Drei Wochen auf hoher See.
Die ganze Nacht durch und bis jetzt weiter mit Passatbesegelung unterwegs. Zeitweise wieder sehr langsam, aber inzwischen hat der Wind auf 10-13 kn zugenommen und es ist „Champagnersegeln“. Allerdings muss der Alkohol noch ein paar Tage warten.
Das dicke Gewitterband scheint sich vorhersagegemäß zu entwickeln, also endlich aus dem Weg zu ziehen. Im Ernst, 350 km breit, das wäre falls unvermeidbar beim Durchsegeln eine ziemliche Nervenanspannung gewesen. So schön dieses Wetterphänomen aus der Entfernung auch anzuschauen ist, unmittelbar drin zu sein ist selten angenehm. Auf See schon erst recht nicht, wenn der Mast des eigenen Bootes weit und breit die höchste Erhebung ist und sich den Blitzen entgegenzustrecken scheint.
Neben den Französisch-Lektionen ist jetzt auch das Üben des Hantierens mit dem Sextanten angesagt. Da ich ja kein Nautisches Jahrbuch dabei habe, hat das Spielkind in mir nach anderen Lösungen gesucht und tatsächlich eine wunderbare App gefunden: „Circle of Position Navigation“. Dort kann ich meine Sextant-Messungen eingeben. Die sekundengenaue Uhrzeit dazu muss natürlich ebenfalls eingetragen werden, Wiebke ist also ebenfalls eingebunden. Wenn ich bei der Sextant-Messung „jetzt“ rufe, macht sie ein Bildschirmfoto der UTC-Zeit auf der „AtomUhr“-App.
😊
Hört sich albern an? Ist es wohl auch. Aber die sekundengenaue Zeit vom GPS-Plotter abzulesen ist wäre vielleicht noch sinnfreier, wenn der Sextant als Backup für den Fall eines gestörten GPS-Systems dient.


Wie auch immer, die Messungen mit dem altertümlich anmutenden mechanischen Sextant machen Spaß und die digitale (offline-)Auswertung zeigt, dass bei diesen vergleichsweise ruhigen Bedingungen selbst ein Anfänger doch ganz beachtliche Positionsbestimmungen hinbekommt.
Der für den Sextanten ermittelte Indexfehler wird noch korrigiert, die Höhe der Betrachtung eingegeben (2m über Wasserspiegel).
Jede Messung des Winkels der Sonne zum Horizont wird in eine Standline in Form eines Kreises umgerechnet. die zwischen den Messungen versegelte Strecke und Richtung wird ebenfalls eingegeben und einer der Schnittpunkte der beiden Kreise ist der ermittelte Standort. Da wir wissen dass wir auf der Südhalbkugel sind, kommt nur dieser in Frage. Das Programm bereitet es auch optisch sehr nett auf:

Und der so ermittelte Schiffsort liegt tatsächlich nur 14 Seemeilen von unserer tatsächlichen Position laut GPS entfernt. Das reicht nicht, um ein flaches Korallenatoll anzulaufen. Aber eine höhere Insel wie unser Ziel Mangareva im Gambier Archipel, mit dem über 400 m hohen Mont Duff, könnten wir damit vielleicht schon mal finden.
Gar nicht schlecht für den ersten Versuch, vielleicht aber auch nur Anfängerglück. Also weiter üben und damit hoffentlich die Genauigkeit noch verbessern. Jedenfalls Dankeschön Jan, dass Du uns den Sextanten mitgegeben hast.
Etmal 93 sm, gesamt auf der Passage bisher 2.750 sm, verbleiben bis zur Ansteuerung von Gambier noch 310 sm.
Essen: wir probieren unser in La Paz eingekochtes Rindfleisch. Das hat gut funktioniert, sehr lecker mit Nudeln, getrockneten Paprika und frischem Weißkohl (beides ebenfalls aus La Paz). Lecker.






