Weihnachtsfeier

Zu Weihnachten haben wir uns mit mehreren befreundeten Crews in am Cocoa Beach in Barbuda getroffen. Zum Festschmaus – regional angepasst statt Weihnachtsgans ein Hummer-BBQ -. Inoch feuert an seiner Strandbar den Grill an und liefert Hummer und Getränke, die Beilagen bringen die Crews mit. Und es wird ohne große Abstimmung ein vielfältiges Menü mit karibischen Krautsalat, selbst gebackenem Baguette, Nudelsalat, Reissalat, grünem Salat und Knoblauchbutter.

Mit der Jill und Michael von der amerikanischen “Gerty“, Annemarie und Volker von der “Escape” und Antje und Beat von der schweizer “San Giulio” vertilgen wir den riesig erscheinenden Lobsterberg. Die anderen Crews machen mir (Familientradition) eine Riesenfreude: gemeinsam singen wir tatsächlich noch “Am Weihnachtsbaume”, die Liedtexte sind vorbereitet und für die Crew der Gerty in provisorisch lautmalerische englische Silben umgeformt: klappt. Sogar Geschenke gibt es noch. Beat verteilt Schweizer Taschenmesser. Wow. Auch mit dem Wetter haben wir Glück, nur in der Vorbereitung ziehen ein paar Squalls durch, es bleibt trocken bis wir wieder an Bord sind und plestert erst dann wieder los. 😀 Das eigentlich für Heiligabend geplante Feuer auf dem Strand verschieben wir einfach auf den ersten Weihnachtstag.

Der bringt – wie Heiligabend – erstmal Telefonate und Videochats mit der Familie in Deutschland. Unser zweites Weihnachten unterwegs – und das in diesen Zeiten und deshalb ohne zwischenzeitliche Deutschlandbesuche – da sind diese Telefonate schon sehr emotional.

Der Rest des Tages ist dann allerdings (vielleicht auch zur Ablenkung) angefüllt mit ein bisschen Bootsarbeit. Der geplatzte Hochdruckschlauch unseres Watermakers ist lang genug für den Versuch, dass direkt am Fitting defekte Ende um ein paar Zentimeter zu kürzen. Also baue ich den Schlauch aus (unterm Bett, unterm Waschbecken und im Badezimmerschrank), was im Boot natürlich ein leichtes Chaos der sonst in diesen Bereichen gestauten Sachen auslöst, weil schließlich auf Langfahrt jeder Stauraum bis in die hinterste Ecke gefüllt ist.

Mit dem ausgebauten Schlauch geht’s zunächst hinüber zur Gerty, denn Michael hat ebenfalls einen Watermaker von Echotec, den er zudem selbst installiert hat, dass könnte bei der Kürzung des Schlauchs und der Neumontage des Fittings ebenso helfen wie die eingerichtete Werkstatt in der Backbordachterkabine der Gerty (Allures 45.9). Es wird ein Teilerfolg und führt daher dazu, das auch die anderen Crews eingebunden werden. 😊

Laut Michaels Erinnerung und dem Echotec-Handbuch müsste das Fitting zweiteilig sein, wir finden aber zunächst keinen Weg es (wieder) zu teilen und somit auch keinen, es wieder zu montieren, auch nicht in der ebenfalls super ausgestatteten Werkstatt im Vorschiff der Escape (CNB 66, wir müssen wohl doch noch mal über unsere Raumaufteilung nachdenken, welchen Raum der Flora opfern wir der Werkstatt 😂).

Auf der San Giulio findet sich ein ganz ähnliches Fitting als Ersatzteil, passt leider zwar nicht, ABER: es gibt den entscheidenden Hinweis, wie wir den Fitting wieder auseinander bekommen. Nur brauchen wir dafür eine (sehr große) Schraube, die in das Gewinde passt. Die aus der Membran können wir dafür leider nicht ausbauen. Ein paar Dinghyfahrten später findet sich so eine auf der Gerty und Volker schafft es in seiner Werkstatt auf Escape damit, den Fitting zu öffnen, bei Kaffee und Weihnachtskeksen auf der Flora montiert er den Fitting auf dem gekürzten Schlauch.

Happy End – jedenfalls fast. Schlauch und Fitting sind jetzt wieder dicht, aber der Watermaker tut es trotzdem nicht, der Druck ist zu hoch. Da muss wohl noch etwas anderes im Argen liegen.

Egal, mindestens der gemeinschaftlich errungene Teilerfolg will gefeiert werden und für den Abend steht ja das verschobene Bonfire 🔥 auf dem Strand an. Die “San Giulio” ist diesmal nicht dabei, dafür sind Francesco und Yuka von der Oroboro dazu gekommen. Ein wunderschöner Abend!

Landurlaub

Seit fast genau zwölf Monaten haben wir jede Nacht auf dem Boot verbracht. Mal mehr, mal weniger schaukelnd. Und jetzt – machen wir das erste Mal eine „Pause“ vom Bootsleben. Nicht, weil wir eine Abwechslung oder Unterbrechung brauchen, sondern weil wir uns sehr auf unsere Freunde in Washington D.C. freuen. Wir haben aber angesichts der unsicheren Flugsituation nach Europa (und vor allem zurück) beschlossen, entgegen unserer ursprünglichen Planung nicht schon zum 01.07. aus dem Wasser zu gehen sondern doch die Segelsaison für uns noch weiter zu verlängern, vielleicht sogar doch noch weiter die US-Ostküste hoch zu segeln. Als Konsequenz ziehen wir schon mal ein erstes Treffen mit unseren Freunden Greg und Michael vor, legen Flora in Hampton in eine Marina, mieten ein Auto und fahren nach Washington D.C.

Es ist gut getimt, auf der Fahrt durch die überraschend grüne Landschaft haben wir ziemlich regnerisches Wetter, sogar einige echte Wolkenbrüche, in Washington dagegen erstmal wieder richtig schönes Wetter.

Bei Greg und Michael erwartet uns ein kleines Weihnachten zu Sommerbeginn: jede Menge Päckchen dürfen ausgepackt werden. Wir durften die Adresse der beiden als Bestelladresse nutzen und haben von dieser Gelegenheit reichlich Gebrauch gemacht. Ersatzteile für Flora finden sich ebenso wie einige Elektronik- und Fotoartikel, die hier in den USA einfach viel billiger sind. Darunter auch die dringend benötigten neuen Akkus für unsere MavicAir-Drohne, die alten waren eigentlich um einiges über den Status „vertretbar nutzbar“ hinaus (aber bei Hogsty Reef musste ich sie einfach noch einmal einsetzen).

Wir werden in vielerlei Hinsicht verwöhnt: zunächst einmal (und immer wieder) kulinarisch, aber auch mit tollen Ausflügen. In die Umgebung, zu den Great Falls, wo der in Washington so ruhig, breit und träge dahin fließende Potomac River ein ganz anderes, wildes und urspüngliches Gesicht zeigt.

Der C&O-Canal Towpath (Chesapeake-Ohio Treidelpfad) führt an den Stromschnellen des Potomac vorbei, auf dem rund 300 km langen Kanal mit seinen 74 Schleusen wurde zwischen 1834 und 1926 vor allem Kohle aus West Virginia nach Washington gebracht und der begleitende Leinpfad ist heute zum Rad- und Wanderweg ausgebaut. Die Schleusen sind derzeit außer Betrieb, aber eine Teilstrecke wird derzeit renoviert, einige neue Schleusentore sind schon zu sehen. Wir machen einen wunderschönen Spaziergang.

Wie schon auf der Herfahrt sind wir überwältigt von dem vielen frischen Grün. Das ist besonders beeindruckend, wenn man sich die Zahlen der weiter schnell wachsenden Metropolregion Washington mit über sechs Millionen Einwohnern vor Augen führt. Aber über waldgesäumte Straßen fahren wir bis hinein nach Georgetown in Washington D.C.

Der Plan, hinunter ans Wasser zu fahren und sich dort das neue Viertel an der South-West-Waterfront anzusehen erweist sich als nicht ganz einfach umzusetzen. Überall weiträumig um das weiße Haus herum sind die Straßen mit Militärfahrzeugen abgeriegelt.

Die starken Proteste nach dem Tod von George Floyd zeigen sich aber nicht nur darin, sondern auch in vielen mit Holzverschalungen versehenen Schaufenstern in großen Teilen der Innenstadt und dem omnipräsenten Motto „BLACK LIFES MATTER“.

Am Kapitol vorbei gelangen wir am Ende aber dann doch hinunter zum Flussufer. Das moderne Viertel in der früheren No-Go-Area hat eine schöne Promenade vor den neuen Gebäuden am Anacostia River (der kurz darauf in den Potomac mündet) und mehrere weit in den Fluss hinausgebaute Flanierbrücken. Bis hinüber zum alten, denkmalgeschützten Fischmarkt ziehen sich die modernen Fassaden.

Auf dem Fischmarkt waren wir vor ein paar Jahren schon einmal, im Winter, gleichwohl war es rappelvoll. Heute sieht er ganz anders aus, Absperrungen dominieren das Bild, die Verkaufstresen scheinen fast leer. Doch das Bild trügt: ein ganzes Stück die Straße rauf zieht sich eine lange Schlange von Wartenden, die eben nur einzeln oder stoßweise hinunter auf den Fischmarkt gelassen werden. Corona zeigt sich doch nicht nur in den Masken und geschlossenen Geschäften.

Und so ist nicht ganz klar, worauf sich der hoffnungsvoll zukunftsgewandte Spruch der Leuchtreklame vorrangig bezieht, es bieten sich verschiedene Interpretationen an.

Segeln und Abschied

Blauwassersegeln ist schön. Heute besonders, bei achterlichem Wind 💨, Schiebewelle, Sonnenschein.

„Fair winds and following seas“. Genau so soll das.

Und Blauwassersegeln bedeutet auch, viele spannende und völlig unterschiedliche Orte zu besuchen (wie zuletzt das blumige Madeira, das sandige Graciosa und das vulkanschwarze Lanzarote und ab morgen hoffentlich das ??? Gran Canaria). Es bedeutet, immer wieder neue Erfahrungen zu machen. Viele Menschen kennenzulernen, manchmal auch neue Freunde zu finden.

Und es bedeutet, immer wieder Abschied zu nehmen. Von Orten, aber mehr noch von Menschen. Das ist der weniger schöne Teil. Wir hatten Besuch: Wiedersehensfreude und – gefühlt nur kurz darauf – wieder Trennen. Und wir haben Segelfreunde wiedergetroffen, eigentlich schon ein paar Mal. Besonders ist es mit Doris und Christian. Kennengelernt haben wir die Crew der Dancing Pearl in Catania auf Sizilien, wiedergetroffen auf Sardinien, San Pietro, Menorca, Ibiza, in Gibraltar und jetzt auf Lanzarote. Haben herzhaft miteinander gelacht, ernste Gespräche geführt, die weit übers Segeln hinausgingen. Und wir haben uns verabschiedet. Schon oft, und jetzt schon wieder. Die beiden haben die schwere Entscheidung getroffen, ihre Reisepläne zu ändern und nicht in dem ihnen zur Verfügung stehenden Jahr über den Atlantik und zurück zu hetzen. Seitdem ist auch klar, dass unsere Reiserouten sich in nächster Zeit nicht mehr so oft kreuzen werden. Vielleicht noch einmal auf Teneriffa, hoffentlich.