Performance auf Little Farmer’s Cay

Mit drei deutschen Booten (Easy-One, Thula und Flora) ziehen wir von Rudder Cut Cay gemeinsam weiter nach Farmer’s Cay. Wir ankern am Rand des Sandflachs zwischen der Südspitze von Great Guana Cay und Little Farmer’s Cay.

Little Farmer’s Cay hat eine kleine Inselgemeinde, wir treffen ausnahmslos auf überaus freundliche Menschen. Es gibt ein öffentliches Dinghydock und sogar eine kleine Promenade am flachen Fischerhafen.

Dort findet sich auch ein kleiner Supermarkt, der Füllstand der Regale ist allerdings erschütternd gering.

Die Besitzerin des Ladens entschuldigt sich, sie hat nicht nachbestellt weil sie und ihre Schwester ab Sonntag für einige Zeit in Nassau sein werden. Medizinische Behandlungen, die aber eben auch ans Ende der Saison gerückt wurden.

Hm. Nicht weiter schlimm für uns, wir finden ein paar Bananen und Limetten, außerdem H-Milch. Vor allem letzteres ist gut, weil unser Milchpulver langsam zur Neige geht.

Weniger schön ist, dass uns auch auf dieser Insel der problematische Umgang mit dem Zivilisationsmüll wieder vor Augen geführt wird. Zwar können wir unseren gesammelten Bootsmüll (gegen 5 $ pro Sack) abgeben, er wird wie der Müll der Einwohner auf der örtlichen Deponie verscharrt werden. Größerer Müll, etwa alte Autos oder Außenborder, finden sich zwar irgendwie „geordnet“ oder besser zusammengeführt, aber einfach am Straßenrand.

Etwas wieder aufgeheitert wird unsere Stimmung von einem hübschen Bahamas-Kolibri.

Und kurz danach weiter, als der örtliche Polizist Manroe sein Dienstfahrzeug neben uns zum Stehen bringt um lokal-typisch ein bisschen mit uns zu klönen. In Badeschlappen, die Pistole in der Tasche der Jogginghose. Bahamas-Style-Police.

Das eigentliche – völlig unerwartete – Highlight steht uns aber noch bevor. Als wir auf ein Bier in den „Yacht-Club“ schauen, sind wir zwar die einzigen Gäste auf der Terrasse. Von drinnen kommt aber Jasmine heraus. Ihren Großeltern gehört das Restaurant. Andrea hatte Jasmine beim SUP schon getroffen und ein bisschen mit ihr geschnackt, sie außerdem eine Proberunde auf dem Paddelboard fahren lassen. Jetzt saust Jasmine wider hinein, holt ihren Bruder. Beide sind in den USA geboren, aber ihre Mutter stammt von hier und sie verbringen hier Zeit bei ihren Großeltern. Wir klönen über dies und das, Isryel erzählt, dass er Tänzer ist. Er versucht uns zu erklären, was genau er tanzt, zählt diverse Styles des Breakdance auf. Er hat in verschiedenen Kompanien getanzt, auch mit Auftritten in Europa. O.K., wir sind ziemlich blank auf diesem Feld. Macht nichts, er wollte sowieso gerade ein Video drehen, holt seine Box und ab geht’s. Eine fast siebenminütige Stand-Up-Performance zwischen Breakdance und Ausdruckstanz, professionell artistisch, mit unfassbarer Körperkontrolle und unter Einbindung der örtlichen Gegebenheiten wie der Treppe, dem Kai, dem Tisch, WUNDERBAR! Und danach eine kleine Vorlesung darüber, was er jetzt eigentlich gezeigt hat. Wir sind begeistert. Noch lange sitzen wir acht am Tisch zusammen und erzählen.

Zurück am Boot schnorchele ich nochmal den Anker ab, denn das Echolot liefert uns eine weitere überraschende Show: von scheinbaren 1,5 m Wassertiefe klettert es schnell auf 3 m und fällt dann ebenso schnell wieder ab. Das wiederholt sich. Augenscheinlich bewegen wir uns aber nicht. Pflanzen scheiden als Auslöser auf dem reinen Sandgrund ebenfalls aus, Fischschwärme können wir nicht erkennen. Die Lösung ist einfach und erstaunlich zugleich. Einmal mehr führt das Zusammenspiel von Wind und Tide dazu, dass wir über unseren eigenen Anker getrieben sind und die Kette unter dem Schiff nach hinten läuft. Kommt sie straffer, empfängt das Lot ihr Echo und zeigt eine geringere Wassertiefe an, kommt sie wieder loser, sehen wir wieder die echte Tiefe von 3 m.

Beim Schnorcheln entdecke ich dann aber auch noch etwas anderes. Neben dem Sandflach, im durchgehenden Fahrwasser, ist der Grund unebener, weist kleine Korallenblöcke und Steine auf. Einige kleine bunte Fische haben sich hier eingefunden, aber vor allem fällt ein Pazifischer Rotfeuerfisch auf.

Diese wunderschön exotisch anmutenden nachtjagenden Raubfische sind im Atlantik eigentlich nicht heimisch, haben sich aber seit Mitte der achtziger Jahre explosionsartig vermehrt. Wissenschaftler vermuten, dass einige wenige Exemplare aus Salzwasseraquarien entweder ausgesetzt wurden oder bei einem Hurrikan ins Meer gelangten. In der Karibik haben sie sich zu einer Plage entwickelt, denn sie haben hier keine natürlichen Feinde, dezimieren aber den Nachwuchs der heimischen Rifffische so stark, dass das Ökosystem an den Riffen aus dem Gleichgewicht zu geraten droht. Tauchschulen machen an manchen Tagen gezielt Jagd auf sie, aber das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.

Rotfeuerfische sind giftig, aber das Gift sitzt nur in der Haut der Rückenstacheln und der hinteren Bauchtflossen bzw. -Stacheln. Ich hole vom Schiff meine auf Long Island gekaufte „Hawaiian Sling“, eine Art Kreuzung aus Harpune und Zwille (Spearguns, die typischen Harpunen, sind auf den Bahamas nicht erlaubt). Und tatsächlich kann ich den hier „Lionfisch“ genannten Exot speeren.

Jetzt aufpassen, dass er nicht am Speer entlang zur Hand rutscht und dann an Bord filetieren (dazu erst einmal mit einer Schere die giftigen Stacheln abschneiden). Der Fisch schmeckt übrigens sehr lecker!