Die grünen, hohen Inseln der Marquesas bleiben achteraus.

Bananen baumeln am Achterstag. Die übrigen Fruchvorräte sind in der Flora in Netzen gestaut, schaukeln von der Decke im Salon und an der Duschvorhangstange im Bad. Der Dinghymotor wird mittels der Dirk auf den Heckkorb gesetzt, das jetzt motorlose Beiboot in den Davits zusätzlich mit « Bellybands » (unter dem Boden durchgezogenen Gurtbändern) gesichert und natürlich auch sonst alles an Bord seefest verstaut. Es geht wieder los. 450 Seemeilen offener Pazifik liegen vor uns, das entspricht etwa der Entfernung der Strecke einmal quer durch Deutschland.

Der Abschied von den Marquesas fällt nicht leicht. Zum einen sind gerade noch unsere amerikanischen Freunde Jill und Michael mit ihrer „Gerty“ angekommen. Immerhin konnten wir sie noch gebührend in Empfang nehmen und einen netten Begrüßungsabend mit ihnen sowie Simone und Joren von der holländischen „Vlinder“ verbringen. Heather und Jim sind noch hier, Andrea und Ingo im Norden der Insel.

Zum anderen waren die Marquesas einfach wunderbar. Fatu Hiva mit seinem Traumankerplatz in der Baie de Vierges. Tahuata mit seinen Stränden, den Delfin- und Mantabegegnungen und dem traditionellen Erdofen-Festmahl. Hiva Oa, das uns nach dem rolligen und knallvollen Atuona mit schönen Ankerplätzen an seiner Nordseite verwöhnt, das weniger besuchte Ua Huka, auch wenn es uns nur eine Stippvisite ohne Landgang gönnte. Das hohe Ua Pou mit den charakteristischen Pitons, den Zacken seiner Krone. Und – zwischendurch schon einmal und zuletzt wieder – das vielfältige Nuku Hiva.

Die Erlebnisse, die Wanderungen, die Schönheit der Natur, all das hat uns auf den Marquesas beeindruckt. Und doch, einmal mehr waren es die Begegnungen mit den Menschen, die die prägendsten und bewegendsten Eindrücke hinterlassen haben. Die Gastfreundschaft der Bewohner dieser Inseln, ihre Offenheit und Zugewandheit.

So wie Henrys Familie auf Fatu Hiva, Stella und Gil auf Tahuata, Tepua und José auf Hiva Oa, Eveline auf Ua Pou, Kua und Te‘iki auf Nuku Hiva, sie machen für uns das Gsicht dieser Inseln aus und stehen doch auch stellvertretend für die unglaublich freundlichen Menschen der Marquesas.

Vom weitläufigen Ankerplatz vor dem Hauptort Taiohae brechen wir jetzt auf.

Neue Abenteuer locken. Unser Ziel sind die Tuamotos. Auch sie bilden eine der fünf Inselgruppen Französisch Polynesiens. Ganz anders als die hohen grünen gebirgigen Marquesas sind sie flache Atolle, die sich kaum über den Meeresspiegel erheben. Fast alle von ihnen haben eine von einem Riff umgebene Lagune, die wenigen Ausnahmen sind gehobene Atolle. Früher ebenfalls mit einer flachen Lagune im inneren, hat sich das ganze Atoll durch tektonische Veränderungen so weit aus dem Meer gehoben, dass kein Meerwasser mehr in die ausgetrocknete Lagune gelangt.

Bei allen anderen Atollen der Tuamotus aber ist die Lagune ein Teil des Ozeans. Durch einen oder mehrere Pässe atmet die Lagune mit der Tide Pazifikwasser ein und aus. Wenn der Wind auf dem Ozean hohe Wellen aufbaut, gelangt zudem auch über das Ringriff hinweg weiteres Wasser in die Lagune, was dann bei Ebbe zu besonders kräftigen Strömungen im Pass führt. Die Passagen durch die Pässe der Lagunen sind also mit Vorsicht und idealerweise um Stillwasser herum vorzunehmen. Also sollten wir in drei Tagen möglichst um 8:30 oder um 14:30 vor dem Pass von Raroia angekommen sein, unserem geplant ersten Atoll der Tuamotus. Lieber etwas früher, um Spielraum zu haben. Mal sehen, ob das klappt.

Hiva Oa: Lächelndes Tiki, bekifftes Minion oder etwas ganz anderes?

Vom Norden in den Norden. Von der Nordspitze Tahuatas segeln wir an der Ostküste von Hiva Oa hinauf und erkunden die Nordküste dieser Insel.

Nochmal zur Orientierung, wo in Französisch Polynesien wir eigentlich jetzt sind: nach der Ankunft waren wir etwa 6 Wochen in den Gambier, danach sind wir in einer fünftägigen Passage hoch in die Marquesas gesegelt. Dort haben wir zunächst Fatu Hiva und dann Tahuata besucht, wobei wir zwischendurch in Atuona auf Hiva Oa unser Patenkind Jannik an Bord genommen haben.

Erster Stop an Hiva Oa’s Nordküste ist die Baie Hanamenu im Nordwesten dieser nach Nuku Hiva zweitgrößten Insel des Archipels.

Wegen des vorherrschenden Südostpassatwindes und dem auf dem gesamten Inselrücken entlang führenden hohen Gebirgszuges ist die Nordküste vergleichsweise trocken. Die steilen Felsformationen sind eher rötlich-braun bis schwarz, lediglich in den tief eingeschnittenen Tälern ziehen sich breitere grüne Gürtel entlang der aus dem Gebirge herabfließenden Bachläufe.

So auch hier in der Hanamenu Bucht.

Ein wenig erinnert das an eine Oase. Dies noch um so mehr, als uns nach dem wegen des Schwells kniffligen Anlandens als erstes der Süßwasserteich gezeigt wird. José und seine Frau Tepuah sind zwei von nur drei festen Bewohnern in Hanamenu. Sie führen uns herum und erklären, das frische klare Wasser des Teichs sei bestes Trinkwasser. Außerdem sollten wir unbedingt darin schwimmen.

Das verschieben wir allerdings noch ein bisschen, denn erst bewundern wir José’s Schnitzkunstwerke, die er für den Verkauf im Hauptort Atuona anfertigt.

Dann folgt eine Wanderung in das Tal hinein auf dem Weg, den José uns zeigt. Nach acht Stunden Wanderung könnte man Atuona erreichen. Unser Ausflug fällt allerdings deutlich kürzer aus, den Wiebke wird von einer Wespe in den Hinterkopf gestochen, sehr schmerzhaft. Wir drehen lieber um und kühlen den Stich in dem wirklich sehr frischen Wasser des Badeteichs.

Auch hier kommen wir nicht ohne Geschenk weg: zwei riesige Pampelmusen vergrößern unseren Fruchtvorrat an Bord. Wir nehmen die Anregung unserer Freunde von der Terikah auf und so strahlen Pampelmuse und Jannik im Smiley-Wettbewerb.

Unser nächster Ankerplatz liegt eigentlich nur 8 sm weiter etwa in der Mitte der Nordküste der Insel. Es wird aber ein Kreuzkurs, der es mit Böen bis zu 28 kn durchaus in sich hat. Aber die gesamte Crew steckt das gut weg.

Die Baie Hanaiapa ist schon von weitem gut zu erkennen. Das markante Dreieck der hohen Steilwand ebenso wie die Basaltnadel weisen den Weg hinein. Wobei der Vogelfelsen im Eingang zur Bucht je nach Licht und Blickwinkel mal wie ein Tiki, mal wie eine Büste oder ein Scherenschnitt wirkt.

Eine weitere Besonderheit von Hanaiapa liegt darin, dass der kleine Ort an das spärliche Straßennetz der Insel angeschlossen ist und man hier sogar ein Auto mieten kann.

Wir haben Glück. Das Auto der Vermieterin “an der Kreuzung” ist zwar schon auf einige Tage ausgebucht, aber sie verweist uns an eine andere Adresse im Ort, wo wir für den Nachmittag noch einen Kleinwagen bekommen können, für die nächsten Tage (mit dem auf der Insel stattfindenden Marathonlauf) ist auch der bereits reserviert. Na dann los.

Wir laden die leeren Dieselkannister ein und dann geht es über den hohen und landschaftlich wunderschönen Inselrücken hinüber auf die Südseite nach Atuona.

Am Hafen tanken wir die Kanister voll, fahren weiter in den Ort und kaufen im Supermarkt ein. Finden eine Bank und holen uns nochmal Bargeld. Und dann kurven wir hoch zum Friedhof oberhalb der Stadt.

Der bietet nicht nur einen herrlichen Ausblick, sondern auch zwei bekannte und oft besuchte Grabstellen. Paul Gaugin und Jacques Brel haben hier ihre letzte Ruhestätte, beiden ist auch jeweils ein kleines Museum im Ort gewidmet.

Auf dem Rückweg halten wir am Festplatz. Er ist gesäumt mit Tikis und anderen Steinmetzarbeiten. Aber ohne eine Führung bleibt uns die Bedeutung der Figuren meist verschlossen. Wobei: manche Tikis sind so berühmt, dass wir schon einiges über sie gelesen haben. So weist bei der Weiterfahrt am Straßenrand ein Schild auf das wohl bekannteste historische Tiki der Insel hin.

TIKI SOURIANT. Wir parken das Auto am Straßenrand und folgen dem Pfad in den Wald hinein. Und da ist es, das lächelnde Tiki:

Wenige Tiki zeigen einen Gesichtsausdruck, und wenn doch ist es eher selten ein freundliches Lächeln. Aber dieses ist doch eindeutig, oder?

Tja, vielleicht auch nicht. Jannik sieht in der schief stehenden Steinstatue nach eigenem Bekunden eher “ein bekifftes Minion”. O.k., der kindliche Minion Bob sieht dem Tiki wirklich ziemlich ähnlich, auch wenn er nichts berauschendes geraucht hat.

Und der Gesichtsausdruck soll wohl tatsächlich gar kein Lächeln zeigen, sondern das “Erzählen” der dargestellten weisen alten Frau (möglicherweise die Königin von Utoka).

So kann der Eindruck täuschen. Spannend ist es trotzdem. Und unabhängig von der historisch kulturellen Bedeutung hat sich heute jedenfalls das Lächeln durchgesetzt.

Ka.. und Hack-Tag

Ab und zu erwischen wir einen gebrauchten Tag. Das ist so einer.

Der Morgen beginnt damit, dass die achtere Toilette nicht richtig abpumpen will. Kommt nicht plötzlich, aber jetzt ist definitiv Zeit, mehr zu tun als mit Kalklöser zu spülen. Die erste Aufgabe des Tages ist also eine der beliebtesten an Bord überhaupt. Die Schläuche vom WC abbauen, das „Joker-Valve“ genannte Rückschlagventil säubern oder tauschen und in diesem Fall noch etwas mehr.

Der Schlauch zum Abpumpen hat sich bis auf einen Bruchteil seines Durchmessers mit Kalkstein zugesetzt. Der muss raus, mechanisches Schlagen auf den Schlauch ist die bewährte Methode dafür.

Nachdem alles wieder eingebaut ist und funktioniert, setzen wir das Großsegel im zweiten Reff und stecken Floras Nase aus der Bucht. Nicht lang danach rollen wir das Segel wieder ein. Wind um die 20 kn war angesagt, aber am Südkap von Tahuata werden wir regelrecht verprügelt. Kapeffekt wie aus dem Buche. Böen bis 40 kn, dazu 3 bis 4 Meter Welle. Nicht genau von vorn, aber eben doch in einem spitzen Winkel.

Als wir endlich ums Kap rum sind, kommen Wind und Wellen immer noch schräg von vorn, nur auf dem anderen Bug. Flora macht das prima, aber ein Vergnügen ist es trotzdem nicht. Erst etwa 5 Meilen später können wir endlich segeln und die Bedingungen werden etwas moderater.

Nur stellen wir fest, dass wir uns mehrere Befestigungen unserer Kuchenbude (Cockpitzelt) abgerissen haben, ein blöder Bedienfehler. Und unter Deck hat sich eine Schüssel so unglücklich unter den Wasserhahn geschoben, dass der Wasserfluss ausgelöst wurde. Zwar ins Becken der Spüle, aber wir haben etwa 200 Liter kostbares Frischwssser durch den Abfluss gejagt. Wie dämlich.

Ein schöner Mahi Mahi an der Angel scheint die Unglückssträhne versöhnlich zu beenden.

Aber als wir kurz darauf endlich in Atuona auf Hiva Oa ankommen, ist der Ankerplatz vor der Mole komplett untauglich. Die dort liegenden Boote machen Bocksprünge und Schaukelübungen, dass es uns schon vom Zuschauen schlecht wird.

Hinter der Mole ist es nur etwas ruhiger, aber natürlich rappelvoll. Wir zwängen uns in eine Lücke, stecken weniger Kette als gewohnt und eigentlich gewünscht und kommen so tatsächlich keinem unserer Nachbarn ins Gehege (nahe aber schon). Das bedeutet Ankerwache für die Nacht, einer von uns ist stets im Cockpit und wach.

Warum das alles?

Jetzt kommt das Gute! Wir bekommen Besuch. Unser Patenkind Jannik hat den langen Flug (Frankfurt/Paris/Los Angeles/Papeete/Hiva Oa) auf sich genommen und wir holen ihn hier ab.

Auf den ziemlich gebrauchten Tag folgt also ein nagelneuer, sehr schöner.