Weiter geht’s auf Ra’iātea: Perlfarm und Regenwaldfluss

Von unserem Ankerplatz im Südosten der Insel besuchen wir per Dinghy die Ra‘iātea Perlfarm.

Auch unser vierter (Elisas erster) Perlfarmbesuch ist wieder spannend. Wir bekommen einfach nicht genug von den faszinierenden dunklen „Tahiti-Perlen“. Wieder anders präsentiert, wieder Neues gelernt. Und entspannend ist dann der Stop im Restaurant des Opua Beach Hotel auf dem Rückweg zum Boot. Wir lassen es uns gut gehen.

Kontrastprogramm: vom Türkis am Riff im Südosten verholen wir dann ein ganzes Stück nach Norden in die dunkle, tief in die Berge Ra‘iāteas eingeschnittene Baie Faaroa. Das Wasser ist hier bei weitem nicht so klar, aber: das liegt an dem in die Bucht mündenden Fluß Āpo‘omā‘ū. Und diesen immer noch in seinem natürlichen Bett durch das Regenwaldtal mäandernden Wasserlauf wollen wir schließlich befahren.

Mit Flora ist das nicht möglich, sogar für unser Dinghy ist die braun-schlammige Barre an der Mündung nur mit Schwierigkeiten zu passieren. Dann aber schlängelt sich das schmale und manchmal von Baumkronen fast überdachte, jetzt jedoch wieder etwas tiefere Flüsschen malerisch durch das Grün des Waldes.

Neben Palmen säumen vor allem die imposanten Māpė das Wasser, mit ihren Brettwurzeln halten diese „Polynesischen Maronenbäume“ (auch Tahiti-Kastanien genannt) den wenigen Humus fest und wirken manchmal wie eine feste Uferböschung.

Das und einiges mehr bekommen wir im kleinen botanischen Garten erklärt, der uns am Ende unserer Tour den Fluss hinauf erwartet. Darüber hinaus blüht dort eine Vielzahl unterschiedlicher Helikonien / Strelizien in diversen Farben vom schlichten Gelb zur Orange-Pink-grünen Kombination.

Aber eigentlich gilt einmal mehr: der Weg ist das Ziel. Der kleine botanische Garten ist nett, aber die gemächliche Flussfahrt zu ihm und zurück zur Flora ist der eigentliche Kracher.

Tücken der Technik / Technik der Perlen

Unser nächster Ankerplatz liegt im Nordwesten von Raiatea. Um dorthin zu gelangen, fahren wir innerhalb des Riffes nach Norden. Wir passieren unter Segeln den Hauptort Utoroa und melden uns per Telefon bei der Flughafensicherheit. Boote mit einer Masthöhe über 20 m sind dazu verpflichtet, weil der an der Nordpitze der Insel liegende Flughafen von einem Sperrgebiet und einer weiteren Sicherheitszone umgeben ist. Aber wir bekommen freie Fahrt signalisiert und segeln durch die Tearearahi-Passage zwischen zwei innerhalb der Lagune liegenden Riffen hindurch zum Ankerplatz im Nordwesten von Raiatea.

Gegenüber liegen mehrere Marinas und – eine Seltenheit in Französisch Polynesien – es gibt sogar die Möglichkeit, selbst größere Boote an Land zu stellen. Und entsprechend gibt es auch maritime Infrastruktur wie einen Bootsausrüster. Für uns noch wichtiger: auch die Möglichkeit, gegen Gebühr unseren Müll loszuwerden und zudem eine Wäscherei.

Mit polynesischen Charme auf einer überdachten Terrasse eingerichtet, können wir hier unsere Bordwäsche vormittags abgeben und nachmittags gewaschen, getrocknet und gefaltet wieder abholen. Kein ganz billiger Service, für die zu 3/4 gefüllte Ikea-Tasche Wäsche sind umgerechnet etwa 36 Euro fällig.

Nach ein paar Nächten auf dem schönen, wenn auch grenzwertig flachen und bei Wind etwas unruhigen Ankerplatz verholen wir die Flora zum Ankerplatz am Motu Aito.

Dort liegen wir hinter dem Riff geschützt auf komfortablen 6 m Wassertiefe mitten im Türkis. Außerdem ist es von hier nur eine kurze Dinghyfahrt hinüber nach Utoroa. Wir versorgen uns mit frischen Lebensmitteln, finden selbst Mozzarella (unsere Basilikumpflanze aus Moorea gedeiht an Bord erstaunlich gut).

Nach einem zweiten Frühstück geht’s dann wieder Anker auf und das kurze Stück hinüber zu Raroias Zwillingsschwester Taha’a. Die beiden Inseln sind von einem gemeinsamen Außenriff umgeben, wir brauchen also auf der Überfahrt die Lagune nicht zu verlassen, müssen uns nur zwischen den inneren Riffen hindurchschlängeln.

Allerdings wird uns dieses Durchschlängeln durch die Tücken der Technik etwas erschwert. Als wir den Plotter hochfahren, hat der alle Detailkarten verloren und zeigt Floras Position nur noch in einem grob skizzierten Übersichtsbild statt der Seekarte. Keine Tiefenangaben und beim Hereinzoomen auch keine zusätzlichen Details.

Für die Nichtsegler: das ist so, als ob man sich im Auto vom Navi zu einer abgelegenen Ecke in einer unbekannten Stadt führen lassen hat und zu Beginn der geplanten Rückfahrt das Navi streikt.

Die praktische Lösung des Problems ist für Autofahrer und uns Segler übrigens ganz ähnlich: wir greifen zum Mobiltelefon/iPad und navigieren damit. Also erstmal kein großes Problem, aber doch ein überraschendes.

Die Überprüfung in den Tiefen des Menüs unseres Furuno-Plotters ergibt, dass die Seekarten zwar noch da sind, aber gesperrt. So, als hätten wir sie nicht gekauft. Hm. Die Email an unseren Händler in Kanada wird dann aber prompt beantwortet. Seine Recherche ergibt, das letzte Furuno-Update sei fehlerhaft. Er kann uns auch einen Workaround aufzeigen und wir können die Seekarten wieder auf den Bildschirm holen.

Hat sich der Schlingel von Plotter doch einfach ohne unser Wissen im Internet ein Update heruntergeladen. Den Internetzugang sperren wir ihm natürlich gleich, auch diese Einstellung findet sich in den Tiefen des Furuno-Menüs. Wir wissen ja schließlich nicht, ob er sonst auch heimlich mit einem befreundeten Plotter (oder einer Waschmaschine) irgendwo in Japan chattet.

Unser nächster Liegeplatz in der Baie Apu im Süden von Taha’a ist dann so ganz anders als unsere vorigen: wir liegen an einer Boje in dunklem, rund 40 m tiefem Wasser.

Neben uns die Easy One, vor uns die Diamond Sea. Mindestens ein Teil der kostenlosen Bojen des Bojenfeldes gehört wohl der örtlichen Perlfarm. Bei unserem Landgang statten wir dann dieser Perlfarm gemeinsam einen Besuch ab. Für keinen von uns ist es der erste Besuch einer Perlfarm, für uns ist es der Dritte, aber wir werden sehr positiv überrascht. Auch wenn der eigentliche Prozess der Perlenzucht natürlich der gleiche ist, erfahren wir auch diesmal wieder einiges Neues und auch die Präsentation ist wieder anders und sehr ansprechend.

So wird uns zum Beispiel erstmals an einer geöffneten Perl-Auster genau gezeigt, wo die Tasche für den Nukleus hineingeschnitten wird. Außerdem können wir an einer aufgeschnittenen Perle sehen welche Schichtdicke die Perle um den Nukleus aufgebaut hat.

Und auch der Klassifizierungsablauf und die Besonderheiten bei der Schmuckherstellung je nach Klassifizierung der Perlen wird uns anschaulich nahegebracht. Noch dazu in einer schönen Umgebung, quasi im Wohnzimmer des Hauses.

Nach der Präsentation wandern wir noch ein bisschen weiter die Straße entlang, haben immer wieder schöne Ausblicke.

Auf dem Rückweg lockt uns der intensive Duft von Vanille auf das Grundstück von Jeremy, der uns bereitwillig seine Vanilleproduktion erklärt.

Er überrascht uns damit, dass die Netze über den Vanillepflanzungen nicht etwa der Vogel- oder Insektenabwehr wegen aufgehängt werden, sondern lediglich die Licht- bzw. Schattenverhältnisse für die Vanillepflanzen verbessern. Und er zeigt uns, wie die einzelnen manuellen Befruchtungen der Vanilleblüten erfolgen.

Wieder was gelernt.

Apropos Lernen: auch beim nachmittäglichen Sporteinsatz auf dem Foilboard (gezogen hinter dem Dinghy) mache ich – wenn auch von eleganter Haltung weit entfernt, meine persönliche Technik hat auch Tücken – ganz langsam erste Fortschritte …

… und die vielen Nasenspülungen mit Salzwasser sind sicher sehr gesund!

😉

Das schwarze Auge von Hotopuu, die Marae von Taputapuatea und die Perlen von Raiatea

Wir segeln von Moorea nach Raiatea. 90 Seemeilen, also ein Übernacht-Törn. Um 15.00 gehen wir ankerauf in Vaipahu, am nächsten Morgen um 09.00 Uhr nehmen wir in der tiefen Bucht von Hotopuu eine Mooringboje direkt neben der Easy One.

Dicht hinter uns beginnt der Flachwasserbereich, aber wir liegen auf 29 m Wassertiefe, da sind wir für die (kostenlose) Boje durchaus dankbar, obwohl wir sonst lieber auf unseren eigenen Anker vertrauen.

Die Baie Hotopuu ist wunderschön, das Ufer von Palmen gesäumt, hinter denen sich – wie in den Gesellschaftsinseln typisch – spitz gezackte Berge gen Himmel strecken. An der Nordseite der Bucht gibt es einen steilen Felsabbruch. Es wirkt, als schaue jemand aus dem Berg auf die Bucht herunter und weiter durch den Pass Teavamoa hinaus in die Ferne des Ozeans.

Polynesischen Götter werden normalerweise als etwas angesehen, was in der Natur vorkommt, sich aber mit seinen Fähigkeiten weit über seinen Ursprung hinaus erhebt.

Das passt, denn auf der anderen Seite dieses Berges liegt die Baie Opoa mit dem als UNESCO Weltkulturerbe anerkannten Taputapuatea. Raiatea (RA’IĀTEA) gilt als das Zentrum des Polynesischen Dreiecks, manchmal auch als polynesischen Oktopus dargestellt, dessen Tentakel bis nach Neuseeland, Hawai’i und der Osterinsel ausgreifen.

Es galt einst als religiöses Zentrum Polynesiens. Die heiligen Orte dieser Insel waren Pilgerstätten. Hier wurden Häuptlinge geweiht, hier hielten die höchsten Priester Dialog mit den Göttern, versuchten sie mit Opfergaben günstig zu stimmen. Taputapuatea soll übersetzt “Opfer aus dem Ausland” bedeuten, wobei die freundlichere Interpretation des Namens aussagt, das Menschen von weit her kamen, um hier Opfer zu erbringen. Unzweifelhaft wurden den Göttern der einheimischen Polynesier (Maohi) hier aber auch zeremonielle Menschenopfer dargebracht.

Mit dem Dinghy fahren wir ums Eck und können an einem kleinen Steg direkt vor dem Heiligtum festmachen. Die klassischen zeremonielle Bauten der Maohi sind von niedrigen Mauern umgebene, mit Steinen eher grob gepflasterte rechteckige Plätze, Marae genannt. Die Marae dürfen nicht betreten werden, sie sind zeremoniellen Veranstaltungen (oder mancherorts auch touristischen Vorführungen) vorbehalten.

Die Lage der über 1.000 Jahre alten verschiedenen Marae in Taputapuatea ist traumhaft, mit Blick auf das Meer. Einige verwitterte Schautafeln geben Auskunft über die historische Bedeutung und die kultische Nutzung der einzelnen Flächen und in einem Häuschen am Parkplatz erhalten wir ein Lageplan-Faltblatt aber insgesamt bleibt es ohne eine inspirierende Führung doch eher schlicht für ein Weltkulturerbe und den wichtigsten religiösen Ort der polynesischen Kultur.

Der Funke springt auf uns jedenfalls nicht so recht über. Es ist schon ein wenig bezeichnend, dass der polynesische Oktopus mit seinem mythischen Zentrum Havai’i hier auf Raiatea ein bisschen lieblos auf die Wand eines Generatorhäuschens gemalt ist und die Straßenlaternen vor Ort ausnahmslos zersplitterte Glaskuppeln haben. Offenbar auch nicht erst seit kurzem:

Eine spannende Begegnung haben wir dann aber doch noch: am Ufer fällt uns ein Baum mit seltsam anmutenden Früchten auf.

Es ist eine Barringtonia, deren Besonderheit ihre Giftigkeit insbesondere für Fische ist. Die Maohi vermengten die zerkleinerte Frucht mit Muschelfleisch. Fische, die diese Köder fressen, treiben zeitweise bewegungsunfähig an der Oberfläche und können dort von den Fischern eingesammelt werden, ohne das ihr späterer Verzehr für die Menschen giftig wäre.

Der nächste Dinghyausflug führt uns zwischen Riffkante und Inselufer entlang um die Südostspitze von Raiatea herum. Am Steg des Cruiser-freundlichen Opoa Beach Hotel halten wir an, parken die Dinghies und reservieren einen Tisch am Strand für das Mittagessen. Eigentlich möchten wir von hier aus etwa 6 km zu einer Perlfarm wandern, aber davon wird uns abgeraten. Wir sollen doch lieber das Dinghy nehmen, dann könnten wir auch die Farm draußen in der Bucht und nicht nur den Shop besuchen. Vom Hotel aus wird unser Besuch gleich bei der Perlfarm angemeldet.

Tatsächlich erweist sich das als gute Idee. Die Fahrt in dem geschützten inneren Fahrwasser geht flott und die Landschaft ist über die Maßen beeindruckend.

An der auf Stelzen in die Lagune hineingebauten Hütte der Perlfarm werden wir von Landry, dem Eigentümer, sehr freundlich empfangen. Bei der (kostenlosen) Privat-Führung erklärt er uns, dass er die Perlfarm vor acht Jahren gegründet hat und die Hütte hier an der Grenze zwischen flachem und tiefem Wasser errichten durfte, weil sein Haus in der Bucht am Ufer steht.

Landry erklärt uns die Abläufe auf der Farm. Etwas überraschend ist, das hier in Raiatea nicht ausreichend Larven für Perl-Austern für eine eigene Zucht vorhanden sind. Die Perlfarmen hier beziehen deshalb junge “Baby-Muscheln” von den Tuamotus. Sie ziehen diese dann weiter auf, bis sie groß genug sind für die eigentliche Perlen-Produktion.

Auf der (kleinen) Farm mit nur fünf Angestellten wird hier draußen nur vom frühen Morgen bis etwa 11.00 Uhr gearbeitet, wenn die Temperaturen noch etwas niedriger sind, die Austern erleiden dadurch in ihrer Zeit außerhalb des Wassers weniger Stress.

Das Entnehmen der Perlen und das Einsetzen eines neuen Nukleus zeigt uns dann Landry’s japanischer Mitarbeiter:

Beide nehmen sich Zeit für uns und beantworten geduldig unsere Fragen. Nur auf unsere Nachfrage hin bringt uns Landry dann auch an Land zum kleinen Schmuckgeschäft der Perlfarm.

Tja, sowohl Wiebke als auch Andrea finden etwas 😉.

Danach geht’s mit den Dinghies zurück zum Opoa Beach Hotel für unser Mittagessen am Strand. Als wir ankommen, haben wir das Restaurant noch ganz für uns.

Das bleibt aber nicht lange so, die sehr gute Küche mit regionalen Zutaten (und das tolle Ambiente) spricht offenbar nicht nur uns an.

Barfuß wuselt der freundlichen Service über den Strand und tischt uns Köstlichkeiten auf.

So lässt es sich wohl aushalten an einem Montagmittag. Und auf dem Rückweg erkunden wir mit dem Dinghy (und dem Handlot) schon mal mögliche Ankerplätze auf den flachen türkisen Sandflächen hinterm Riff. Für die kommenden Tage, ist nämlich sehr ruhiges Wetter vorausgesagt, da könnte das klappen.

Eine schöne Überraschung gibt’s dann auch noch. Ingo hatte Landry gefragt, ob er auf der Perlfarm Verwendung für die aussortierte alte Ankerkette der Easy One hätte oder sonst jemanden wüsste, dem er sie überlassen kann. Nach etwas Überlegung kommt Landry bei uns am Ankerplatz vorbei. Typisch polynesisch: Geschenk und Gegengeschenk. 100 m Ankerkette wandern in Landrys Boot, dafür wechselt ein wunderschönes Armband auf die Easy One.