Besuch in Tonga

Kaum zu fassen. Unsere Nichte Emma ist bisher nur ein einziges Mal geflogen, vor sechs Jahren hat sie uns zu Beginn unserer Langfahrt auf Sizilien besucht.

Und jetzt – inzwischen 22jährig – fliegt sie mit ihrem Freund Claas buchstäblich um die halbe Welt. Für Claas ist es die allererste Flugreise und das tatsächlich über die USA und Fiji hierher nach Tonga, wow! Die mit der langen Reise verbundene Anstrengung lassen sich die beiden jedenfalls nicht anmerken, als wir sie am Flughafen von Vava‘u abholen.

Erst einmal bleiben wir mit den beiden am Liegeplatz vor dem Hauptort Neiafu, denn für die folgenden Tage ist eher raues Wetter angesagt. Außer einigem Regen bekommen wir in der geschützten Bucht zum Glück nicht allzu viel davon ab. Außerdem gibt uns dass die Gelegenheit, den Ort Neiafu mit seinem Fruchtmarkt zu erkunden, die Flughunde zu bewundern, den Gottesdienst am Sonntag mit den traditionell festlich gekleideten Tonganern zu besuchen und auch noch eine Wanderung zur Vaimumuni-Höhle zu machen.

In der nahe am Meer gelegenen und auch mit Süßwasser gespeisten Höhle kann man ein Bad nehmen. Allerdings erwartet uns jenseits des niedrigen Eingangs ziemliche Finsternis.

Eine kurze Holztreppe führt drinnen hinunter zum Wasser. Wir haben aber zwei Taschenlampen dabei. Mit der einen erkunden Claas und ich schwimmend die Höhle, mit der anderen haben Wiebke und Emma von der Treppe aus ein wachsames Auge auf uns.

Am Dienstag hat sich das Wetter dann beruhigt und nach letzten Einkäufen bewegen wir die Flora von Neiafu weg zum ersten Ankerplatz auf Tonga. Gar nicht so weit, einfach nur kurz ums Eck (die Entfernungen in der Vava’u-Inselgruppe sind wirklich nicht sehr groß). Und trotzdem: gefühlt eine völlig andere Welt.

Die Paddelboards und das Kanu werden aufgeblasen, damit lässt sich die schöne Ankerbucht wunderbar erkunden. Bilderbuch mit Sandstrand und Palmen. Muscheln sammeln, Schnorcheln im klaren Wasser.

Südsee eben. 😎

Erste Eindrücke in Tonga. Hüftmatten in der Kirche, Flughunde in der Luft.

Seit ein paar Tagen liegt Flora jetzt an einer Boje im Hafen von Neiafu. Viele andere Boote haben sich ebenfalls hier eingefunden, seglerisch ist Hochsaison in Tonga. Kein Problem, der Naturhafen hier ist geräumig. Allerdings auch überwiegend recht tief zum ankern, weshalb viele Bojen ausliegen und auch gerne genutzt werden.

Neiafu liegt auf der Hauptinsel der Vava‘u-Gruppe, der nördlichen der drei größeren tonganischen Inselgruppen. Etwa 80 Seemeilen weiter südlich liegt die Ha‘apai-Gruppe und nochmal 80 Seemeilen weiter Tongatapu, wo sich mit Nuku’alofa auch die Hauptstadt des Königreiches Tonga mit dem Königspalast, dem Parlament und dem Verwaltungssitz.

Aber schon allein in der Vava‘u-Gruppe gibt es reichlich weitere Auswahl an Liegeplätzen. Als (schräg) gehobenes Korallenriff finden sich im Norden 100 m hohe Steilküsten mit fast fjordänlichen Einschnitten, die insgesamt 34 Inseln werden nach Süden hin immer kleiner und flacher. dazwischen finden sich 42 benannte (und ordentlich durchnummerierte) Ankerplätze.

Auf Noforeignland sieht die Vava‘u-Gruppe so aus:

Wie vielerorts in Polynesien haben die christlichen Missionare ganze Arbeit geleistet, Religion wird sehr ernst genommen. Selbst privater Wassersport soll an Sonntagen nicht betrieben werden, jegliche „Arbeit“ vermieden. Ok, dann gehen wir am Sonntag also mal wieder in die Kirche, genauer gesagt in eine der vielen hier. Wir wählen die katholische direkt oberhalb des Hafens.

Was beim Kirchgang auffällt: Ganz überwiegend wird nicht nur der hier Tupenu genannte Männer-Wickelrock getragen, sondern ganz traditionell auch die Ta‘ovala, eine über dem Rock um die Hüften geschlungene feste und recht steife geflochtene Matte. Frauen tragen eine etwas längere Ta‘ovala über dem Kleid, oder sie wählen alternativ eine leichtere Version, bei der von einem Gürtel rundherum kunstvoll geflochtene breite Bänder herabhängen.

Die Ta‘ovala wird von einer mehrfach um die Hüfte geschlungenen Kokosfaserkordel gehalten, traditionell wurden auch Haare von verstorbenen Angehörigen eingeflochten und diese „Kafa“ genannte Kordel über Generationen weitergegeben.

Die Kirche ist sehr gut besucht, der Gottesdienst überwiegend in Tonganisch, die Predigt aber zum Teil zweisprachig auch in Englisch. Es wird viel gesungen, auch liturgisch, zudem unterstützt von einem Posaunenchor.

Nach dem Kirchgang hat der OCC (Ocean Cruising Club) am Nachmittag zu einem Get-Together ins „The Hideaway“ eingeladen, die schwimmende Bar auf einem Floß im Hafen. Hier treffen wir neben anderen Segelbekannten auch unsere (doppelte) Vereinskollegin Susanne Huber-Curphey von der Trans-Ocean-Yacht Nehaj, mehrfache Einhand-Weltumseglerin.

Anders als die meisten hier kommt sie gerade von Neuseeland, fast alle anderen möchten nach Tonga dorthin weitersegeln. Einige wenige wollen vorher noch weiter nach Fiji, die meisten mit diesem Ziel sind aber bereits dahin unterwegs. Es zeichnet sich also ab, dass zum Ende der Saison hier in Tonga ab Mitte Oktober viele unserer Bekannten gemeinsam auf das richtige Wetterfenster für den Sprung nach Neuseeland warten werden.

Von den Bäumen erheben sich langsam etwa rabengroße dunkle Schatten und fliegen recht gemächlich am Ufer entlang. Die Sonne verschwindet schon langsam hinter den hohen Ufern unserer Hafenbucht. Inzwischen dämmert auch uns etwas, nämlich dass die dunklen Fluggestalten gar keine Vögel sind. Fledermäuse, so groß? Fast richtig. Fledertiere, ja, aber eben doch keine Fledermäuse, sondern Flughunde. Sie gehören biologisch zur gleichen Ordnung, bilden aber eine eigene Familie mit etwa 200 Arten, darunter eben der etwa rabengroße Tonga-Flughund.

Als wir in der Folge genauer hinschauen, können wir die Flughunde auch tagsüber in den hohen Bäumen am Ufer erspähen, aber am besten zeichnen sie sich eben doch am beginnenden Abend vor dem noch hellen Himmel ab.

Manchmal lässt sich sogar die für ein Fledertier recht lange Schnauze erkennen, der diese Tiere ihren deutschen Namen verdanken. Vor der Ankunft der Menschen in Polynesien waren sie eine der ganz wenigen Säugetierarten auf den polynesischen Inseln. Anders als die Fledermäuse sind fast alle Flughunde übrigens nicht fähig zur Echo-Ortung, sie verlassen sich auf ihre extrem gute Nachtsicht. Und für die Nahrungssuche auch auf ihren Geruchssinn, denn sie fressen im wesentlichen Früchte und deren Samen.

Diese Nahrungsquelle teilen sie sich hier mit einer anderen inseltypischen Tierart: der Tonga-Fruchttaube. Und auch die dürfen wir direkt von Bord aus bewundern.

Mit ihrem schillernd grün-blauen Federkleid leisten sie den Flughunden in ihren Bäumen Gesellschaft.

Nur ein paar kleine allererste Eindrücke von Kultur und Natur in Tonga und doch …

… wieder so anders. Und so schön.

☺️

Passage Samoa nach Tonga, Tag 2 und angekommen

Der zweite Tag der Passage beginnt wie der erste, ziemlich rau. Das fordert leider auch Tribut, eine besonders fiese Welle schüttelt die Flora durch und die halbkardanische Halterung bricht. Für die Nichtsegler: diese Halterung sorgt dafür, dass der Herd und damit die darauf befindlichen Pfannen und Töpfe in der Horizontalen bleiben, auch wenn das Boot von einer Seite zur anderen schaukelt.

Eigentlich wirkt der Herd nur etwas schief und er schwingt halt nicht mehr. Bei näherer Betrachtung müssen wir aber erkennen, dass die fest am Herd selbst verbaute linke Schwingachse gebrochen ist. Auf dieser Seite ist der Herd dadurch heruntergesackt und hat sich im Schacht verkantet.

Immerhin, dadurch laufen wir nicht Gefahr, dass uns der schwere Herd durch das Schiff fliegt.

Zum Glück wird der Seegang im Laufe des zweiten Tags auch langsam ruhiger, das Segeln angenehmer. Und nach nur etwa 52 Stunden sind wir auf Tonga angekommen, machen am Gouvernement Dock in Neiafu fest (in Tongas nördlicher Vava’u-Gruppe).

Das “Tonga Customs Advance Notice of Arrival“ hatten wir wie gewünscht schon vorab per Email übermittelt, trotzdem sind für Zoll, Health und Immigration nochmal 8 Seiten Papier auszufüllen. Aber das ganze Prozedere geht recht flott und die Officer sind freundlich.

Wir verholen uns ein kleines Stückchen weiter in die Bucht und finden auch noch eine freie Mooring. Auf dem Weg sehen wir schon einige bekannte Yachten. Ganz besonders freuen wir uns, am Abend noch mit Heather und Jim von der Kavenga unser Ankommensbier trinken zu können.

Die beiden hatten wir zuerst auf Vancouver Island in Kanada getroffen und danach noch mehrfach unterwegs in den USA und in Französisch-Polynesien.

Am nächsten Tag widmen wir uns dem Saubermachen und Aufräumen der Flora, der Wieder-Inbetriebnahme des Wassermachers und natürlich dem dringenden Projekt “Herd”.

Der Ersatzteilefinder beim maritimen Versandhandel SVB versorgt uns mit einer Oxplosionszeichnung, das kaputte Teil ist aber leider nicht bei SVB erhältlich. Kein Wunder, es ist fest mit der Seitenwand des Herdes vernietet. Also bauen wir den Herd aus und nehmen ihn auseinander. Wir können nur improvisieren. Die Seitenwand bringe ich mit dem Dinghy zu einem verfallenen Dock in der Nähe. Dort richtet der Funkenflug keine Schäden an, als ich mit der Akkuflex die Vernietung von der Edelstahlwand entferne. Wieder an Bord kann ich den restlichen Niet ausschlagen und das Loch auf die Größe einer 8ter Senkkopfschraube vergrößern, auf der Innenseite mit großer Unterlegscheibe und Muttern gekontert. Den Herd wieder zusammenbauen, dabei auch gleich die Mechanik der Frontklappe reparieren. Der Senkkopf kann dann von oben in die Halterung im Herdschacht rutschen, so die Theorie.

Wunder über Wunder, die Kardanik funktioniert wieder. Mal schauen wie lange, aber fürs erste sollte es gehen.

Von Tonga haben wir noch nicht viel gesehen, aber das kommt jetzt.

😊