Emirates fliegt uns von Auckland aus mit nur einem Stop in Dubai nach Hamburg. Bis Dubai geht es erst einmal knapp 18 Stunden durch die Nacht, das ist für Wiebke und mich der bisher jeweils längste Flug unseres bisherigen Lebens. Im Bordkino schaue ich mir alle drei Teile der in Neuseeland gedrehten von „Der Herr der Ringe“-Verfilmung an, jeder Teil dauert rund drei Stunden. Bleibt also noch genug Zeit, um zu schlafen. Nach drei Stunden Aufenthalt in Dubai steigen wir dann ins Flugzeug nach Hamburg. 6 Stunden, im Vergleich also ein kurzer Hüpfer. Unterwegs überfliegen wir während ich wach bin die gebirgigen Wüstengebiete von Irak und Türkei, davor und danach schlafe ich wieder.
Insofern kommen wir doch recht entspannt in Hamburg an. Kaltes Schmuddelwetter empfängt uns, aber schon am Wochenende wird es besser. da können wir sowohl bei Sonnenschein über den Wochenmarkt am Goldbek-Kanal bummeln als auch unserem EDEKA einen Besuch abstatten, um die erste Adventszeit-Grundausstattung zu besorgen:
Und auch ein Besuch auf einem der Weihnachtsmärkte (da waren wir schon seit Jahren nicht mehr) ist drin, wir entscheiden uns für den Weihnachtsmarkt am Landhaus Walter im Stadtpark.
Sehr schön. Auch im neben dem Boot „anderen“ Zuhause. Und schon ist der erste Advent vorbei.
Uns geht es gut. Ich habe die Operation an der Prostata und die paar stationären Tage im Krankenhaus gut überstanden, die Rekonvaleszenz ist inzwischen so weit, dass ich kaum noch eingeschränkt bin
Wir genießen die Zeit mit der Familie, die Besuche von Freunden und natürlich auch einfach den Aufenthalt in unserer schönen Heimat.
Außerdem gibt es auch einiges zu erledigen. Steuererklärung, Bankangelegenheiten und so etwas. Ersatzteile fürs Boot bestellen. Dann auch den Kauf eines Autos. Wenn wir zwischendurch in Deutschland waren, konnten wir bisher das Auto von Wiebkes Mama nutzen. Das hat allerdings jetzt keinen TÜV mehr bekommen und eine Reparatur ist wirtschaftlich unsinnig. Also haben wir beschlossen, das Ganze jetzt umgekehrt zu machen: wir kaufen ein Auto und wenn wir nicht in Deutschland sind, kann Uschi es nutzen.
VW nennt die Farbe „Makena“. Wir sagen „Südsee-Metallic“!
Die Probefahrten und der Autokauf gehen eigentlich ganz flott, die Anmeldung war allerdings eine Herausforderung. Die Wartezeiten beim Straßenverkehrsamt bis zum obligatorisch online zu vereinbarenden Termin sind lang. Zu lang für uns. Die komplett online durchzuführende Internet-Zulassung ist die andere Option, aber auch die hat ihre Tücken. Der sechseinhalb Jahre alte Personalausweis ist zum Glück bereits für das Online-Verfahren geeignet, aber wie war nochmal das Passwort? Wir haben ihn schließlich nie für ein solches Verfahren genutzt. Zwei Apps sind zu laden, unsere Anmeldeversuche schlagen trotz inzwischen erinnertem richtigen Passwort mehrfach fehl. Wir bleiben aber hartnäckig, malträtieren auch den Chat (sinnlos) und die Helpline des Straßenverkehrsamtes (wo wir tatsächlich jemanden ans Telefon bekommen). Am Ende sind wir erfolgreich. Wir können ein Zulassungsschreiben ausdrucken, das vorerst ins Auto zu legen ist. Die Papiere, Siegel und TÜV-Plakette sollen in den nächsten Tagen zugeschickt werden, letzteres muss dann von uns auf das Kennzeichen geklebt werden. Da haben sich die Abläufe in den letzten Jahren doch sehr geändert, wir merken einmal mehr, dass wir schon längere Zeit unterwegs sind.
Zwischendurch ein Schreckmoment: nach einem extrem starken Erdbeben im Nordpazifik wird für den gesamten Pazifik (auch für Samoa) eine Tsunami-Warnung herausgegeben. Mehrere Segelfreunde weisen uns darauf hin, einige Boote verlassen vorsorglich die Bucht von Apia und fahren aufs offene Meer. Wir können natürlich nichts anderes tun als abzuwarten und zu hoffen, dass Flora nichts passiert. Gut 12 Stunden braucht die Flutwelle, um über den Pazifik hinunter nach Samoa zu laufen. Nach 6 Stunden erreicht sie die Papua Neuguinea, nach 8 Stunden Hawai‘i. Da stellt sich bereits heraus, dass die Tsunami-Wellen deutlich geringer ausfallen als zunächst befürchtet. In Samoa treten dann tatsächlich keine Schäden auf, wir können erleichtert durchatmen.
Ein längerer Stromausfall im Haus, ein Wasserschaden in unserem Keller nach einem Rohrbruch und nach dessen Reparatur Schwierigkeiten bei der Heißwasserversorgung unserer Wohnung halten uns trotzdem ein bisschen auf Trab. Auch zu Hause hört das Reparieren also nicht auf. Aber das lässt sich alles regeln (am letzten Teil sind wir noch dran). Jedenfalls ist es gut, das wir vor Ort sind.
Die Ersatzteile für Flora sind inzwischen eingetroffen, in zwei Wochen fliegen wir ja auch schon wieder zurück zum Boot.
Zeit, um noch ein wenig Hamburg und Norddeutschland zu genießen. Mit Freunden die Kunsthalle, Restaurants und die Wochenmärkte zu besuchen oder einfach durch die Stadt zu bummeln. Und mit dem neuen Auto über Land an schon abgeernteten Kornfeldern voller Störche zu Uschi zu fahren.
Vom Flughafen Nadi auf Fiji führt der nächste Abschnitt unseres Heimflugs nach Singapur. Ein 10stündiger Flug, zwischen Australien und Papua Neuguinea hindurch und über Indonesien durch die Nacht, mit ein paar Filmen und auch viel Schlaf.
Dann gut vier Stunden Aufenthalt auf dem riesigen Flughafen von Singapur. Für mich ist das alles neu, ich war noch nie in Ostasien. Aber für Wiebke kommen Jugenderinnerungen hoch: ihr Vater hat mehrere Jahre in Indonesien gearbeitet. In der Familie gab es deshalb für Besuche bei ihm in Jakarta den Flughafen-Wegweiser-Spruch „In Singapur links rum“.
Aber auch für Wiebke bietet der Flughafen Neues. So zum Beispiel „Bacha Coffee“. Was auf den ersten Blick mit seinen Innenbalkonen wie ein marokkanisches Kaffeehaus zum Verweilen daherkommt, bietet zwar „nur“ Coffee to Go, leckeres Gebäck zum Mitnehmen und den Verkauf von zig Kaffeesorten in stylisch bunten Blechdosen, aber es ist einfach wunderschön gemacht. Und lecker!
Die menschengemachte Farbenpracht wird etwas später aber noch übertroffen durch die Natur. Jawohl, denn mitten im Flughafen gibt es einen gar nicht so kleinen zweistöckigen Schmetterlingsgarten. Eine kleine Auswahl:
Als wir von Singapur abfliegen, können wir unter uns auf der Reede dicht gedrängt eine Unmenge von Frachtern liegen sehen, viele davon werden gerade betankt (erkennbar an den Bunkerschiffen an ihrer Seite). Dazwischen sausen diverse kleinere Boote herum. Was für ein Gewusel.
Der Flug nach Frankfurt wird dann für mich leider nicht so angenehm wie erhofft. Singapur Airlines kann allerdings überhaupt nichts dafür, Flugzeug und Service sind klasse. Nur macht meine Blase fast komplett zu, ziemlich schmerzhaft auf so einem Langstreckenflug.
Nach 54 Stunden (Schott auf der Flora in Apia bis Haustür in Hamburg) ist die Tortur noch nicht ganz zu Ende, aber noch in der Nacht kann ich per App einen Termin bei meinem Urologen für den nächsten Morgen vereinbaren. Danach steht fest: Ein OP-Termin steht an.
Sieht so aus, als ob das Timing für diesen spontanen Heimaturlaub ganz gut gewählt war.
Es geht uns schon viel besser. Weil wir mit den noch verheilenden Wunden aber erstmal nicht ins Wasser wollen und mit der Antibiotika-Behandlung auch intensive Sonne meiden sollten, nutzen wir spontan die Gelegenheit einfach mal einen Ausflug zu machen. Einen längeren.
Wir beschließen, Flora in der Marina in Apia spinnennetzmäßig zu vertäuen und für einen Monat nach Deutschland zu fliegen.
Dabei können wir dann auch ein paar Ersatzteile besorgen und sowieso in Deutschland einige Sachen erledigen.
Wir bekommen sogar kurzfristig einigermaßen preiswerte Flüge. Und so zeigt uns das Bild auf dem Flug von Apia nach Nadi in Fiji. Allerdings ist der Flugplan hinsichtlich der Reisedauer nicht eben optimal. Morgens um 5.00 Uhr fliegen wir in Samoa los, in Fiji haben wir dann von 6:30 bis 22:50 Aufenthalt.
Ein Tag in Fiji. 😊
Wir machen das Beste daraus, nehmen uns einen Mietwagen und erkunden ein bisschen die Insel (Viti Levu). Schauen uns frühmorgens die Vuda Marina an,
… fahren dann weiter zum Markt in Lautoka …
… bestaunen die vielen üppig mit Zuckerrohr von den allgegenwärtigen Plantagen beladenen LKW …
… und wir treffen uns mit unseren Segelfreunden von der My Motu in Port Denarau:
Zwischendurch sind wir allerdings so platt, dass wir im Mietwagen ein Nickerchen auf dem Parkplatz in Port Denarau einlegen.
Tja, und jetzt sitzen wir im Flughafen von Nadi und warten auf den Weiterflug nach Singapur. Nach diesem Nachtflug soll es dann morgen Vormittag nach Frankfurt weitergehen, Ankunft dort (und auch noch in Hamburg) Donnerstag Abend.
Dürfte noch ein ziemlicher Schlauch werden, aber wie Wiebke so treffend sagt: Immerhin werden wir chauffiert und müssen nicht selber fahren.
Und dann ein Monat „Heimaturlaub“, das lockt schon sehr!
Außer Besuchen von Freunden und Familie und den (zum Glück fast abgeschlossenen und bisher sehr zu unserer Zufriedenheit verlaufenden) Arztbesuchen ist überwiegend Chillen in Hamburg angesagt. Anders als bei unseren beiden vorherigen Heimatbesuchen während unserer Langfahrt wollen wir dieses Mal nämlich nicht wieder quer durch die Republik reisen, ein bisschen Druck rausnehmen.
Eine Ausnahme ist allerdings das Wochenende vom 6. bis zum 9. September. Da geht’s für uns an die Weser nach Hoya und Nienburg zum Feiermarathon.
Am 6. noch recht ruhig und gemütlich bei Wiebkes Mutter in Hoya, wo wir zu Wiebkes Geburtstag unser Basiscamp aufschlagen.
Am nächsten Tag habe ich 40jähriges Abi-Jubiläum. Die Schule in Nienburg hat zu einer offiziellen Zeremonie eingeladen und es wird wirklich schön. Besser noch: im Anschluss trifft sich unser Jahrgang zum gemeinsamen nachmittäglichen Picknick in den Wallanlagen und anschließender Feier in einem Restaurant direkt an der Weser. 60 von 102 Abiturienten unseres Jahrgangs sind dabei, keine schlechte Quote nach 40 Jahren. Es ist toll, die Mitschüler von damals wiederzusehen und zu schnacken. Um so mehr, als ich beim letzten Treffen vor 5 Jahren nicht dabei war, weil wir gerade unsere Langfahrt gestartet hatten. Viel zu erzählen, viel zu erfahren.
Am Sonntag wird aber ein für uns noch viel wichtigeres Jubiläum gefeiert. Kurz entschlossen haben wir nämlich einen engen Freundes- und Familienkreis zu ziemlich spontanen Nachfeier unserer Silberhochzeit eingeladen. Trotz nur gut zwei Wochen Vorlaufzeit können wir tatsächlich in „unsere“ Hochzeitskirche und in können auch in „unserem“ Hochzeitsrestaurant reservieren. Zu unserer Freude sagen sogar fast alle Gäste zu.
In der kleinen Dorfkirche von Hoyerhagen findet an diesem Sonntag kein Gottesdienst statt, wie so oft auf dem Land ist inzwischen ein Geistlicher für diverse Gemeinden zuständig. Aber der Kirchenvorstand schließt uns auf und wir dürfen die Räumlichkeit für eine private Andacht nutzen. Schon Wiebke Mutter wurde in dieser Kirche getauft, ihre Großeltern in der Kirche getraut. Es wird unvergesslich schön, zumal mein Bruder mit Gitarre für die musikalische Begleitung sorgt, unsere liebe Freundin Katrin uns sehr berührend einsegnet und unsere Nichte Emma wunderbar Fürbitten und Vaterunser übernimmt.
Vor 25 Jahren …
… und heute (wie Frank es formuliert: „Die Zeit geht mit der Braut gnädiger um als mit dem Bräutigam“. Ist ganz ok so.):
Wir sind unendlich dankbar, uns im Familien-und Freundeskreis so aufgehoben zu wissen.
Das ist für uns um so wichtiger, weil unser Heimaturlaub das Bergfest seiner Dauer schon überschritten hat. In nicht einmal drei Wochen soll es für uns wieder Richtung Papeete gehen.
Mal ein ganz kurzer Zwischenstand, was wir hier in Deutschland und fern von unserer Flora so treiben:
Wir genießen Hamburg, …… bestellen jede Menge Ersatzteile für Flora und ein paar Spielzeuge für uns …… machen Arzttermine für Vorsorgeuntersuchungen,… chillen auf unserer Dachterrasse …… besuchen die Familie …… fahren übers Land, pflücken Obst an den Straßenbäumen und organisieren eine (nachträgliche) Feier unserer silbernen Hochzeit …… bekommen zurück in Hamburg Besuch von Segelfreunden aus Berlin …… und besteigen mit ihnen den neu eröffneten begrünten Hochbunker auf dem Heiliggeistfeld …… besuchen mal wieder die klassischen Hamburger Wahrzeichen und Orte, wie die Landungsbrücken …… Hamburgs schwimmendes Wahrzeichen, die Rickmers Rickmers (auf der wir vor 25 Jahren standesamtlich getraut wurden) …… und die inzwischen neu gestalteten Flutschutzanlagen mit Blick auf dieses Museumsschiff …… den Michel …… die Speicherstadt …… die Cap San Diego und dahinter ein paar der Musicals …
… die Hafenanlagen und natürlich die Elbphilharmonie.
Und wo wir schon bei der Elphi sind: ein Konzert in diesem wunderbaren Hamburger Kulturhaus darf natürlich auch nicht fehlen:
Aber von Hamburg zieht es uns zwischendurch auch noch etwas weiter in den Norden. Jan und Catalina nehmen uns mit zu sich auf die X-Ray nach Maasholm. In unserem alten Heimathafen treffen wir weitere Freunde, zumal dort an diesem Wochenende bei den GFK-Classics Hochbetrieb herrscht. Die alten Fischer sind aber auch noch in Maa.
Und ein bisschen Bootsarbeit ist auch zu tun. Diesmal kann ich Jan assistieren. Bloß nicht aus der Übung kommen …
Die Gefahr scheint zu bestehen, denn eine Mitteilung von Noforeignland mutet schon ein wenig provokant an:
Über 20 Seemeilen im ganzen Monat August. Hm. Das war jetzt wohl ein Negativrekord für uns. Aber im September – soviel ist schon klar – wird es noch weniger, denn da muss die Flora noch auf uns warten. Erst im Oktober geht’s wieder los.
Es klappt. Nach längerer Fehlersuche stellt sich heraus, dass der Elektrowurm gar keiner ist. Weder Kabel noch Schalter sind Schuld, dass der Watermaker nicht funktioniert. Wieso haben wir das nicht gleich gemerkt? Weil unser Multimeter einen Defekt hat. Es zeigt fälschlich an, dass keine Spannung am Watermaker anliegt. Tut sie aber doch, was ich erst herausfinde, nachdem ich von den Davits Stromkabel zum Watermaker lege, der aber trotzdem keinen Mucks tut. Misstrauisch geworden, messe ich mit einem anderen Multimeter. O.k., dann liegt das Problem im Watermaker selbst. Ich baue den Elektromotor aus, der die Hochdruckpumpe antreibt. Wir wechseln dessen Kohlebürsten und er schnurrt wieder. Problem gelöst.
Chaos in der Achterkoje. Der Watermaker ist im Stauraum unterm Bett eingebaut. Da muss erstmal alles raus.
Ausgebauter Elektromotor …
… und dessen Kohlebürsten. Links die beiden Übeltäter, rechts die Ersatzteile.
Nachdem alles wieder eingebaut ist, können wir den Wassermacher konservieren. Unserer Abfahrt steht nichts mehr im Weg, wir können beruhigt nach Hamburg fliegen.
Ein vorerst letzter schöner Sonnenuntergang über Moorea:
Und früh am nächsten Morgen geht’s per Taxi zum Flughafen von Papeete.
Zur Info: das (ziemlich internationale) Wort Information hat 11 Buchstaben, seine tahitianische Übersetzung 16. Mehr als die Hälfte davon sind A. Es gehört schon einiges dazu, in einem Wort mit 16 Buchstaben neunmal den Buchstaben A unterzubringen:
Man muss Französisch Polynesien einfach lieben. Wir sagen trotzdem erstmal Tschüss 👋 (auf tahitianisch: nana),
… genießen in der Wartezeit noch einen Abschiedskaffee im Freiluft-Wartebereich am Terminal …
… und dann geht’s los.
Chief Jan holt uns in Hamburg vom Flughafen ab. Der nächste Freiluft-Kaffee ist dann schon auf unserer Dachterrasse in Winterhude nach knapp 30 Stunden Reisezeit. Hört sich lang an. Oder der aber vielleicht auch kurz, wenn man bedenkt, dass wir für die Reise NACH Papeete ja über fünf Jahre gebraucht haben.