Das neue Jahr startet für die Flora mit einem intensiven Rigg-Check. Hier am Ankerplatz in Hirifa im Südosten von Fakarava ist es inzwischen schön ruhig geworden. Der Wind hat auf Nordost gedreht und abgenommen, also bauen sich hier auch keine Wellen mehr auf. Perfekt, um sich für eine Überprüfung des stehenden Gutes mal wieder in den Mast ziehen zu lassen. Selbst bei nur mäßiger Welle schaukelt es dort oben in 20 Meter Höhe doch ziemlich.
Jetzt bei glattem Wasser aber ist es einfacher. Und das muss es auch sein, denn ärgerlicherweise gibt es mal wieder einen Schaden im Rigg. Eines der Wanten weist gebrochene bzw. aus der Pressung gerissene Kardeele auf.

Hm, nicht gut. Reparieren kann man das Want nicht, es muss mitsamt der auf den Draht aufgepressten Beschläge gewechselt werden. Da kommen Erinnerungen an Hawai’i auf. Damals hatte unser Check in Honolulu einen ähnlichen Schaden im Hauptwant ergeben. Wegen der speziellen “Ballcup and Stemball”-Verbindungen musste dazu der Mast gelegt werden. Diesmal allerdings sind wir nicht in einer Metropole, sondern fernab von jeglichen Riggern und Schiffsausrüstern vor Anker in einem Südseeatoll.
Betroffen ist das D3, ein kleineres Diagonalwant zwischen der zweiten Saling und dem Mast unterhalb der dritten Saling, also ziemlich weit oben im Mast.

Und das ist zugleich auch großes Glück im Unglück, denn exakt dieses Want haben wir als Ersatzteil dabei. Was total unwahrscheinlich klingt, hat einen ganz einfachen Grund. In Hawai’i wollten wir nicht nur das betroffene Hauptwant, sondern gleich alle Wanten (Drähte, die den Mast seitlich fixieren) und Stagen (Drähte, die den Mast nach vorne und hinten halten) erneuern, zumal ja ohnehin der Mast heruntergenommen werden musste. Der Rigger war zugleich Vertragshändler unseres Mast- und Wantenherstellers Seldén, er konnte fast alle Wanten und Stagen vor Ort mit Originalteilen herstellen. Für uns ein Riesenglück, denn dadurch verzögerte sich unsere Abreise von Hawai’i nur um etwa zwei Wochen und wir konnten die ja ohnehin kurze Saison in Alaska doch noch genießen.
Fast alle hieß damals, dass wir nur die D3-Wanten nicht ersetzen konnten. Es sind die dünnsten in unserem Rigg (nur 7 mm, die V1-Hauptwanten z.B. sind 12 mm) und die entsprechenden Beschläge wären frühestens einen Monat später eingetroffen, zusätzlich gab es laut dem Rigger wohl auch NachCovid-Lieferkettenprobleme.
Was uns heute gerettet hat: wir haben sie damals trotzdem bestellt, der Rigger hatte sie uns ein halbes Jahr später nach Kanada nachgeschickt. Seitdem lagen sie im Vorschiff, bei den regelmäßigen Rigg-Kontrollen sahen die D3-Wanten unauffällig aus – bis auf heute! Zusätzliches Glück: für den Tausch der D3 muss der Mast nicht gelegt werden.
Also tauschen wir sie hier am Ankerplatz. Andrea von der Easy-One übernimmt die Sicherungsleine (Spifall), Wiebke winscht mich mit der Dirk in den Mast.

Das D3 wird erst an der Saling losgeschraubt (die Werkzeuge sind zusätzlich mit Leinen gesichert) und dann am Mast ausgehakt. Danach lasse ich es an einem Tampen herunter, ziehe das neue hoch und baue es ein. Gleich noch das zweite D3 auf der Backbordseite und: Fertig ✔️.
Wir nehmen das auch als Bestätigung dafür, dass es richtig war, in Honolulu nicht nur das V1 zu tauschen, sondern das gesamte Stehende Gut anzugehen. Flora hat inzwischen auf unserer Langfahrt seit Juni 2019 über 39.000 Seemeilen im Kielwasser und damit wurde dem Rigg doch auch schon einige Belastungen aufgebürdet. Gut zu wissen, dass jetzt wirklich das gesamte Stehende Gut erneuert wurde.


Frohes Neues Jahr!