Perle der Südsee

Mit dem Boot zu reisen bedeutet langsam zu reisen. Über drei Wochen von Mexiko nach Französisch Polynesien, fast fünf Jahre von Korfu bis Gambier. Es heißt, einer der Vorteile dieses gemäßigten Tempos sei, dass die Seele mithalten kann.

Und trotzdem: gerade hier in der Südsee brauchen wir Zeit, um wirklich anzukommen. Wir lassen die Seele baumeln, basteln ein bisschen am Boot, besuchen die Nachbarn, gewöhnen uns an die Temperaturen, springen ins Wasser, machen kurze Spaziergänge durch den Ort. Schwupp, schon wieder ein Tag rum.

Hauptstraße in Rikitea, mitten im Ort

Andere sind aktiver. Jeannette und Jeroen haben schon früh am Morgen einen Besuch bei “der Obst- und Schmuckfrau” Taina gemacht. Sie bringen uns frische Bananen und riesige Avocados mit.

Jeanette hat außerdem unsere Wäsche in ihrer Bordwaschmaschine gewaschen, wir können sie jetzt auf Floras Vorschiff trocken flattern lassen.

De und John von der GoBabyGo laden zum Sundowner ein:

Und Judy und Todd von der Galileo haben für den nächsten Tag eine Tour zu einer Perlfarm organisiert, an der wir gerne teilnehmen.

Mit dem Pickup holt uns Mohaire ab, die seit acht Jahren mit ihrem Mann eine Perlfarm in der Bucht auf der anderen Seite von Mangareva betreibt. Drüben steigen wir in das flachgehende Aluboot ihres Mannes.

Zwischen unzähligen Perlfarm-Bojen hindurch geht es dann hinaus zur Farm, einer auf Stelzen mitten auf dem Wasser gebauten Arbeitshütte.

Etwa 100 dieser in privater (lokaler) Hand befindlichen Perlfarmen gibt es in den Gambier. Sie produzieren in aufwendiger Handarbeit die berühmten schwarzen (jedenfalls dunklen) “Tahitiperlen”. Und auf unserer Tour bekommen einen Einblick in den gesamten Ablauf, von dem Einfangen der wilden Austernlarven über die Aufzucht, Hege und Pflege der Muscheln, das Einpflanzen des Nukleus in die präparierte Tasche der Auster und auch die Ernte und das Sortieren der Perlen.

Und die Tour ist durchaus handfest: wir dürfen anpacken und zum Beispiel die Auster für das Einsetzen des Nukleus ein Stück weit öffnen. Gar nicht so leicht.

Wesentlich schwieriger allerdings ist das Einpflanzen des Nukleus (um den die Auster dann hoffentlich das Perlmutt bildet) und eines kleinen Stückchens “Black Lipp” von einer bereits geernteten Auster (welches zusammen mit dem Standort und der Wasserqualität maßgeblich die Farbe der Perle beeinflusst). Diese filigrane Arbeit wird von zumeist chinesischen Zeitarbeitern im Accord verrichtet, mehrere Hundert dieser Operationen am lebenden Objekt führt eine Arbeiterin am Tag durch:

Und – mindestens 18 Monate später – zeigt sich dann erst, ob die Arbeit erfolgreich war. In etwa 65 Prozent der Austern ist eine Perle herangereift. Ist es eine Perle guter Qualität, wird dieselbe Auster erneut “geimpft” und darf weiter produzieren, bis zu drei mal.

Jeder von uns darf eine Auster wählen und die darin befindliche Perle behalten.

Mohaire operiert sie heraus:

Und am Ende dürfen wir auch noch die Klassifizierung unserer Perlen vornehmen und schauen, ob wir aus dem Fundus der vor Ort produzierten Perlen noch Erinnerungsstücke kaufen wollen.

Hm.

Eine Südseeperle aus Gambier, unzweifelhaft einer Perle der Südsee?

Tag 8 Passage Bahamas USA: Ankunft

Wir werden verwöhnt mit einem weiteren wunderbaren Segeltag. Und davor einer schönen Segelnacht. Der nicht mehr ganz volle Mond geht erst drei Stunden nach Sonnenuntergang auf, Zeit genug für einen beeindruckenden Sternenhimmel, zudem mit Jupiter und Saturn, denen dann an der Perlenschnur später der Mond und in seinem Gefolge auch noch Mars folgen.

Das gefürchtete Kap Hatteras zeigt sich von seiner besten Seite, mit mäßigem achterlichem Wind und Schiebestrom passieren wir nachts einigermaßen dicht unter Land in nur 14 bis 20 m tiefem Wasser, sehen aber trotzdem nur blinkende Lichter auf seiner schmalen Landzunge.

Morgens um 6.00 wird Wiebke dann aber auf ihrer Wache in eine Kiefernduftwolke gehüllt, ein Erlebnis, dass wir am Nachmittag oben bei Virginia Beach noch einmal gemeinsam haben werden. Dort, am Eingang zur Chesapeake Bay trifft uns ein warmer Landwind, der so intensiv und süßlich nach Kiefernnadel riecht, da werden Kindheitserinnerungen an Badewannenschaumbäder wach.

Auffällig ist, wie seit dem Passieren von Beaufort kurz vor Kap Hatteras der Schiffsverkehr zugenommen hat. Frachter, Fischer, Hochseesportfischer und, je näher wir der Chesapeake Bay kommen, auch viele Baggerschiffe und Schleppverbände mit Schuten. Außerdem nimmt auch der Luftverkehr massiv zu, vor allem diverse militärische Flugzeuge lassen sich sehen und hören.

Aber zur Begrüßung sichten wir erstmals seit langem auch wieder Delfine, wenn auch in einiger Entfernung. Dafür schwimmt eine wirklich große Schildkröte ganz dicht vorbei. Muss sie auch, sonst hätten wir sie nicht gesehen. Das Wasser ist hier deutlich trüber, weit kann man nicht hineinschauen.

Mittagsetmal 160 sm.

Kurz vor dem Ziel nimmt der Wind dann kräftig zu, gepaart mit dem Knoten Gegenstrom auf den letzten zwei Meilen wird es noch einmal ruppig. Und auch unser Ankerplatz im Mill Creek vor Hampton (über den gerade wieder eine 28 kn/Windstärke 7 Böe pfeift) ist bei diesen Bedingungen ziemlich choppy. Ist uns aber egal, selbst der inzwischen völlig ungewohnte Autolärm, der von der nahen Brücke herüber weht und die Windgeräusche übertönt, er stört uns jetzt nicht. Wir sind glücklich, hier zu sein. Und wir sind müde, ein Ankerbier, die Anmeldung unserer Ankunft bei den US-Behörden über die App CBP-ROAM (Antwort steht noch aus) und jetzt wollen wir erstmal schlafen.

Die Fotos des Törns werde ich dann in den nächsten Tagen nachreichen.