Steile Küste in grau, bunt, grau.

Die Channel Islands können auch anders. Hatten wir sie bisher praktisch nur bei sonnigem Wetter erlebt, begrüßt uns nun am Morgen eine niedrige Wolkendecke und eher schlechte Sicht. Ganz anders als am Abend zuvor, können wir vom Ankerplatz in der Smugglers Cove auf Santa Cruz die nur 4 Seemeilen entfernte Nachbarinsel Anacapa nicht mehr sehen. Aber genau da wollen wir hin. Nicht zum Ankern, die beiden einzigen leidlich vernünftigen Plätze sind bei dem herrschenden Schwell nicht zu empfehlen. Aber das 8 km lange schmale Anacapa ist landschaftlich besonders. Es wirkt, als schaue nur der Felsgrat eines Gebirges aus dem Wasser. Als sich die Insel langsam aus dem trüben Grau schält, würde das Ambiente auch zu einem düsteren Endzeitfilm passen. An der Ostspitze der schwer zugänglichen Anacapa gibt es auf einem der wenigen etwas flacheren Bereiche einen Leuchtturm. Ansonsten ist die Insel – wie an der vom Kot weißgetünchten Oberfläche des Felsbogens erkennbar – ein Vogelparadies.

Und irgendwie schaffen es auch die Seelöwen, auf diesen unwirtlich steilen Felsen ein Plätzchen oberhalb der Brandung zu erklimmen.

Als wir auf der Südseite der Insel unsere Umrundung fortsetzen, wird es endlich heller, vereinzelt blinzelt die Sonne schon durch die Wolken, die Farben finden zurück in die Welt.

Für uns geht’s zurück nach Santa Cruz Island, dessen Steilküste im Vergleich dann doch um einiges lieblicher wirkt, zumal sich in manchen Buchten zwischen den auch hier steilen Felsen sogar Sandstrände finden lassen.

So auch an unserem nächsten Ankerplatz “Willows”. Was für ein Ambiente.

Wir wählen den Ankerplatz östlich der beiden Felsnadeln, aber auch vor dem Sandstrand westlich könnte man liegen. Dort allerdings ist dann ein zusätzlicher Heckanker unerlässlich. Nach den mäßig guten Erfahrungen auf Galápagos (auf der namensgleichen Insel Santa Cruz) üben wir das Liegen zwischen Bug- und Heckanker lieber mit mehr Raum für Flora zum Herumschwingen. Eine weise Entscheidung, denn mitten in der Nacht müssen wir den nicht mehr haltenden Heckanker aufholen, damit sich die Ankerleine nicht um Ruder oder Kiel wickeln kann.

Wir ersetzen die zugegeben etwas kurze Ankerleine des Heckankers durch 40 m geschlagenes Tauwerk, das sich noch tief unten in der Backskiste findet, allerdings das kleine Projekt eines Augspleißes mit Kausch nach sich zieht.

Bei unserer steif gewordenen alten Ankerleine etwas mühsam (und außerdem von mir lange nicht mehr gemacht), aber es klappt und verkürzt mir die Zeit auf der Motor-Fahrt nach Santa Barbara Island. Wind will sich nämlich leider nicht einstellen. Dafür aber begleiten uns mehrmals Delfine oder springen in einiger Entfernung.

Außerdem sehen wir erstmals wieder Boobies (Brauntölpel), ein Zeichen, dass wir weiter nach Süden kommen. Einer dieser eleganten Gleiter umkreist lange unser Boot und lässt sich dann neben einem im Wasser gelandeten Geburtstagsballon nieder. Es ist wirklich eine Pest mit diesen Ballons, die immer wieder als zusätzlicher Müll im wahrsten Sinne im Ozean landen.

Es bleibt die ganze Fahrt bis nach Santa Barbara Island grau.

Die eigentlich beabsichtigte Wanderung über die karge Insel lassen wir ausfallen, …

…, denn das Anlanden am einzig möglichen Platz, in der Seekarte extra als “Landing” ausgewiesen, erfordert doch mehr Abenteuerlust als wir heute bei diesen ja schon eher ruhigen Bedingungen aufbringen.

An den Stelzen unterhalb der Plattform sind ein paar Handläufe angebracht, an denen man sich vielleicht festhalten und über das glitschige Gestein zur Treppe hangeln könnte. Bei etwa einem Meter Schwell würde das wahrscheinlich feucht und eventuell lustig sein – oder eben auch nicht.

😳

Scorpion in nass und Coches trocken

Wir erkunden weiter Santa Cruz Island. Erstmal gibt’s ein nasses Abenteuer. Der Scorpion-Ankerplatz ist zwar mit den dramatisch aufsteigenden Felsen schön und auch einigermaßen geschützt,

aber der Schwell findet eben doch hinein. Für die Nacht ist es leidlich ok mit dem Rollen des Bootes, aber zum Anlanden ist die Herausforderung doch ziemlich groß. Spätestens seit der Dinghy-Kenter-Erfahrung am Cape Scott sind wir gewarnt. Also probieren wir es hier mit unserem Kajak.

☺️

Und – nicht ganz unerwartet – auch ein Kajak kentert leicht in der Brandung. Um diese unnötige Erfahrung reicher holen wir die trockenen Wanderschuhe, für Wiebke noch eine trockene Hose, ein Tuch und für mich die Kamera aus dem wasserdichten Rucksack und beginnen unsere Inselwanderung ansonsten eben etwas feucht. Macht (bei dem herrlichen Wetter) nix.

Die Wanderung führt zunächst auf die Klippen oberhalb des Scorpion Anchorage, mit schönem Blick hinunter zur Flora.

Und dann geht’s erst einmal weiter auf dem Kliff entlang mit tollen Ausblicken über den Santa Barbara Channel und die hier im Ostteil noch einmal deutlich kargere und weniger bewachsene Insel Santa Cruz.

Als der Pfad irgendwann ins Inselinnere abbiegt, wird die Trockenheit noch deutlicher sichtbar.

Wir kommen an einem der sehr einfachen Insel-Zeltplätze vorbei. Anders als die anderen bietet dieser den Luxus eines (sic!) Wasserhahns mit Trinkwasser. Das finden nicht nur die menschlichen Besucher wunderbar:

Zu unserem Glück bleibt das nicht die einzige tierische Begegnung. Tatsächlich erfüllt sich unsere heimliche Hoffnung, wir sehen mehrere Kalifornische Insel-Graufüchse. Diese sehr kleine Fuchsart gibt’s nur hier auf den Channel Islands und auch hier war ihr Bestand um die Jahrtausendwende akut bedroht, auf Santa Cruz war der Bestand in nur 5 Jahren um 95 % eingebrochen. (Wer sich für eine Kurzfassung der ökologischen Zusammenhänge dazu interessiert: hier klicken, S.29.) Inzwischen erholt sich die Population dank erheblicher Anstrengungen der Naturschützer wieder. Erwachsene Tiere erreichen ungefähr die Größe einer Hauskatze, sind dabei mit unter 2 Kilogramm aber nicht mal halb so schwer, wobei die Unterart auf Santa Cruz auch die kleinste ist.

Nach der Wanderung sind die Klamotten zwar fast schon wieder trocken, aber eben auch sandig und salzig. Das Kajak an Bord vom Sand zu befreien erweist sich als ganz schön aufwändig, bei uns selbst geht das leichter. Im hier immerhin schon rund 20 Grad warmen Wasser nehmen wir nochmal ein Bad, danach folgt eine ausgiebige Süßwasserdusche auf der Badeplattform. Was für eine Wohltat.

Und dann wechseln wir den Ankerplatz, segeln auf der Südseite von Santa Cruz nach Coches Prietos. Es ist für die Nacht kräftiger Nordwestwind angesagt, da sollten wir hier besser geschützt sein. Sind wir auch tatsächlich, allerdings steht trotzdem ein spürbarer Südschwell in die landschaftlich wunderschön gelegene Bucht.

Also ein neuer Anlandeversuch mit dem Kajak. Dieses Mal gleich in Badekleidung, aber: Erfolgserlebnis, wir stellen uns zur Abwechslung geschickter an und schaffen es diesmal unfallfrei auf den Strand.

Sieht doch auch ganz ruhig aus? Na ja, je nachdem wie man es abpasst … 😚

😁

Santa Cruz Island

Gut 20 Seemeilen südlich von Santa Barbara liegt die unbewohnte Insel Santa Cruz. Mit fast 40 km Länge ist sie die größte der Channel Islands. Wir fahren allerdings nicht auf kürzestem Weg hinüber, sondern segeln hoch am Wind zur etwas weiter entfernten Nordwestspitze von Santa Cruz Island. Das ist bei dem anfangs schwachen Wind ein ganz angenehmer Kurs, zumal uns wieder einmal Delfinbesuch vergönnt ist.

Der eigentliche Grund für unseren Abstecher zur Nordwestspitze ist aber die „Painted Cave“. Diese natürliche Höhle erscheint nicht nur durch Algenbewuchs und Ablagerungen besonders bunt, sie ist auch ausgesprochen groß. Es gibt sogar Bilder mit Segelbooten im Eingangsbereich der Höhle, deren weit ins Dunkel reichendes Inneres dann aber nur mit Dinghy (und Taschenlampe) zu befahren wäre. Wird aber leider nichts, den mit dem Wind nimmt auch der Schwell zu. So sehr, dass wir nicht einmal in die Nähe der Painted Cave kommen, sondern nur den Eingang erahnen können und dann nach Osten abdrehen. Immerhin, die Felsenbrücken von Arch Rock können wir vor der schroffen Steilküste ausmachen.

Am Frys Harbour fahren wir vorbei, …

… erst die etwas breitere und tiefer eingeschnittene Pelican Bay soll unser Ankerplatz für die Nacht werden. Tatsächlich bietet sie erstaunlich guten Schutz vor dem immer noch kräftigen Schwell.

Während der Nacht beruhigt sich die See noch weiter. Am nächsten Morgen zeigen uns dann die vielen Braunpelikane auf und vor den hohen Sandsteinfelsen unseres Ankerplatzes, dass die Pelican Bay ihren Namen durchaus zu Recht trägt.

An Land zu kommen wäre für uns in der Pelican Bay trotzdem nicht ganz einfach und würde außerdem eine vorherige Genehmigung erfordern, der Westteil von Santa Cruz Island ist nämlich „Nature Conservancy Property“. An unserem nächsten Ankerplatz sieht das schon anders aus, denn genau hier beginnt der US Nationalpark, der den Ostteil der Insel einnimmt. Außerdem macht uns ein Landungssteg mit Dinghydock den Landgang deutlich einfacher.

Und so machen wir von der Prisoners Bay aus einen wunderschönen, wenn auch durch das oft steile Gelände durchaus anstrengenden Hike.

Vom Dinghydock aus geht es zunächst auf einer Schotterstraße mit ordentlich Steigung ein gutes Stück in die Höhe, bevor wir auf einen kleinen Trail abbiegen können.

Entlang der tief eingeschnittenen Täler finden sich einige Bäume, ansonsten dominiert niedriges Buschwerk. Neben heimischen Planzen wie der weißen Kliff-Aster und der rotblühenden California-Fuchsie oder den auf dem kargen Boden wachsenden Kakteen fällt insbesondere die ungeheure Vielzahl von wild wachsendem Fenchel auf. Sein Geruch prägt den Duft der Insel.

Eigentlich ist Fenchel hier nicht heimisch. Die invasive Art wurde zu der Zeit auf Santa Cruz Island gebracht, als hier noch Farmen betrieben wurden. Einige Vögel finden das scheinbar trotzdem gut, so etwa dieses Rubingoldhähnchen …

… oder die Singammer, die genüsslich einen Fenchelsamen verspeist:

Ein paar Mal sehen wir sogar den endemischen, also nur hier auf der Insel vorkommenden Island Scrub Jay (Inselhäher) mit seinem prächtigen blauen Federkleid.

Viel kleiner, bei weitem häufiger, aber ebenso schillernd im Gefieder ist der Annakolibri:

Erst zu hören und dann – aufmerksam geworden – auch zu erspähen sind wie schon am Festland die kalifornischen Schopfwachteln:

Die Vogelsichtungen sind zugleich willkommene Erholungspausen, immer wieder geht der Pfad steil bergauf oder bergab, aber es ist eine wunderschöne Strecke mit tollen Ausblicken.

Am nächsten Morgen wird die Sonne zum Mond, jedenfalls scheinbar. Um kurz nach 9 Uhr erleben wir eine partielle Sonnenfinsternis. Richtig dunkel wird es nicht, dafür ist die Abdeckung zu gering, aber mein Foto muss ich so stark unterbelichten, dass es trotzdem so aussieht:

Und danach wechseln wir zu unserem dritten Ankerplatz auf Santa Cruz Island, dem im Osten der Insel gelegenen Skorpion Anchorage.

Die schroffe Felsenküste weist nicht nur wie Stachel emporsteigende Spitzen auf, sondern auch eine Vielzahl von ausgespülten Höhlen, Durchbrüchen und Tunneln. Besonders beliebt sind die bei Kanuten, die zumeist mit der kleinen Inselfähre für organisierte Touren herübergebracht werden.

Auch wir probieren unser neues aufblasbares Kanu aus und sind von den Fahreigenschaften und dem stabilen Gefühl ziemlich angetan.