Sal

Ursprünglich war der volle Name der Insel „Ilha do Sal“, portugiesisch für „Insel des Salzes“. Die recht späte dauerhafte Besiedelung des Eilands geht denn auch auf das weiße Gold zurück. Auf der vergleichsweise flachen Steppeninsel lohnte fast nur die Salzgewinnung. Neben vielen inzwischen aufgegebenen Salinen im Süden (bei Santa Maria) gibt es noch eine große Besonderheit: etwa auf Höhe von Palmeira, aber auf der anderen (östlichen) Inselseite erhebt sich ein alter, längst erloschener Vulkan. Seine Caldera, also der weggesprengte oder eingesackte Kessel in seiner Mitte, liegt etwas unter dem Niveau des Meeresspiegels. Damit bildet er praktisch eine natürliche Saline von Pedra de Lume, die ab Ende des 18.Jahrhunderts industriell ausgebaut und genutzt wurde. Da wollen wir hin.

Und dafür stellen wir uns in Palmeira einfach irgendwo an die Hauptstraße. Schon nach kurzer Zeit hält ein „Aluguer“ vor uns und wir steigen ein. Kein Zufall, diese Transportfahrzeuge (meist Minibusse, manchmal auch Pickups mit Bänken auf der Ladefläche) fahren hier so lange die kurze Hauptstraße von Palmeira rauf und runter, bis wirklich alle Plätze besetzt sind. Dann geht’s los, einziges Ziel ist Espargos in der Mitte der Insel. Wer weiter will, muss dort umsteigen. Die Fahrt kostet pro Person 50 Cent, wahlweise 50 CVE (=Cabo Verde Escudos). Der Umrechnungskurs ist also ziemlich einfach zu managen 😁.

Espargos ist zwar der Hauptverwaltungsort von Sal und auch etwas größer, aber trotzdem ähnlich übersichtlich und entspannt wie Palmeira. Wir drehen eine kurze Runde über den zentralen Platz mit der schmucken blauen Kirche, dann suchen wir uns ein Taxi, dass uns für 5 Euro zu den Salinen von Pedra de Lume bringt.

Außen vor dem Vulkan stoppen wir an einer Schranke, zahlen je 5,- € Eintritt und gehen dann zu Fuß durch einen Tunnel in der Vulkanflanke. Auf der anderen Seite des gar nicht sonderlich langen Tunnels blicken wir in die kreisrunde Caldera mit ihren Salinen:

Von oben sieht man die Nähe zum Meer

Wir bummeln durch die Salinen und genießen das surreale Farbenspiel mit den weißen und rosaroten Salinenbecken, dem Vulkangestein und dem blauen Himmel.

Wiebkes Outfit mag skurril erscheinen, ist aber schnell erklärt: im Eintrittspreis ist freies Baden im salzigen Salinenbecken enthalten, schöne Grüße vom Toten Meer 😉!

Passage nach Sal, Fliegende Fische, Einklarieren und „Zollstander“

Wie versprochen, hier noch der optische Nachtrag zur Passage von La Gomera auf den Kanaren nach Palmeira auf Sal in den Kapverden. Wir hatten abgesehen von einer kurzen Zeit im Windschatten der kanarischen Inseln fast durchgängig 6 Windstärken, selten weniger, in den Böen aber oft auch mehr. Aber, und dass hat uns etwas überrascht, trotz des immer aus Nordost kommenden Windes gab es auf dieser Passage nicht die eine lange Dünung, die zwar hoch ist aber doch nur langsam unter dem Schiff hindurchläuft. Statt dessen hatten wir achterliche Wellen von Anfangs drei Meter Höhe, zum Ende hin abnehmend auf zwei Meter, die aber etwa alle sieben Sekunden relativ steil heranrauschten. Dazu niedrigere Wellen von den Seiten, häufiger von Backbord, seltener auch von Steuerbord. Sie sorgten für ziemliches Gerolle und ab und an bei Überlagerung der Wellen klatschendes Aufeinandertreffen und Spritzer ins eigentlich gut geschützte Cockpit. Von anderen Seglern haben wir gehört, dass dieses Wellenbild auf der Passage von den Kanaren zu den Kapverden nicht unüblich ist. Das nährt die Hoffnung, auf der Atlantikquerung doch längere Dünung und weniger Kreuzseen zu haben 🤞.

Rollt ganz gut 😊

Ebenfalls ein bisschen unerwartet war das „Verhalten“ der Fliegenden Fische. Schon im Mittelmeer hatten wir welche gesehen und auch auf dem Weg zu den Kanaren stoben immer mal wieder einige von ihnen vor unserem Bug auf und segelten davon.

Auch auf den ersten drei Tagen dieses Törns blieb das so, aber am vierten Tag klatschte uns in Kammikaze-Manier der erste fliegende Fisch gegen die Windschutzscheibe und blieb an Deck liegen. Nach der folgenden Nacht fanden wir 8 (acht!) Fliegende Fische an Deck, vertrocknet und stinkend, zudem hatten sie um sich herum reichlich Schleim und Schuppen hinterlassen. In der letzten Nacht waren es sogar 9 und zusätzlich ein kleiner Tintenfisch.

Scheint ein Phänomen der Tropen zu sein, die wir jetzt nach passieren des Wendekreises des Krebses (*1) offiziell erreicht haben, obwohl die Temperaturen bei den Nachtwachen anderes suggerieren.

Nach der Nachtwache gestern: Vorbereitung des Einklarierens

Zum ersten Mal auf unserer Reise müssen wir in den Kapverden „richtig“ einklarieren. Bisher war das Anmelden der Einreise in ein von uns besuchtes Land in einem vereinfachten Verfahren möglich. Hier in den Kapverden dürfen wir erstmals bei der Einreise nur ganz bestimmte Orte anlaufen, sogenannte „Port of Entry“. Es gibt nur drei: Mindelo auf São Vincente, die Hauptstadt Praia auf Santiago und eben unsere Wahl: Palmeira auf Sal.

Jedes einlaufende Schiff muss durch Hissen der Flagge „Q“ des internationalen Flaggenalphabetes (*2) deutlich machen, dass an Bord alle gesund sind (Q wie Quarantäne!) und man bisher noch nicht einklariert, sich also bei allen zuständigen Behörden angemeldet hat.

Hier auf den Kapverden muss man sich bei nur zwei zuständigen Behörden anmelden, dem Hafenamt und der Polizei. Beide residieren praktischerweise im selben Gebäude, das mit dem Wartenden und den beiden Straßenhunden das hiesige Motto „no stress“ ganz gut wiederspiegelt.

Keine Ironie, obwohl die Mitarbeiter dort wenig Englisch sprechen und wir gar kein Portugiesisch oder Kreol, die Prozeduren laufen superfreundlich und entspannt ab. Na gut, der Kollege von der Polizei ist inzwischen am Flughafen (dort kann man auch einklarieren). Egal, wir dürfen das Schiff verlassen und uns frei bewegen (sonst eigentlich erst ab vollständiger Einklarierung), morgen wiederkommen und den Rest machen und vor allem: no stress!

Jonna von der Tangaroa hatte mich zu den Behörden geführt und mir auch gleich gezeigt, wo ich eine Internet-SIM-Karte kaufen kann. Im Laden übrigens das gleiche Phänomen: Sprachschwierigkeiten, na und? Die gewünschte Karte wird durch hin-und-her-hantieren der Besitzerin mit ihren zwei Handys freigeschaltet, klappt.

😁 🇨🇻

(*1) Wendekreis des Krebses: die Vorstellung, die Sonne stehe mittags senkrecht über dem Äquator stimmt nur ungefähr. Genau genommen tut sie das nur bei der Tagundnachtgleiche am 21. März und am 23. September. Ansonsten sorgt die Schrägstellung der Erdachse dafür, das die Sonne senkrecht über anderen Orten der Erde steht. Und zwar „wandern“ diese Punkte bis zum 21. Juni nach Norden bis zu einer Linie, die 23,5 Grad nördlich des Äquators liegt und im Atlantik von der Westsahara aus südlich der Kanaren hinüber zu den Bahamas und nach México läuft. Eben der Linie, die als Wendekreis des Krebses (lateinisch: tropicus cancri) bezeichnet wird. Auf der Südhalbkugel gibt es entsprechend den Wendekreis des Steinbocks (tropicus capricorni). Das Gebiet zwischen den Wendekreisen nennt man deshalb Tropen. Ein witziges Detail dazu ist, das die Sonne heute an den betreffenden Tagen gar nicht mehr in dem Sternbildern steht, nach denen die Wendekreise in der Antike benannt wurden. Vielmehr war das beim Wendekreis des Krebses zwischenzeitlich das Sternbild der Zwillinge und ist (seit 1990) heute Stier. Beim Wendekreis des Steinbocks ist es heute Schütze – die Bezeichnungen sind aber dennoch seit der Antike beibehalten worden.

(*2) Wir haben den kompletten Flaggensatz des internationalen Flaggenalphabetes ( https://www.esys.org/esys/flagalph.html ) an Bord, aber nur die schlicht gelbe „Q“-Flagge werden wir wohl häufiger benötigen. Wie alle anderen hier auch, zeigen wir sie über der Gastlandsflagge der Kapverden an Steuerbord. Unsere österreichischen Freunde werden uns hoffentlich diesen aus österreichischer Sicht offenbar schweren Mangel an guter Seemannschaft (so jedenfalls laut einer aufmerksamkeitstarken Diskussion in der österreichischen Yachtrevue ) irgendwie verzeihen, denn demnach würde er auf die andere Seite des Schiffes unter die Backbordsaling gehören. Die Deutschen sind da übrigens nicht wirklich besser: anders als international üblich muss nämlich (theoretisch) in Deutschland nach § 4a und Anlage 2 ZollV statt gelben „Q“ als „Zollstander“ der dritte Hilfsstander des Flaggenalphabetes (dreieckig weiß mit waagerechtem schwarzem Streifen) gezeigt werden 😳🤣.

Auf zu den Kapverden

Die Leinen sind los, wir sind unterwegs zu den Kapverden. Die nächsten Tage wird es dann also keine Fotos geben können, ab und zu vielleicht eine Statusmeldung über IridiumGo.

Aber noch haben wir Empfang. Der Start von La Gomera ist uns garnicht mal so leicht gefallen. Die Insel ist schön und wir haben eigentlich nur wenig von ihr gesehen. Vor allem aber haben wir ziemlichen Respekt vor der Fahrt zu den Kapverden. Vor dem Hafen empfängt uns viel Wind, wieder gut 35 kn in den Böen, aber dieses Mal mit achterlicher Welle, alles gut. Soll auch im weiteren Verlauf etwas abnehmen.

Ziel ist die Insel Sal. Da wollten wir sowieso hin, aber jetzt sogar mit Fracht 😉. Marga (wohnt auf Sal) hatte uns gefragt und es passt ja ganz gut. Jetzt hängt ein zweiter Außenbordmotor am Heck, Jochen von der Stressless hat ihn uns für Jonna von der Tangaroa mitgegeben, die zur Zeit vor Palmeira auf Sal ankert. Wenn alles glatt geht, können wir ihn Donnerstag abliefern. 🤞