Fakarava, Südpass. Driftschnorcheln und Wingsurfen.

Von Tahanea nach Fakarava segeln wir bei gutem achterlichen Wind in einem Tag. Die Tiden für die Pässe passen gut, um halb acht gehen wir kurz vor Niedrigwasser aus Tahanea raus, gegen 15.00 Uhr um Hochwasser herum in den Südpass von Fakarava hinein.

Wir ankern gleich um die Ecke vom Südpass. Der Ankerplatz ist bei den Bedingungen zwar nicht optimal, es steht ganz gut Welle und Flora schaukelt kräftig. Aber für eine Nacht ist das erstmal ok.

Am nächsten Morgen fahren wir dann bei Niedrigwasser mit dem Dinghy durch den Südpass hinaus, springen ins Wasser und lassen uns von der einsetzenden Flut schnorchelnd wieder in die Lagune treiben. Beim ersten Mal ganz langsam, beim zweiten schon etwas schneller und beim dritten Mal mit ordentlich Speed. Es ist wunderschön.

Quasi ohne eigene Bewegung werden wir im klaren Wasser über die Korallen am Rande des Passes geschoben, können im Vorbeigleiten die Vielfalt an Rifffischen bewundern.

Der Pass ist für seine vielen Haie bekannt. Im flacheren Wasser an der Seite des Passes zeigen sich allerdings bei unseren Driftschnorchelgängen nur Schwarzspitzenhaie.

Anders sieht es unten am Grund in der Mitte des Passes aus. Von hier oben sehen wir nur schemenhaft die Konturen, aber die große Anzahl der zumeist fast regungslos in der Strömung stehenden Haie beeindruckt schon beim Schnorcheln. Das macht richtig Lust auf den einen Tauchgang hier an der bekannten “Wall of Sharks”.

Das muss allerdings noch warten, denn nach dem Schnorcheln holen wir erst einmal den Anker auf und fahren weiter in die bei diesen immer noch starken SE-Winden deutlich besser geschützte Südostecke des Fakarava-Atolls.

Hier liegt Flora deutlich ruhiger. Außerdem gibt es hier, versteckt hinter den Palmen auf der Landspitze, die kleine Surf-Schule “Kite Tuamotu”. Adrien bietet auch Wing-Kiten an, und das möchte ich gerne ausprobieren.

Gemeinsam mit Pierre von der “Viva” mache ich die ersten zwei Schnupperstunden.

Photo Credit: Marie & Pierre, S/V Viva

Das Board, das am Strand (und perspektivisch vergrößert im Vordergrund) noch recht massiv aussieht, entpuppt sich im Wasser als extrem kippelig. Der in der Hand gehaltene dreieckige Flügel, am Strand bei Trockenübung noch leidlich bedienbar, scheint jetzt mit wildem Eigenleben ausgestattet. Der eigene Körper ist der Mast und die Arme sind die Schoten, die Beine und Hüfte gleichzeitig auch noch das Steuerruder, das möchte alles koordiniert werden. Da bleibt dem Anfänger (mir!) nicht mehr viel Kapazität für das Halten des Gleichgewichts. Entsprechend anstrengend ist es, immer wieder nach dem Sturz die Sicherungsleinen von Board und Kite zu sortieren und zurück auf das kippelige Board zu klettern. Fahre ich zwischendurch doch mal ein paar Meter im Stehen, wird es auch gleich ziemlich schnell. Beim nächsten Sturz weiß man dann Prallschutzweste und Helm sehr zu schätzen.

Nach den zwei Stunden bin ich völlig erledigt, habe aber auch ein breites Grinsen im Gesicht. Also am nächsten Tag gleich noch einmal. Geht schon etwas besser, ab und zu beginnt das Board sogar zu foilen, sich also von der Wasseroberfläche zu lösen und nur auf den Unterwasserflügeln zu gleiten. BEGINNT, denn eine Zehntelsekunde später liege ich wieder im Wasser. Den Übergang zum Foilen hinzukriegen, das schaffe ich in meiner zweiten Doppelstunde noch nicht. Ganz sicher bin ich kein Naturtalent. Aber mit etwas (bzw. sehr viel) Übung muss das Wingsurfen möglich sein. Egal, wieder bin ich platt – aber glücklich.

Da wird wohl ein neues Spielzeug fällig.

😊

Doppelpass. Auf das Timing kommt es an.

Nicht bei der Fußball-Europameisterschaft, sondern in den Tuamotus. Wir segeln von Makemo zu unserem dritten Atoll, Tahanea.

Das liegt südwestlich von Makemo. Von unserem schönen Ankerplatz am Punaruku-Motu tasten uns deshalb erst einmal weiter nach Westen und ankern in der Nähe des Westpasses von Makemo.

Eigentlich würden wir gerne vor unserer Weiterfahrt noch einen Driftschnorchelgang durch den Pass machen. Allerdings hat der Wind inzwischen aufgefrischt, draußen hämmert inzwischen auch hier in Lee die Brandung auf das Riff. Die Bedingungen sind nicht mehr ideal und in der Stillwasserphase wollen wir ja schließlich mit Flora durch den Pass.

Während wir noch auf das Stillwasser warten, segeln unsere Freunde Judy und Todd mit ihrem Katamaran Galileo schon unter Vollzeug durch den Pass. Das gibt mir die Gelegenheit, ihre Passdurchfahrt mit der Drohne aufzunehmen.

Hier der Link zum Video.

Wir folgen ihnen etwas später, allerdings nehmen wir die Segel erst nach dem Pass hoch. Und überhaupt, was heißt hier DIE Segel: genau genommen ist es nur ein Fitzelchen der Fock, das wir ausrollen. Damit segeln wir dann mit knapp 3 kn durch den Nachmittag und die Nacht. Schließlich folgt auf den Pass von Makemo der Pass von Tahanea. Dazwischen liegen nur knapp 50 Seemeilen und – entscheidend für unser absichtlich langsames Segeln – in Tahanea können wir erst gegen 7:00 Uhr morgens einlaufen. Rund 17 Stunden nachdem wir Makemo verlassen haben. Der Doppelpass wird also ausnahmsweise nicht schnell gespielt, sondern gaaaaanz sutje.

Und das klappt ganz gut. Die Passage ist mit so wenig stabilisierender Fahrt im Schiff etwas rollig, aber das Timing passt perfekt und so laufen wir bei Stillwasser in Tahanea ein. Mit dem Track unserer Freunde von der Nomad (danke!) geht’s dann durch die Lagune in die Südostecke des Atolls. Hier, im Schutz der palmenbestandenen Motus, wollen wir die für die nächsten Tage angekündigten kräftigen Winde abwettern.

Also richten wir uns darauf ein, hier ein bisschen zu bleiben. Es ist ein toller Ankerplatz mit gutem Sandgrund und relativ wenigen Bommies. Die Ankerkette müssen wir aber trotzdem “floaten”.

Immerhin sind es aber genug schöne Korallenköpfe, um nahe beim Boot im klaren Wasser ausgiebig schnorcheln zu gehen. Auch hier gibt es wieder eine Vielzahl von eingewachsenen Riesenmuscheln mit ihren faszinierend unterschiedlichen Farben und Mustern.

Und es lohnt sich, länger hinzuschauen und auf die kleinen Dinge zu achten. Weihnachtsbaumwürmer (genau genommen nur deren herausgestülpte Kiemen) finden sich, …

… bewegt sich in ihrer Nähe das Wasser, ziehen sie sich blitzschnell in die Korallen zurück. Ähnlich halten es viele der kleinen Riffbarsche, wie zum Beispiel die schwarz-weißen Preußenfische oder die blau-grünen Chromis/Schwalbenschwänzchen:

Sogar eine wunderschöne Chromodoris entdecken wir, es istfür uns die erste dieser äußerst farbenfrohen Meeresschnecken.

Immer wieder etwas Neues. 😊

Minenfeld oder Sternenhimmel? Atoll-Navigation in Raroia/Tuamotus.

Wir sind in den Tuamotus angekommen. Der letzte Teil der dreitägigen Passage war wunderschön, herrlicher Segelwind, relativ ruhige See, blauer Himmel, Sonnenschein. Und ein Sonnenaufgang zum Innehalten und Niederknien:

Wir legen tatsächlich eine Pause ein, denn trotz drittem Reff im Großsegel und sogar gereffter Fock sind wir ein bisschen zu früh vor Raroia. Erst gegen 9:00 Uhr soll Hochwasser im Pass sein, bis dahin müsste die Tide auflaufen. Stillwasser oder leicht ablaufende Tide wäre ideal für die Einfahrt in die Lagune.

Also drehen wir bei. Für Nichtsegler: dieses Manöver ist eigentlich für Starkwind und entsprechende Wellen gedacht, um sich eine Ruhepause zu verschaffen, etwas zu Essen zu kochen, eine Böe durchziehen zu lassen oder ähnliches. Mit dichtgeholten Segeln geht das Boot durch den Wind, danach gibt man sofort Gegenruder und setzt das Steuer fest. Die Fock steht dann back (bekommt also den Wind von der falschen Seite). Dadurch stabilisieren die Segel das Boot, sorgen aber kaum für Vortrieb. Das Boot driftet nur ganz langsam ab.

Jetzt, bei nur 10 kn Wind, müssen wir ein bisschen mit den Segelgrößen vor Vorsegel und Groß spielen, bis wir eine passende Einstellung gefunden haben, aber es klappt.

Flora parkt praktisch ein und wir können den Sonnenaufgang und den langsam blauer werdenden Himmel ausgiebig bewundern.

Etwa eine Stunde lang treiben wir so dahin, dann zeigt das AIS die “Elin” (zufällig ein Schwesterschiff der Flora) bei der Einfahrt in den Pass an, vor dem sie schon einige Zeit gewartet hatte. Eigentlich wäre es noch 2 Stunden zu früh dafür, aber die Elin wird im Pass deutlich langsamer statt schneller. Also schon ablaufendes Wasser? Auf die Tidenzeiten ist hier wirklich kein Verlass, zu leicht können lokale oder wettertechnische Besonderheiten die Zeiten durcheinander wirbeln.

Na dann los. Abgesehen von den Brechern auf dem Riff direkt neben der Fahrrinne macht der Pass einen befahrbaren Eindruck und tatsächlich haben wir nur kurzzeitig 3 kn Gegenstrom. Dann sind wir drin in unserer ersten Lagune der Tuamotus. Das Aufatmen muss aber noch warten, die Anspannung bleibt erst einmal hoch.

Der Grund dafür sind die Korallenköpfe (auch “Bommies” genannt), mit denen die meisten Lagunen der Tuamotus gespickt sind, auch die Lagune von Raroia. Die (aktuelle) C-Map Timezero-Seekarte auf unserem Furuno-Plotter ist ist übrigens hier völlig unbrauchbar, sie zeigt in der Lagune lediglich eine gestrichelte graue Fläche an.

Spannend ist dagegen ein Satelliten-Blick auf Raroia, etwa bei Google Earth:

Was auf den ersten Blick wie ein Sternenhimmel oder die Hautzeichnung eines Walhais wirkt, ist in Wirklichkeit ein navigatorisches Minenfeld. Fast alle der weißen Punkte in der Lagune sind Bommies, ein paar kleine Wolken sind auch dabei. Die Korallenköpfe sind deshalb so hell und sichtbar auf dem Satellitenfoto, weil sie aus der Tiefe bis dicht unter die Wasseroberfläche ragen, drüber fahren mit dem Segelboot unmöglich.

Erschwerend kommt hinzu, dass jetzt am frühen Morgen die noch tiefstehende Sonne nicht hilfreich ist, um Bommies vom Steuerstand des Bootes aus zu erkennen. Und, dass der Ankerplatz im Nordosten liegt (zur Erinnerung: wir sind auf der Südhalbkugel, die Sonne wandert von Ost über Nord nach West)! Oh, hatte ich erwähnt, dass der Wind pünktlich zur Einfahrt auf gut 20 Knoten hochgegangen ist?

So zeigen sich Bommies in natura (Bilder von heute aus Raroia):

Mit der Sonne im Rücken, gut zu sehen trotz Wellen:

Mit einer Wolke vor der Sonne und eher seitlich, na ja:

Gegen die Sonne, keine Chance:

Sind wir also Glücksritter oder Hasardeure, wenn wir da trotzdem durchfahren?

Wir meinen: nein. Woran liegt’s?

Satellitenbilder lassen sich dankenswerterweise auch zur Navigation verwenden. Das Satellitenoverlay bei Navionics auf unseren iPads zeigt die Bommies in der Seekarte sehr gut an (und anders als etwa Sandbänke verlagern die langsam wachsenden Korallenköpfe ihre Position eher selten).

Hinzu kommt: wir sind ja nicht die ersten, die sich hier hinein tasten. Die gelbe Linie ist ein Track anderer Segler. Wir folgen ihr nicht sklavisch, aber sie bietet eine gute Orientierung. Wer unseren Track (als GPX-Datei) haben möchte, möge sich einfach bei uns melden.

Tipp: man kann in Navionics auch gut vorab im Satellitenoverlay eine Route erstellen (dabei Wolkenzonen meiden) und speichern. Die lässt sich dann auch ohne Satellitenoverlay nutzen, was manchmal besser zu erkennen ist. Mit Internetempfang (Starlink?) lässt sich auch direkt in Google Earth navigieren. Wer lieber in zuvor heruntergeladenen Satellitenbildern navigiert, kann das in OpenCPN tun. Das läuft allerdings nicht auf dem iPad, dort funktioniert aber zum Beispiel SeaIQ (ist unser Backup).

Die Fahrt durch Raroia zum Ankerplatz hat jedenfalls problemlos geklappt, wir konnten zu den einzelnen Bommies jeweils einen Sicherheitsabstand von geschätzt mindestens 40 m einhalten. Das Minenfeld ist ein bisschen entschärft.

Auf Noforeignland findet sich ja unsere gesamte Reiseroute, dort sieht unser Track vom Beidrehen bis zum Ankerplatz in Raroia so aus:

Am Ankerplatz gibt es noch eine kleine Herausforderung, das erste “Floaten” der Ankerkette mit den Perlfarmbojen aus den Gambier. Klappt aber dank der vorbereiteten Karabiner zum Einklicken in die Kette ganz gut.

Nebenbei, auch das Abschnorcheln des Ankers wird ein besonderes Erlebnis, denn Raroia hält ein tierisches Begrüßungskomitee für uns bereit:

Wir zählen bis zu 8 Schwarzspitzenhaie gleichzeitig direkt an der Flora. Und das, bevor wir den unterwegs gefangenen Skipjack-Tuna für das Abendessen zubereitet haben (mit Kartoffelspalten, Rotkohl-Sternfrucht-Salat und Mangochutney).

Lässt sich aushalten hier. Mit Sandstrand, Palmen, türkisfarbenem Wasser und überhaupt: leuchtenden Farben. Wow.

Und jetzt gerade gibt’s übrigens einen tollen Sternenhimmel. ÜBER der Lagune.

😊

Passage Gambier – Marquesas, Tag 2

Der Sonnenschein hält sich nur bis zum Mittag, dann ziehen dunkle Wolken auf. Die chaotische See und der kräftige Wind aber bleiben und begleiten uns durch die Nacht.

Im Dunkel passieren wir auch das zweite Atoll auf unserer Route. Die etwa 12 Seemeilen lange Île Reao können wir aber ebensowenig ausmachen wie in der Nacht zuvor das Atoll Marutea. Beiden weichen wir allerdings auch jeweils mit einigem Respektabstand aus, denn sie liegen genau auf der direkten Route zwischen den Gambier und Fatu Hiva. Und noch etwas eint diese beiden Atolle: keines von ihnen bietet einen für uns befahrbaren Pass in die Lagune. Außen am Atoll zu Ankern kommt ebenfalls nicht in Frage. Viel zu steil fällt der Meeresgrund ab, quasi direkt am Riff geht es hinunter auf über 1.000 Meter Tiefe.

Nicht ohne Grund lautet ein Beiname der Tuamotus “Dangerous Islands”. Schon tagsüber sind die niedrigen Inseln nur schwer zu erkennen. Nachts und mit der ungenauen Positionsbestimmung vergangener Zeiten waren sie ein Albtraum für viele Seefahrer, zumal das Handlot noch keine Tiefe fand während das Schiff fast schon auf dem Riff strandete. Wenn die Besatzung die Brandung sah und (gegen den Wind) hörte, war es oft schon zu spät, zumal hier auch noch kräftige Strömungen setzen können.

Genaue Positionsbestimmung mit GPS hat dem Segeln durch die Tuamotus viel von seinem Schrecken genommen, aber es bleibt ein schwieriges Revier. Da, wo ein Pass eine Laguneneinfahrt ermöglicht, sind die kräftigen Strömungen zu beachten. Und leider halten die sich nicht unbedingt an den Tidenkalender. Bei starken Winden strömt über das Riff Wasser in die Lagune, die Ebbströmung ist deshalb häufig viel stärker als die Flut, es kommt nach solchen Wetterlagen im Pass sogar vor, dass auch zu “Flut”-Zeiten Ebbstrom herrscht.

In der Morgendämmerung dreht der Wind, kommt jetzt mehr von vorn, Flora läuft jetzt auf einem Amwindkurs. Damit fällt für uns auch die Entscheidung, keinen Zwischenstopp auf dem Atoll Amanu einzulegen. Der Besuch dort wäre zwar reizvoll, würde aber auch bedeuten, etwa 300 sm Ost zu verschenken. Wenn der Wind so bleibt, müssten wir die mühsam wieder aufkreuzen.

Trotzdem schade, zumal uns kurz vor unserer Abfahrt aus den Gambier noch wichtige Ausrüstung für die Tuamotus “zugeschwommen” ist. Im zuletzt starken Wind am Ankerplatz vor Rikitea trieben nämlich mehrere irgendwo losgerissene Perlfarm-Bojen durch das Ankerfeld. Eine konnte ich mit dem Bootshaken direkt von der Flora aufnehmen, drei andere mit dem Dinghy einsammeln.

Die bewachsenen Leinenreste schneiden wir ab, neue Leinen mit extra schon in Mexiko gekauften Karabiner kommen dran.

Das macht es einfacher und schneller, die Perlfarmbojen beim Ankern an der Kette zu befestigen und beim Ankeraufgehen wieder zu lösen. Beim Ankern in den Atollen des Tuamotus muss nämlich häufig ein Teil der Ankerkette angehoben werden (“Floating”), damit der Anker sich in einem Sandfleck eingraben kann, ohne dass die Kette die in der Nähe wachsenden Korallen beschädigt oder sich sogar um sie herumwickelt. Man kann das mit Fendern machen, aber die mögen weder den Dauerdruck unter Wasser noch den einher gehenden Bewuchs. Deshalb bieten sich die robusten Perlfarmbojen an.

Unser erstes “Floating”-Ankermanöver wird jetzt aber noch warten müssen, in den Marquesas ist diese Ankertechnik nicht nötig. Nach den Marquesas geht’s für uns aber in die Tuamotus, aufgeschoben ist also nicht aufgehoben.

Etmal 164 sm, gesamt auf dieser Passage 339 sm, verbleiben noch 441 sm bis Fatu Hiva auf dem Marquesas.

Essen: Nudeln mit Pesto und frischer Tomate (das Versorgungsschiff war kurz vor unser Abfahrt in Rikitea😊).

Tag 21 der Passage von Mexiko nach Französisch Polynesien

Drei Wochen auf hoher See.

Die ganze Nacht durch und bis jetzt weiter mit Passatbesegelung unterwegs. Zeitweise wieder sehr langsam, aber inzwischen hat der Wind auf 10-13 kn zugenommen und es ist „Champagnersegeln“. Allerdings muss der Alkohol noch ein paar Tage warten.

Das dicke Gewitterband scheint sich vorhersagegemäß zu entwickeln, also endlich aus dem Weg zu ziehen. Im Ernst, 350 km breit, das wäre falls unvermeidbar beim Durchsegeln eine ziemliche Nervenanspannung gewesen. So schön dieses Wetterphänomen aus der Entfernung auch anzuschauen ist, unmittelbar drin zu sein ist selten angenehm. Auf See schon erst recht nicht, wenn der Mast des eigenen Bootes weit und breit die höchste Erhebung ist und sich den Blitzen entgegenzustrecken scheint.

Neben den Französisch-Lektionen ist jetzt auch das Üben des Hantierens mit dem Sextanten angesagt. Da ich ja kein Nautisches Jahrbuch dabei habe, hat das Spielkind in mir nach anderen Lösungen gesucht und tatsächlich eine wunderbare App gefunden: „Circle of Position Navigation“. Dort kann ich meine Sextant-Messungen eingeben. Die sekundengenaue Uhrzeit dazu muss natürlich ebenfalls eingetragen werden, Wiebke ist also ebenfalls eingebunden. Wenn ich bei der Sextant-Messung „jetzt“ rufe, macht sie ein Bildschirmfoto der UTC-Zeit auf der „AtomUhr“-App.

😊

Hört sich albern an? Ist es wohl auch. Aber die sekundengenaue Zeit vom GPS-Plotter abzulesen ist wäre vielleicht noch sinnfreier, wenn der Sextant als Backup für den Fall eines gestörten GPS-Systems dient.

Wie auch immer, die Messungen mit dem altertümlich anmutenden mechanischen Sextant machen Spaß und die digitale (offline-)Auswertung zeigt, dass bei diesen vergleichsweise ruhigen Bedingungen selbst ein Anfänger doch ganz beachtliche Positionsbestimmungen hinbekommt.

Der für den Sextanten ermittelte Indexfehler wird noch korrigiert, die Höhe der Betrachtung eingegeben (2m über Wasserspiegel).

Jede Messung des Winkels der Sonne zum Horizont wird in eine Standline in Form eines Kreises umgerechnet. die zwischen den Messungen versegelte Strecke und Richtung wird ebenfalls eingegeben und einer der Schnittpunkte der beiden Kreise ist der ermittelte Standort. Da wir wissen dass wir auf der Südhalbkugel sind, kommt nur dieser in Frage. Das Programm bereitet es auch optisch sehr nett auf:

Und der so ermittelte Schiffsort liegt tatsächlich nur 14 Seemeilen von unserer tatsächlichen Position laut GPS entfernt. Das reicht nicht, um ein flaches Korallenatoll anzulaufen. Aber eine höhere Insel wie unser Ziel Mangareva im Gambier Archipel, mit dem über 400 m hohen Mont Duff, könnten wir damit vielleicht schon mal finden.

Gar nicht schlecht für den ersten Versuch, vielleicht aber auch nur Anfängerglück. Also weiter üben und damit hoffentlich die Genauigkeit noch verbessern. Jedenfalls Dankeschön Jan, dass Du uns den Sextanten mitgegeben hast.

Etmal 93 sm, gesamt auf der Passage bisher 2.750 sm, verbleiben bis zur Ansteuerung von Gambier noch 310 sm.

Essen: wir probieren unser in La Paz eingekochtes Rindfleisch. Das hat gut funktioniert, sehr lecker mit Nudeln, getrockneten Paprika und frischem Weißkohl (beides ebenfalls aus La Paz). Lecker.

Tag 14 der Passage von Mexiko nach Französisch Polynesien

Beidrehen und weiter. Starlink und Strom an Bord.

What a difference a day makes, 24 little hours …

Es lebt sich immer noch schräg und trotzdem doch so viel angenehmer. 20 Grad Winddreher, statt 40 grad hoch am Wind jetzt 60 Grad voll und bei. Dazu haben Wind und Wellen etwas abgenommen. Ab und zu kommt noch eine See an Deck, aber das ist zum Glück selten geworden.

Der strahlend blaue Himmel tut ein übriges, wir sind raus aus dem “da müssen wir jetzt durch”-Modus und können wieder genießen.

Gestern Abend dagegen sah das noch ganz anders aus. Um wenigstens in Ruhe Abendbrot essen zu können, haben wir tatsächlich einfach beigedreht. Das Groß war eh im zweiten Reff und dichtgesetzt, die Fock stand voll. Durch den Wind wenden, ohne die Schoten zu fieren, danach gegenlenken und das Steuerrad (bei backstehender Fock) festsetzen. Erfolg: statt wildem Gebolze und durch die Wellen springender Flora kehrt urplötzlich eine kaum fassbare Ruhe und Stabilität ein. Keine überkommende See mehr, nur noch leichtes Rollen des Bootes in der Welle. Wir können uns an Bord unverkrampft bewegen und eben auch in Ruhe essen. Driften halt langsam ein bisschen in die falsche Richtung, das ist hier auf dem freien Ozean ja völlig unerheblich.

Nicht zu unterschätzen ist auch der psychologische Effekt dieser Erfahrung: wenn wir so einfach die Situation beruhigen können, kann es allzu schlimm ja doch nicht sein! Und dann kann es weiter gehen mit dem wilden Ritt.

Weil zu unserer Kommunikation per Starlink immer mal wieder Fragen kommen: bisher funktioniert es einwandfrei, selbst bei dem Gebolze der letzten Tage. Tarif Mobile Global, Priority Data toggle auf “on”.

Wir schalten es weiterhin zumindest über Nacht aus, indem wir es vom Strom nehmen. Manchmal auch zwischendurch am Tag. Der Grund dafür ist simpel: Starlink zieht etwa 65 Watt Strom, etwa 5 Amp pro Stunde bei 12 Volt. Hinzu kommt, dass er über den 230 Volt Inverter betrieben wird, was zusätzlich Strom verbraucht. Damit ist es unser größter Einzelverbraucher an Bord, benötigt (wenn eingesteckt) mehr Strom als etwa unser Kühlschrank oder unser unermüdlicher elektrischer Autopilot. Wir wissen von anderen Booten, dass sie ihr Starlink auf Passage trotzdem durchlaufen lassen aus der Befürchtung heraus, es würde bei Wiedereinschalten eventuell keine Verbindung herstellen können. Wir haben bisher allerdings damit keine Probleme gehabt. Es dauert nur manchmal länger, bis eine stabile Verbindung steht:

Bis zu 15 Minuten müssen wir uns schon mal gedulden. Nicht so wild. Dafür gibt’s unterwegs flottes Internet (entsprechend gute Wetterinfos), Telefonate mit der Familie und und und.

Wir haben unsere bisherigen Starlink-Erfahrungen unter diesem Link zusammengefasst und werden das dort nach der Passage sicher noch ergänzen.

Noch etwas zur Stromproduktion auf Flora: eigentlich übernehmen unsere Solarpanele die Hauptlast dieser Aufgabe. Panele von 630 WP sind fest installiert, weite 200 WP hängen wir bei Bedarf und Möglichkeit mit günstiger Ausrichtung zum Beispiel am Seezaun auf. In den zurückliegenden bewölkten und regnerischen Tagen bringen die Solarzellen allerdings nicht sehr viel. Wir mussten trotzdem nicht auf den 5 KW Dieselgenerator zurückgreifen (was bei so viel Schräglage auch nicht völlig unproblematisch wäre), weil der Silentwind Windgenerator a Floras Heck quasi Idealbedingungen hatte und gut produzierte. Oft ungeliebt wegen der Geräuschentwicklung älterer Anlagen am Ankerplatz, ist der Windgenerator auf Seepassagen für uns eine hervorragende Ergänzung.

Etmal 156 sm, gesamt auf dieser Passage 1.960 sm, rechnerisch bis Gambier noch 1.340 sm.

Es geht voran. Vorbereitungen und Abschiedsfeier.

Das Warten auf das Wassermacher-Ersatzteil geht weiter, die Lieferung verzögert sich nochmal. Aber wir haben gut zu tun. Immerhin ist das neue Anemometer für die Windanzeige angekommen, also kann ich es oben im Masttop austauschen und bei der Gelegenheit auch gleich das Rigg vor der Passage noch einmal ausgiebig kontrollieren.

Und wo ich das Sicherheitsgeschirr schon mal draußen habe, ziehen mich Jeroen und Jeanette zum Check auch gleich in den Mast ihrer Fidelis, die Amel 54 Ketch sieht von oben doch auch ganz gut aus:

Spieleabend auf der Fidelis.

Einkäufe in der Stadt um die ohnehin reichlichen Vorräte noch weiter aufzustocken. Und dann geht’s mit den Arbeiten auf der Flora weiter. Das etwas angegriffene Dyneema der Davits wird gekürzt und neu gespleißt, schließlich hängt unser Dinghy daran. Auf der Passage riggen wir zwar zusätzliche “Bellybands” in Form dicker Spanngurte unter dem Boden des Dingys für zusätzlichen Halt, aber die “Kran-Seile” aus Dynema tragen trotzdem die Hauptlast.

Na, das sollte vor der Pazifik-Passage wohl besser mal wieder überarbeitet werden

Wiebke näht sich nebenbei noch eine neue Bluse und ist auch fleißig am Stricken …

… ich schäle derweil mit dem “Mozart-Messer” die inzwischen etwas weit überstehende Fugenmasse des ja nun über 12 Jahre alten Teakdecks auf Normalmaß zurück. Bei dem hier noch nicht bearbeiteten Deckel des Propangaskastens sieht man ganz gut, dass es Zeit wird. Barfuß auf dem Deck spürt man den Unterschied von etwa einem Millimeter übrigens deutlich.

Die Cruiser-Gemeinschaft, allen voran Heidi von der Sonho sowie,Vicky und Kevin von der Dos Peces organisieren für die Fidelis und die Flora eine Abschiedsparty in Form eines großen Potlucks auf dem Steg in der Marina.

Ein Riesen-Dankeschön an Euch alle!

Und am Samstag kommt dann endlich auch das Ersatzteil für den Watermaker an. Die Endkappe des Membrangehäuses wird eingebaut, dann erhält das Ganze wieder an seinen Platz an der Bordwand unter unserer Koje, wir schließen alles wieder an und …

… das ausgetauschte Erdteil ist dicht. Kein sprudelndes Salzwasser mehr. Aber:

Bei dem längeren Probelauf kommt etwas Süßwasser aus dem anderen Endstopfen. Das kann doch jetzt wohl nicht wahr sein? “Zut alors!” (wir haben ja unser Sprachlernprogramm Duolingo bereits von Spanisch auf Französisch umgestellt). Also alles wieder raus, auch diesen Endstopfen ausbauen. O-Ring tauschen. Wieder einbauen. Im Betrieb immer noch ein Tropfen alle 8 Sekunden. Grrr. Aus. Erst mal das Bett richten und dann am nächsten Tag wieder frisch ans Werk.

Also heute noch mal Boot-Yoga für uns, wieder alles raus, mit einiger Mühe auch die festsitzenden Fittings im Endstopfen herausbekommen, neuer innerer O-Ring bzw. neues Teflonband für die Fittinge. Wieder anschließen, wieder testen: dicht! Hurra!

Nachdem das Chaos im Boot beseitigt ist haben wir Kaffee-Besuch von Doris und Wolf und Wiebke hat dazu sogar noch einen tollen Schoko-Kuchen gezaubert.

Damit nicht genug, auch zum Abendessen lassen wir uns gut gehen. Mal mit einem Meeresfrüchte-Turm im Claros-Fish-Jr, mal ebenso lecker auf der Flora:

Auch das ist ja irgendwie Vorbereitung auf die kommende lange Pazifik-Passage.

😊

Ruhige Tage in der Bahía de La Paz

Die Zeit vergeht. Nicht ereignislos, aber doch sehr unaufgeregt. Wir wechseln je nach Wind die Ankerplätze, sind in uns zumeist schon vertrauten schönen Buchten. Bauen auf dem Vorschiff die Hängematte auf und lassen die Seele baumeln. Schnorcheln ausgiebig, angeln, fahren mit unserem Kayak, machen Spaziergänge am Strand, genießen die spektakulären Sonnenuntergänge. Kurz, wir trödeln wunderbar herum.

Und ganz nebenbei umrunden wir die Isla Espiritu Santo und die Isla Partida erneut, dieses Mal im Uhrzeigersinn, sehen dabei wieder springende Rochen und dieses Mal auch viele Delfine.

Am Ende der Woche geht’s dann doch wieder Richtung La Paz, damit wir das eingetroffene Ersatzteil für die Windmessanlage im Masttop schon mal abholen können. Außerdem wollen wir gerne Jeanette und Jeroen (Fidelis) noch treffen, bevor sie zu den Marquesas aufbrechen.

Auf dem Weg durch das schmale betonnte Fahrwasser erleben wir an der Öl-Verladestation der PEMEX eine Überraschung. Ausnahmsweise liegt kein Öltanker an der Pier, stattdessen aber kommt uns im Tonnenstrich ein Buckelwal entgegen:

Eine zweite nette Überraschung: Die Fidelis-Crew will mit dem Aufbruch noch etwas warten. So können wir noch Zeit miteinander verbringen und vielleicht sogar gemeinsam den ersten Abschnitt Richtung Französisch Polynesien in Angriff nehmen, uns jedenfalls aber auch über die Wetterfenster und die beste Route intensiv austauschen.

Stadt bedeutet natürlich auch wieder Einkaufen, Trinkwasser kannisterweise vom Dinghysteg holen, aber auch einen schönen Restaurantbesuch und Spieleabende mit Jeanette und Jeroen.

Und sonst: beschäftigen wir uns zum Beispiel mit Nähen oder Bootsarbeiten wie der Kontrolle der elektrischen Verbindungen unserer Kühlkompressoren, die in den Tiefen unter den Bodenbrettern des Stauraums im Küchenblock eingebaut sind.

Manchmal kommen Nähen und Bootsarbeit auch gleich zusammen, wie bei der (klettbaren) Fensterabdeckung, die dafür sorgen soll, dass die flexibel einsetzbaren zusätzlichen Solarpanele auch bei einem Regenschauer hängen bleiben können.

Hier in Mexiko wäre das eigentlich nicht erforderlich, wir haben in der Sea of Cortez noch keinen einzigen kräftigen Regenschauer erlebt.

In Französisch Polynesien wird das aber ganz anders sein, da kann etwas Vorbereitung nicht schaden.

😊

Auf die Bremse getreten. Bootsprobleme in der wunderschönen Ensenada de la Partida.

Langfahrtsegeln bedeutet, sein Boot an den schönsten Ankerplätzen der Welt zu reparieren. Oder auf Englisch noch knackiger formuliert: Cruising is boatwork in exotic places.

So geht’s uns jetzt hier in der malerisch Ensenada de la Partida. Gerade noch genießen wir die Gemeinschaft der Cruiser, die sich hier eingefunden haben. Potluck am Strand, am nächsten Abend auf der “Dos Peces” von Vicky und Kevin, am Tag darauf Sundowner auf der Talion, außerdem organisiert die unermüdliche Heidi von der “Sonho” Aktivitäten wie die Dinghyfahrt zu den Höhlen an der Westseite der Insel, es gibt morgendliche Yogatreffen am Strand und einiges mehr.

Außerdem erleben wir tolle Sonnenuntergänge …

… und die Sturzflug-Orgie der Pelikane und Boobies zur Dämmerung, wenn sie auf der Jagd nach den jetzt offenbar aufsteigenden Fischen in großer Zahl und immer wieder kopfüber ins Wasser stoßen. Was für ein Spektakel.

Na klar, zwischendurch steht auch Bootsarbeit an. Ich wühle unsere Tauchsachen hervor und schrubbe das Unterwasserschiff bis zum Kiel. Jetzt sehe ich auch, worauf die Pelikane und Boobies so scharf sind. Ein großer Schwarm von etwa 25 cm langen jungen Hornhechten (“Needlefish”) mit ihrem schnabelartig verlängerten spitzen Maul sucht Schutz im Schatten der Flora.

Nach der anstrengenden Putzaktion dann mit der Restluft der Tauchflasche noch kurz den Propeller der neben uns ankernden “Fidelis” gecheckt und ein bisschen poliert. Jeroen füllt mit seinem Kompressor meine Tauchflasche gleich wieder auf, klasse. Abends spielen wir auf der Fidelis “Mexican Train Domino”. Der Wassermacher auf der Fidelis mackelt und ihre Trinkwasservorräte werden knapper, also machen wir ein bisschen mehr Wasser und bringen es ihnen hinüber. Nur: dabei springt irgendwann unsere automatische Bilgepumpe an.

Hm, das ist kein gutes Zeichen. Kurzer Check: Salzwasser in der Bilge (dem tiefsten Bereich im Inneren des Bootes). Wir suchen nach der Ursache und – wenig überraschend bei dem zeitlichen Zusammenhang – es ist der Wassermacher. Der bereitet zwar weiterhin gutes Frischwasser aus dem Seewasser, flutet dabei aber auch unser Bootsinneres mit Salzbrühe. Die läuft dann vom Wassermacher unter unserer Koje an der Bordwand hinunter in die Bilge. Zu unserem Glück wird dabei nur die seit dem Mittelmeer dort eingelagerte Gangway nass, die anderen dort gestauten Sachen sind allerdings ohnehin überwiegend in Vakuumbeuteln geschützt. Außer unserem Ersatzvorsegel. Das ist zwar trocken geblieben, kommt aber jetzt trotzdem auf die Rollanlage. Der Grund dafür ist, dass wir auf der Passage nach Französisch Polynesien lieber wieder die alte Fock aufziehen möchten. Nicht um die neue Fock mit ihren 4 kurzen senkrechten Latten zu schonen, sondern weil die alte eben keine Latten hat. Am Wind sind die Latten gut, aber (jedenfalls bei uns) führen sie auf Vormwindkurs mit ausgebauter Fock zu einer blöden Falte am Ende der Latten. Kein guter Stand und wohl auch eine ziemliche Belastung für das Segel auf einer langen Strecke. Die Falte konnten wir bisher nicht vollständig weg trimmen, daher war der Wechsel auf die alte Fock für die Passage ohnehin vorgesehen. Und wo wir den Stauraum unter unserem Bett jetzt sowieso leer machen müssen…

Eigentlich wollten wir nach den schönen Tagen hier in der Bucht mal wieder weiter segeln, aber, na ja, eben nur eigentlich.

Statt dessen wird eben unser größter Stauraum an Bord leer gemacht und das Boot damit ins Chaos gestürzt. Der Wassermacher ausgebaut, die widerspenstige Endkappe der Membranhülle mit viel Überredungskunst (und einigen Flüchen) tatsächlich doch ausgebaut. Die Leitungen werden durchgeblasen, sie sind nicht verstopft.

Das Salzwasser leckt aus dieser Kappe, allerdings an der für uns nicht auf Anhieb erklärlichen Stelle, nämlich am Produktwasserauslass entlang. Laut Troubleshooting der Bedienungsanleitung ist die wahrscheinlichste Ursache dafür ein verschlissener O-Ring in der Abdichtung. Zum Glück haben wir das Dichtungs-Set des Wassermacherherstellers als Ersatz an Bord.

Der Produktwasserauslass hat keine O-Ringe, aber sicherheitshalber erneuern wir die Teflonband-Wicklungen auf dem eingeschraubten Gewinde. Vom Fitting sind die alten Reste leicht zu entfernen, aus dem Inneren des Endstopfens dafür um so schwieriger.

Der erste Tag ist um. Leckere Zitronen-Kokos-Küchlein aus dem Bordbackofen gegen den Frust.

Der nächste Morgen: der große O-Ring außen am Endstopfen wird ersetzt, erst ohne, dann mit Vaseline eingesetzt, zwischendurch der Wassermacher jedes Mal wieder zusammengesetzt, eingebaut und ausprobiert: leckt immer noch. Der innere O-Ring im Endstopfen ist eigentlich unverdächtig, schließlich müssten wir sonst Salzwasser im Produktwasser haben. Aber auch der wird getauscht. Neuer Einbau, gleiches Ergebnis.

Den Hochdruck-Auslass für den Auslass der Salzlake bekomme ich nicht ab, weil ich den Endstopfen auf der Flora nicht vernünftig (beschädigungsfrei) einspannen kann. Aber Alex von der “Chandelle” kann helfen, gemeinsam bekommen wir dieses Fitting gelöst. Auch hier wird der O-Ring getauscht. Neuer Einbau, gleiches Ergebnis.

Wieder raus. Vielleicht hat sich innen etwas versteckt, was wir bei der Reinigung übersehen haben. Nochmal checken. Nein. Aber da, im Durchfluss der Salzlake durch den Endstopfen, direkt am Gewinde des Hochdruck-Auslasses, entdecken wir zwei klitzekleine Haarrisse.

Grr. Die verhindern die Abdichtung, das Salzwasser der Lake läuft an dem Gewinde durch und sucht sich dann den Weg des geringsten Widerstands unter der Metall-Abschlussplatte hindurch zum Loch für den Produktwasserauslass. So jedenfalls reimen wir uns das zusammen. Gemein, denn das wohl bedeutet, dass wir einen neuen Endstopfen benötigen. Der wird hier in Mexiko vielleicht nicht ganz so leicht zu beschaffen sein. Teile werden meist über San Diego bestellt, das kann dauern. Na ja, mal sehen, immerhin gibt es in La Paz einen Wassermacher-Servicebetrieb. Es könnte allerdings sein, dass wir unsere Abfahrt Richtung Französisch Polynesien doch noch wieder auf etwas später verschieben müssen.

Egal, definitiv besser jetzt und hier einen solchen Schaden feststellen als unterwegs auf der Passage!

Wir verabschieden uns jedenfalls aus der (immer noch wunderschönen) Ensenada de la Partida und machen uns auf Richtung La Paz.

Unterwegs heitern uns springende Mobula-Mantas auf:

Und ohnehin: es ist herrliches Segeln in diesem wunderbaren Revier. Da kann man doch ruhig noch etwas länger bleiben …

Küstenhüpfen in Kalifornien: über Santa Cruz nach Morro Bay

Wir schaffen es, dem schönen San Francisco auf Wiedersehen zu sagen. Die lauten Nebelhörner der Golden Gate Bridge geben uns ein Abschiedskonzert, aber außerhalb der Bucht verzieht sich die undurchsichtige Suppe. Wir können das Radar wieder auf Stand By schalten und haben eine schönen Segeltag. Auch noch den Großteil der Nacht hindurch bleibt uns der achterliche Wind erhalten, erst um 5 Uhr rollen wir die Segel ein und starten den Motor. Da ist es schon gar nicht mehr weit bis zum Ankerplatz vor Santa Cruz.

Allerdings: der Kettenzähler unserer Ankerwinsch streikt. Er hat schon beim Aufholen in der Horseshoe Bay nicht angezeigt und sich auf der Strecke leider nicht selbst repariert. Ein wenig Recherche ergibt, dass in der ausgetauschten Kettennuss ein Magnet enthalten war, mit dem der Zähler arbeitet. Wir untersuchen die alte Kettennuss, finden den Magneten, aber der lässt sich nicht ausbauen. Egal, um die Länge der ausgebrachten Ankerkette einigermaßen abschätzbar zu machen, müssen wir die Kette im Abstand von 10 Metern markieren. Das wäre auch bei funktionierendem Kettenzähler ein gutes Backup. Am zweiten Tag gehen wir daher in den Hafen von Santa Cruz, tanken, und ziehen dann die Ankerkette auf den Steg.

Hm, zwei nicht so schöne Überraschungen warten.

Zum einen rauscht die Kette komplett aus. Das dürfte eigentlich nicht passieren, denn das Ende (the bitter end) der Kette ist mit einem Stück Leine im Ankerkasten befestigt. (Leine deswegen, damit man sie im Notfall einfacher kappen kann). Nur: der Edelstahlschäkel am Ende ist einfach durchgerostet. Hätten wir bei großer Wassertiefe versehentlich die Kette ganz ausgebracht, hätten wir jetzt Anker und Kette verloren.

😖

Mit etwas Überlegung ist die Ursache schnell klar. Im Ankerkasten steht oft ein Rest Salzwasser und der heizt sich auf. Normaler V4A-Edelstahl bildet in über 25 Grad warmem Salzwasser leicht Lochfraß, rostet also von innen her weg. Das ist ja auch der Grund, warum wir eine Cromox-Ankerkette haben.

Direkt anknoten möchten wir die Leine aber auch nicht, dafür ist der einlaminierte Beschlag im Ankerkasten zu scharfkantig. Bleibt nur, einen verzinkten Schäkel zu wählen oder den Schäkel öfter zu tauschen.

Die zweite unangenehme Überraschung ist das Aussehen des selten benutzten letzten Teils unserer 100 Meter Ankerkette. Zum Glück ist es kein Rost, sondern nur festsitzender brauner Algenschleim, aber das erfordert doch eine größere Aktion mit der Handbürste und viel Süßwasser.

Sehr nett dagegen: in Santa Cruz treffen wir Andreas, den Leiter des Trans-Ocean-Stützpunktes hier. Er versorgt uns mit guten Tips und wir verbringen einen schönen Abend zusammen.

Für uns folgt dann eine weitere Nachtfahrt: gut 120 sm sind es bis nach Morro Bay. Wieder wird es ein angenehmer Törn mit überwiegend gutem Wind, außerdem sehen wir mehrfach Wale und Delfine.

Morro Bay hat eine von Molen geschützte Einfahrt und bietet dann hinter der Nehrung ein großes Mooringfeld, wobei die meisten Anlegebojen privat sind. Es gibt dadurch nur wenig Platz zum Ankern in der Lagune; wo keine Moorings liegen ist es hier außerhalb des freizuhaltenden Fahrwassers meist zu flach.

Wir haben aber Glück und ergattern einen der nur drei bis vier Plätze am Steg des örtlichen Yachtclubs. Der ist – wie seine Mitglieder – ausgesprochen Cruiser-freundlich, wir fühlen uns sehr willkommen. Und wir lernen von den Clubmitgliedern, dass in den USA diverse Nebelhörner so installiert sind, dass wir sie bei Bedarf mit unserem UKW-Funkgerät einschalten können. Das Ganze nennt sich MRASS (Mariner Radio Activated Sound Signal). Drückt man auf dem Boot innerhalb von 10 Sekunden fünfmal auf Kanal 83A die Sendetaste, aktiviert zum Beispiel der nächstgelegene Leuchtturm für die nächsten 45 Minuten das Nebelhorn. Hört sich erst ein bisschen nach verspätetem Aprilscherz an, ist aber wahr. Und was das A hinter dem UKW-Kanal angeht: in den USA muss das Funkgerät auf die amerikanischen Kanäle umgestellt werden, was selbst beim Furuno-Menü ausnahmsweise mal ziemlich einfach geht. Die Küstenwache wickelt nach dem Anruf auf Kanal 16 den Funkverkehr (außer in Notfällen) regelmäßig auf Kanal 22A ab, der in der europäischen Standardeinstellung nicht erreichbar ist.

Wir leihen uns Fahrräder aus, radeln erst einmal an der Lagune entlang nach Süden. Im kleinen Museum of Natural History erfahren wir einiges über die Entstehung und Entwicklung der Lagune und der Nehrung. Wir lernen, dass der an einen Turban erinnernde Felsen namensgebenden für Morro Bay war. Inzwischen hat der Vulkanschlot aber längst nicht mehr seine ursprüngliche Kegelform und Größe, weil er (obwohl Heilge Stätte der First Nation) als Steinbruch für die Molen hier und in Nachbarhäfen benutzt wurde.

Auch über die Besonderheiten der Tierwelt erfahren wir einiges und können glücklicherweise manches davon gleich live erleben. Zwar finden wir in dem uns beschriebenen Eukalyptus-Hain noch nicht die erhofften Trauben von Monarchfaltern auf ihrer Wanderung nach Mexiko. Die Migration dieser Schmetterlinge scheint gerade erst hier anzukommen, nur vereinzelte Exemplare sehen wir hoch in den Bäumen.

Aber auf der Wanderung von der Straße hinauf zu den Eukalyptusbäumen macht uns die Vogelwelt viel Freude:

zuerst hüpft uns mit dem California Thrasher ein besonderer Sichelspötter über den Weg …

dann erspähen wir Schopfwachteln …

und schließlich noch einen Nuttal-Specht.

Allen diesen drei Arten ist gemeinsam, dass sie im Wesentlichen nur in Kalifornien vorkommen. Das gilt auch für die Nuttall Dachs-Ammer, die uns etwas später direkt am Moro Felsen begegnet:

Dachs-Ammer

Bis auf die Antarktis kommt dagegen der Wanderfalke sogar auf allen Kontinenten vor. Trotzdem schätzen wir uns glücklich, das zwischenzeitlich in Kalifornien fast ausgestorbene schnellste Lebewesen der Erde (er erreicht im Sturzflug bis zu 320 km/h) stillsitzend vor seinem Nistplatz hoch im Felsen betrachten zu können.

Hier (wie schon bei der Aufnahme des Monarchfalters) kommt das eingebaute optische 600er Teleobjektiv der in Kanada gebraucht gekauften Sony RX10 zum Einsatz, ich bin echt begeistert von meiner neuen spiegellosen Kamera.

Am langen Surfer-Strand nördlich des Felsens stelzt dann mit dem “Long Billed Curlew” auch noch die nordamerikanische Spielart des Brachvogels am Wellensaum entlang:

Überhaupt, es ist einfach wunderschön hier!

Der Ort Morro Bay ist suuuuper entspannt und entspannend. Und die Tierwelt setzt halt noch i-Tüpfelchen drauf.

Zum Beispiel mit dem Kalifornischen Ziesel, einem tagaktiven Erdhörnchen, näher mit dem Murmeltier verwandt als zum Beispiel mit dem Eichhörnchen.

Oder – für uns immer wieder toll – durch Begegnungen mit Seeottern. Ob einen Krebs mümmelnd direkt neben unserem Boot

oder in der Mutter-Kind-Gruppe im Seetang kurz vor der Dämmerung:

Da geht uns das Herz auf.