Ikeda Cove

Es ist einfach zu schön hier, wir bleiben noch ein paar Tage in der Ikeda Cove. Wir genießen die Gesellschaft von von Melanie und Chris. Mit ihnen erkunden wir die Bucht, wandern durch die mit Mischwald bestandenen weniger steilen Bereiche um das große Mudflat im Westen des Naturhafens herum. Gemeinsam suchen wir nach den spärlichen Überresten der alten Bergwerkssiedlung. Die Gebäude existieren nicht mehr, aber einige verrostete Metallteile und Ziegelreste können wir aufspüren, zumeist dort, wo lichtere Stellen im Wald den Standort ehemaliger Häuser verraten. Das Rad einer alten Lore findet sich direkt am Ufer, aber die ehemaligen Schienen suchen wir zunächst vergeblich.

Vor allem aber macht die Wanderung selbst Spaß. Es ist gar nicht so häufig, dass man in BC einfach durch das Gehölz streunern kann, oft ist das Unterholz zu dicht oder das Gelände zu steil. Hier aber passt es. Der Wald ist einfach zauberhaft. Und er beherbergt phantastische (und die Phantasie anregende) Geschöpfe. Oder was schaut da aus dem Baumstumpf heraus?

Das Mudflat geht in eine von dem Ikeda Creek durchzogene Salzwiese über, wir suchen und finden eine Furt.

Als wir uns wieder in Richtung unserer Schlauchboote wenden, kommt zu den Phantasiewesen auch noch die Begegnung mit ganz realen Waldbewohnern hinzu: eine Bärenmutter mit ihrem noch ganz jungen Nachwuchs schaut gerade nach, ob sich darin Fressbares finden lässt. Tut es natürlich nicht, da sind wir vorsichtig genug. Aber der Fischgeruch vom Krabbenköder könnte sich schon finden, schließlich bringen wir den Krabbenkorb regelmäßig mit dem Dinghy aus. Normalerweise hält unser Anchor-Buddy ja das Dinghy im tieferen Wasser, aber hier ist es doch mit dem Bug ans Ufer gelangt. Das viel leichtere Dinghy der Solar Coaster haben Melanie und Chris ohnehin gleich hoch auf die Steine gehoben. Wie auch immer, die Bärenmutter entscheidet sich zum Glück gegen das Durchwühlen der Schlauchboote und verlängert damit maßgeblich deren Leben. Aufgeblasene Gummiwülste gegen Krallen von Schwarzbären ist ein ziemlich ungleicher Kampf.

Irgendwie auch ganz schön, dass uns dadurch das Zurückschwimmen zum Boot erspart bleibt. 😬

Nach zwei Tagen segelt die Solar Coaster weiter, Melanie und Chris möchten noch die Inseln ganz im Süden von Gwai Haanas erkunden. Wir dagegen warten auf ein Wetterfenster für die Passage zurück über die Hecate Strait. Verkehrte Welt: in der für ihren häufigen Starkwind bekannten Meerenge ist derzeit ziemlich viel Flaute angesagt.

Aber in der Ikeda Cove gibt es für uns noch einiges zu sehen. Wir bekommen Besuch von Seelöwen, die um Flora herum zu spielen scheinen,

machen weitere Ausflüge in den Wald, wobei wir diesmal auch die Schienenreste der Bergwerksbahn und den Standort der alten Werft entdecken. Nach längerer Suche finden wir auch die im Cruising Guide erwähnten Gräber von drei japanischen Bergarbeitern:

Besonders beeindruckend sind aber immer wieder die Baumriesen …

… selbst oder vielleicht gerade besonders dann, wenn es nur das Wurzelwerk eines Giganten ist, der im Sturm auf die Seite gelegt wurde und – jedes kleinste Fitzelchen der dünnen Humusschicht festklammernd – nur blanken Stein an seinem alten Standort zurücklässt:

Nebenbei sammeln wir auch noch etwas fürs Abendessen auf, denn auf den Salzwiesen am Waldrand finden sich große Flächen von Queller (wird hier „Sea Asparagus“, also „See-Spargel“ genannt).

Unser Zuschauer nimmt die Grünfutter-Nahrungskonkurrenz ziemlich gelassen und scheint sich ohnehin lieber an das Gras zu halten:

P.S.: The making of …

😁

Crescent Inlet: Schutz vor dem Starkwind

Wir machen uns auf in Richtung Gwaii Haanas, legen aber noch zwei Zwischenstationen ein. Wegen des für Dienstag vorhergesagten Starkwindes segeln wir am Sonntag erst einmal gut 50 sm hinunter nach Thurston Harbour und am nächsten Tag dann weiter in das sehr gut geschützte Crescent Inlet.

Wie man auf unserem Noforeignland-Track sehr schön sehen kann, nehmen wir dafür nicht den kürzesten Weg, sondern genießen mit dem Umweg durch die schmale Dana Passage das herrliche Segelwetter auf diversen Kursen durch die wunderschöne Landschaft. Am Ende werden es immerhin 28 sm.

Der zwischen den Fjorden liegende Gebirgsrücken zieht sich hier bis auf rund 1.000 m Höhe.

Es geht also zumeist vom Wasser aus ziemlich steil nach oben. Kein Wunder, dass wir immer mal wieder die Spuren zum Teil äußerst heftiger Erdrutsche an den Hängen erkennen. Zuletzt im Jahr 2012 hat unter Haida Gwaii zudem die Erde heftig gebebt (Stärke 7,7 auf der Richter-Skala).

Aber nicht überall sind die Ufer so steil. Im Scheitel des Crescent Inlet liegt ein immenses „Mud flat“, dass sich fast einen Kilometer lang in den Fjord hineinschiebt. Vom Ankerplatz aus steigt der Grund schnell von etwa 10 m an und zieht sich auf nur noch etwa einem Meter einige Hundert Meter weiter bis zu dem Bereich, der dann bei Ebbe ganz trocken fällt und in eine sumpfige Salzwiese übergeht.

Toll ist, dass wir in diesem Uferbereich – wenn auch leider aus einiger Entfernung – häufig einen Schwarzbären sehen können. Er grast gemächlich die Wiese ab oder scheint manchmal auch im Ufersaum nach Krebsen und Muscheln zu suchen. Die Schwarzbären auf Haida Gwaii stellen eine besondere Unterart dar, die sich von anderen Schwarzbären unterscheidet. So ist der „Haida Gwaii black bear“ nicht nur besonders groß, sondern hat vor allem längere und noch kräftigere Kiefer. Jetzt, bevor die Beeren reif sind, ernähren sie sich von Gras, Kräutern, Farnen und ähnlichem Grünzeugs, aufgelockert wird die Diät eben durch Muscheln und Krebse. Im Herbst folgt dann das Festmahl: Lachs.

In Thurston Harbour hatten wir auch „Bären“, allerdings die bekanntesten Vertreter aus der Familie der Kleinbären. Unsere kanadischen und amerikanischen Freunde mögen jetzt stöhnen, aber obwohl die eigentlich nur in Nordamerika heimischen Waschbären inzwischen auch in Deutschland als invasive Spezies unterwegs sind und auch dort in Städten Mülltonnen nach Essbarem durchwühlen, wir hatten die dämmerungsaktiven Tiere bisher noch nicht vor die Kamera bekommen. Die Freude wird durch das Wissen gedämpft, dass Waschbären auch auf Haida Gwaii ursprünglich nicht vorkamen und erst in den 1940er Jahren eingeführt wurden, der Pelze wegen. Seitdem haben sie sich – insbesondere für die brütenden Vögel – zu einer auf manchen Inseln für einige Vogelarten bestandsgefährdenden Plage entwickelt.

Aber wenn ein Waschbär in der Gezeitenzone Steine umdreht und sich dabei auch von dem Fotografen im Dinghy nicht stören lässt, sieht er zumindest doch ganz possierlich aus.

😉

Hoch hinaus. Bäriger Ankerplatz. Und Schwierigkeiten mit der Ankerwinsch.

Keine Licht-Elben. Aber auch kein Mordor mehr. Nach dem düsteren, verregneten Tag in Ocean Falls wachen wir auf zu strahlendem Sonnenschein. Wind ist keiner, wir liegen super ruhig am Public Dock, also perfekt um mal wieder in den Mast zu gehen, das Rigg zu checken und hoffentlich das etwas störrisch gewordene Anemometer wieder zu einer etwas reibungsloseren Windanzeige zu überreden.

Einen schönen Ausblick in gut 20 m Höhe gibt’s gratis dazu. Allerdings erst, nachdem ich auf halber Höhe das “weiche Knie”-Gefühl ignoriert und ab der zweiten Saling auch nicht mehr gespürt habe. Kannte ich im Mast eigentlich in den letzten Jahren nicht mehr und glaubte es endgültig überwunden. Na ja. Ich baue das Anemometer aus, versorge es mit etwas Silikonspray und selbst mein Anpusten versetzt es in Drehung. Geht doch.

Der Eingang/Ausgang aus Mordor/Ocean Falls präsentiert sich bei diesem Wetter auch viel freundlicher. Als wir dann aus dem breiten Fjord in die schmale Gunboat Passage abbiegen, wird es dafür navigatorisch wieder spannend.

Drei knifflige Durchfahrten weist die Passage auf, zwei davon sind allerdings inzwischen betonnt. So kommen wir auch dazu, die schöne Landschaft mit eher flachen Hügeln, Inselchen und vielen Buchten entlang der gewundenen Gunboat-Durchfahrt zu genießen. Kurzentschlossen biegen wir noch vor Ende der Passage in die Beales Bay ab und ankern dort.

Das Timing ist perfekt, die dazu gehörige Beales Lagoon ist jetzt, kurz vor Hochwasser, mit dem Dinghy zugänglich. Wir lassen Florecita zu Wasser und tasten uns über die bei Ebbe trockenfallenden felsigen Flachs (bei Navionics grün dargestellt) in die Lagune hinein.

Das ist insofern spannend, als diese Stellen ein paar Stunden später zunächst so aussehen …

… und sich danach sogar in einen kleinen Wasserfall verwandeln. Kein Wunder, wir haben ungefähr Vollmond und damit Springtide, also besonders hoch und niedrig ausfallende Ebbe und Flut.

Wir kommen aber bei nur einigen kleinen Verwirbelungen gut in die Beales Lagoon hinein und um Stillwasser herum auch problemlos wieder heraus. Dazwischen erkunden wir die Buchten und bekommen ein ganz besonderes Geschenk:

Ein Schwarzbär zeigt sich am Ufer ganz in unserer Nähe, lässt sich vom Dinghy nicht sonderlich beeindrucken und watet zunächst am felsigen Saum entlang, bevor er wieder im dichten Gehölz verschwindet.

Irgendwann wird es für die Weiterfahrt mit dem Dinghy zu flach und wir müssen umkehren. Mit den Paddelboards wären aber schon die Verwirbelungen am Eingang eine Herausforderung gewesen. Kanus wären sicher gut, aber dann hätten wir möglicherweise eine ganze Tide lang in der Lagune bleiben müssen. So war’s jedenfalls super. Mit der Drohne können wir uns die verzweigte Lagune und auch das mäandernde Bett des in sie hinein mündenden Flusses noch ein bisschen weiter erkunden.

Von der Beales Bay fahren wir am nächsten Tag an Bella Bella vorbei durch den Seaforth Channel hinaus auf die freie See des Pazifiks. Bekommen dort erst einmal ordentlich auf die Mütze …

… können danach aber auch noch ein Stück schön die Küste von Price Island hoch segeln …

und finden einen wunderschönen Ankerplatz bei Larkin Point im Osten von Swindle Island. Auf den ersten Blick scheinen lauter Felsen und Inselchen die Einfahrt zu versperren, aber der Weg hinein ist dann doch eigentlich ganz einfach und durchgehend beruhigend tief.

Beim Ankermanöver dann allerdings ein Schreck: die Ankerwinsch weigert sich standhaft, die Kette herauszugeben. Wir hören das Relais klicken, aber die Kette bewegt sich keinen Millimeter. O.k., dann mit der Winschkurbel den Deckel etwas lösen und damit die Bremse lösen bzw. die Kettennuss entkoppeln. Nix da. Sieht die Bedienungsanleitung zwar so vor, aber die Kette, die jetzt eigentlich ausrauschen müsste, bewegt sich trotz vollständig gelöstem Deckel nicht. Erst ein Schlag mit dem Gummihammer auf den jetzt freilegenden Schaft gibt die (zuvor kurzstag gesicherte) Kette endlich frei. Mit erneut handfest angezogenem Deckel funktioniert auch die Winsch wieder. Hoffentlich war das ein einmaliger Defekt, ein Schmieren des Schafts ist von Lewmar nämlich eigentlich nicht vorgesehen. Müssen wir also beobachten 👀, aber für den Augenblick ist das Problem erstmal gelöst.

Anan Wildlife

Nach den Erfahrungen mit Pack Creek wollen wir uns das Anan Wildlife Observatory nicht entgehen lassen. Wie in Pack Creek bietet sich hier die Gelegenheit, wilde Bären in ihren natürlichen Habitat zu beobachten. Hier ist sogar eine der wenigen Gelegenheiten, gleichzeitig Grizzlybären und Schwarzbären im selben Fluss fischen zu sehen. Auch im Anan Wildlife Observatory sind Ranger stationiert, allerdings nur bis zum 25. August. Danach (also jetzt) ist man auf sich allein gestellt. Die Chance auf Bären ist trotzdem noch gut, zumal die Lachse in diesem Jahr später ziehen und deshalb noch unterwegs sind. Entsprechend werden auch immer noch Speedboat-Touren von Wrangell nach Anan angeboten.

Wir entscheiden uns allerdings dafür, mit Flora vor dem Anan Creek zu ankern. Nicht ganz trivial, weil der Ankergrund dort steil abfällt, aber das Wetter ist ruhig angesagt und wir können den Ankerplatz (mit Ankeralarm und zusätzlichem Tiefenalarm) am Abend und in der Nacht ausgiebig testen, bevor wir Flora am nächsten Morgen für die Wanderung zum Beobachtungspunkt allein lassen.

Ruhiges Wetter heißt nicht zwingend schönes Wetter: es regnet mal wieder im Regenwald 😉

Die Wanderung ist trotzdem schön, aber: Bären lassen sich leider nicht blicken. Weder Grizzlybären noch Schwarzbären. Wir warten lange, aber vergeblich. Vielleicht wissen die Bären mehr als wir, etwa, dass der durch den Regen stark angeschwollene Fluss jetzt für die Lachse zu reißend ist oder dass sie sich dadurch heute nicht so leicht fangen lassen.

Was wir allerdings in großer Zahl zu sehen bekommen sind Adler. Nicht nur DER tägliche Weißkopfseeadler, In dieser Häufung hatten wir sie noch nie. Die Bäume, die Felsen am Ufer, der Strand: Alles voller Weißkopfseeadler. Nicht alle sind leicht als solche zu erkennen, denn erst mit 5 Jahren hat ihr Federkleid die schlicht dunkle Farbe mit weißem Kopf und Schwanz. Bei den ganz jungen Vögeln weisen noch nicht einmal der Schnabel und die Füße die später so markant gelbe Farbe auf.

Groß sind die Vögel trotzdem schon. Auf den Bildern geht das leicht unter, weil die Dimension zum Vergleich fehlt. Deshalb hier ein Bild noch aus der Adlerpflegestation in Sitka: Wiebke steht vor der originalgroßen Abbildung eines Osprey (Fischadler), darüber der Golden Eagle und darüber der Bald Eagle (Weißkopfseeadler)!

Zurück zum Anan Creek: Mindestens 13 von ihnen verstecken sich auf diesem Bild:

Für die nächsten Tage sieht es nach ziemlich viel Wind aus, da müssen wir uns einen geschützteren Platz wählen. Wir entscheiden uns für Meyer‘s Chuck, das bringt uns auch ein Stück weiter nach Süden, schließlich sollten wir uns so langsam mal auf den Abschied von Alaska vorbereiten.

Auf dem Weg zum Naturhafen von Meyer‘s Chuck bekommt Wiebke gleich mehrere Geburtstagsgeschenke (nach hiesiger Zeit vorgezogen, nach deutscher Zeit aber pünktlich). Zunächst sehen wir diverse Regenbögen, darunter wieder einen ganz flachen (wie entstehen die eigentlich?) und einen extrem farbintensiven.

Dann gibts zur Abwechslung mal guten Segelwind (in Alaska bisher eine Rarität).

Und last not least: als wir gerade einen Angelstop auf einem Untersee-Plateau machen wollen, tauchen nur zwei Bootslängen entfernt Buckelwale auf und veranstalteten ihre „hier fischen wir“-Show.

So nah, dass wir in ihrem weit aufgerissenen Maul nicht nur die Barten und Zunge oder Gaumen erkennen können, sondern in der Gischt daneben sogar die wenigen kleinen Fische, die ihrem Keschereinsatz noch gerade entkommen sind und auf die sich deshalb gleich die schon über den Walen kreisenden Möven stürzen.

🎁 😊