24 Stunden Kolumbien

Heute Mittag werden wir auf der Funke gerufen. Jedenfalls vermuten wir, dass sie mit “velero Providencia” uns meinen. In der Ankerbucht ist außer uns kein Schiff, weiter draußen liegen drei kleine Frachter auf Reede. Wir melden uns als Flora. Dann ist einen Augenblick Stille, danach der Anruf auf englisch an uns.

What are your intentions?

Wir machen nur Pause auf dem Weg von Mexiko nach Panama, heute Nachmittag um drei fahren wir weiter, gehen nicht an Land.

O.k., dann gute Fahrt. Somit haben wir für unseren Zwischenstopp hier in Kolumbien 🇨🇴 jedenfalls den offiziellen Segen des Port Captain. das freut uns, müssen wir also kein schlechtes Gewissen haben.

Und so sieht unser Ankerplatz im Naturhafen aus: im Hintergrund links Isla de Providencia, rechts die viel kleine Isla Santa Catalina, vor unserem Bug sind die beiden mit einer bunt an die Landesfarben angelehnt bemalten Fußgängerbrücke verbunden.

Diese “Brücke der Liebenden” überspannt einen kleinen Kanal. Der wurde wohl von den Freibeutern (englische Sicht) bzw. Piraten (spanische Sicht) um Henry Morgan angelegt oder vergrößerst, um seine Festung auf Santa Catalina besser verteidigen zu können.

Bunt ist auch die Geschichte von Morgan selbst: Ein bisschen Schwierigkeiten bekam er auch von englischer Seite, weil einige seiner Überfälle auf spanische Städte in der Karibik stattfanden, nachdem England und Spanien offiziell Frieden geschlossen hatten. “Nur Kommunikationsprobleme”, und nachdem England die Spanier mit der Verhaftung Morgan’s beruhigt hatte, wurde er begnadigt und später für seine Verdienste geadelt, Sir Henry Morgan. Als Vizegouverneur von Jamaika war er dann auch für die gerichtliche Verfolgung von Piraten zuständig und übte dieses Amt ziemlich repressiv aus. Nur gibts da ja einen Definitionsunterschied zwischen Piraten 🏴‍☠️ und Freibeutern mit offiziellem Kaperbrief des (englischen) Königs.

Noch ein paar Bilder vom Ankerplatz:

Für uns geht es heute Nachmittag also weiter Richtung Bocas del Toro in Panama. Rund 250 sm, wir kalkulieren 40 Stunden, da wir am Ende vermutlich wenig Wind haben werden. Um Freitag früh da zu sein und noch vor dem Wochenende einklarieren zu können, werden es zwei Nachtfahrten.

Auch hier gibt es wieder die “Flüsse im Meer” mit ihren kräftigen Strömungen zu beachten, insbesondere den Kringel vor der Küste von Panama. Aber jedenfalls sollten wir keinen starken Gegenstrom haben, sondern auf unserem Generalkurs Süd nur ein bisschen hin und her geschoben werden.

Pura Vida.

Schwierige Planung

Wir wollen mal wieder einen großen Schlag machen. Richtung Panama soll es gehen. Von hier (Puerto Morelos in Mexiko) ist das mit ein paar kniffligen Entscheidungen verbunden.

Das beginnt schon mit dem Ziel. Nahe an der Route liegen Isla de Providencia und St. Andres. Beide gehören zu Kolumbien, obwohl sie deutlich näher an Nicaragua liegen. Als Zwischenstopp bieten sie sich an. Laut Noonsite sind sie auch offen. Allerdings hat Kolumbien zu Jahresbeginn die Einreisebestimmungen geändert und in den sozialen Medien kursieren widersprüchliche Angaben. Sicher ist, dass wir zum Einklarieren einen Agenten benötigen würden. Wir schreiben den für Isla de Providencia an, bekommen aber auf unsere Email keine Antwort. Im Zweifel müssen wir halt nach Panama weiter segeln, wenn wir in Isla de Providencia nicht einklarieren können.

Der zweite Punkt ist nicht weniger knifflig.

Haie, Stürme, Piraten. Das sind oft die ersten Assoziationen von Freunden an Land mit unserer Segel-Langfahrt. Über die spannenden und schönen Begegnungen mit Haien haben wir ja berichtet. Stürme haben wir bisher weitestgehend vermieden, indem wir ihre saisonalen Gebiete (vor allem den Hurrican-Gürtel) eben in der Saison meiden. Und mit Piraten hatten wir bisher nichts zu tun. Das soll sicher so bleiben, deshalb wollen wir der Flachwasserzone im Grenzgebiet zwischen Honduras und Nicaragua nicht einmal nahe kommen. Dort hat es in der Vergangenheit einige Vorfälle gegeben, bei denen sich Fischer als Gelegenheitspiraten betätigt haben. Happige 200 sm Abstand von der Küste werden hier empfohlen. Wir haben hier in Mexiko die nette Crew eines Bootes kennengelernt, dass da gerade dicht unter der Küste trotzdem unbehelligt durchgefahren ist, aber das ist absolut nicht unser Ding. In der Planung setzen wir statt dessen sogar noch einiges drauf, machen einen Riesenumweg und bleiben noch weiter von dem (schraffierten) Gebiet weg, obwohl der direkte Kurs unmittelbar hindurchführen würde:

Die Caiman-Islands bleiben an Backbord und etwa auf der Hälfte zwischen ihnen und Jamaika biegen wir nach Süden ab, um dann einen weiten Bogen nach Südwesten zu schlagen. Der Grund dafür liegt neben einem eigenen „Sicherheitszuschlag“ mal wieder an den Strömungsverhältnissen.

Die karibische Strömung (rote Pfeile) schlängelt sich nämlich von Süden kommend um diese Bank herum, bevor sie dann hier oben im Osten Yucatans zu voller Stärke heranreift und den Golfstrom befeuert.

Den allerdings müssen wir gleich zu Beginn einmal mehr queren. Dazu muss also auch der Wind passen, nicht nur um uns voranzubringen, sondern auch um nicht mit Wind gegen Strom allzu chaotische Wellen aufzuwerfen.

Mal sehen, ob unser Kompromiss gut genug gewählt ist. Morgen früh geht es los. 700 sm bis Isla de Providencia, weitere 250 sm bis Panama. Eventuell also knapp 1.000 sm am Stück.

Drückt uns die Daumen, wir werden jetzt also eine knappe bis ganze Woche erstmal Offshore sein. Da freuen wir uns drauf.

Pura Vida.