Noch mehr Rätsel der Seefahrt

Im Klassenraum meiner Grundschule (auf dem platten Land im mittleren Niedersachsen) war eine Kompassrose an die Zimmerdecke gemalt. und entsprechend war eines der ersten Gedichte, das wir Kinder auswendig lernen sollten:
Im Osten geht die Sonne auf,
im Süden nimmt sie Mittags Lauf,
im Westen wird sie untergehen,
im Norden ist sie nie zu sehen.
Quasi Astronavigation für Sechsjährige. Und fortan meine maßgebliche Hilfe bei Wanderungen oder eben sonst unterwegs, wenn man nicht gerade wie auf dem Boot einen Kompass im Blickfeld hat. Einfach, verlässlich. Ein Grundpfeiler der Orientierung. Bis heute.
Und dann das: wir segeln in südliche Richtung. Die Sonne geht zwar weiter pflichtbewusst im Osten auf und im Westen unter. Aber am Mittag wandert sie hoch stehend im Norden hinter Floras Heck durch. Im Süden ist sie nie zu sehen.
Dieser Äquator kennt doch Narreteien, die es locker mit Till Eulenspiegel aufnehmen können. Kaum überquerst Du die Linie, ist irgendwie alles verdreht.
Wobei, direkt am Äquator war eigentlich noch alles gut.
Jetzt ist Winter auf der Nordhalbkugel, mithin Sommer in der südlichen Hemisphäre. Da steht die Sonne ja nicht senkrecht über dem Äquator, sondern weiter südlich zwischen der Linie und dem Wendekreis des Steinbocks (Tropic of Capricorn) auf etwa 23,4 Grad südlicher Breite.
Wir sind inzwischen auf 15 Grad südlicher Breite angekommen und dass die Sonne trotzdem nördlich von uns durchgeht bedeutet, dass sie sich seit ihrem südlichsten Stand am 21. Dezember schon wieder ganz schön weit Richtung Äquator hochbewegt hat, wo sie dann zur Tag- und Nachtgleiche am 21. März senkrecht über der Linie stehen wird.
Hm. Vielleicht sollten wir uns doch mal intensiver mit echter Astronomischer Navigation (und dem an Bord befindlichen Sextanten) beschäftigen. Die ist uns nämlich noch immer ein echtes Rätsel. Aber das Buch für den Einstieg dazu hab ich schon mal rausgesucht.

Etmal wegen der bewussten „Handbremse“ lediglich 88 sm, gesamt auf dieser Passage 2.513 sm, verbleiben rechnerisch noch bis Gambier 787 sm. Allerdings: unser Plotter weist bis zum Wegepunkt der Ansteuerung des Südwestpasses in die Gambier „nur“ noch 579 sm aus, wir haben also mit unserer Route bisher doch deutlich weniger Umweg gefahren als zunächst kalkuliert.
Essen: Hawaiianische Poke-Bowl mit Quinoa, mit Wasabi angemachtem Jicama (mexikanischer Rettich), Rotkohl in Sojasauce und Sweet Chili Möhren. Den Skipjack-Tuna hat Wiebke in Ingwer-Sesam-Sojasauce mariniert.

Die ruhige und extra langsam durchsegelte Nacht habe ich dazu genutzt, mal wieder ein Roggen-Vollkornbrot mit Sonnenblumenkernen (hatte Wiebke sich gewünscht) zu backen.


