Acceleration Zone, WAZ’n das? Wind Acceleration Zone Canary Islands ist der wunderschöne technische Begriff für das, was wir auf Seglerdeutsch “Düse” nennen würden. Verschärfte Düse vielleicht.
Für Nichtsegler: zwischen den hohen kanarischen Inseln muss sich der vorherrschende Nordostwind quasi durchzwängen. Dabei wird er beschleunigt, und aus entspannten 20 kn (Windstärke 5) Wind werden 30 kn (Windstärke 7). Hinter den Inseln (also südwestlich), ganz besonders hinter Teneriffa mit seinem hohen Teide gibt’s dann dafür Windschatten bzw. Flaute.
Auf Windy sieht das für heute so aus:
So weit, so gut. Wenn man wie wir von Santa Cruz im Norden nach San Miguel im Süden Teneriffas segeln möchte, hat man eben starken Rückenwind, kein Problem, oder?
Na ja, für die Windböen gilt das Ganze natürlich auch. Wieder Windy:
Das ist jetzt schon weniger nett. 43 kn sind Windstärke 9, also Sturm. Hm.
Dazu kommen natürlich noch die Wellen und da gibt’s eine weitere Gemeinheit:
Den Windwellen von 2,7 m Höhe aus Nordost steht nämlich fieserweise ein Schwell (nicht zum Wind passende Welle) aus Süd entgegen. Auch wenn der nur 70 cm hoch ist, führt das doch zu steilen Wellen und einem chaotischen Wellenbild, das eher unangenehm zu befahren ist.
Heute haben wir das heute seeehr anschaulich erleben dürfen. Wir sind so früh wie möglich losgefahren, um das Ärgste zu vermeiden, tatsächlich hatten wir erst perfekten Wind, der dann aber immer stärker wurde und erst am letzten Kap (Cabo de Punta Roja) oft die dreißig und selten 40 kn (Windstärke 8) erreichte. Und die See, na ja.
Dazu muss man allerdings sagen, dass sich Wellen vom Boot aus wirklich schlecht fotografieren und filmen lassen 😚.
Trotzdem ein kleines Video, bei knapp 30 kn aufgenommen:
Sooo schlimm war es also nicht, sonst hätte ich ja nicht gefilmt. Aber die Halse (Seitenwechsel des Segels) am Kap hat doch einiges an Adrenalin freigesetzt. Und warum waren wir überhaupt unterwegs? Unsere Reservierung im knackvollen Hafen Santa Cruz war abgelaufen, mit einem neuen Hafenplatz hier unten hatte es geklappt. Allerdings nur durch Vermittlung des hiesigen Segelmachers, der unseren Code0 noch mit einem Klettstreifen nachrüsten sollte, das Segel aus Santa Cruz bei einem anderen Termin mitgenommen hat und uns mitgeteilt hat, es würde jetzt hier in bei ihm in San Miguel fertig bereitliegen.
Außerdem soll es die nächste Zeit windmäßig nicht besser werden und es ist ein weiterer (begrenzter) Test für den Atlantik. Bestanden, 😁.
Ach ja, und die Vorhersage des gegenläufigen Schwells hatten wir schlicht übersehen 😳. Hätte aber eh nichts geändert.
… und manchmal auch darunter oder darin! Wie, Wolken? Richtig mit Regen? Ja, das gibt’s hier auf Teneriffa. Und deshalb gibt’s auch ordentlich Grün, was wir ja auf Gran Canaria noch suchen mussten.
Aber Teneriffa kann mit dem Teide aufwarten, dem mit 3.715 m höchsten Berg Spaniens und insgesamt dritthöchsten Inselvulkans unserer Erde. Ganz schön hoch!? Wie so oft ist auch das relativ. Der “Olympus Mons” als wohl höchster Vulkan unseres Sonnensystems befindet sich auf dem Mars ist und steigt etwa 26 km hoch aus der umliegenden Tiefebene auf. Ich finde, es spricht für die Spanier, dass sie auf dem Aussichtsparkplatz vor dem Teide auf diesen Fakt aufmerksam machen.
Aber zunächst mal machen wir einen großen Bogen um den Teide. Mit Uschi fahren wir nämlich quer über die Insel und dann an der herrlich grünen Nordseite der Insel entlang. Der Küstenstreifen ist hier recht dicht bebaut und ansonsten auch intensiv landwirtschaftlich genutzt, oft mit Bananenplantagen bis dicht an die Steilküste heran.
Hier ist noch die wunderschöne lila Blüte unter der Bananenstaude zu erkennen
Wir fahren nach Westen bis Garachico, einer der ältesten Städte Teneriffas. Mit dem Bau der Kirche Santa Ana wurde schon 1520 begonnen, allerdings wurde sie wie der größte Teil des Ortes bei einem Vulkanausbruch zerstört, die heutige Kirche am idyllischen zentralen Platz stammt aus dem 18. Jahrhundert.
Eigentlich wären wir gern in dem zwischen den Lavaklippen vor dem alten Castillo befindlichen Meerwasserschwimmbad mit seinen natürlichen Becken schwimmen gegangen, Badesachen hatten wir extra mitgenommen. Aber im “Winter” ist das Bad leider geschlossen. Wir verstehen schnell, warum das so ist: der Wellengang ist enorm und es bilden sich beeindruckende Strudel, obwohl die See selbst noch nicht einmal besonders bewegt aussieht.
Der Hafen von Garachico, im 16. und 17. Jahrhundert der wichtigste der Insel, wurde 1706 bei einem Vulkanausbruch größtenteils verschüttet.
Für uns geht’s ab Garachico in engen Serpentinen über eine Nebenstraße hinauf in die Berge, wobei wir den Teide nur in der Ferne immer mal wieder hinter den “kleineren” Gipfeln auftauchen sehen.
Nachdem wir noch Los Gigantes und seinem unter den wahrhaft gigantischen 450 m senkrecht ins Meer fallenden Klippen liegenden Hafen einen Besuch abgestattet haben kurven wir uns wieder hinauf über die Berge und nehmen die Küstenautobahn zurück nach Santa Cruz.
Los Gigantes
Am nächsten Tag spannen wir aus, holen mit dem Mietwagen in größerem Umfang Proviant und fahren dann mit Uschi sowie mit Doris und Christian von der Dancing Pearl zum Strand Playa de las Teresitas, diesmal auch mit Baden.
(Foto-Credit: Christian)
Dieser Strand ist ein Beispiel für die Blüten, die der Tourismus so treibt. Uns als Touristen bewegt die Natur, dafür wird einiges bewegt. Ob das noch Natur ist? Nördlich von Santa Cruz wurde 1973 auf den ursprünglich vulkanisch schwarzen Sand feinster heller Sand aufgelegt, den man eigens aus der Sahara hergeschafft (=hergeschifft) hatte. Ein kilometerlanger Wellenbrecher sorgt dafür, dass er nicht gleich wieder weg gewaschen wird.
Übrigens liegt auch heute ein Frachter im Hafen von Santa Cruz, aus dem unentwegt feiner heller Sand auf einen Lkw nach dem anderen geladen wird. Nachschub oder ein weiterer “aufgehellter” Strand 🏖?
Nehmen wir doch lieber nochmal den Teide ins Visier. Schon wieder müssen wir Abschied nehmen, Uschi fliegt zurück ins kalte und regnerische Norddeutschland. Wir bringen sie zum Flughafen im Süden Teneriffas. Auf dem Rückweg wählen wir nicht die Küstenautobahn, sondern die Nebenstraße, die quer durch den Teide Nationalpark in der Inselmitte verläuft. Wieder geht es zunächst über viele Serpentinen hinauf, wobei wir schnell in die diesmal tief hängenden Wolken hineinkommen. Schon bei unserem Mittagsstop im kleinen Ort Vilaflor sind wir mittendrin.
Die ausgeschilderten Wanderwege locken bei diesem Wetter nicht so sehr, es wird mit nur 7 Grad auch empfindlich kalt. Aber wir finden ein tolles, eher rustikales Restaurant mit ländlicher, deftiger, traditioneller kanarischer Küche. Lecker. Und auch die kleine alte, bis auf den prunkvollen Altar eher schlicht gehaltene Kirche des Ortes begeistert uns.
Auf der Weiterfahrt durch den grauen Nebel der Wolken fragen wir uns schon, ob wir den Teide heute überhaupt zu sehen bekommen, aber dann wird es mit jedem Höhenmeter etwas heller über uns. Und irgendwann lassen wir die Wolken unter uns, ein phantastischer Anblick.
Und wir schrauben uns immer noch höher, bis wir die auf etwa 2.200 m gelegene Hochebene der Las Cañadas erreichen, die ältere Vulkancaldera mit 17 km Durchmesser, aus der sich der Pico de Teide, also die eigentliche Bergspitze noch einmal fast 1,5 km hoch erhebt.
Aber selbst auf dieser Höhe holen uns die Wolken dann doch ein.
Wir schaffen es gerade noch, einen Blick auf die Observatorien am Kamm des Berges Izaña zu werfen, die hier in 2.400 m Höhe die normalerweise klare Sicht ins Weltall nutzen, dann werden auch sie von Wolken eingehüllt.
Das Freiburger Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik betreibt hier leitend gleich zwei Teleskope, “VTT” und GREGOR”. Aber auch Institute aus anderen Ländern betreiben hier (oft in internationaler Zusammenarbeit) Teleskope.
Den Rest der Fahrt geht’s durch Nebel oder Regen, viele Aussichtspunkte (Mirador) sind ausgeschildert, aber mehr als das Hinweisschild können wir nicht erspähen. Erst kurz bevor wir es bis hinab zur Küste geschafft haben reißt der Himmel wieder auf und unter einem schönen Regenbogen 🌈 sehen wir wieder das Meer.