Wetterglück in British Columbia

Es ist eigentlich kaum zu fassen, was für ein Glück wir mit dem Wetter hier in BC haben. Wohlgemerkt: wir. Die Lachse nicht so sehr. Wann immer wir Einheimische ansprechen, hören wir, dass es für die Jahreszeit viel zu trocken ist. Für die Lachse ist das schlecht, sie bleiben in tieferem (Meer-)Wasser und warten auf den großen Regen, damit sie dann die anschwellenden Bäche und Flüsse hinaufwandern können. Lachse im tiefen Wasser sind wiederum auch schlecht für die Fischer, denn dort sind sie wesentlich schwieriger zu erwischen.

Auch wir haben bisher nur wenig Lachs gefangen, sind aber trotzdem sehr froh über das schöne Spätsommerwetter. Zu diesem gehört hier in BC der Morgennebel wohl dazu, navigatorisch manchmal anstrengend, aber auch von magischer Schönheit. Fast jeden Tag führt er dazu, dass wir etwas länger in der Koje bleiben und erst losfahren, wenn sich der Schleier über der Landschaft etwas hebt und zumindest erste Blicke in den blauen Himmel freigibt.

Nebel und Sonnenschein, diese Kombination führt zu dem farbenprächtigen Halo, den die Drohne um Flora herum aufgenommen hat:

Von Port Hardy aus geht es erstmal wieder in die Einsamkeit: die Broughton Islands sind unser erstes Ziel. In dem Inselwirrwarr wählen wir die Waddington Bay als Ziel, ein toller Tip von Tereza und Jakub.

Und wir haben Angelerfolg. Ein großer Grünling geht an den Haken, wieder mal eine neue Art Fisch für uns, sehr lecker.

Die nächste Ankerbucht haben wir auch wieder für uns allein, Shoal Harbor nur etwa 5 sm weiter östlich. Die Einfahrt ist eng mit Flachs gleich neben uns, aber der Bewuchs mit Kelp zeigt die Lage der Unterwasserfelsen gut an und so können wir uns problemlos hindurchschlängeln.

Mit dem Dinghy fahren wir ein Stück zurück zur Echo Bay. Michelle und Tom von der Paraiso hatten uns in Alaska ans Herz gelegt, hier unbedingt das kleine Museum in den grünen Häuschen zu besuchen.

Wir machen Florecita am Steg fest und oben am Hang erhebt sich Billy aus seinem Gartenstuhl und kommt langsam zu uns herunter. William “Billy” Proctor ist 87 Jahre alt. Fast ebenso lange hat er am Strand Fundstücke aufgesammelt und zusammengetragen, Muscheln ebenso wie Gebrauchsgegenstände der Ureinwohner, kleine und medizinballgroße Netzbojen aus Glas, die vom fernen Japan herüber getrieben sind, Flaschen aller Art, Otter-, Wolfs- und Bärenfallen, schön säuberlich handbeschriftet, Angelköder allenthalben, ergänzt mit Haushaltsgegenständen und Werkzeugen, wie sie hier in Gebrauch waren zu einem Einblick in die Zeitgeschichte.

Die eigentliche Attraktion des Museums aber ist Billy selbst. Still, fast schüchtern, weiß er doch (auf unsere Frage) zu jedem Ausstellungsstück eine kleine Geschichte zu erzählen. Die Fallen etwa hat er selbst benutzt, er erklärt uns, in welchen Wintermonaten man die besten Felle erhält und zeigt uns die Werkzeuge, mit denen die Pelze weiter bearbeitet wurden. Erzählt, das über den Fallen ein Werkzeug zum Öffnen in die Bäume gehängt wurde, für den Fall, dass versehentlich ein Mensch hinein trat.

Ungefähr ein Eintrag pro Tag findet sich im Gästebuch. Billy nimmt sich Zeit, wir auch.

😊

Zurück auf Flora sind wir zwar noch immer das einzige Boot am Ankerplatz und sehen auch keinen anderen Menschen, dafür haben es sich aber Robben auf den Holzstämmen vor einer Hütte am Ufer bequem gemacht. Knapp 30 von ihnen zählen wir in der kleinen Bucht.

Wenn sich die Tiere hier so wohl fühlen, sollte dann auch …

Ja, unser Krebskorb ist endlich mal wieder gefüllt. Die beiden Weibchen gehen gleich zurück ins Wasser, aber das große Männchen sorgt für ein Festmahl auf Flora.

Am nächsten Morgen motoren wir bei sich lichtendem Nebel weiter durch den Tribune Channel in die Kwatsi Bay.

Der Törnführer verspricht spektakulär steile Hänge rund um die Bucht und damit hat er recht. Nicht aber mit der erwähnten Marina, der wir wegen des schlechten und steil ansteigenden Ankergrunds eigentlich den Vorzug geben wollten. Die Anlage ist verlassen, die Landverbindung des Schwimmsteg versunken.

Der vordere Teil des Steges allerdings ist noch nutzbar, wir machen für die Nacht fest und erkunden die Umgebung. Die steilen Felsen am Ufer zeigen mit ihrem Farbenspiel, dass hier wohl Eisen und Schwefel am Werk sind. Ein Fender hängt ein Stück entfernt in einem Baum. Als wir mit dem Dinghy dort anlanden, entpuppt er sich als der erhoffte Wegweiser für einen kurzen Trail hinauf zum Wasserfall im Wald. Mangels Regen (!) nur ein Schatten seiner sonstigen Fülle, aber trotzdem ein schöner Anblick und so können wir ein bisschen im Bachbett herumklettern.

Kurz vor dem Dunkelwerden tuckert dann doch noch ein zweites Boot in die Bucht, George und Ben aus Washington (State), wie Tereza und Jakub mit einer Hans Christian 38 unterwegs. Wir haben zusammen einen schönen Abend auf der Flora und werden am nächsten Morgen zu Pancakes auf die “Island Time” eingeladen.

Wie üblich, danach hat sich der Nebel gelichtet, es kann weitergehen. Strategisch günstig nah am Eingang des etwas kniffligen Chatham Channel gelegen, haben wir uns als Tagesziel die Lagoon Cove Marina ausgesucht (wieder eine Empfehlung von Michelle). Marina ist dabei vielleicht etwas irreführend: ein Schwimmsteg mit zwei Querstegen, von denen einer das Fueldock ist. Familiengeführt und liebevoll ausgestattet. Wir sind die einzigen Gäste und es ist ziemlich günstig: jetzt in Nachsaison 45 kanadische Dollar, umgerechnet gut 33 Euro pro Nacht. Mit perfektem leistungsstarken WiFi über Starlink, mit dem wir endlich einige benötigte Updates laden können. Und mal wieder einen Blogbeitrag posten 😉.

Prepare for … Rain. Kleine Besonderheiten in Alaska

Ziemlich offensichtlich: das Bärenspray, na klar. Die XtraTuf-Gummistiefel, hier liebevoll auch Alaska-Sneaker genannt, o.k. Trotz dieser Standard-Fußbekleidung sind übrigens Regenschirme sehr selten zu sehen. Die Broschüre der Stadt Juneau hat dazu zwei Hinweise: erstens „Prepare for rain, hope for sun!“ und zweitens – frei übersetzt – „Wir haben keine Regenschirme, wir klappen Kragen oder Kapuze hoch.“

Blick in den Vorraum einer Lodge
Blick nach unten

Für den Cruiser bietet Alaska noch ein paar weitere Besonderheiten. Zum Beispiel, was die Ausrüstung angeht. So wohnt seit heute eine fünf Meter lang rote Schlange auf unserem Boot.

Kannten wir bisher nicht, gibts hier aber bei jedem Bootsausrüster. Die Schlange heißt „Anchor Buddy“. Das Besondere an ihr: sie kann sich auf 16 m Länge strecken und zieht sich dann wieder zusammen. Als Ankerleine fürs Dinghy benutzt (bei größerer Wassertiefe als Vorläufer für die zusätzliche Ankerleine), holt sie das Dinghy nach dem Aussteigen (und Sichern mit einer langen Landleine) von den Felsen weg in tieferes Wasser. Das ist nützlich bei dem Tidenhub, vor allem aber ist das Dinghy so vom Land entfernt und nicht für Bären zugänglich, die sich von den Gerüchen im Dinghy sonst ziemlich unwiderstehlich angezogen fühlen und nach Fressbarem suchen. Dabei sollen die Schläuche dann schon mal gelegentlich in Fetzen gehen. Das möchten wir doch gern vermeiden.

Andere empfehlenswerte Ausrüstung legt der Törnführer zum Beispiel für die Glacier Bay nahe. Sehr nachdrücklich wird dort und auch vom betreuenden National Park Service wegen des Eisgangs empfohlen, sowohl für das Schiff als auch für das Dinghy einen Ersatzpropeller dabei zu haben. Da waren wir glücklicherweise schon vorbereitet, denn bei Hallberg-Rassy ist bei geordertem Faltpropeller der Festpropeller als Ersatz ab Werk dabei und für unseren Außenborder haben wir ebenfalls eine Ersatzschraube dabei.

Auch die Ausstattung der Häfen weist in Alaska eine Besonderheit auf, die wir vorher so noch nicht gesehen hatten, hier aber absoluter Standard ist. Es gibt meist keine Klampen oder Poller auf den Schwimmstegen, statt dessen sogenannte „Bull Rails“.

Es ist zwar ein bisschen fisselig, die Leinen unter den massiven und mit dem Schwimmsteg (oder Ponton, selbst an den Fingerstegen) verbolzten kantigen Balken durchzufädeln, aber die Vorteile liegen ebenfalls auf der Hand. Überall am Steg kann festgemacht werden, der Schwimmsteg erhält eine kräftige Erhöhung, so dass die Fender bei Schwell nicht so einfach hoch geschoben werden und außerdem hat man eine gute (wenn auch bei Regen gelegentlich rutschige) Trittstufe zum Boot.

Eine andere Spezialität der Stege in den Häfen Alaskas sind die Tragmasten für das Hochlegen der Landstromkabel.

Donna und Bill leben ganzjährig in Alaska auf ihrer „Denali Rose“. Sie versichern uns, dass die Wasserflächen in den Häfen hier nicht zufrieren. Das Hochlegen der Landstromkabel sei aber nicht nur dem einfacheren Hinüberrollen mit den Hafenkarren geschuldet, sondern im Winter eine Notwendigkeit, um den Schnee maschinell von den Stegen räumen zu können.

Die Natur als unbestrittener Hauptdarsteller Alaskas mag da nicht zurückstehen und versorgt den Cruiser mit einer weiteren Besonderheit, die allerdings nicht auf Alaska beschränkt ist, sondern sich in vielen Gewässern insbesondere der „Hohen Breiten“ findet. Kelp. Hochwachsende Braunalgen mit zumeist kräftigen Blättern und Stengeln. Hier in Alaska sehen wir vor allem „Giant Kelp“ und „Bull Kelp“. Das ist (neben der wichtigen biologischen Funktion der Kelpwälder) manchmal äußerst nützlich. Etwa weil es in engen Einfahrten von Buchten gerade bei Niedrigwasser ziemlich deutlich die Position der Unterwasserfelsen markiert. Manchmal ist es aber auch weniger hilfreich, z.B. beim Ankern.

Im Moment lernen wir gerade noch, welche der Wildpflanzen neben den Beeren hier in Alaska essbar sind. Die Locals Donna und Bill haben uns unter anderem gedämpftes „Beach Asparagus“ empfohlen, offenbar mit Queller nah verwandt und weit verbreitet. Außerdem für den Salat „Deer Heart“, auch „False Lilly of The Valley“ genannt. Und Lamb Tongue (im Deutschen: Wollziest/Eselsohr/Hasenohr), wiederum gedämpft. Danach werden wir uns in den nächsten Buchten auf die Suche machen. Und Kelp?

Es gibt sogar Kelp-Farmen in Alaska.

😉

Maine: Herausforderungen und Belohnungen

Lobsterpots. Hatte ich schon erwähnt, ich weiß. Aber sie gehören zu Maine, wie die leckeren Blaubeeren, die Kiefern, die Tide und …

der Nebel.

Annemarie und Volker mit der Escape kommen nach Bar Harbor. Wir freuen uns, sie hier nochmal zu treffen, denn sie wollen noch etwas weiter nach Norden und wir bummeln von hier ab wieder in Richtung Süden. Wir verbringen einen schönen Abend zusammen.

und am nächsten Morgen können wir die Escape im mystischen Morgennebel fotografieren. Erst als sich der Nebel etwas weiter gelichtet hat, machen wir uns dann auf den Weg. Im Slalom, na klar, wegen der Lobsterpots (siehe oben).

Ziel ist eigentlich Stonington, aber wir entscheiden uns kurzerhand um, als uns immer mal wieder Nebelbänke doch sehr auf die Pelle rücken. Swans Island lockt mit einem geschützten Ankerplatz, also biegen wir ab und der Anker fällt in der Mackerel Cove im Norden der Insel, wobei wir uns weit hinein tasten und hinter Roderick Head verkriechen, denn heute Nacht soll es kräftiger wehen.

Morgens dann … weiße Suppe. Das Tuten der Fähre und das Tuckern einiger Fischerboote dringt durch den Nebel. Umdrehen, weiterschlafen. Das hilft zumindest etwas. Die Blaubeerpfannkuchen helfen dann noch etwas 😋.

Als das Ufer längere Zeit sichtbar bleibt machen wir uns dann auf den Weg, diesmal wirklich nach Stonington. Wir haben Glück, unterwegs reißt die Nebeldecke auf und als wir im „Schärengarten“ vor Stonington ankommen, lacht die Sonne vom strahlend blauen Himmel. Wirklich vieles erinnert uns hier an Schweden, wenngleich die ohnehin berüchtigte „Schären“-Navigation um die Komplikationen einer Tide von knapp 4 Metern und eben der LOBSTERPOTS erschwert ist. Andererseits:

Man möchte sich kugeln vor Freude 😁

Am späten Nachmittag lassen wir das Florecita ins Wasser und fahren hinüber in die Stadt. Stonington liegt auf Deer Island, neben der Lobsterfischerei findet hier auch der Abbau von (rosafarbenem) Granit statt, der z.B. für die Brooklyn Bridge genutzt wurde und ebenso für die Grabstätte von John F. Kennedy und Jackie auf dem Ehrenfriedhof in Arlington. Eine Statue am Dinghydock weist auf den Granitabbau hin.

Der Ort selbst ist dagegen ganz stark von der Fischerei geprägt. Touristen scheinen sich nur wenige hierher zu verirren, aber uns gefällt das Städtchen gerade deshalb ausgesprochen gut.

Einen schönen Buchladen finden wir auch.

Bloß die Einkaufsmöglichkeiten im Supermarkt sind eher bescheiden, dafür bietet er aber Unterschlupf vor dem heftigen Gewitter:

Die Kissen im Cockpit sind inzwischen wieder trocken 😉. Schließlich wurden wir heute morgen zu unserer Freude wieder von der Sonne am blauen Himmel geweckt, konnten den trotz Kelp (eine dickblättrige lederzähe große Alge) super haltenden Spade-Anker hochholen,

und uns auf den Weg zum nächsten tollen Ankerplatz machen. Auf Empfehlung der Escape Crew ist es diesmal Seal Bay auf Vinalhaven Island nur 8 sm westlich. Die können wir hoch am Wind segeln (wobei Slalom hoch am Wind eigentlich eine Sonderdisziplin sein sollte), bei allerdings bis zu 30 kn scheinbarem Wind eine schräge Angelegenheit. Die wieder belohnt wird, sogar gleich doppelt:

Ebbe
Flut