Eine unruhige Nacht verbringen wir auf dem ziemlich rolligen Ankerplatz hinter Santa Barbara Island, dann brechen wir auf zu dem nur gut 20 Seemeilen langen Törn hinüber nach Santa Catalina Island. Und diese Insel ist anders als die zuvor besuchten Kanalinseln. Zwar ist auch das etwa 35 km lange Santa Catalina Island in weiten Teilen karg bewachsene Wildnis, aber auf Catalina gibt es mit Two Harbors und Avalon auch zwei Orte, in denen sich die Insel gänzlich anders präsentiert.
Obwohl Catalina fast 650 m hoch reicht, können wir sie von Santa Barbara aus nicht sehen und das bleibt auch auf der Überfahrt lange Zeit so. Erst als wir sie fast schon erreicht haben, schälen sich steil abfallende Felshänge aus den Nebelwolken.


Der gut geschützten Südwestbucht von Two Harbors statten wir nur einen kurzen Besuch ab. Das (73$ pro Nacht) teure private Bojenfeld liegt ziemlich verlassen da und die Ankerplätze vor dem Bojenfeld sehen ebenfalls nicht sehr einladend aus.

Es ist erst gegen Mittag, also beschließen wir, gleich weiter zum Hauptort Avalon zu fahren.
Eine gute Entscheidung, denn auf der Fahrt lichten sich die Nebelbänke und Avalon liegt dann in strahlendem Sonnenschein vor uns. In Avalon werden die Bojen von der Kommune verwaltet und sind grundsätzlich mit 63$ ebenfalls recht happig bepreist. Aber – anders als in Two Harbors – gilt hier seit dem 15.10. das Nachsaison-Angebot: zwei Nächte zahlen, eine Woche bleiben. Das lässt den Preis dann schon ganz anders erscheinen, insbesondere wenn man von der geschützten Bucht die weiter draußen vor Anker liegenden Boote beim Stepptanz auf den Wellen beobachtet.

Avalon zieht sich wie ein Amphitheater den Hang hinauf um eine halbkreisförmige, mit kurzen Molen zusätzlich geschützte Bucht. Dieser ruhigere Bereich ist dicht an dicht mit nummerierten Mooringtonnen belegt. Im Buchteingang meldet man sich am roten Harbor Patrol Boot an und bekommt eine für die Schiffsgröße passende Boje zugewiesen. Die Moorings sind so eng gesetzt, dass es eines besonderen Systems bedarf, das wir so auch noch nicht hatten:

Faktisch macht man also an derselben Mooringleine mit Bug und Heck fest, indem die gelben Schlaufen über die Klampen an Bug und Heck gelegt werden. Klappt bei uns zum Glück auf Anhieb gut, sorgt aber in dem dichten Feld auch immer mal wieder für “Hafenkino”.


Avalon wurde tatsächlich so benannt nach der heiligen Insel der keltischen Priesterinnen, dem mystischen Ort in der Arthus-Sage. Es gab ab ungefähr 1860 Versuche, die überwiegend im Privatbesitz befindliche Insel zu einem Touristenmagnet zu machen. Erst der Erwerb großer Inselbereiche durch die Kaugummi-Magnaten Anfang des 20. Jahrhunderts sowie die folgenden Investitionen der Familie Wrigley führten zum Erfolg. Heute verkehren diverse Fähren zum kalifornischen Festland bei Los Angeles, Long Beach und Newport. Natürlich kommen insbesondere am Wochenende auch die Sportboote von dort herüber und füllen die Bucht. Nach der Einsamkeit auf den letzten Inseln ist die wuselige Sommerurlaubs-Atmosphäre für uns aber eine schöne Abwechslung, ebenso wie die guten Einkaufsmöglichkeiten und die Bars und Restaurants. Es herrscht so etwas wie mediterrane Stimmung in der Stadt.












Gelegentlich wird Avalon als „fast autofrei“ beschrieben, aber das beruht auf einem Missverständnis. Tatsächlich hat die Stadt die Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotor auf rund 700 (bei über 4.000 Einwohnern) beschränkt, es gibt eine lange Warteliste, 14 Jahre werden kolportiert. Allerdings: Golfcarts sind davon nicht betroffen und es gibt hier knapp 1.500 davon, auch Autos unter einer Gesamtlänge von 3,05 m sind ausgenommen, Smarts und ähnliche sind also ebenfalls sehr beliebt. Der Parkplatz vor dem Supermarkt sieht jedenfalls so aus:

Eine weitere Besonderheit in Avalon ist das markante „Catalina Casino“ am Beginn der Nordmole. Der 1929 fertiggestellte markante Rundbau, außen mit klassischen Anleihen, ist innen im Art Deco Stil ausgestattet. Er war nie ein Spielkasino, sondern birgt im Erdgeschoss ein 1.500 Plätze fassendes Theater/Kino und darüber einen für 6.000 Tänzer ausgelegten Ballsaal. Derzeit findet dort ein Jazz-Festival statt, aber die Karten sind schwer zu bekommen. Im Kino aber sind wir – gemeinsam mit ein paar Bootsnachbarn – fast die einzigen Gäste.



Angenehme Überraschung für uns: das Wasser ist mit 22 Grad vergleichsweise warm und außerdem wunderbar klar. Nach erheblichen Schwierigkeiten mit der Wasserqualität noch im letzten Jahrzehnt war die Stadt Avalon (wenn auch erst durch mehrere angestrengte Verfahren) gezwungen, erheblich in ihr Abwassersystem zu investieren. Wir bekommen auch wieder eine Färbetablette in die Toilette. Inzwischen gelten die Strände und Gewässer nicht mehr als verschmutzt und die Tauch- und Schnorchelplätze erfreuen sich großer Beliebtheit. Direkt am Casino ist ein abgetrennter Tauch- und Schnorchelbereich. Das lassen wir uns nicht entgehen. Erstmals schnorcheln wir in einem Kelpwald. Ein ganz besonderes Erlebnis, zumal sich hier neben kleinen Schwarmfischen, Grünlingen und anderen Fischarten auch Garibaldi-Fische darin tummeln. Diese mit über 30 cm ziemlich großen leuchtend orangefarbenen Riffbarsche sind eine Besonderheit dieser Meeresregion und sorgen für wunderbare Farbkontraste im grün-braunen Kelp.






Endlich wieder schnorcheln. Wir haben den Norden sehr genossen, aber das Gefühl, so langsam wieder im Süden anzukommen, ist auch richtig klasse.
