Alles Blau, aber nicht blau machen.
Rekord Etmal (so wenig hatten wir noch nie): 80 sm, gesamt auf der Passage bisher 2.593 sm, noch knapp 500 sm bis zur Ansteuerung des Westpasses zum Gambier Archipel.
Gestern mussten wir noch extra Reffs einbinden, um langsam unterwegs zu sein. Heute erledigt die Natur die Drosselung der Geschwindigkeit: der Wind ist fast komplett weg. Flora dümpelt unter Vollzeug durch die blaue Blase. Und weil wir ja gar nicht schneller sein wollen, genießen wir das Bummel-Segeln mit selten mehr als 3 kn.
Ein Tag zum „blau machen“ ist es aber trotzdem nicht. Die Flaute will schließlich genutzt sein, um sich das Unterwasserschiff mal anzusehen, zumal am Heckspiegel vom Deck aus erste Entenmuscheln sichtbar sind.
Also Segel weg, Taucherbrille und Flossen her. Mitten auf dem Ozean hinein in das ein paar tausend Meter tiefe unendliche Blau. Unser Freund Uwe vergleicht es mit einem Weltraumspaziergang von der Raumkapsel aus und ein bisschen abenteuerlich fühlt es sich tatsächlich an, raus aus der gewohnten Welt. Allerdings ist ja auch ein Weltraumspaziergang für die Astronauten zumeist ein Arbeitseinsatz mit erschwerten Bedingungen in der Schwerelosigkeit.
Und schon auf der Badeleiter gibt’s den Schock. Da sind nicht nur ein paar Entenmuscheln im Spülbereich um den Wasserpass, eher sieht es aus wie eine Aufzuchtstation:

Und dann der Entenmuschelwald darunter:

Vielleicht ist unser Coppercoat am Ende seiner Wirkzeit angelangt. Es wurde immerhin schon vor neun Jahren aufgebracht, vor nun 5 Jahren haben wir es aufarbeiten und vier weitere Schichten auftragen lassen. Oder aber die Entenmuscheln sind bei ihrem Haftgrund komplett unempfindlich. Eventuell ist auch eine Kombination von beidem. Das Unterwasserschiff klettert auf Floras Projektliste jedenfalls nach oben.
Wie auch immer, ich rücke Floras unerwünschten Unterwasser-Mitseglern mit einem Schaber (Eiskratzer aus dem Autozubehör) auf die Pelle. An einem mittschiffs befestigten Seil halte ich mich fest, schäle die Biester ab. Lediglich Reste der Kalkfüßchen bleiben noch kleben, um die kann ich mich dann aber irgendwo am Anker mal kümmern.


Der kleine Schwarm Fische scheint ein bisschen traurig, als nach einer Dreiviertelstunde sein Versteck weitgehend verschwunden ist, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Das soll ein Unterwasserschiff sein und kein Unterwasserriff.
Wiebke hüpft auch noch mal in das weite Blau:

Dann nehmen wir die Segel wieder hoch und dümpeln weiter Richtung Gambier.
Ach ja, das ruhige Wetter hat natürlich noch weitere Vorteile. Ich komme tatsächlich dazu, mit dem Sextant etwas zu üben – das Gerät wie empfohlen hin und her schwenkend – die Sonne auf die Kimm zu setzen und einen Wert abzulesen.

Eigentlich wäre der nächste Schritt jetzt der Versuch der Ermittlung einer Mittagsbreite und dann der Versuch der Bestimmung der Mittagslänge aus zwei gleichen Höhen. Weil ich aber kein nautisches Jahrbuch dabei habe, muss ich das wohl noch auf später verschieben und erstmal weiter die Handhabung üben.
Essen: super leckere Fisch-Tacos (die absolut besten hier vor Ort!) unter Verwendung der letzten grünen Paprika.

Heute Morgen außerdem Rührei mit Chorizo und Schinken zum Frühstück.
I’m always so impressed when you guys jump in the ocean on a passage. So brave! So I guess the decision has been made – Gambier s. Excellent!!!
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Herrlich!!
Jeden Morgen am Frühstückstisch lesen wir gespannt eure Neuigkeiten von der anderen Seite der Welt. Vielen Dank für die interessanten Einblicke. Heute wieder so besonders großartig geschrieben, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft bei dem Gedanken an die besten Tacos vor Ort
🙂
Gute Fahrt,
😘 Bianca mit Enno
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Glaub ich eher nicht, dass das Coppercoat am Ende ist – allerdings dürfte es mal wieder angeschliffen werden? Wann war das zuletzt und war es gut genug?
Ich habe mich in Fatu Hiva auch erschreckt, als ich die Entenmuscheln sah, aber das war eigentlich eher ein singuläres Ereignis, und ist in dem Maße auf dem restlichen Pazifik oder Indik nicht wieder geschehen.
Ich würde gern mal wieder ins endlos weite und tiefe Blau springen (der Gatte nicht. Ü.Ber.Haupt nicht… )
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Das lässt uns hoffen. Wir hatten es zuletzt in BC anschleifen lassen, wie von Coppercoat empfohlen mit 320er Körnung. Das war aber wohl eher ein leichtes Streicheln und hat nicht das ursprüngliche rotbraun durchscheinen lassen.
Und tatsächlich hatten wir so ein Entenmuschelerlebnis auch auf der Passage von den Galápagosinseln nach Hawai‘i. Vielleicht ist der Äquator ihr Lieblingshabitat?
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