Warnung: mal wieder ein eher technischer Beitrag und detailliert auch hinsichtlich der Kosten, weil wir auf dieses Thema mehrfach angesprochen wurden.

Internet an Bord, auch wenn sich das Boot außerhalb des Telefon- und Mobilfunknetzes befindet: unser IridiumGo kann das nur sehr eingeschränkt. (Text-)Emails und Wettergribfiles, das klappt. SMS und (eingeschränkt) Telefon auch. Echtes Internet aber nicht, dafür reicht die Datenübertragungsgeschwindigkeit (2,4 Kb/Sek) schlicht nicht.
Starlink (Internet über das Satellitensystem von SpaceX) könnte eine Lösung sein.
Starlink bietet zwei verschiedene Typen Hardware an: die “normale”, landbasierte Version und die Marineversion. Letztere verspricht “global maritime coverage” mit bis zu 220 MBits Downloadgeschwindigkeit, kostet für die Hardware mindestens 2.500 $ und Gebühren ab etwa 1.000 $ monatlich (dann auf 1 Terrabite Daten Volumen pro Monat beschränkt, die im Netz kursierenden nochmal deutlich höhere Zahlen beziehen sich wohl auf die Serviceversion mit unbeschränktem Datenvolumen). Jedenfalls deutlich zu teuer für uns.
Die “normale Version” kostet etwa 500 $ für die Hardware, derzeit gilt in Kanada ein Angebot von 350 Ca$ (etwa halber Preis). Der monatliche Service kostet 140 Ca$ (etwa 100 $) für eine feste Adresse. Das wäre dann nur sehr bedingt an andere Plätze zu übertragen. Mit einem Wohnmobilvertrag („ROAM“) kostet es 170 Ca$ im Monat für eine Nutzung in Nordamerika. Bei einem „weltweit“-Wohnmobilvertrag sind es monatlich 260 Ca$, wobei man den Vertrag auch monatsweise aussetzen bzw. wohl auch umstellen kann (letzteres soll schwieriger sein und die Option findet sich auf der Starlink App jedenfalls nicht). Die Preise sind jeweils Flatrate, bis zu 5 Devices gleichzeitig können nutzen. Die Hardware für feste Landadresse und Wohnmobil ist identisch. Starlink weist darauf hin, dass diese Versionen nur für eine Verwendung an Land bestimmt sind. Trotzdem wird derzeit auf unzähligen Yachten Starlink ROAM verwendet. Laut Starlink Nutzungsbedingungen kann technisch die Nutzung auf See ausgeschlossen werden (Geofencing, z.B. wenn weiter als eine beistimmte Anzahl Meilen von Land entfernt). Ob und wann Starlink das tatsächlich macht, ist derzeit unklar. Wir kennen mehrere Boote auf dem Pazifik, die derzeit unterwegs zu den Marquesas vollen Empfang haben. Wir haben aber auch von einem Boot gehört, die ab Verlassen der US-Ostküste keinen Empfang mehr hatten, in den Bahamas dann aber wieder vollen Empfang, wobei diese Unterbrechung auch technisch bedingt sein kann, manche Yachten berichten von Problemen beim Rebooten, wenn sie nicht an einem ruhigen Ankerplatz oder im Hafen liegen.
Für uns hier in den Fjorden von British Columbia und regelmäßig komplett ohne Telefonnetz wäre Starlink die einzige realistische Möglichkeit, volles Internet an Bord zu haben. Ob es aber das IridiumGo für die Grib-Dateien auf langen Ozeanpassagen ersetzen kann ist unklar. Und eine (lokale) Telefonkarte für Landausflüge wird man wohl auch zusätzlich weiter brauchen.
Trotzdem, da wir hier in British Columbia noch länger unterwegs sein wollen und danach über San Francisco hinunter nach Mexiko in die Sea of Cortez segeln wollen (wo es auch wieder nur sehr bedingt Telefonempfang gibt) haben wir uns Starlink bestellt.
Der eigentlich simple Bestellvorgang hat bei uns einige Frustration mit sich gebracht, weil unsere – ansonsten funktionierenden – Kreditkarten durchgängig alle von Starlink abgelehnt wurden. Nach vielen Versuchen auch mit anderen Lieferadressen und über VPN hat es dann aber mit Hilfe von Freunden funktioniert.
Die Lieferung hat dann trotz der dazwischen liegenden Osterfesttage weniger als eine Woche gedauert. Und der Anschluss? Plug and Play, simpler gehts wirklich nicht. Zur Erläuterung einfach mal das Foto der KOMPLETTEN INSTALLATIONSANLEITUNG:

Was die Stromversorgung angeht: sowohl 110 als auch 230 Volt, sowohl 50 als auch 60 Hertz funktionieren. Der Anschluss an Bord läuft also über die Steckdose, ohne Landstrom über Inverter. Ein direkter Anschluss ans 12 Volt Bordnetz würde Umbauten der Anlage erfordern, Starlink arbeitet mit 48 Volt. Also nehmen wir lieber die Energieverluste beim mehrfachen “Umstromen” in Kauf. Der Stromverbrauch im Betrieb ist ohnehin mit etwa 100 Watt bzw. 8-10 Ampere (incl. Inverter) so hoch, dass wir Starlink ohne Landstrom nicht durchlaufen lassen, sondern nur zeitweise anschalten werden.
Selbst mit der provisorischen Aufstellung der Antenne im Cockpit unter Kuchenbude/Cockpitzelt und damit auch unter dem Großbaum, zudem den anderen Masten um uns herum hier im Hafen haben wir guten Empfang von etwa 50 MBit, also Internet so schnell wie in der Wohnung in Hamburg.
Dauerhaft haben wir Dishy mit einem handelsüblichen Halter für Angelruten an Floras Heck befestigt:

Die Stange von Dishy wurde für einen festeren Sitz leicht aufgepolstert und zusätzlich mit einer gummierten Schlauchschelle gesichert, die zudem am Heckkorb festgelascht wurde. Hat sich inzwischen (Stand Mai 2024) auf einigen Seepassagen nach Mexiko und weiter nach Französisch Polynesien) bewährt.
Mit dem bisherigen Kommunikationsmitteln für Yachten auf hoher See lässt sich Starlink nur schwer vergleichen. Der Preis für den Einbau eines Kurzwellenfunkgeräts ist – verglichen mit dem der Starlink Hardware – auch ein ziemlicher Brocken, das notwendige Büffeln für die Lizenz und die Kosten dafür. Die SSB-Kosten amortisieren sich natürlich auf Langfahrt mit der Zeit, trotzdem, etwa bei einer Atlantikrunde ist das keineswegs per se billiger.
Aber die angebotenen Leistungen sind doch sehr unterschiedlich.
Wenn es nur um WetterGRIBs ginge, o.k., aber das Kommunikations- und Informationsbedürfnis der meistens Langfahrer scheint inzwischen doch deutlich darüber hinaus zu gehen. Und 50 GB würden über Pactor per SSB oder über IridiumGo doch ganz schön lange brauchen 😉.
Die Kommunikation mit anderen Langfahrern läuft schon länger nicht mehr vorwiegend über SSB, seit der Verbreitung von IridiumGo haben immer weniger Segler Kurzwellenfunk an Bord. Insofern ist Starlink für viele einfach der nächste konsequente Schritt.
Das Gefühl auf einer Ozeanpassage mag sich dadurch vielleicht verändern, aber das war mit den Möglichkeiten von SSB und später Iridium auch schon so und hängt am Ende davon ab, wie das jeweilige Medium auf dem jeweiligen Boot genutzt wird, also von der individuellen Entscheidung. Trotzdem, wenn die Möglichkeit da ist, wird es wohl nicht ganz leicht sein, sich unterwegs der Versuchung des Online-Gehens tatsächlich zu entziehen.
Und am Ankerplatz? Wahrscheinlich erst recht nicht.
Update 18.04.2023: Starlink bietet seit heute einen weiteren Tarif an. “Maritime Mobility 50 GB” lässt die Nutzung an Land und auch auf dem Ozean zu und bietet anders als das normale regionale oder globale ROAM auch die gleiche Priorität (und damit potentiell höhere Geschwindigkeit) wie die landbasierte Festversion. Preis: 329 Ca$ (etwa 224 €) im Monat. Sind die 50 GB verbraucht, bleibt es an Land beim unbegrenzten (aber nicht prioritären) Datenvolumen, auf See muss man ggfs. für 2$ pro GB nachtanken. Die Vermutung liegt nahe, dass das Geofencing nicht mehr lange auf sich warten lassen könnte.
Update 24.04.2023: Nachdem Starlink zwischenzeitlich zugelassen hat, dass ROAM-Verträge der “normalen” Hardware auf ”Maritime Mobility 50 GB” umgestellt wurden, scheint es jetzt eine Kehrtwende zu geben. Es mehren sich Berichte, nachdem diese Umstellung von Seiten Starlinks wieder rückgängig gemacht wurde und die Verträge automatisch wieder auf ROAM umgestellt wurden. Das würde bedeuten, dass “Maritime Mobility 50 GB” nur für die (teure) “In Motion HP Dish” verfügbar ist. Da scheint allerdings eine weitere Kehrtwende seitens Starlink erfolgt zu sein, denn inzwischen (Stand Mai 2024) wird die Option auch zur Umstellung von Verträgen mit der normalen Dish wieder angezeigt.
Update 02.05.2023: Nachdem über “Maritime Mobility 50 GB”-Option einige Verunsicherung herrschte, hat Starlink eine weitere Tarifoptionen herausgebracht: eine Ergänzungsoption für Priority-Daten, die dann auf dem Ozean nutzbar sind. Preis etwa 2 Dollar pro GB. Starlink hat mit der nachfolgend abgebildeten Nachricht dann auch gleich ordentlich Druck gemacht (wie oben ja bereits vermutet). Das Gute an der Option ist, dass sie beliebig ein- und ausgeschaltet werden kann. Ist man also “an Land” (das heißt, in einem der Starlink Hexagonalbereiche, die auf der Starlink-Verfügbarkeitskarte nicht schwarz sind) schaltet man die Option aus und der eigene “normale”Tarif bietet die “normale” Starlink-Versorgung.

Update 29.06.2023: Wir haben die Ergänzungsaktion “Priority Data” jetzt mehrfach auf Passagen (mithin außerhalb der “An-Land-Verfügbarkeit” ausprobiert und es hat bisher gut funktioniert. Zwei Anmerkungen: Zwar hat zunächst die Verbrauchsanzeige noch tagelang nach der Rückkehr zu Roam den Weiteren Verbrauch von Priority Data angezeigt, jedoch wurden am Ende tatsächlich nur die tatsächlich auf See verbrauchten Priority Daten auch wirklich berechnet. Die Zeitverzögerung bei der korrekten Anzeige wurde zwischenzeitlich auch deutlich reduziert. Ein zweiter spannender Punkt: Bei unserer letzten Passage haben wir Priority Data erst aktiviert, NACHDEM die Roam-Datenverbindung gestoppt hatte. Es ist also tatsächlich möglich, Priority Data zu buchen, wenn (eigentlich) keine Internet-Verbindung mehr besteht. Wichtig ist in jedem Fall, den in der Starlink App unter “Datennutzung” versteckten “mobile priority”-Schalter rechtzeitig wieder auszuschalten, wenn wieder zur normale Roam-Datennutzung zurückgekehrt werden soll, sonst laufen die zusätzlichen Kosten für Priority Data für die komplette Nutzung weiter, die Umschaltung erfolgt NICHT AUTOMATISCH bei Verfügbarkeit.

Update 26.08.2023: Mit dem “kanadischen 🇨🇦” Starlink sind wir inzwischen in den USA 🇺🇸 (Update 14.11.2023: in Mexiko 🇲🇽 ) unterwegs. Wie bisher funktioniert Starlink in Küstennähe ganz normal unter ROAM im Tarif “Mobil-Regional”, denn “regional” erfasst den Kontinent, in diesem Fall Nordamerika. Offshore ist dann halt bei Bedarf “Mobil Priority” dazu zu buchen.
Update 20.05.2024: für die Passage von Mexiko nach Französisch Polynesien haben wir auf “Mobile Global” umgestellt. Zwar sollte der Priority-Schalter bewirken, dass weltweit Daten genutzt werden können, aber einige Nutzer hatten von Problemen beim Wechsel von Kontinenten berichtet. Das Risiko wollten wir nicht eingehen. Außerdem hätten wir dann in Französisch Polynesien keinen unbegrenzten Datenempfang in Landnähe mehr gehabt (eben weil nicht mehr Heimat- bzw. Anmeldekontinent). Mobile Globale kostete zu diesem Moment 260 CAD (etw 200 US$) plus Steuern. Wir sind derzeit noch auf diesem Tarif, haben aber gerade die Ankündigung einer heftigen Gebührenerhöhung für diesen August bekommen. Künftig kosten Global Mobile dann 540 CAD, also mehr als doppelt so viel wie bisher. Die Alternative wird sein, Starlink zum Beispiel in Australien oder Neuseeland mit Mobile Regional anzumelden, das deckt Ozeanien mit ab. Allerdings berichten inzwischen vermehrt Nutzer davon, dass ihnen Sperre angedroht wurde, wenn sie Starlink in diesem Tarif mehr als zwei Monate außerhalb des Anmeldelandes nutzen, ohne Starlink auf das neue (=Nutzungs-)Land umzumelden.
Update 22.05.2024: Starlink bietet jetzt in den Einstellungen endlich die Möglichkeit, die Antenne “Flat” also dauerhaft waagerecht auszurichten.

Update 2.7.2025
Wir haben uns in Samoa einen zusätzlichen Starlink Mini angeschafft. Grund: wir möchten ein Backup für den lieb gewonnenen schnellen Internetzugang unterwegs und wir möchten einen geringeren Stromverbrauch. Eine erste temporäre Position hat die neue Antenne (etwa DIN A4 groß) unter dem Vorschiffsluk gefunden. Der Empfang (im Hafen) ist erstaunlich gut, nur müssen wir uns mit der Befestigung noch etwas einfallen lassen, dann können wir auch über dem Empfang unterwegs auf See berichten. Saugnapfbefestigungen für Fenster sind erhältlich, nur leider hier in Samoa derzeit nicht zu bekommen.
Der Stromverbrauch ist gegenüber der Gen. II – Anlage deutlich reduziert, wir gehen derzeit von etwa 4 Amp (incl. Inverter) aus. Das wäre etwa eine Halbierung!


Update 19.09.2025
Mit dem Starlink Mini sind wir weiter sehr zufrieden. Wir hatten ihn zwischenzeitlich mit Saugnäpfen unter dem Vorschiffsluk montiert. Eine sehr schöne Lösung, bei der die Antenne wenig auffällig ist, allerdings hatten wir durch den Temperaturstau unter dem Luk sehr hohe Temperaturen an der Antenne, die ja zugleich beim Mini Router ist. Mit leicht geöffnetem Fenster war das kein Problem, auf Passage ist das aber nicht ratsam. Wir haben uns deshalb für eine andere Montage entschieden. Der Starlink Mini ist jetzt außen am Biminigestänge montiert. Auch hier stört er technisch auch beim Segeln nicht, optisch fällt er dort nicht stark auf und behindert weder den Durchgang noch den Großbaum. Zudem gibt es tatsächlich wenig Abschattung der Antenne und die Kabelführung kann entlang der Kabel der Solarpanel erfolgen.

Der Stromverbrauch liegt tatsächlich zwischen 2 und 5 Ampere, gegenüber unserem Starlink Gen. II ist das etwa eine Halbierung.

Neu ist hinsichtlich des Gen. II, dass Starlink einmal mehr die Vertragsbedingungen angepasst hat. Für unseren pausierten Vertrag haben wir die uns angebotene „Stand-By“-Lösung angenommen, die Starlink auch als Grundverbindung bezeichnet (7 kanadische Dollar monatlich, etwa 4,30 €). Andernfalls wäre unser Vertrag von Starlink gekündigt worden. Die „Stand-By“-Lösung beinhaltet langsames Internet, was für Emails ohne Anhänge ausreichen würde, zudem kann darüber wieder ein Vertrag freigeschaltet werden. Dies ist für uns keine schlechte Lösung als Back-Up, falls unser Mini ausfallen sollte.