Nachtwanderung und Palmendiebe

Nachtwanderung. Mit Taschenlampen bewaffnet durch die Dunkelheit streifen. Schatten von Bäumen, die sich zu bewegen scheinen, die gespitzten Ohren lauschen auf das Geraschel huschender Kreaturen im Unterholz.

Wann haben wir so etwas zuletzt gemacht? Auf Klassenfahrt? Ist jedenfalls Ewigkeiten her. Die von einem Guide geführte Tour im nächtlichen Dschungel von Costa Rica kommt in den Sinn, die leuchtenden Augen von Spinnen (weiß), Baumfröschen (rot) und – von uns nicht gesehen – Katzen wie dem Ozelot oder gar Jauguar (grün). Aber das Gefühl dort war anders. Auch ein Abenteuer, aber eben mit Guide.

Hier auf Tahanea ist es eher der Klassenfahrt-Modus. Wir verabreden uns, brechen bei Neumond in stockdunkler Nacht um 9:00 abends (Sailor’s Midnight) mit zwei Dinghies auf zum übernächsten Motu.

Am mondlosen Himmel leuchten nur die Sterne, die Milchstraße bildet ein grandioses Panorama, davor lassen sich die Konturen der Palmen erahnen.

Schon die Anfahrt in der Finsternis ist eine Herausforderung, denn auch im Schein der starken Taschenlampe sind die Bommies in Ufernähe erst sehr spät zu erkennen. Wir schleichen in Slalomfahrt zum Strand. Große Löcher im Korallenschutt deuten darauf hin, dass wir dort eine gute Chance auf Palmendiebe habe.

Und deshalb sind wir hier. Palmendiebe, auch Kokoskrabben genannt, gehören wie Garnelen, Hummer und Langusten zu den Zehnfußkrebsen. Sie werden allerdings deutlich größer, die Spannweite der Beine kann einen Meter betragen. Sie sind die größten landlebenden Krabben. Aber wieso Palmendieb? Sie klettern tatsächlich auf Bäume. Ihre Scheren sind so kräftig, dass sie damit die hier so reichlich vorhandenen Kokosnüsse öffnen können und dann das weiße Fruchtfleisch fressen. Wer sich schon einmal mit Machete oder Messer an einer Kokosnuss versucht hat, weiß, dass er sich vor der Kneifkraft dieser Scheren (über 3.000 N pro cm2, etwa viermal soviel wie die Beißkraft eines Wolfes!) in Acht nehmen sollte.

Tagsüber halten sie sich verborgen, erst Nachts kommen sie zum Fressen aus Felsspalten und Sandlöchern heraus.

Neben ihrer immensen Größe beeindrucken sie auch mit ihren farbenprächtigen Panzern. Die Körperfarbe variiert stark, blau, violett, türkis, orange, braun und helles Ocker sind in unterschiedlichen Kombinationen vertreten.

Wenn man wie wir das Glück hat, dass während der Beobachtung ein Regenschauer niedergeht, leuchten die Farben ihrer Panzer im Schein der Taschenlampen umso mehr.

Auch das Klettern auf Bäume können wir beobachten:

Die Palmen müssen dabei nicht schräg stehen, auch senkrechte oder gar überhängende Passagen sind für Palmendiebe kein Problem.

Aber auch auf dem Boden sind diese wie aus der Zeit gefallenen Geschöpfe beeindruckend. So sehr, dass wir die erst mit 5 bis 6 Jahren geschlechtsreifen Tiere nicht für den Kochtopf einsammeln, sondern einfach nur bestaunen.

Weibchen mit Paket befruchteter Eier am Hinterleib

Neben den Palmendieben sind am Strand natürlich noch weitere Krabben unterwegs. So sehen wir “Yellow Nipper” (Blasse Strandkrabben), Abolineatus und natürlich eine Vielzahl von Einsiedlerkrebsen. In einer frühen Wachstumsphase schützen übrigens auch Kokoskrabben ihren (später zumeist unter den Körper geklappten) Hinterleib durch Schneckengehäuse, im jugendlichen Alter manchmal auch durch Kokosnussschalen.

Über zwei Stunden sind wir unterwegs. Erlebnis Nachtwanderung.

Ingo und Andrea (Easy-One), Teresa (Freefall), Wiebke und Ralf (Flora), Jeroen (My Motu), Ralph (Lille Venn), Rajesh (My Motu)