San Francisco VIII: von Santa Cruz zu den (an)gemalten Damen

Nach dem Rückweg aus der schönen Sackgasse folgen wir weiter dem Highway 1, passieren Monterey diesmal und fahren um die große Monterey Bay herum bis nach Santa Cruz.

Santa Cruz entwickelte sich früh zu einem Surf Hotspot auf dem amerikanischen Festland, seit 1895 wird hier dem Wellenreiten gefrönt. Diverse internationale Surfwettbewerbe finden an Santa Cruz’ West Cliff Drive statt. Der Ort schmückt sich mit dem inoffiziellen Titel “Surf City USA”, wobei das auf Hawai’i sicher anders gesehen wird.

Eine weitere Attraktion ist der Beach Boardwalk. Direkt zwischen Stadt und Strand gelegen ist er der älteste kalifornische Vergnügungspark und bietet auch heute noch überwiegend historische Jahrmarktgeschäfte wie das Kettenkarussell, die Holzachterbahn “Big Dipper” von 1924 oder die Gondelfahrt über der Strandpromenade mit Blick auf die Ankerlieger.

Die Stadt selbst gefällt mit vielen viktorianischen Holzhäusern wie auch unser Bed & Breakfast eines ist:

Auf der Weiterfahrt sehen wir entlang der Straße noch einigen Obst- und vor allem Gemüseanbau. Nicht mehr so extrem flächengreifend wie entlang des Salinas River sondern eher in der Hand von familiengeführten Farmen. So kurz vor San Francisco können wir nicht widerstehen und decken uns in einem der Hofläden mit Frischwaren für die Flora ein. Erdbeeren, Feigen, Tomaten, Möhren, Nektarinen, Avocados, Zwiebeln, Zucchini und einiges mehr. Erstmals kaufen wir auch einen ganzen Stängel Rosenkohl.

Am Abend fahren wir von San Francisco aus (noch haben wir ja das Auto) nach Sausalito und greifen auf das Angebot von Kristen und Raffi zurück, bei ihnen Waschmaschine und Trockner zu nutzen.

Am nächsten Morgen geben wir den Mietwagen ab, machen ein bisschen Bootsarbeit und dann geht’s mit der U-Bahn in den Stadtteil Haight Ashbury. Hier war das Epizentrum der Hippy-Flower-Power-Bewegung. Hier prägten Janis Joplin, The Grateful Dead und Jefferson Airplane in den 1960ern die Musikszene.

Und hier finden sich auch die “Painted Ladies”. Ein wenig sind auch sie ein Ergebnis der 60er, auch wenn sie viel älter sind. Viktorianische Bauten (streng genommen also aus der Zeit von Queen Victoria bis 1901, aber die Edwardianischen bis 1915 werden meist einfach dazu gezählt) sind häufig in San Francisco. Auch, weil nach dem verheerenden Erdbeben und Brand von 1906 vieles in diesem Stil wieder aufgebaut wurde. Aber in Haight Asbury blieben tatsächlich auch viele viktorianische Gebäude von der Katastrophe verschont.

Ursprünglich waren die reich verzierten Gebäude in leuchtenden Farben bemalt. Eine Zeitung kritisierte 1885: “… red, yellow, chocolate, orange, everything that is loud is in fashion … if the upper stories are not of red or blue … they are painted up into uncouth panels of yellow and brown …”. Aber bis zu den 1960er Jahren hatte sich das offenbar geändert. Grau war der vorherrschende Anstrich. Manch ein Hausbesitzer ging auch dazu über, die Verzierungen zu entfernen oder jedenfalls nicht mehr zu reparieren. Das monochrome Grau passt nicht zu unserem Bild von der Hippy-Bewegung, oder? Und tatsächlich, schon 1963 begann der Künstler Butch Kardum, sein viktorianisches Haus in intensivem Blau und Grün neu zu bemalen. Er erntete zunächst heftige Kritik, dann aber begann man ihn nach und nach in der Nachbarschaft zu kopieren. Und so wurde es wieder bunt in Haight Ashbury, in San Francisco und in vielen anderen Gebieten mit viktorianischer Bebauung.

1978 fand erstmals der Begriff “Painted Ladies” für mehrfarbig bemalte viktorianische Häuser in San Francisco Verwendung. Seitdem hat sich der Ausdruck, jedenfalls in der amerikanischen Architektur, für diese Häuser auch außerhalb von San Francisco durchgesetzt.

Die vielleicht bekanntesten sind die “Seven Sisters” in der Steiner Street am Alamo Square, die auch “Postcard Row” genannt werden und in diversen Filmen, Fernseh- und Netflix-Serien vorkommen:

Klar, mit der Skyline von San Francisco im Hintergrund wirken sie um so mehr. Aber hey, es gibt so unglaublich viele “Painted Ladies” hier in Haight Ashbury:

Nur eine kleine Auswahl. Und nur aus Haight Ashbury. San Francisco ist wirklich eine wunderschöne Stadt.

❤️

San Juan, Puerto Rico

Der Ankerplatz vor Puerto Salinas ist so gut geschützt, dass wir beschließen, von hier aus ein paar Landausflüge zu machen. Es ist ja für uns doch eine Überwindung, die Flora am Anker mehrere Tage alleine zu lassen. Aber: Gemeinsam mit der Crew der Easy-One mieten wir ein Auto und los gehts. Erst einmal nach San Juan, in die Hauptstadt von Puerto Rico.

Wobei, schon das ist eigentlich eine erstaunliche Geschichte. Als Kolumbus die Insel auf seiner zweiten Reise 1493 (aus europäischer Sicht) „entdeckte“, benannte er die Insel nach Johannes dem Täufer „San Juan Bautista“. Einige Jahre später wurde 1509 auf dem Gebiet der heutigen Hauptstadt am dortigen großen Naturhafen eine Stadt mit dem Namen „Puerto Rico“ gegründet. Insel und Hafen gewannen in der Geschichte wegen der strategischen Bedeutung eines derart guten Hafens mit zugleich ausreichenden Ressourcen der großen Insel als (erst spanisches und dann amerikanisches) Tor zur Karibik zunehmend an Bedeutung. Allerdings wurde irgendwann dabei die Bezeichnung für den Hafen mit der des Landes wohl zunächst gleichgesetzt und dann vertauscht 😳.

Wie auch immer, wir suchen uns ein Airbnb in Old San Juan, dem historischen Stadtteil im Nordwesten der Insel, die den Naturhafen nach Norden hin fast vollständig abschließt. Old San Juan ist UNESCO Weltkulturerbe, entsprechend gibt es viele zum Teil koloniale Altbauten an den engen, mit bläulichen Backsteinen gepflasterten Straßen. Oft mit sehr hohen Räumen in Erdgeschoss und erstem Stock, so auch in unserem Airbnb. Die Möblierung ist modern, die Ausstattung z.B. mit Geschirr aber eher dürftig (wir finden dann aber doch immerhin drei heile Tassen) und die Übergabe etwas desorganisiert (die Vermieterin hat uns einen falschen Schlüsselcode geschickt und ist zum Übernahmezeitpunkt telefonisch länger nicht erreichbar). Aber am Ende klappt dann es mit Verzögerung dann doch und wir genießen unsere Unterkunft mitten in der Altstadt mit ihren Geschäften, Bars, Cafés und Restaurants.

Zunächst mal aber fahren wir in den Stadtteil Santurce, eher ein Vorort, in Teilen etwas heruntergekommen, in anderen hip, vor allem aber bekannt für seine umfangreiche Street Art und Graffiti.

Und dann geht es eben weiter in das ganz andere, nicht minder bunte und lebendige Old San Juan. Normalerweise sehr touristisch, wofür die in den unteren Straßen (näher am Kreuzfahrtterminal) auch überaus häufigen Souvenirshops bürgen. Nur – Kreuzfahrtschiffe sind covidbedingt eben nicht da. Die Stadt gehört den Boricua, wie sich die Puertoricaner selbst nennen. Und den vergleichsweise wenigen Touristen, die trotzdem da sind. So wie wir.

Wir genießen den Blick vom Balkon unserer Wohnung und machen uns dann auf, das (frühe) Nachtleben, eigentlich eher das Abendleben des Viertels zu erkunden. Es gefällt uns richtig gut, vielleicht besonders weil die Zeit in der Stadt und die Zeit auf dem Boot doch einige interessante Gegenpole bieten. Wir bummeln durch die Gassen, vorbei am Brunnen mit den allegorischen Figuren den vier Jahreszeiten, in denen uns der Winter mit Maske entgegenbibbert und wo ein Künstler als lebende fünfte Statue wirklich beeindruckt. Entdecken nette kleine Parks, entscheiden uns für eine Bar. Es ist die Factoría (Los Hijos de Boriguen). Sieht ein bisschen aus wie eine Sofa-Bar auf St. Pauli in Hamburg, deshalb hat sie uns wohl angesprochen. Nicht steril durchgestylt, ein bisschen dunkel, ein crazy aussehende Barkeeperin. Witzig, wir haben eine der Top50-Bars der Welt ausgewählt und merken es erst nicht einmal. Die Drinks sind schon mal super. Dann aber fällt auf, dass deutlich mehr Besucher in der Toilette verschwinden, als wieder herauskommen. Oops. Mal nachschauen. Nichts auffälliges außer einer Tür mit Vorhängeschloss. Tja, und da geht es in den „Secret Second Floor“, den wir nach Aufklärung durch einen Barkeeper dann auch erkunden. Klar, covidbedingt werden nur begrenzt Leute eingelassen, also ist die Bar alles andere als voll. Originell ist es aber trotzdem und so ergattern wir auch hier wieder einen Balkonplatz mit Blick auf das Treiben unten auf der Straße

Am nächsten Tag wandern wir erst einmal zu „El Morro“, der berühmten Festungsanlage auf der Nordspitze von Old San Juan. Die große Freifläche vor der Festungsanlage wird zumindest am Wochenende gern von Familien genutzt, um mit den Kindern Drachen steigen zu lassen. Offenbar so intensiv, dass schon Schilder zum Beseitigen der Reste an Drachenschnur und Plastikdrachen mahnen. Die massive Festungsanlage bietet museale Ausstellungen in ihrem Inneren, vor allem aber einen tollen Blick auf den Atlantik und die die bunten Würfelhäuser unterhalb der zur zweiten Festung Castillo de San Christobal hinüber führenden Mauer, weiter bis zu den Strand-Hochhäusern von Ocean Park und auch auf die Einfahrt in den Naturhafen.

Und außerdem tummeln sich auf El Morro wieder diverse Leguane, posieren selbstbewusst auf Grasflächen und Klippen und klettern problemlos die steilen Festungsmauern hinauf, um in die Regenwasserabläufe zu kommen.

Auf dem Rückweg erkunden wir dann das bunte Old San Juan noch einmal bei Tageslicht. Ein bisschen kreuz und quer, hügelauf und hügelab. Was allerdings auch den Vorteil hat, immer mal wieder Blicke hinüber in den Hochhausstadtteile des modernen San Juan, über den Hafen mit seinen Containerbrücken und Yachten, oder über den blauen Atlantik geboten zu bekommen.