Grau oder Schwarz-Weiß

Von der wunderschönen und farbintensiven Codville Lagoon fahren wir bei schlechter werdendem Wetter 15 Meilen weiter nach Süden. Es wird grau. Die Seekarte zeigt “Namu Harbour”, aber der Törnführer hält desillusionierendes bereit: Namu ist ein Ruinenort, sogar vollständig “off limit” – darf also nicht betreten werden. Wie Butedale weiter im Norden war Namu ein prosperierender Ort, bis die große und vordem sehr erfolgreiche Cannery dicht machte, wurde danach verlassen und dem Verfall preisgegeben. Hier wie dort scheiterten verschiedene Versuche der Revitalisierung. Inzwischen taugen die zusammenbrechenden und ins Meer rutschenden Gebäude nur noch als traurige Mahnung. Goldgräberzeiten (auch unternehmerische) haben hier an der abgelegenen pazifischen Nordwestküste immer auch Glücksritter angezogen. Für sie gab es nur schwarz oder weiß: war das Geld (erst Pelze, dann Gold/Lachs/Bodenschätze/Holz) nicht mehr leicht zu machen, zogen sie halt weiter. Die zurückbleibenden Ruinen würde die Natur schon schnell wieder unsichtbar machen. In Teilen stimmt das, hier in Namu wird es aber wohl noch etwas dauern.

Das Rock Inlet eben nördlich von Namu führt mit einem schmalen Fahrwasser zu einem guten, 11 m tiefen Ankerplatz. Die vielen kleinen baumbestandenen Felseninseln im Inlet verbergen gnädig den Blick auf die zerfallenden Gebäude und schirmen uns zugleich vor dem Schwell ab, der mit dem aufkommenden Südostwind schnell steile und hackige Wellen im breiten Fitz Hugh Sound aufgebaut hat. Auf der Fahrt hierher hat erstmals seit langem unser Windgenerator mal wieder maßgebliches zu unserem Energiehaushalt beigesteuert, hier drinnen aber schafft es das Lüftchen kaum, seine Flügel überhaupt zu bewegen.

Grauer Himmel, Wolkenfetzen hängen in den Bergen, als wir uns am nächsten Morgen Richtung Calvert Island aufmachen, die den Fitz Hugh Sound vom offenen Pazifik trennt. Vormittags soll es eine Windpause geben, danach folgen nach der Prognose einige Tage mit kräftigem Südwind. Die wollen wir in der Pruth Bay abwettern. Gut geschützt und zugleich mit der Möglichkeit, Spaziergänge und Hikes an die Pazifikküste zu machen.

Die Pruth Bay beherbergt in dieser sonst menschenleeren Gegend das Hakai Institute, eine Forschungsstation, die sich mit der Langzeitentwicklung der Küstenregion zwischen Pazifik und Regenwald in den letzten 15.000 Jahren beschäftigt. Freundlicherweise sind Besucher willkommen, dürfen ihr Dinghy am Dock (mit Miniatur-Bull-Rails) festmachen und die Wege in der „Hakai Lúxvbálís Conservancy Area“ benutzen.

Machen wir gleich. Zum West Beach ist es ein bequemer Waldspaziergang durch ungewohnt flaches Gelände. Der Strand selbst macht dann seinem Namen alle Ehre. Feiner, heller Sand zieht sich jetzt bei Ebbe weit hinaus. Was aber noch viel mehr beeindruckt: oberhalb des Spülsaumes liegt Treibholz in rauen Mengen. Riesige Baumstämme, Wurzelwerk, Äste und Baumstümpfe sind durcheinandergeworfen und ineinander verhakt angespült. Sicher sind auch verlorene Stämme von Flößen der Holzindustrie und vereinzelt Balken dabei, der Großteil aber scheinen ins Meer gespülte Bäume und ihre abgebrochenen Einzelteile zu sein. Wund geschlagen, entrindet, die Oberflächen von der Brandung geschmirgelt zu einer Mischung aus Glätte und Rauheit, wie nur altes Treibholz aufzuweisen scheint.

Die vorgelagerten Schären, die die Bucht bei dem jetzigen Südwind ruhig erscheine lassen, halten den Pazifik bei Westwind offenbar nicht davon ab, die gigantischen Hölzer hoch hinauf auf die Küste zu werfen.

Auch am North Beach, dem wir noch am gleichen Tag nach einem schönen Hike durch den Wald entlang des sumpfigen Hood Lakes besuchen, sieht es genauso aus.

Am nächsten Tag dann eine längere Tour: vom West Beach aus führt ein Trail über die Kliffs und durch die Wälder zu weiteren Stränden. Die Himmelsrichtungen sind wohl ausgegangen, die Strände sind einfach nummeriert. Wir arbeitendes vom ersten bis zum siebten Strand vor, wobei uns die Tide allerdings den Zugang zu Nummer 5 und Nummer 6 verwehrt.

Auch ein Abstecher zum hoch gelegenen Lookout ist drin, von dort geht der Blick über die vorgelagerten Schären auf das heute ziemlich aufgewühlte Meer und zum diesigen Horizont. Es ist spannend, wie sehr die Landschaft und auch der Wald auf den nur vier Kilometern (hin und zurück 8 km) variiert. Hochmoor oben auf dem Lookout Hill, der Wald mal dicht, mal licht. Zwischen zwei Stränden mit hohem Farn, um die nächste Klippe herum und zwischen den beiden nächsten Stränden dagegen dichtes Buschwerk mit dunklen Beeren (Salal?) als Unterholz.

Was aber immer gleich bleibt: über und über Treibholz auf den Stränden. Wir haben täglich Treibholz gesehen (in BC deutlich mehr als in Alaska), sind ihm mit der Flora ausgewichen. Manchmal ist es leicht zu erkennen, etwa wenn es die „kanadischen Möven durch Daraufstellen höflich markieren“, wie es Bill so wunderbar ausgedrückt hat. Oder wenn noch Äste oder Wurzeln daran aufragen. Manchmal aber – insbesondere bei Welle oder Gegenlicht – sind sie nur schwer auszumachen. Ganz besonders betrifft das die gefürchteten „Deadheads“, vollgesogen Baumstämme, die senkrecht im Wasser treiben und mit den Wellen nur auf und nieder hüpfen oder sich gar in flacherem Wasser in den Grund gebohrt haben. Wir waren bisher schon vorsichtig, aber die schiere Menge am Treibholz mahnt uns zu künftig noch größerer Aufmerksamkeit.

Wir sind früh aufgebrochen, denn ab Mittag sollten laut Wetterbericht Wind und Regen einsetzen. Aber unser ausdauerndes „Beachcombing“, dauert lange. Wir studieren neben dem Treibholz auch verschiedenen Arten Kelp, das schimmernde Perlmutt der Austern, die anderen Muscheln und Steine, Plastikmüll findet sich dagegen erstaunlicherweise kaum. Nur eine Flasche und ein größeres Plastikteil sammeln wir ein und legen es auf die eingerichtete Sammelstelle.

Ab 13.00 Uhr zeigt sich dann, dass Wettervorhersagen doch nicht nur Horoskope mit Zahlen sind. Der Regenwald trägt seinen ersten Namensteil nicht zu Unrecht und wir beeilen uns, zum Boot zurück zu kommen.

Wrangell

Schon wieder ein Ort, groß für hiesige Verhältnisse mit 2.500 Einwohnern. Und doch so ganz anders als das skandinavisch anmutende Petersburg.

Wrangell präsentiert sich eher klassisch amerikanisch, insbesondere auf seiner Main Street, die hier Front Street heißt:

Scheint sehr übersichtlich, bietet dann aber auch versteckte Ecken zum besonderen Genießen:

Überhaupt: auch andere Sehenswürdigkeiten liegen ein bisschen verborgen. So findet sich etwas nördlich außerhalb des Ortes gelegen der Petroglyph Beach. Auf unserer Wanderung dorthin statten wir auch dem auf einer kleinen Insel im Ortskern gelegenen Chief Shakes Longhouse einen Besuch ab. Die 1940 gebaute und 2013 restaurierte Replika des sich ursprünglich an gleicher Stelle befindlichen Clan-Longhouses beinhaltet Tlingit Kunst. Leider können wir es nur von außen besichtigen, obwohl wir eigentlich während der ausgeschriebenen Öffnungszeit da sind. Das Saisonende ist offensichtlich. Immerhin können wir einige auf dem Gelände gelagerte Totempfähle anschauen, in überdachten Unterständen vor dem weiteren (natürlichen) Verfall geschützt.

Das massive große Holzhaus steht in Widerspruch zu der in Europa verbreitete Vorstellung, die Ureinwohner Amerikas hätten alle in Zelten oder Tipis gelebt. Tatsächlich trafen schon die ersten russischen und westlichen Eroberer hier die Tlingit in am Ufer gebauten Siedlungen aus Holzhäusern an. Gebaut allerdings im wahrsten Wort-Sinne in der Steinzeit, denn Metallwerkzeuge waren den Tlingit bis dahin nicht bekannt (eine Parallele zu den Polynesiern). Metallwerkzeuge und Nägel waren deshalb auch die begehrtesten Tauschgegenstände für die Felle der heimischen Tierwelt (allen voran Seeotter).

Steinzeit dann auch am Petroglyph Beach: Petroglyphen sind in Stein gearbeitete Felsbilder aus prähistorischer Zeit, also aus einer Zeit, aus der keine schriftlichen Überlieferungen vorliegen, was regional somit ziemlich unterschiedlich definiert ist.

Das genaue Alter der hiesigen Artefakte ist nicht bekannt und lässt sich auch nur schwer bestimmen, da sie in der Gezeitenzone liegend nicht anhand klassischer Ablagerungen (wie etwa den Resten von Flechtenbewuchs) eingeordnet werden können. Die unterschiedlich starken Verwitterungen lassen aber auf die Entstehung über verschiedene Perioden schließen.

Auch heute noch liegen die rund 40 Originale verstreut am Strand zumeist in der Spülzone der Tide und sind frei zugänglich. Wobei “Strand” vielleicht eine falsche Vorstellung weckt:

Hierzu noch einmal ein Orca-Detail von den Totems:

Zum Anfassen sind auf einer Plattform über dem Strand zudem erläuterte Modelle ausgestellt.

Einmal umgedreht und vom Strand in die bewaldeten Berge: am Ortsrand führt ein Pfad mit vielen Stufen steil den Hausberg hinauf.

Schon John Muir (der “Vater der amerikanischen Nationalparks” und Autor der wunderbaren “Wilderness Essays”) bestieg diesen Berg 1879 auf seiner Alaskareise. Im Regen, er musste unterwegs zum Aufwärmen ein Lagerfeuer machen. Wir haben mehr Glück mit dem Wetter, können auf dem damals natürlich auch noch nicht vorhandenen Bohlen-Weg bequem entlang der Steilhänge durch den wunderschönen Wald hoch zum Aussichtspunkt weit oberhalb von Hafen und Ort.

Jetzt warten wir noch den Durchzug einer Front ab, heute bei reichlich Regen gemütlich im Boot, und dann gehts weiter Richtung Süden. Die Saison hier neigt sich spürbar ihrem Ende entgegen, die Tiefdruckgebiete kommen in schnellerer Frequenz und werden heftiger, die Wetterfenster für Passagen über offene Strecken kleiner. Aber den Großteil der Strecken können wir auf der geschützteren Inside Passage durchführen, sowohl hier in Alaska als auch dann im weiteren Verlauf im kanadischen British Columbia.

Aber ein bisschen Alaska bleibt uns ja noch 😊

Zeit in Washington und “umzu”

Wir sind immer noch in Washington, wohnen im Haus von unseren Freunden Greg und Michael. Die allerdings sind inzwischen in Deutschland, wir machen also quasi “Haus-Sitting”.

Noch knapp eine Woche (wenn alles glatt geht), dann fliegen auch wir – ab morgen einschließlich Wartezeit komplett durchgeimpft – für etwa sechs Wochen nach Deutschland. Wir freuen uns schon sehr, genießen aber auch die ruhige Zeit hier.

Und was machen wir hier so?

Na ja, ganz hat uns das Boot noch nicht losgelassen. Ich war heute das dritte Mal hin, um mit Handwerkern in Herrington Harbour North geplante Arbeiten zu besprechen. Was steht an? Service-Arbeiten am Motor, zudem die Verlegung eines Seeventils im Motorraum um Platz für einen montierten Ersatzautopilot (Mamba-Drive) zu schaffen. Ersatz des Diesel-Vorfilters durch einen umschaltbaren Doppelfilter, was aber eine Verlegung des Vorfilters für den Generator nach sich zieht. Zudem habe ich da eine Idee für ein Diesel-Polishing. Die hintere Klimaanlage muss entweder ersetzt oder stillgelegt und ausgebaut werden. Der Stoff des Bimini muss neu und wir hätten gerne “Shades”, also anknöpfbare winddurchlässige schattenspendende Seitenteile dafür. Die Segel dürfen nach 2 Jahren und über 15.000 Seemeilen vom Segelmacher durchgesehen werden, der Rigger soll eine potentielle Schwachstelle an der Rollgroßwicklung beseitigen. Und – last not least – wir wollen erheblich mehr Solarpanele einsetzen und die bisherigen 200 WP um weitere 330 WP ergänzen. Da ist ein bisschen was durchzudenken und durchzusprechen.

Aber wir haben auch Zeit für Ausflüge, etwa mit dem Cabrio unserer Gastgeber zum Seneca Creek State Park, wo wir eine wunderschöne Wanderung um den dortigen Stausee machen, rund 7 km (etwa wie einmal um die Außenalster 😄). Statt Schwänen gibt’s Schildkröten zu sehen, die sich auf Ästen etwas entfernt vom Ufer sonnen, Außerdem Biber-Bissspuren an Bäumen, handtellergroße blaue “Red spotted Purple”-Schmetterlinge und auch der offizielle Landesvogel von Maryland, der auffällig rote “Cardinal” zeigt sich im Blätterdickicht.

Vor allem aber ist der meist nahe des Ufers verlaufende Waldweg wirklich eher ein naturnaher unbefestigter Pfad und der Wald offenbar unbewirtschaftet.

Als Kontrastprogramm fahren wir mit Bus und Metro in die Innenstadt von Washington, werfen einen Blick aufs Capitol und besuchen das “National Museum of the American Indian”. Architektonisch spannend und (jedenfalls uns) an die in Felswänden versteckten Pueblo-Bauten erinnernd, vor allem aber mit ihren runden Formen und der Einbeziehung von fließendem Wasser Einklang mit der Natur symbolisieren sollen. Das Museum ist innen auf vier thematischen Ebenen wirklich interessant gemacht und deckt die Völker der “First Nations” vonm hohen Norden bis Mittelamerika ab. Insbesondere die Aufarbeitung der Themen Spiritualität/Weltsicht und historische Entwicklung der Vertragssituation gefällt uns, aber der riesige Umfang erschlägt. Außerdem ist die Klimaanlage mal wieder auf super kalt eingestellt (was eigentlich nur für den Bereich Inuit wirklich passt). Nach ein paar Stunden fliehen wir ins Museeumscafé und wärmen uns auf.

Danach besuchen wir die schräg gegenüber liegende “National Gallery of Art”, davon allerdings nur das “East Building” mit moderner und zeitgenössischer Kunst sowie den Skulpturengarten. Dieses Häppchen sind gut verdaubar und trotzdem ist die Dichte der großen Namen (name it, you will see it) kaum fassbar.

Und wenn wir uns hier bei Greg und Micheal zu Hause einfach nur die Füße vertreten wollen, laufen wir gerne durch das sich unglaublich rasant entwickelnde Neubaugebiet gegenüber. Ein kompletter Stadtteil wächst sich hier mit imposanter Geschwindigkeit: einmal geblinzelt, steht schon wieder ein neues Haus. Was auch an der für uns ungewohnten Bauweise liegt – machmal sieht es durch die Holz-Ständer-Bauweise aus wie ein Fortgeschrittenen-Puzzle für Häuslebauer.

Super spannend, vor allem wenn man dann – wie wir es gerne tun – die Musterhäuser besichtigt und auch sieht, wie kurz nach der Fertigstellung mit Rollrasen, Bepflanzung (einschließlich ziemlich großer Bäume), Verklinkerungen und Fassadenvarianz der Eindruck eines gewachsenen Stadtteils entsteht, den man mit diesen Bildern kaum in Einklang bringen kann.

Der Bart der Chesapeake & Cabrio die Zweite

Die UV-Strahlung setzt allem an Bord ziemlich zu. Na klar wenn man sich quasi im Dauersommer und zumeist in den Tropen oder Subtropen bewegt ist das keine große Überraschung.

Ein (leider) ganz gutes Beispiel dafür ist die Hülle unseres Rettungskragens. Vor erst gut einem Jahr in Italien gekauft, hat die Hülle nicht nur ihre Farbe von dunkelblau nach „blassgraublau gescheckt“ verändert, sondern leider auch ihre sonstige Erscheinungsform. Sackartig, mehrfach gerissen und zerfleddert, Reißverschlüsse fest. Immerhin könnte man den Kragen wohl inzwischen herausreißen, ohne die Reißverschlüsse zu öffnen 😖. Trotz des Kaufs in Italien beim Marineausstatter offensichtlich nicht für Langfahrt geeignet, muss leider neu.

Aber auch dem Boot selbst setzen die Bedingungen sichtbar zu. Der blaue Streifen im Gelcoat der Flora kreidet aus und wird scheckig, auch wenn das eher ein lediglich optischer Makel ist.

Flora bei Abfahrt in 🇬🇷

Inzwischen sah es leider so aus, dass neben dem stumpfen Gelcoat und dem besonders leidenden blauen Streifen auch der „braune Bart der Chesapeake“ am Bug ziemlich deutlich erkennbar war:

Aber die angekündigte Wellnesskur für Flora zeigt erste glänzende Erfolge der Schönheitsfarm:

Mir ist schon klar, dass es ein bisschen luxuriös erscheint, wenn wir solche Arbeiten machen LASSEN und gleichzeitig auch noch selbst von unseren Freunden mit ihrer Gastfreundschaft verwöhnt werden, sowohl kulinarisch durch Michaels ausgezeichnete Küche als auch z.B. mit Cabrioausfahrten in ihrem uns zur Verfügung gestellten MX5. Ja, das ist es wohl. Aber wir gönnen es uns ganz bewusst, genießen es, cruisen bei wunderbarem Spätsommerwetter durch die leicht gewellte Landschaft von Maryland (hier immer als MD abgekürzt). Noch im Pendler-Einzugsgebiet von Washington D.C. zeigt uns MD vergleichsweise weniger Felder als die anderen von uns besuchten Südstaaten wie etwa Virginia und dafür deutlich mehr Pferdekoppeln mit ihren typischen Holzzäunen.

Und – gerade in dieser Jahreszeit wunderschön – es gibt eben auch reichlich Laubwald hier in MD. In den USA muss man sich als Deutscher erst daran gewöhnen, dass der Wald zumeist nicht öffentlich zugänglich ist und auch größere nicht waldwirtschaftlich bewirtschaftete Wälder in privater Hand mit einem deutlichen „NO TRESPASSING“ potentiellen Spaziergängern ihre Unwillkommenheit deutlich machen. Aber: Es gibt eben neben den großen bekannten US-Nationalparks auch viele kleine State Parks und in denen sind Spaziergänge und Hikes (oft auf gut beschilderten Routen) möglich. Mit dem kleinen Zweisitzer-Cabrio fahren wir diesmal hinaus nach Sunshine (wirklich 🌞!) und weiter zum Patuxent River Watershed Park. Und wenn die Covid-Beschränkungen auch den eigentlich geplanten Heimflug ausfallen lassen, so kommen auch wir „Sommersegler“ doch in den Genuss, mit den Füßen in trockenem Laub rascheln zu können, die Farbenpracht und den wunderbaren Geruch eines vorsichtig den Herbst begrüßenden Laubwaldes so richtig auszukosten.

Von Boothbay Harbor nach Maddock Cove

Boothbay Harbor verwöhnt uns nicht nur mit lokalen Köstlichkeiten, sondern auch mit einem dramatischen Sonnenuntergang.

Dabei richtet sich der Blick schon auf Southport Island, aber das wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Montag morgen ergibt der Gang zum Außenborder-Schrauber am Fischerhafen, dass der leider keine Zeit für uns hat. Er empfiehlt – wie Jill ebenfalls – Hogdon Yacht Services in Boothbay-Southport. Wir schauen uns das auf der Seekarte an und stellen fest, dass der Townsend Gut tatsächlich Southport zu einer Insel macht. Der schmale Sund ist tief genug für Flora und die ihn überspannende Drehbrücke öffnet sich alle halbe Stunde. Schön, dann also da hindurch.

Ganz ähnlich öffnete früher die alte Brücke in Kappeln an der Schlei

Wir machen nach einer wunderschönen Fahrt durch die Hintertür um die Insel an einer Boje von Hogdon Yacht Services auf 6m Wassertiefe in der Maddock Cove fest. Zwar stellt sich dort heraus, dass hier nur Yamaha und Suzuki, aber keine Honda gewartet werden, aber immerhin kann ich einen für unseren Motor passenden Benzinfilter kaufen und mit etwas Bastelei die schlimmsten Symptome unseres Honda BF20 zumindest lindern, er geht jetzt nicht mehr aus sobald man Gas gibt 😉.

Also können wir damit auch ruhigen Gewissens zu einem ausgedehnten Spaziergang an Land übersetzen. Die Marina bietet ein Dinghydock an einem Schwimmponton an. Bei rund zweieinhalb Metern Tidenhub ist das eine Notwendigkeit. Wir waren fast bei Hochwasser angekommen, aber das Wasser ist schon deutlich gefallen und es taucht eine Felsenkette auf. Auch bei unserem Gang über die Insel wird die nunmehr herrschende Ebbe ein ums andere Mal deutlich sichtbar.

Aber auch der Wald macht unseren Spaziergang besonders. Der Geruch der Kiefern, das Schimmern des Atlantiks durch die Bäume und „Kunst im Wald“, die mal mehr mal weniger die natürlichen Gegebenheiten der Baumstämme einbezieht.

Im lokalen Southport General Store können wir noch ein paar Lebensmittel einkaufen, dann geht es zurück auf die Flora, die sich vom Dinghy aus in der Abendsonne ganz malerisch vor den mit braunem Tang überzogenen inzwischen hoch aus dem Wasser ragenden Felsen präsentiert. Ein Lobsterpot mitten im Bojenfeld darf natürlich auch nicht fehlen 😉.