Sitka, Totems, Adler und Raben. Und: was man in Alaska braucht …

… aber bisher nicht auf unserer Ausrüstungsliste stand ist auf alle Fälle “Bärenspray”. Haben wir also ergänzt. Im Grunde ist der Helfer in Form eines kleinen Feuerlöschers 🧯 nichts anderes als Pfefferspray, das allerdings gut 10 m weit sprüht und selbst Grizzlybären in die Flucht schlagen soll. Das möchten wir natürlich gar nicht ausprobieren und die weitere Empfehlung, bei Wanderungen durch den Wald zu singen oder sich laut zu unterhalten (vor allen an nicht einsehbaren Ecken) ist sicherlich auch bärenfreundlicher. Eigentlich stehen wir nämlich nicht auf der Speisekarte der bis zu knapp 700 kg schweren Pelztiere, die dem Menschen gegenüber eher scheu sind. Trotzdem, wenn sie überrascht werden, Jungtiere bei sich haben oder sich beim Fressen gestört fühlen kann es schon zu Angriffen kommen. Sehen würden wir die Bären nur allzu gerne und wir haben gelesen, dass dies vom Wasser aus am besten möglich ist. Wasserseitig fürchten sie keine Gefahr und zeigen daher weniger Fluchtreflexe. Passt doch.

Das Spray ist ab jetzt bei Wanderungen dabei. Baranof Island, die Insel auf der Sitka liegt, hat nämlich mit die höchste Bärendichte weltweit. Auf eine Quadratmeile soll hier ein Bär kommen.

Da sehen die öffentlichen Mülltonnen dann schon mal so aus und haben einen tatzensicheren Verschluss:

Also ist das Spray am Gürtel, als wir unseren ersten längeren Spaziergang machen. Zunächst geht es durch den Ort Sitka hindurch. Das Zentrum ist erwartungsgemäß überschaubar, einige wenige Straßen vom Totem Square aus rund um die russisch-orthodoxe Kirche St. Michael.

Die Kirche wirkt wie eines der letzten Überbleibsel der russischen Zeit, vor der Verkauf Alaskas an die USA 1867. Allerdings: das Original der Kathedrale (denn Sitka ist Sitz der Diözese) brannte 1966 ab, der originalgetreue Nachbau wurde 1978 eingeweiht.

Ein paar hundert Meter weiter lockert die Bebauung schon wieder auf, zwei, drei weitere Kirchen folgen, dann schon wieder einzeln stehende (Holz-)Häuser. Im Eindruck beherrscht aber schon wieder die Landschaft, zumal die Ebbe bei dem hier bestehenden Tidenhub von heute 3,30 m nochmals besondere Akzente setzt.

Am Ufer entlang führt der Weg zum Sitka National Historic Parc. Im Grunde nicht viel anderes als der nordische Regenwald, der hier große Teile der Landschaft bedeckt, nur dass hier gepflegte Spazierwege durch diesen Wald führen, sodass wir ihn bequem für uns entdecken und bewundern können.

Und eine große Besonderheit weist der Weg auf: Historische Totempfähle.

Wobei ein Totem nicht ganz einfach zu lesen ist. Die stilisierten Symbole stehen nicht einfach wie Hieroglyphen für einen Buchstaben, ein Wort oder eine Begebenheit. Vielmehr haben sie eine Vielzahl an Bedeutungen, die sich in ihrer Komplexität des einzelnen Totems nur gemeinsam mit der Geschichte der Entstehung des Totems, seines Schnitzers und seines Eigners ergibt.

Selbstverständlich standen Totempfähle ursprünglich nicht einfach entlang eines Waldpfades. Sie wurden vielmehr oft in Dörfern nahe des Ozeans so aufgestellt, dass Reisende sie vergleichsweise einfach sehen konnten. Damit wurde das Prestige des Eigners gesteigert und zugleich an Personen, Ereignisse oder Legenden erinnert.

Und diese hier stammen eigentlich nicht einmal aus Sitka. Vielmehr hat der damalige Gouverneur von Alaska die Skulpturen gesammelt und sie auf zwei Weltausstellungen Anfang des 20. Jahrhundert präsentiert, um auf Alaska aufmerksam zu machen. Ab 1906 wurden sie dann hier am Weg aufgestellt. Allerdings: die meisten der Skulpturen sind inzwischen Replikas, Neuschnitzungen nach dem Vorbild der inzwischen verrotteten Originale. Zumeist werden diese vor Ort von einem der wenigen Tlingit oder Haida gefertigt, die diese Kunst noch beherrschen.

Die stilisierten Symbole auf den Totems – zumeist Tiere – sind mal einfach zu erkennen, mal für Nichtkenner kaum zu erraten. Einige werden im sehenswerten Sheldon Jackson Museum erläutert, dem wir auf dem Rückweg unserer 12 km Wanderung einen Besuch abstatten. Hier werden Alltags- und Kunstgegenstände der „First Nations“ Alaskas ausgestellt. Nicht nur der Tlingit und Haida, die hier um Sitka heimisch sind, sondern auch der übrigen Stämme Alaskas.

Adler und Rabe haben zudem noch die Bedeutung, dass sie jeweils für einen der beiden Clans (Moieties) stehen, in die sich sowohl Tlingit als auch Haida aufteilen. Ob man Adler oder Rabe ist, entscheidet sich dabei nach der mütterlichen Linie, man bleibt es ein Leben lang. Den Moities werden unterschiedliche Fähigkeiten und Charaktere zugeordnet, ein weiterer Aspekt auf den jeweiligen Totems. Eine religiöse Bedeutung im Sinne eines Heiligtums oder einer Anbetung hatten die Totems übrigens nicht, die abgebildeten Tiere dagegen teilweise schon.

Der majestätische Weißkopfseeadler und auch der intelligente, wunderschön schwarz-blau glänzende Rabe sind hier übrigens so häufig, dass wir Vertreter dieser beiden Vogelarten wirklich jeden Tag sehen.

Aber welchen Charaktereigenschaften das bei uns beiden entsprechen würde …

😚