sind die Kiefern, die nicht nur viele der Inseln bedecken, sondern auch große Teile des Festlandes. Der offizielle Beiname des Bundesstaates ist denn auch „The Pine State“, der Kiefernstaat. An unserem ersten Ankerplatz in einer Bucht bei Small Point Harbor lassen wir die Drohne fliegen und können ganz gut erkennen, woher dieser Beiname kommt.

Rechts von dem Sandstrand auf dem Bild schließt sich der namensgebenden kleine Hafen an. Keine angelegte Marina, sondern ein Naturhafen in einem schmalen Meeresarm, in dem an Bojen kleine Fischerboote, Motorbötchen und auch kleinere Segelboote der versteckt zwischen den Bäumen liegenden Häuser liegen.

Kleines Video dazu gibt’s HIER.

Draußen in unserer Ankerbucht liegen wir dagegen fast allein, nur ein Einhandsegler kommt kurz vor Sonnenuntergang noch hinzu und ankert ein Stück hinter uns.

Für den nächsten Tag verholen wir uns wiederum weiter nach Nordosten, diesmal machen wir zur Abwechslung an einer Boje im belebteren Boothbay Harbor fest. Große Bojenfelder belegen den ganzen inneren Teil der Bucht. Weiter draußen könnten wir zwar ankern, aber die Bojen sind mit 35 $ pro Nacht eher günstig. Wir liegen vor dem Ostufer, wo es zwar auch zwei kleinere Marinas und eine Bootstankstelle gibt, das ansonsten aber eher von den aktiven Lobsterfischern geprägt ist, während sich der durchaus hübsche aber eher touristischere Ortskern am Westufer findet. Eine wiederaufgebaute historische Fußgängerbrücke verkürzt uns den Fußweg, denn wegen des leider zunehmend und ungeachtet meiner Reparaturversuche stotternden Dinghymotors entscheiden wir uns lieber für das nächstgelegene Dinghydock.

Auf dem Rückweg machen wir bei der Boothbay Lobster Wharf Station und bestellen uns uns Abendessen „to Dinghy“, da die rustikale Terrasse gut gefüllt ist genießen wir unseren frisch gekochten Lobster lieber im Cockpit der Flora.

Jill kommt mit ihrem Kajak vorbei gepaddelt, wünscht uns „Guten Tag“ bestellt dann auf Deutsch ein Bier bei uns. 😁 Wir kommen ins Gespräch und reichen ihr eine Dose „Schöfferhofer Grapefruit“ hinüber (hatten wir gerade in Portland gefunden). Und so gibt es zum Sonntagsfrühstück heute morgen ebenfalls lokale Leckereien, denn Jill kommt schon vor dem Frühstück erneut mit ihrem Paddelboot und bringt uns Bier aus der örtlichen Brauerei (testen wir heute Abend) und eine große Portion frische Wildblaubeeren, die zwar klein sind, aber unglaublich intensiv schmecken und perfekt zu unserem amerikanischen Frühstück mit French Toast (Arme Ritter) und Bacon passen. Und als ob das nicht schon gastfreundlich genug wäre, bietet sie uns auch an in ihrem Appartement unsere Wäsche zu waschen und zu duschen, uns zum Supermarkt zu fahren und die Familienmooring in der nächsten Ankerbucht zu nutzen. WOW.

Covid-Testresultate

Das ging schnell. Gestern Nachmittag den Test gemacht, heute Vormittag um 9:30 bekommen wir alle nacheinander jeweils den Anruf: Covidtest negativ. Super, wir dürfen uns frei bewegen und irgendwie löst das Testergebnis auch sonst ein befreiendes Gefühl aus.

Vielleicht noch mal zur Verdeutlichung, weil das in meinem letzten Post eventuell etwas schnell ging. Das ist unsere bisherige Segelroute, wie man sie auch auf http://www.noforeignland.com nachvollziehen kann:

Und präziser, so sieht unsere Strecke an der US-Ostküste bisher aus:

Ein weiteres (sehr positives) Ergebnis des negativen Testresultates ist, dass wir uns Portland noch ein wenig ansehen können. Und die Stadt gewinnt beim zweiten Blick deutlich. Zwar bleibt der Charme der in die Jahre gekommenen Hafenkante doch sehr rau, von Fischerei und Industrie geprägt, aber eben auch authentisch, nur gelegentlich mit romantisierenden Wandbildern aufgehübscht, nicht übertouristisch totrenoviert.

Und schon eine Querstraße weiter hoch in Richtung des Rathauses mit der fast ein bisschen an den Michel erinnernden Turmspitze finden sich nette kleine Geschäfte, diverse Bars, Eisdielen und vor allem: Restaurants. Portland soll eine der besten Kleinstädte für Foodies sein. Wir sind erst skeptisch, aber jedenfalls das aus einem Food-Truck hervorgegangene, von außen äußerst unscheinbar wirkende “mami” entpuppt sich als wunderbares japanisches Restaurant mit überraschender und super leckerer Küche.

Auch der Schrecken der Segler dieser Gegend, zugleich verantwortlich für Slalomfahrten, Propellerschäden (bitte nicht) und – in allererster Linie – Schlemmergenuss findet sich als Lokalkolorit und sogar mit nationalstolzem Dekor: die kleinen Bojen der Lobsterkörbe mit ihren kurzen und damit für Segler oft kaum sichtbaren Stangen bzw. eher Griffen.

Den Abend lassen wir auf der Terrasse des Centerboard Yacht Club ausklingen, wo wir mit herrlichem Blick hinüber auf Portland auf unsere Wäsche in der clubeigenen und für Gäste kostenlos nutzbaren Waschmaschine bzw. Trockners warten. Gutes kostenloses WLAN ist in den 40 Dollar Mooringgebühr ebenfalls enthalten.