Fünf Tage (und fast fünf Nächte, hier ist es jetzt gerade 4 Uhr morgens) sind wir jetzt schon unterwegs von den Kapverden in die Karibik. Wir kommen weiter mit Riesenschritten voran, weit besser als wir es uns vorgestellt hatten. Gestern 186 sm, heute werden es wohl jedenfalls wieder über 1 0 sm werden, so haben wir schon über 900 sm zurückgelegt. Fast soviel, wie wir früher auf der Ostsee in einer ganzen Saison gesegelt sind. Und doch, es ist weniger als die Hälfte der Strecke über den Atlantik.
5 Tage – was haben wir gesehen? Zunächst einmal: nicht viel. Kein einziges anderes Schiff oder Segelboot in der ganzen Zeit, nur einmal ein Frachter auf dem AIS (elektronisches Schiffsidentifzierungssystem), aber 11 sm entfernt und damit außerhalb unseres Sichtfeldes. Keine Wale, nur Jan hat einmal zwei Delfine gesichtet. Kaum Vögel.
Und dann andererseits sooo viel. Scheinbar endlose Weite, die ehrfürchtig macht. Wir alle kennen die Ausmaße des Ozeans, sind schon über den Atlantik geflogen. Aber es ist ein anderes Ermessen seiner Dimension, wenn man tagelang Welle um Welle erklimmt, vom Passatwind kraftvoll und schnell geschoben, und doch noch nicht einmal die Mitte des Ozeans erreicht hat. Wenn Flora dabei einerseits die Kraft der Natur auf so wundervolle Weise ausnutzt, andererseits aber auch das Boot von den Wellen dauerhaft und doch ungleichmäßig geschaukelt und überholt, manchmal auch urplötzlich mit Wucht hin und her geworfen wird. Wenn die Weite trotz der Bootsgeschwindigkeit unveränderlich erscheint, wir dem Westhorizont so entgegen sausen und er einfach zurückweicht und ein weiteres Stückchen der weißgekrönten Wellenlandschaft vor uns auftauchen lässt.
Scheinbar unverändert und doch so vielfältig. Unsere Nächte waren bisher wolkig, der abnehmende Mond geht immer später auf und lässt den Beginn der Nacht tiefschwarz erscheinen. Man hört die Wellenberge heranrauschen, spürt wie sie das Boot anheben und zumeist sanft unter ihm hindurchziehen. Dann wird das Boot langsamer, nur um im nächsten Moment von der folgenden Welle wieder beschleunigt zu werden. Manchmal kann man in den brechenden Wellenkämmen Meeresleuchten sehen, wie auch die von Flora selbst aufgeworfenen Wellen von grün leuchtenden Pünktchen und zum Teil regelrechten Lichtflecken durchsetzt sind. Werden die Nächte durch den Mond heller, können wir das nicht mehr beobachten. Es ist fast hypnotisch, vom Cockpit aus in Floras Bugwelle zu schauen und irgendwie darauf zu warten, dass Delfine ihre Lichtspur hinzufügen (haben wir bisher leider noch nicht erlebt). Jetzt, in der helleren zweiten Nachthälfte, kann ich dafür die Wellenberge hinter dem Schiff auf tauchen sehen – mehr Vorwarnzeit zum Abstützen ;-).
Und tagsüber: war es die ersten Tage ziemlich grau, also eher Grauwassersegeln unter grauer Wolkendecke. Gestern dann zum ersten Mal auf dieser Passage Sonne zwischen den Wolken, sofort leuchtet das Wasser blau, wunderschön. Das Tüpfelchen auf dem i: wir fangen auch noch einen Mahi Mahi für unser Abendessen.
Und wir haben das erste Mal auf See (nicht bei Erreichen eines anderen Landes) die Uhr eine Stunde zurück gestellt. Durch unsere Fahrt nach Westen verschieben sich die Zeiten von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang täglich so sehr, dass das jetzt nötig wurde.
Per Iridium-Satellit gesendet, also ohne Bilder. Wir freuen uns immer riesig über Eure Kommentare, auch wenn wir sie erst lesen und beantworten können, sobald wir wieder Internet haben.